Es liegt im Interesse der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit, dass die Ergänzungsvorlagen nicht, wie bisher üblich, nur den Weg in den Finanzausschuss finden, sondern dass auch das Parlament in seiner Gänze an diesem Ergebnis beteiligt wird.
Aber - damit bleibe ich bei dem, was ich in diesem Hause schon mehrfach gesagt habe - es wird äußerst
schwierig werden, die zusätzlich eingestellten Mittel, die im Nachtragshaushalt in so manchen Einzelplänen zu finden sind, wirklich zum Abfluss zu bringen. Nach den bisherigen Diskussionen im Finanzausschuss läuft manches hart am Rande der Landeshaushaltsordnung. Mit der Beschlussfassung über den Nachtragshaushalt im Dezember 2006 verbleibt keine Zeit mehr für eine ordentliche Auftragsvergabe.
Insofern ist es zu begrüßen, dass der größte Teil der zusätzlichen Mittel für das Jahr 2006 in die Absenkung diverser Kredite fließt sowie als Grundstock für einen künftigen Pensionsfonds genutzt wird.
Für das Jahr 2007 wird mit Steuermehreinnahmen in Höhe von 208 Millionen € gerechnet. Aber bei Letzterem sage ich: Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor man ihn erlegt hat. Die Unwägbarkeiten sind angesichts der Erhöhung der Mehrwertsteuer hoch. Selbst im jüngsten Konjunkturbericht des Bundesverbandes deutscher Banken wird davon ausgegangen, dass die höhere Mehrwertsteuer den wirtschaftlichen Schwung dämpfen wird.
Der Bundesverband rechnet mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums von 2,25 % in diesem Jahr auf 1,1 % im nächsten Jahr. Hinzu kommt die nächste Zinserhöhung, die die Europäische Zentralbank für Anfang Dezember 2006 ohne Not bereits signalisiert hat. Die geplante Unternehmenssteuerreform wird dem Land auf jeden Fall ein Minus bringen. Der Finanzminister sprach von rund 80 Millionen €.
Im Zuge der Aufstellung der Ergänzungsvorlagen wurde uns ein neuer Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2007 vorgelegt. Der erste Entwurf ist nicht nur von uns kritisiert worden. Auch der Aufschrei in den Kommunen war groß.
Nun könnte man orakeln, dass die jetzt vorgenommenen Änderungen zugunsten der Kommunen die Ärgernisse mit den Einheitsgemeinden aufwiegen sollen. Aber zu diesem Thema kommen wir heute noch.
Die Beteiligung der Kommunen an den Sozialhilfeausgaben unterbleibt. Aber, meine Damen und Herren, das ist keine große Geste an die Kommunen; vielmehr war die Gefahr, dass Kommunen vor Gericht ziehen könnten, einfach zu groß. Das Konstrukt, die Sozialhilfe auf Landesebene in einer Sozialagentur zu zentralisieren, setzt nun einmal voraus, dass die Gelder auch über das Land erbracht und nicht die Kommunen zur Kasse gebeten werden.
Im Gegenzug wird die Verbundquote noch weiter abgesenkt. Begründet wird das unter anderem damit, dass die kommunalen Einnahmen dynamisch ansteigen. Aber auch hierbei ist es wie im üblichen Leben: Der Teich war im Durchschnitt nur einen halben Meter tief, aber die Kuh ist trotzdem ersoffen.
Die Mehrheit der Kommunen im Land steht nach wie vor unter massivem Konsolidierungsdruck und die Mehreinnahmen verteilen sich, wie gesagt, sehr unterschiedlich über das Land. Sicherlich gibt es überall Einsparungsmöglichkeiten. Doch wenn ich überlege, was wir im Kreistag alles zusammenkratzen, um ein Konsolidie
Eine Ursache dafür ist, dass nach wie vor die Definition der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen fehlt. Ebenso gibt es keine strikte Gesetzesfolgenabschätzung, insbesondere bei Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen. Gesetzesfolgenabschätzungen müssen sowohl unter inhaltlichen wie unter finanziellen Aspekten erfolgen.
Nehmen Sie nur das im Vergleich zu anderen Problemen kleine Problem, das sich aus dem Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung ergibt, die Finanzierung der Wahlen zu den neuen Kreistagen. Bisher hatten wir das Glück, dass zum Zeitpunkt der Kreistagswahlen noch andere Wahlen stattfanden. Aufgrund der verbundenen Wahlen bekamen die Kreise ihre Auslagen zum Teil erstattet. Im nächsten Jahr ist es nicht so. Das kostet zum Beispiel den Kreis Mansfelder Land rund 90 000 €. Dieses Geld hat aber der Kreis nicht.
Belastbar sind aus unserer Sicht nur die Kürzungen bei den Ausgaben im Zusammenhang mit dem Asylbewerberleistungsgesetz. Von Kostensteigerungen in anderen Bereichen, zum Beispiel den Kosten für die Unterkunft, will ich noch gar nicht reden. Der Bund will seinen Anteil hierfür zwar erhöhen, aber es wird nicht reichen.
In der schon oft zitierten Broschüre „Zukunftsorientierte Finanzpolitik bis 2020“ forderten Sie, Herr Finanzminister, die Reform der Kommunalstrukturen und der Landesverwaltung sowie einen modernen kommunalen Finanzausgleich und ein zukunftsfähiges Gemeindewirtschaftsrecht. Nun verlangen wir keine Wunder in knapp acht Monaten Regierungszeit, aber wenigstens ab und zu mal ein Nachdenken über eigene Forderungen.
Gerade mit Blick auf einen modernen kommunalen Finanzausgleich ist das, was jetzt gemacht wird, kontraproduktiv. Es sind schlicht und ergreifend Kürzungen bei den Kommunen, weil es eben nicht gelungen ist, unter anderem bei den Ministerien wirklich zu sparen. Ein zukunftsfähiges Funktionalkonzept liegt nicht vor.
Einsparungen sind auch im kommunalen Bereich notwendig - darüber will ich gar nicht streiten -, aber sie sollen nachhaltig sein und außerdem garantieren, dass die Kommunen noch in der Lage sind, die Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen. Das ist nur bei einer Aufgabenkritik, ausgehend von den Bedingungen im Land Sachsen-Anhalt, möglich.
Das inzwischen in Mode gekommene Benchmarking kostet viel Geld und bringt eigentlich nichts Neues. Wir wissen, dass wir zu viel Personal haben. Das brauche ich mir nicht noch einmal von Herrn Seitz oder sonst wem erzählen zu lassen. Interessanter wäre es - Herr Kosmehl hat vorhin den Vergleich zu den westlichen Bundesländern zur Sprache gebracht - zu fragen: Welche Aufgaben werden in den westlichen Bundesländern anders oder auch gar nicht von den Kommunen geleistet? Das ist doch die Frage, die eigentlich steht: Wo sind die grundlegenden Unterschiede?
- Schauen Sie dann hinein; es wird dann nur wieder gesagt werden, dass wir zu viel Personal haben, aber nicht, wie es gemacht wird.
Einen Unterschied werden wir leider nicht so schnell überwinden. Das hat der Minister vorhin selbst gesagt und das ist auch in einer anderen Broschüre von ihm nachzulesen, in der Broschüre „Sachsen-Anhalt 2020 - Einsichten und Perspektiven“. Das ist die unterschiedliche Steuerkraft, die die Kommunen haben. Das ist sicherlich eines der Hauptprobleme, vor denen wir stehen und aufgrund dessen unsere Kommunen weiterhin am Tropf des Landes hängen.
Uns allen sollte aber klar sein: Ein Land kann nur so gut oder so schlecht sein wie seine Kommunen und zu Tode gesparte Kommunen werden nur noch mehr Menschen zum Wegzug bewegen. Deshalb gehört für die Linkspartei zu den Prioritäten bei den diesjährigen Haushaltsberatungen das Ziel der Rücknahme sämtlicher Sparmaßnahmen zulasten der Kommunen mit Ausnahme der Zahlungen auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes; diesbezüglich ist der Bedarf nachweisbar zurückgegangen.
Die Mehreinnahmen, die dann noch übrig sind, sollten auch aus unserer Sicht für die Absenkung der Nettoneuverschuldung, für die langfristige Ablösung des MidewaKredits im Jahr 2009 und auch für den Pensionsfonds genutzt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings die Konstellation bei der Gewichtung der Schulden, wie sie in der Ergänzung zur Drs. 5/221 geschieht. An erster Stelle steht der Midewa-Kredit und erst dann kommt die Absenkung der Nettoneuverschuldung.
Ich will nicht sagen, dass das direkt schlitzohrig ist. Aber wenn die Steuermehreinnahmen nicht mehr ganz so schnell fließen, wie man es jetzt hofft, dann kann man wenigstens nicht kritisiert werden, dass die Nettoneuverschuldung eventuell nicht so schnell absinkt, sondern wir setzen die Mehreinnahmen erst einmal für den MidewaKredit ein. Das wird auch von uns nicht kritisiert.
Aufwüchse in einzelnen Bereichen dagegen sollte es gegenwärtig nur aufgrund von Einsparungen in anderen Bereichen geben. Die Forderungen der Linkspartei zu den Aufwüchsen im Hochschulbereich, bei der Schulsozialarbeit und für ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus sind mit entsprechenden Einsparungen im laufenden Haushalt finanziell untersetzt.
Im Verlauf der Haushaltsdiskussion werden immer mehr Einsparungsmöglichkeiten sichtbar: Völlig unverständlich ist die geplante Aufstockung im IT-Bereich um 3,5 Millionen €. Bis Anfang Oktober war noch nicht einmal die Hälfte der 56 Millionen € abgeflossen, die für 2006 eingestellt worden sind. Auch die Einstellung von Millionen für die Einführung des Digitalfunks einschließlich wichtiger Gutachten geschieht für mich mehr nach dem Prinzip Hoffnung. Vielleicht kommt er doch noch, der Digitalfunk, vielleicht bis zur nächsten Fußballweltmeisterschaft in der Bundesrepublik.
Nachvollziehbar - das haben Sie eben auch erläutert -, aber nicht akzeptabel ist die Einstellung von 1 Million € für ein Glasdach bei der Landesvertretung in Berlin. Die Landesvertretung ist auch ohne Glasdach und trotz oder wegen eines Untersuchungsausschusses schön geworden. Diese Million hätte man, wenn schon irgendwo Wünsche erfüllt werden, den Hochschulen zur Abfederung des doppelten Abiturjahrgangs geben sollen.
Diese Summe würde immer noch nicht reichen, aber die eingestellten 250 000 € retten weder die Studierwilligen noch die Hochschulen.
Meine Damen und Herren! Man kann sich trefflich streiten, wo Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit beginnen. Es ist sicherlich löblich vom Finanzminister, dass er viele Änderungen in den Ergänzungsvorlagen bringt und nicht erst als Änderungsanträge der Koalition während der Bereinigungssitzung. Aber die Anpassung der Verfügungsfonds der Minister gehört bestimmt nicht zu den Leuchttürmen in den Ergänzungsvorlagen. Da wird wegen 200 € der Einzelplan 08 noch einmal aufgemacht.
Auf der anderen Seite erleben wir aber bei den Diskussionen, wie Millionen am Landtag vorbei im Vollzug einfach umgewidmet werden. Da werden zum Beispiel Mittel nicht für die Kinderbetreuung gebraucht, und bei entsprechender Nachfrage erfährt man ganz nebenbei, dass die Gelder inzwischen im Maßregelvollzug gelandet sind. Nicht hinter Gittern, sondern für den Bedarf.
Dagegen wäre nichts einzuwenden, nur müsste das Parlament in irgendeiner Form an solchen Umwidmungen beteiligt werden.
Aber dafür haben wir die genannten 200 € im Einzelplan 08, über die wir abstimmen können. Wie gesagt, im Interesse von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit: Das Budgetrecht liegt beim Parlament und wir sind aufgefordert, diesem gerecht zu werden.
Einen letzten Satz noch. Es geht um die Überweisung. Mit der Einbringung der beiden Ergänzungsvorlagen und dem neuen Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes müssten eigentlich alle Ausschüsse noch einmal beteiligt werden. Wir haben uns darauf verständigt - auch zwischen den Geschäftsführern der Fraktionen -, eine Überweisung in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien, in den Ausschuss für Soziales und Gesundheit, in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, in den Finanzausschuss und in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr vorzuschlagen. Die Linkspartei.PDS schlägt zusätzlich die Überweisung in den Innenausschuss vor. Ich weiß, dass das eine zusätzliche Belastung ist, aber es wäre notwendig. - Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Dr. Klein. - Ich rufe jetzt den Beitrag der CDU-Fraktion auf. Herr Tullner, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Dr. Klein, Sie haben mit vielen Worten letztlich zum Ausdruck gebracht, dass Sie angesichts der Steuermehreinnahmen auch nicht viel zu kritisieren haben. Es ist, glaube ich, sogar Konsens in den Beratungen, dass wir uns alle miteinander darüber freuen, dass wir seit langem einmal eine Situation zu verzeichnen haben, in der wir über Steuermehreinnahmen debattieren können. Seit ich seit dem Jahr 2002 die Finanzpolitik vertreten
darf, war immer nur von Mindereinnahmen und von den daraus resultierenden Folgen die Rede. Deshalb ist das eigentlich ein schönes Gefühl. Das haben Sie, denke ich, auch zum Ausdruck gebracht, obwohl Sie es nicht wollten. Aber letztlich war es klar erkennbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zweimal im Jahr wird viel spekuliert und meist auch sehr strittig diskutiert. Es geht jeweils um die halbjährlichen Steuerschätzungen von Mai und November. Dann war in der Vergangenheit immer davon die Rede, dass man auch Kaffeesatzleserei betreiben könnte, dass man lieber die Veranschlagung des Vorjahres als Grundlage nehmen sollte oder mit Risikoabschlägen arbeiten müsste. Letztlich ist das Instrumentarium der Steuerschätzung dasjenige, das am praktikabelsten ist und das eingeführt ist. Deswegen sollten wir uns alle miteinander darüber freuen, dass wir diesmal über Steuermehreinnahmen diskutieren können.
Aber der Bericht des Bundesrechnungshofes, der in dieser Woche dem Finanzausschuss des Bundestages zugegangen ist, konstatiert, dass die Unwägbarkeiten der Steuerschätzung nicht darauf beruhen, dass etwa die Instrumentarien, die die Steuerschätzer anwenden, falsch wären - die sind richtig. Aber die in der Vergangenheit viel zu optimistischen Prognosen der Bundesregierung zum Wirtschaftswachstum waren der Anlass für Fehlprognosen. Wir können nur hoffen, dass die neue Bundesregierung etwas zurückhaltender agiert, was Prognosen angeht. Die Signale, die uns erreichen, sind auch so, dass wir dem getreu folgen können.
Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Jahr - das ist bereits gesagt worden - mindestens 30 Millionen € an Steuermehreinnahmen zu verzeichnen. Für das nächste Jahr sind es 208 Millionen €. Man kann auch an dieser Stelle trefflich darüber streiten, ob das konservativ oder realistisch veranschlagt ist. Der Haushaltsvollzug am Jahresende wird zeigen, wer Recht hat.
Zumindest bleibt festzuhalten, dass das Theorem, dass zwischen wirtschaftlicher Prosperität und Steuereinnahmen ein Zusammenhang besteht, nicht ganz falsch ist - ein Punkt, den wir uns als Politiker durchaus öfter in Erinnerung rufen sollten.