Die Beratung und Hilfe durch diese Vereine schließt nämlich nicht nur unmittelbar von dieser Krankheit Betroffene, sondern auch deren Angehörige und öffentliche
Aufklärung ein. Gerade auch diese Aufklärung - man sollte es nicht glauben - ist nach wie vor dringend notwendig. Untersuchungen haben gezeigt, dass Jugendliche wieder sorgloser werden und über zu wenig Kenntnisse verfügen, um sich und andere zu schützen.
Im zweiten Fall besteht die Absicht, eine Kürzung des Blinden- und Gehörlosengeldes um rund 6,3 Millionen € auf insgesamt 18,3 Millionen € herbeizuführen. CDU und FDP sind nicht die Ersten, die das hier im Land versucht haben; auch die SPD wollte schon einmal um 2 Millionen € kürzen. Das ist damals am Widerstand der Betroffenen, eines Teils der SPD, der öffentlichen Meinung und nicht zuletzt auch an unserer Ablehnung gescheitert Ich muss ehrlich sagen: Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass in diesem Land ernsthaft noch einmal jemand diese Kürzungsabsicht aufgreifen wird.
Wir haben in diesem Land einen Ministerpräsidenten, der den hippokratischen Eid als Grundlage ärztlicher Ethik geschworen hat. Wenn Sie aber, Herr Ministerpräsident, sinngemäß sagen, man solle sich bei der Bewertung nicht vom eigenen Mitleid leiten lassen, dann empfinde ich das als skandalös.
Zudem - das wissen Sie eigentlich so gut wie ich - sind diese Leistungen überhaupt nicht mitleidsabhängig - weder hinsichtlich der Kürzung noch hinsichtlich der Bereitstellung. Gleich in welchen Größenordnungen sie sich bewegen, es handelt sich immer um Rechte der Betroffenen, die ihnen das Grundgesetz, unsere Verfassung und auch das Gleichstellungsgesetz zugestehen.
Das Blinden- und Gehörlosengeld soll einen Teil, wie wir heute schon festgestellt haben, der Nachteile ausgleichen, die Blinde und Gehörlose im Hinblick auf ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu tragen haben. Eine Kürzung in diesem Bereich wirkt immer auch wie eine Diskriminierung.
Das Bestreben, Menschen mit Behinderungen durch gesonderte Förderung Chancengleichheit in der Gesellschaft einzuräumen, betrachte ich auch als Ausdruck zivilisatorischer Reife dieses Landes. Ich bitte daher alle Abgeordneten sehr herzlich - -
(Herr Gürth, CDU: Das ist doch heuchlerisch! In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg tra- gen Sie das mit!)
- Nehmen Sie es einfach hin. Lassen Sie es einfach; Sie können mir gern etwas zurufen, aber bitte nicht bei diesem Thema. - Sie werden höchst überrascht sein, wie teuer allein die Hilfsmittel sind und welche zusätzlichen Ausgaben sich selbst bei den einfachsten Dingen des Alltags oftmals ergeben.
Ich hoffe sehr, dass die Haushaltsberatungen zu einer Rücknahme der Kürzungen führen. Die Kürzungen sind im Übrigen auch nicht zu kompensieren durch mehr Mittel, die den Beratungsstellen für Sinnesbehinderte gegeben werden sollen.
Meine Damen und Herren! Im Bereich der Lehr- und Lernmittel, also Schulbücher und Ähnliches, ist eine Kürzung um 3,8 Millionen € vorgesehen. Wir plädieren
für eine Übertragung des bisherigen Betrages in Höhe von 8,4 Millionen € als zweckgebundene Zuweisung an die Kommunen im Rahmen des FAG und für eine flexible Verwendung der Mittel durch die Schulträger zusammen mit ihren Mitteln für Lehr- und Lernmittel, Schulausstattung etc. Das würde deren Handlungsspielraum erweitern.
In den Kontext der Schaffung besserer Bildungsvoraussetzungen gehört aus unserer Sicht, auf den erheblichen Sanierungsbedarf bei zahlreichen Schulgebäuden in Sachsen-Anhalt zu reagieren. Viele kommunale Schulträger sind wegen der hohen Verschuldung des jeweiligen kommunalen Haushalts nicht mehr in der Lage, für die Sanierung von Schulgebäuden Kredite aufzunehmen. Damit kann die vom Land gewährte Schuldendiensthilfe gar nicht greifen.
Wir haben daher für die heutige Landtagssitzung einen Antrag auf ein Schulsanierungsprogramm vorbereitet, der im Zuge der Haushaltsberatungen mit behandelt werden müsste, um in solchen problematischen Fällen durch Landeszuschüsse die Realisierung der Schulpflicht zu gewährleisten, und zwar in einer besseren Qualität.
Meine Damen und Herren! Die von mir getroffene Feststellung, dass dieser Haushalt nachfolgenden Generationen Zukunftschancen nimmt, führt zwangsläufig auch zu der Frage, welche Personalausstattung sinnvoll und vertretbar ist. Nach wie vor gibt es große Unwägbarkeiten über den notwendigen und in den nächsten Jahren tatsächlich angestrebten Personalbestand im Lehrerbereich.
Die PDS-Fraktion vertritt die Auffassung, dass demografische Faktoren natürlich nicht ignoriert werden können und dass demzufolge auch über Personalabbau geredet werden muss. Diese Entwicklung muss aber nicht nur sozialverträglich gestaltet werden, sie muss auch bildungsverträglich gestaltet werden. Eine Umsetzung im Verhältnis 1 : 1 kann daher nicht das Ziel sein. Vielmehr sollte das Ziel die Verbesserung der Bildungsqualität sein.
Die Bedarfe von Sonderschulen und Sekundarschulen, die besondere Situation im ländlichen Raum, das Problem der Mangelfächer und nicht zuletzt die Höhe der Unterrichtsausfälle sind Faktoren, die bei diesen Entscheidungen besondere Berücksichtigung finden müssen.
Wer geglaubt hat, im Haushalt zur Personalplanung Genaueres zu erfahren, sieht sich getäuscht. Das gilt wiederum nicht nur für den Lehrerbereich. Im Entwurf ist ein Personalabbau von 9 221 Stellen verankert. Davon bringen Sie die Mittel für 5 547 Stellen in eine neue Titelgruppe 96. Im Grunde genommen parken Sie die Mittel dort, bis die Landesregierung ein Personalabbaukonzept erstellt hat. Von den restlichen 3 674 Stellen entfallen 2 431 Stellen auf die Universitäten. Es bleibt aber unklar, ob sich mit den zugewiesenen Globalhaushalten der Universitäten zugleich ein Stellenabbau verbindet.
Die verbleibenden 1 243 Stellen aus den anderen Einzelplänen stellten dann also die tatsächliche Stellenzahl für den geplanten Personalabbau im Jahr 2003 dar. Diese Stellenzahl wiederum liegt unter den Teilsummen der mittelfristigen Finanzplanung der Vorgängerregierung und auch unter Ihren eigenen Zielvorgaben, die Sie auch heute gemacht haben.
Eine weitere Merkwürdigkeit Ihres Haushaltes besteht darin, dass sich innerhalb eines Jahres das Zahlenverhältnis zwischen Beamten und Angestellten umkehrt. Im Jahr 2002 beträgt der Anteil der Beamten 39 % und der der Angestellten 55 %. Im Jahr 2003 dagegen sind 54 % der Bediensteten Beamte und 39 % Angestellte. Die Frage, wie das gehen soll und in welchen Bereichen sich die Veränderung vollzieht, bleibt offen.
Danach müssten die Stellen der Arbeiter im Landesdienst überproportional stark - um fast 50 % - abgebaut werden. Die Zahl der Angestellten müsste sich insgesamt um 14 126 Stellen verringern. Die Zahl der planmäßigen Beamten erfährt demnach einen Aufwuchs um 5 895 Stellen.
Eine Erklärung aus unserer Sicht - man müht sich ja immer, Erklärungen zu finden - besteht in der geplanten Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern. Das würde in etwa eine Verdopplung der Versorgungsbezüge zur Folge haben. Wir haben es an dieser Stelle - das möchte ich noch einmal ausdrücklich festhalten - durchaus auch mit einer verschleierten Nettokreditaufnahme zu tun, weil wir natürlich alle wissen, dass die gesparten Sozialbeiträge später als Pensionsbezüge wieder auftauchen.
Meine Damen und Herren! Die Konsolidierungsschritte, die die Landesregierung mit diesem Haushalt gehen möchte, sollen nunmehr auch den Kommunen aufgezwungen werden. Sie haben dieses Kapitel selbst als das schwierigste Ihres Haushaltes bezeichnet. Das Prinzip, künftigen Generationen Zukunftschancen zu nehmen, Lasten auf sie abzuwälzen, droht sich unter diesen Bedingungen dann auch in den kommunalen Haushalten niederzuschlagen.
Sie haben heute noch einmal ganz massiv begründet, dass Ihr Ausgabeprinzip auch das Ausgabeprinzip der kommunalen Haushalte werden soll; denn mit der starken Kürzung der Kommunalfinanzen setzt die Landesregierung von außen auch Bedingungen, unter denen kommunale Haushaltsentscheidungen zu fällen sind; die Aufsichtsbehörden - das wissen wir alle - setzen diese durch die Genehmigung oder auch die Nichtgenehmigung von Haushalten um.
Die Steuermindereinnahmen betreffen Land und Kommunen nur scheinbar gleichermaßen. Erstens sind die Ausgangsvoraussetzungen unterschiedlich. Zweitens wird es durch finanz- und steuerpolitische Entscheidungen auf der Bundesebene zunehmend unmöglich gemacht, die kommunalen Haushalte auszugleichen. Die jüngste Steuerschätzung verschärft die Situation erneut.
Rund 56 Millionen € Steuermindereinnahmen entstehen zusätzlich durch die geplante Absenkung der Verbundquote für die Finanzausgleichsmasse auf 23 %. Des Weiteren drohen den Gemeinden Rückzahlungen aufgrund der entgültigen Abrechnung des Finanzausgleichs aus dem Jahr 2002 in Höhe von 83 Millionen €. Die Zahlungen an Kommunen außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes verringern sich ebenfalls drastisch im dreistelligen Millionenbereich. Das Grundsicherungsgesetz und steigende Personalkosten nach Tarifabschlüssen runden die Dramatik ab.
Die kommunale Selbstverwaltung wird durch das Abdrehen der Finanzströme endgültig ausgetrocknet. Der Anteil der Zahlungen an die Kommunen im Landeshaushalt sinkt von derzeit 31,8 % auf 28,3 % ab. Die Feststellung,
die Kommunen hätten überdurchschnittlich viele Beschäftigte, trifft in dem Zusammenhang, in dem Sie sie heute gemacht haben, so nicht zu. Die kommunalen Spitzenverbände werden nicht nur Ihnen das vorrechnen, sie haben auch uns das schon exakt vorgerechnet; es war nachvollziehbar.
Die Kommunen werden also gezwungen sein, diese Kürzungen letztlich durch eine Reduzierung der Ausgaben im freiwilligen Bereich zu kompensieren. Wieder trifft es vor allem den Kinder- und Jugendbereich. Es trifft Kultur, Sport und Soziales. An dieser Stelle schließt sich dann der Kreis: Es trifft wieder jene, die schon auf Landesebene von Kürzungen betroffen sind. Es ist also ein doppelter Salto Mortale und nicht nur einer der kommunalen Daseinsvorsorge.
Die PDS wird sich dafür einsetzen, den Artikel 11 im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes zu streichen.
Der von der Landesregierung gepriesene Ausgleich für Einnahmeausfälle in Gestalt des kommunalen Investitionsprogramms erweist sich also unter diesen neuen Rahmbedingungen insgesamt letztlich doch als Sackgasse. 75 Millionen € sollen aus der Gemeinschaftsaufgabe gespeist und von den Kommunen mit 25 Millionen € gegenfinanziert werden, wobei das Land die dafür notwendigen Zinsleistungen übernehmen will.
Die Grundidee ist nicht neu. Sie ist auch nicht abwegig; sonst hätten wir es nicht auch versucht. Aus der Gemeinschaftsaufgabe dafür Mittel zu verwenden, war bislang allerdings stets als unmöglich beschieden worden. - Wie dem auch sei, es scheint uns durchaus sinnvoll, diesen Spielraum zu nutzen.
Allerdings war es gerade die CDU, welche die Grundidee im vergangenen Jahr noch als verschleierte Neuverschuldung verteufelt hat. Da ist ja auch etwas dran. Kritisiert wurde von der CDU auch, dass die Kommunen dennoch Kredite aufnehmen müssten. Das ist so geblieben.
Im Kern machen Sie eigentlich das Gleiche, was damals SPD und PDS vorgeschlagen haben, nur eben schlechter und bei geringerer Toleranzbreite der Ausgabemöglichkeiten sowie bei weiterer Absenkung der Mittel für Kommunen. Das unterscheidet die diesjährige Situation von der des Vorjahres deutlich und so prägnant, dass wir hier einen Sprung haben, der diesen Grundansatz eigentlich konterkariert.
Am Ende bleibt gerade hier die Frage: Wie kann diese Lastenverteilung zuungunsten der Kommunen rückgängig gemacht werden, nachdem wir bei einer ersten Durchsicht des Haushaltsplanentwurfs festgestellt haben, dass diese Landesregierung an mehreren Stellen eine versteckte Neuverschuldung praktiziert? Sie bricht also den Vorsatz der Haushaltskonsolidierung in diesen Fällen jeweils selbst.
Mit der jüngsten Steuerschätzung und den zu erwartenden weiteren Mindereinnahmen ergeben sich natürlich neue Haushaltslöcher. Es wird daher notwendig sein, über die Höhe der Nettoneuverschuldung im Sinne einer geringeren Abschmelzung der Kreditaufnahme erneut zu sprechen. Wir jedenfalls zeigen uns an dieser Stelle gesprächsbereit.
Zusätzliche Einsparpotenziale wird es auf absehbare Zeit auf dieser Ebene und in bedeutender Höhe für eine Haushaltsentlastung nicht geben; denn mit dem Stopp
der Funktional- und Verwaltungsreform bleiben die Ressourcen für Einsparungen, die sich daraus hätten ergeben können, ungenutzt.
Die PDS wird sich in diese Haushaltsdebatte mit seriösen und gegenfinanzierten Vorschlägen einbringen. Der Landtag will den Haushalt nunmehr Anfang Februar verabschieden; diese Verschiebung macht aber nur dann Sinn, wenn es gelingt, die berechtigte Kritik von Betroffenen so aufzugreifen, dass daraus auch Änderungen resultieren. Es geht nicht nur um demokratische Rechte des Parlaments, sondern es geht vor allem um Mitwirkungsrechte von Betroffenen.
Meine Damen und Herren! Was bleibt aus heutiger Sicht abschließend zu diesem Haushaltsplanentwurf zu sagen? - Er zeigt, dass CDU und FDP ihre Ansprüche auf Wachstum, Beschäftigung und Innovation - so haben Sie das selbst bezeichnet - mit diesem Zahlenwerk nicht untersetzen. Woraus sollen sich die zukunftsfähigen Entwicklungsimpulse ableiten lassen?
Die Träger dieser Zukunft, Kinder und Jugendliche, werden in allen sie betreffenden Bereichen durch Zusammenstreichen zusätzlich belastet. Deshalb ist dieser Haushalt auch ungerecht.
Wo liegt denn nun Ihr originärer Gestaltungsansatz, kraft dessen das Land die rote Laterne abgeben sollte? Fakt ist - das halten wir einmal fest -: Sie halten die Laterne sicher in Ihren Händen. Sie wirft nunmehr große schwarze Schatten auch auf Bereiche, in denen das Land bislang bundesweit Spitze war. - Danke schön.
Besten Dank, Frau Dr. Sitte. - Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Lukowitz das Wort. Bitte sehr, Herr Lukowitz.