Protocol of the Session on October 11, 2002

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber wir wollen nicht nur darüber reden, wie die äußeren Rahmenbedingungen sind; vielmehr haben wir uns auch in der Koalitionsvereinbarung darauf geeinigt, dass in den Kindertagesstättenbereich in zunehmendem Maße pädagogische Inhalte eingeführt werden sollen.

Wir, das Kultusministerium und das Sozialministerium, wollen gemeinsam auch im Kita-Bereich in Vorbereitung der Kinder auf den Schuleintritt ein Rahmenprogramm entwickeln, in dem in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Mindestanforderungen für den Bildungs- und Erziehungsprozess definiert werden sollen.

(Zustimmung bei der FDP und von Frau Theil, PDS)

Wir haben vor, im nächsten Jahr für die Einführung dieses Programms und für Modellprojekte finanzielle Mittel in Höhe von 1 Million € in den Haushalt einzustellen. Das heißt, es wird darum gehen, eine neue qualitative Stufe einzuführen, um die Schüler zum Schuleintritt zu befähigen und ihnen zu ermöglichen, dem Unterrichtsverlauf zu folgen. Berichte über den Fortgang dieser Richtlinie sind von uns im Ausschuss zugesichert worden. Wir werden dies natürlich auch entsprechend dem Beschluss durch ein Konzept begleitet darbieten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind der Meinung, dass wir im Kindertagesstättenbereich Einsparmaßnahmen insbesondere über eine Verwaltungsvereinfachung realisieren sollten. Das ist etwas, was im alten KiBeG bisher so nicht vorgesehen war. Das war eine äußerst komplizierte Berechnungsmaterie über die Besuchsdauer des Kindes pro Platz entsprechend der

vorherigen Konzeption mit Mindermengen, Mehrmengen, die dann nicht bezahlt wurden, und Ähnlichem. Das heißt, in einem gewissen Umfang wurde Verwaltungspersonal mit der Spitzabrechnung beschäftigt, was den Kindern nichts brachte, die Planungssicherheit der Träger erschwerte und Ähnliches.

Das wollen wir abschaffen. Wir möchten, dass die örtlichen Träger, die Landkreise entsprechend der Zahl der Kinder von null bis 14 Jahren pauschal diesen Betrag erhalten und dann die Gemeinden von diesen Landkreisen zuzüglich eines 50-prozentigen Zuschusses die Zahlungen erhalten. Hierdurch ist ein einfacheres Abrechnungsverfahren möglich. Es können Kosten eingespart werden und der Umfang des Verwaltungspersonals kann reduziert werden, ohne dass dies zulasten der Qualität in der jeweiligen Kinderbetreuung geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden in die nächste Sitzung des Landtages das Gesetz zur Novellierung des Kinderbetreuungsgesetzes einbringen. Ich freue mich schon auf eine interessante fachliche Diskussion mit Ihnen allen zum Wohle unserer Kinder - zum einen im Sinne der Betreuung und zum anderen, wie vorhin angedeutet, in dem Sinne, dass wir der kommenden Generation weiterhin die finanzielle Möglichkeit geben, selbst handlungsfähig zu sein. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Herr Minister, sind Sie bereit, die Fragen von drei Abgeordneten zu beantworten? - Dann bitte zunächst Frau Ute Fischer.

Mütter und Väter mussten bisher beim Arbeitsamt, um Leistungen zu erhalten, ihre Vermittelbarkeit nachweisen, indem sie einen Krippenplatz oder einen Kindertagesstättenplatz für ihre Kinder vorweisen konnten. Wie wollen Sie, wenn es keinen Rechtsanspruch mehr gibt, sicherstellen, dass das Arbeitsamt glaubt, dass die Arbeit suchenden Mütter und Väter, wenn sie eine Leistung des Arbeitsamts bekommen, möglichst schnell einen Platz haben? Bisher musste die Verfügbarkeit vorher nachgewiesen werden. Ich betone: vorher.

(Frau Budde, SPD: Das ist auch logisch!)

Es besteht auch weiterhin ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz beim Vorliegen eines Arbeitsplatzes, Umschulungsmaßnahmen und Ähnlichem.

(Frau Budde, SPD: Das war nicht die Frage!)

Wir sind gegenwärtig über das Wirtschaftsministerium mit den Arbeitsämtern in Verhandlungen, um hier die Praxis an die neue Rechtslage anzupassen.

Frau Dr. Klein, bitte.

Herr Kley, abgesehen von der Bemerkung, dass Sie am 30. September, als wir die gemeinsame Veranstaltung in der Schöpfkelle in Halle hatten, wirklich etwas anderes gesagt haben,

(Zustimmung bei der PDS)

habe ich zwei Fragen. Erstens. Wissen Sie, dass bundesweit über ein Universitätsstudium für Erzieherinnen nachgedacht wird? Wenn ja, wie ist das mit einer Qualifizierung der Tagesmütter zu verbinden? Sollen auch diese ein Universitätsstudium absolvieren und dann eine Ich-AG bilden?

Zweitens die Frage der Vermittelbarkeit. Ich weiß nicht, wie weit Ihre Kenntnisse darüber gehen, wie es auf dem Arbeitsamt zugeht und wie weit vom Arbeitsamt überhaupt ein Arbeitsplatz vermittelt wird. Die Mehrheit derer, die einen Arbeitsplatz suchen, muss sich selbst kümmern und muss bei Unternehmen vorstellig werden. Leider Gottes sind Fragen, die den Frauen noch immer gestellt werden: Sind Sie schwanger? Haben Sie Kinder? Wie werden die betreut? - Das hat mit dem Arbeitsamt nichts zu tun. Die Unternehmer fragen das.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Wie sollen Frauen damit umgehen? Es ist zwar verboten, aber es wird gemacht. So ist nämlich die Praxis. Über das Arbeitsamt wird doch kaum einer vermittelt.

Wir gehen davon aus, dass diese Regierung angetreten ist, Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn auf dem Arbeitsmarkt ein Bedarf besteht, wird es auch möglich sein, in zunehmendem Maße Leute in Arbeit zu bringen. Mit Kindertagesstättenplätzen allein haben Sie noch keine junge Frau in Arbeit gebracht. Dafür sind andere Maßnahmen schleunigst gefordert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Bull, bitte.

(Frau Dr. Klein, PDS: Meine erste Frage ist nicht beantwortet! Universitätsstudium und Tagesmüt- ter!)

Bislang gibt es kein Universitätsstudium für Kindergärtnerinnen. Wenn es ein solches gibt und dies für alle verbindlich ist, werden auch Tagesmütter eine entsprechende Qualifikation aufweisen müssen. Aber ich bezweifle, dass Sie alle 20 000 Kindergärtnerinnen des Landes Sachsen-Anhalt in ein Hochschulstudium treiben wollen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Frau Bull, bitte.

Ich habe eine grundsätzliche Frage, Herr Kollege Kley. Sie haben im Grundteil Ihrer Rede von jungen Müttern, jungen Frauen gesprochen. Ich kenne eine Kabarettistin, die immer von „das gemeine Mutti“ gesprochen hat.

Nun ist gerade aus linksliberalen Kreisen - wirklich liberalen Kreisen -

(Oi! bei der FDP)

die DDR-Frauenpolitik, wie ich meine, zu Recht dafür kritisiert worden, dass diese auf eine Mutti-Politik reduziert

war und damit der Zugang und die Verantwortung von Vätern in Familienarbeit versperrt und zementiert wurde.

Ich frage Sie - das würde mich interessieren -: Inwieweit unterscheidet sich eigentlich die FDP-liberale und konservative Politik von traditioneller sozialistischer Frauenpolitik?

(Lachen bei der FDP und bei der CDU - Minister Herr Kley lacht - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Sehr geehrte Frau Bull, da es sich hierbei um eine grundsätzliche Frage handelt, würde ich diese gern in einem längeren Referat bei anderer Gelegenheit beantworten.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der FDP)

Jetzt den Unterschied zwischen einer sozialistischen Frau und einer liberalen, also einem Frauenbild aus liberaler Sicht - -

(Herr Gürth, CDU: Normalen! - Frau Bull, PDS: Liberal nicht! FDP-liberal!)

- FDP-liberal ist liberal, sehr geehrte Frau Kollegin. - Der grundsätzliche staatspolitische Ansatz ist schon diametral entgegengesetzt. Also da brauchen Sie nicht nach Gemeinsamkeiten zu suchen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Die nächste Frage stellt Frau Budde.

Herr Kley, ich habe zwei Fragen. Zum Ersten: Habe ich es richtig verstanden, dass Sie die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindergärten und Kinderkrippen absenken wollen, aber die Anforderungen, nämlich die Hochschule zu besuchen - das finde ich im Übrigen zum Teil vernünftig -, in den Kindergärten hochschrauben? Wie kann man das miteinander vereinbaren?

Zum Zweiten: Habe ich es richtig verstanden, Sie haben gesagt, wenn eine Frau wieder vermittelbar ist und das Arbeitsamt sagt, Sie bekommen ab morgen eine Umschulungsmaßnahme oder einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen, das ganz dringend innerhalb von zwei Wochen jemanden braucht, und die sich verständigen und die Frau sagt, ich will den Arbeitsplatz haben, dann wird ein Kinderbetreuungsplatz vorgehalten? Das heißt doch aber, dass für Ihre imaginären Arbeitsplätze ständig ein bestimmter Puffer an Kinderbetreuungsangeboten vorgehalten werden muss. Wer bezahlt den? Zahlen den die Gemeinden, die freien Träger? Und wie wollen Sie das kalkulieren?

(Zuruf von Frau Ferchland, PDS)

Zu der Frage nach dem Vorhalten der Kindertagesstättenplätze: Es ist ja nicht so, dass jede Kindertagesstätte gegenwärtig zu 100 % ausgelastet ist. Da sind immer freie Kapazitäten.

(Frau Budde, SPD: Da wäre ich vorsichtig, Herr Kley, ganz vorsichtig! - Weitere Zurufe von der SPD)

Das ist unstrittig.

(Frau Budde, SPD: Sie reden wie der Blinde von der Farbe!)

Wenn die Städte und Gemeinden mit den freien Trägern ein bisschen besser umgehen würden, wären jederzeit Kapazitäten frei, die nutzbar wären. Wenn einzelne Städte - auch unter sozialdemokratischen Sozialdezernentinnen und Bürgermeisterinnen - versuchen, die freien Träger platt zu machen, nur weil sie der Meinung sind, es gebe ein zu großes Angebot auf dem Markt, dann brauchen wir uns natürlich nicht zu wundern, wenn es kein anderes Angebot gibt. An dieser Stelle gibt es eine völlig falsche Sicht.