Protocol of the Session on November 14, 2002

Ich glaube, dann machen wir, auch angesichts der demografischen Entwicklung, den richtigen Schritt.

Der Innenausschuss wird sich am 20. November mit dieser Problematik befassen. Deshalb beantrage ich, dass Sie den Antrag der SPD in diesen Ausschuss überweisen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Dann möchte ich noch etwas zu der Frage von Herrn Kurze sagen, Herr Vizepräsident.

Er hat sich nicht ordnungsgemäß gemeldet. An mich ist diese Aufforderung nicht ergangen.

Ich würde aber gern etwas dazu sagen.

(Heiterkeit)

Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit. Es gibt eine Frage von Herrn Laaß. Dann lässt sich das vielleicht verbinden.

Herr Kurze, ich sage dazu Folgendes: Wenn wir solche Reformen nach dem Ansehen einzelner Personen machen, dann springen wir zu kurz. Uns geht es um das Wohl des Landes und nicht um die Auffassung des Landrats A oder B oder des Bürgermeisters C. Das ist meine Position. Anders können wir es nicht machen, sonst kommt Flickschusterei zustande.

(Zustimmung bei der SPD - Herrn Kurze, CDU: Dann müssen Sie sagen, was der Landrat gesagt hat! Er hat definitiv dagegen gesprochen! - Unru- he bei der CDU)

- Was soll ein Landrat machen? Der bekommt doch im eigenen Hause Probleme, wenn er sich nicht auf eine

gesetzliche Regelung stützen kann. Das macht auch der Landrat Herr Finzelberg im Falle Gübs. Er sagt, Gübs darf nicht zu Magdeburg kommen, obwohl die das wollen. In Bezug auf Leitzkau - die sollen kommen - sagt er: Ja, ihr könnt gern kommen. - Das macht jeder Landrat so. Das ist doch ganz klar.

(Zuruf von Herrn Kurze, CDU)

Wir haben die Verantwortung im Landtag. Wir müssen gesetzliche Grundlagen schaffen, damit wir es unseren Kollegen auf kommunaler Ebene nicht noch schwerer machen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Kurze, CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Die haben es doch rückgängig gemacht! - Unruhe)

Die Ausführungen von Herrn Dr. Polte lagen noch innerhalb seiner Redezeit. Deshalb habe ich das laufen lassen. Jetzt kann Herr Laaß seine Frage stellen.

Sehr geehrter Herr Polte, Sie haben mich freundlicherweise zitiert, nur leider falsch und aus dem Zusammenhang gerissen. Ich muss dazu sagen: Es ging um eine kommunale Frage. Dass wir keine Zeit haben, steht eindeutig fest. Sie sprachen von Bremsern, die hier am Werke sind. Ich möchte Ihnen die Bremser benennen. Es sind Ihre Parteikollegen, die in diesem meinem Beritt bremsen.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der CDU: Genau! - Unruhe bei der SPD)

Dafür kann ich kein Verständnis aufbringen.

Wir stehen zu der Verantwortung und sagen: Wir praktizieren kommunale Selbstverwaltung und wollen die Kommunen in ihrer kommunalen Selbstverwaltung stärken. Dazu gehört ein gewisser Prozentsatz an Eigenverantwortung. Dazu sind die Kommunalpolitiker aufgerufen. Wenn Kollegen Ihrer Partei verhindern, diese Eigenverantwortung an den Tag zu legen, dann war es ein richtiger Schritt, diese drei Vorschaltgesetze außer Kraft zu setzen.

(Zustimmung bei der CDU - Unruhe bei der SPD)

In Bezug auf den ersten Teil stimme ich Ihnen vollkommen zu. Das habe ich gerade gesagt. Das ist auch meine Position. Gegen die, die in ihrem Denken noch zu stark rückwärts gewandt sind, wende auch ich mich, egal in welcher Partei diese sind.

(Frau Weiß, CDU: Dann räumen Sie erst mal in Ihrer Partei auf!)

Aber das, was Sie im Sommer beschlossen haben, nämlich die Vorschaltgesetze außer Kraft zu setzen, ohne - das habe ich damals gesagt - zu sagen, wohin die Reise geht, erschwert es, diese Reform weiter voranzubringen. Das ist das Problem. Hierbei fehlt eine klare Konzeption.

(Herr Dr. Püchel, SPD, meldet sich zu einer Zwi- schenfrage - Minister Herr Dr. Daehre: Können Sie das nicht in der Fraktion machen?)

Möchten Sie noch eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Püchel beantworten? - Bitte schön.

(Minister Herr Dr. Daehre: Das macht man doch in der Fraktion!)

Dann hören Sie es aber nicht, Herr Kollege Daehre.

Herr Kollege, wie bewerten Sie die Aussage des Ministerpräsidenten in Halle im Vergleich mit dem, was im Moment an Protesten aus der CDU-Fraktion kommt? Wie passt das denn zusammen in dieser Frage?

Ich glaube, der Herr Ministerpräsident ist schon einen Schritt weiter. Ihm müssten einige Landtagsabgeordnete vielleicht noch folgen. Insofern möchte ich einfach dazu ermutigen.

Ich tue das doch nicht aus Jux und Tollerei, sondern ich denke, das, was über die Finanzen des Landes gesagt wurde, muss ernst genommen werden. An dieser Stelle bietet sich eine Möglichkeit zu sparen, in den nächsten Jahren Spareffekte potenziell zu generieren. Diese Chance dürfen wir nicht verpassen. Wir müssen jetzt die Weichen endgültig stellen. Nur deshalb wollen wir uns mit dieser Frage befassen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Polte. - Bevor ich Herrn Minister Jeziorsky das Wort erteile, darf ich Schülerinnen und Schüler des Siemens-Gymnasiums in Magdeburg auf der Besuchertribüne begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sie hatten die Freude - hoffe ich jedenfalls -, ihren ehemaligen Oberbürgermeister in seinem neuen Wirkungsfeld zu erleben.

Nun bitte Herr Jeziorsky.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines sage ich gleich am Anfang: Herr Bürgermeister Polte - nicht Oberbürgermeister Polte, das ist er a. D. - gehört nicht zu den Bremsern, von denen eben gesprochen worden ist, denn seine Gemeinde Niegripp gibt ihre kommunale Eigenständigkeit auf und wird Ortsteil der Stadt Burg. Das passiert in diesem Jahr auch noch mit anderen Gemeinden.

Das beschreibt aber nur, dass ein Prozess zur Änderung der kommunalen Verwaltungsstrukturen aufgrund von Entscheidungen der Gemeinderäte durchaus im Gang ist, ohne dass ein Damoklesschwert über den Kommunen hängt: Wenn ihr euch bis zu irgendeinem Zeitpunkt nicht bewegt, dann werdet ihr gezwungen.

Ich will aber nach der emotionalen Rede von Herrn Dr. Polte auf das zurückkommen, was in Ihrem Antrag steht. Dort heißt es, die Landesregierung solle sich im Zusammenhang mit kreisübergreifenden Gemeindezusammenschlüssen an die gesetzlichen Vorgaben halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als Regierung, aber auch die Beamten im Innenministerium, die hierfür zuständig sind, sind durch Eid gehalten, Verfassung und Gesetz zu achten und danach zu handeln. Genau das tun wir. Dazu bedarf es keiner Aufforderung der Fraktion der SPD.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Nun kann man über verschiedene Sachverhalte unterschiedlicher Meinung sein. Sie haben auch Herrn Kollegen Becker als Kommentator der Gemeindeordnung zitiert. Das ist in Ordnung. Sie können auch andere Kommentare zitieren, die zum Teil zu ähnlichen Auffassungen kommen.

Aber stellen wir uns einmal die Frage: Welche Regelungen haben wir denn, wenn wir es ernst nehmen mit der Beachtung der Gesetze? - Zurzeit gelten bei uns die Gemeindeordnung, die Landkreisordnung und die Landesverfassung. In allen dreien ist unter der Überschrift „Gebietsänderung“ etwas zu lesen. Darin wird beschrieben, was es geben kann. Über allen Vorschriften steht als Überschrift „Gebietsänderungen“. Im Text steht jeweils das öffentliche Wohl als oberste Maxime für Gebietsveränderungen.

Worüber wir im Zusammenhang mit Ihrem Antrag reden, sind Überlegungen von Gemeinden, ihre Gebietsgrenzen zu verändern, wobei diese Gebietsgrenzen gleichzeitig Kreisgebietsgrenzen sind. In der Landkreisordnung ist aber auch beschrieben, wie der Weg zur Veränderung der Landkreisgrenzen aussieht. Insoweit gehört beides zusammen. Wenn wir solche Vorgänge wie Gübs und andere prüfen, müssen wir alle gesetzlichen Regelungen, die es hierfür gibt, in die Überlegungen einbeziehen.

Wenn Sie in Ihrer Begründung schreiben, dass den Kreisen ein Vetorecht eingeräumt würde, so ist das schlichtweg falsch. Kreisgebietsänderungen fallen in die Zuständigkeit der Kreistage. Das ist also kein besonderes Vetorecht, sondern das ist gesetzlich geregelt, und insoweit müssen Sie damit leben, dass es, wenn ein Landkreis einer Änderung seiner Außengrenze nicht zustimmt, nicht zu Vereinbarungen kommen kann, Herr Kollege Polte.

Das, was Herr Becker ausgeführt hat - Sie haben ihn richtig zitiert -, ist, dass solche Veränderungen durch Vereinbarungen zustande kommen. Vereinbarungen über kommunale Gebietsgrenzen kommen nur zustande, wenn die beteiligten Kommunen gemeinsam eine solche Vereinbarung schließen - alle Kommunen, auch die Landkreise, wenn sie denn betroffen sind. In den Fällen, über die Sie in diesem Zusammenhang möglicherweise diskutieren, die Ihnen vor Augen stehen, ist eben eine für alle beteiligten Kommunen einvernehmliche Lösung nicht in Sicht. Daher können diese Veränderungen nur gegen den Willen einer der beteiligten Kommunen vorgenommen werden und das heißt: durch Gesetz.

Schauen Sie in Protokolle der Sitzungen des Innenausschusses der letzten Legislaturperiode. Dort ist über diese Frage auch schon einmal trefflich diskutiert worden. Seinerzeit waren es Kollegen aus Ihrer Fraktion und auch Kollegen aus der PDS-Fraktion, die deutlich gemacht haben, dass Veränderungen der Kreisgrenzen durch Gesetz zu erfolgen haben, zumindest immer dann, wenn es nicht zu einvernehmlichen Lösungen der beteiligten Kommunen kommt.

Deswegen finde ich es etwas verwunderlich - ich kann mir vorstellen, was Ihr Hintergrund ist -, dass Sie jetzt mit einem solchen Antrag kommen und zu suggerieren versuchen, die Landesregierung würde gesetzliche Vorgaben missachten, weil Kreisgrenzen übergreifende Gemeindezusammenschlüsse nur auf der Basis der Beschlüsse der beteiligten Gemeinden nicht schlichtweg vollzogen werden, sondern weil wir darauf bestehen, dass auch die Wahrung der Interessen der Kommune Landkreis zu berücksichtigen ist, sodass eine solche Veränderung nur im Gesamtkonsens vorgenommen werden kann, und zwar ohne Gesetz, wenn denn alle einverstanden sind. Wenn dies nicht der Fall ist, benötigt man dazu ein Gesetz, dann aber unter der Maxime des öffentlichen Wohls.

Wir haben in unserem Hause zu diesen Fällen bisher entschieden, dass der Weg über ein Gesetz mit der Begründung des öffentlichen Wohls aus unserer Sicht nach Abwägung der Interessenlagen nicht beschritten werden sollte.

Schauen wir uns Gübs an. Sie, Herr Oberbürgermeister, kennen es aus der Nähe. Wo ist das Problem für die Stadt Magdeburg, wenn eine Gemeinde der Größe von Gübs, die noch nicht einmal eine unmittelbare Verkehrsanbindung zur Stadt Magdeburg hat, eingemeindet wird? Wenn die Eingemeindung nicht zustande käme - das wäre ja traurig -, hätte die Stadt Magdeburg ein Riesenproblem. Sie könnte sich nicht entwickeln und würde - so sage ich einmal mit Ihrer Definition - noch nicht einmal den Einwohnerverlust von ein paar hundert Menschen durch eine Eingemeindung ausgleichen können.

Insofern kann ich den Landtag nur aufrufen, diesen Antrag abzulehnen, weil eine Aufforderung der SPD-Fraktion, dass sich die Landesregierung an gesetzliche Vorgaben, an gesetzliche Regelungen halten möge, nicht erforderlich ist. Das tun wir in der gebotenen Weise, in der man mit Gesetzen umzugehen hat, allemal.