Protocol of the Session on October 11, 2002

Ich muss aber etwas dazu sagen, weil in der Öffentlichkeit vom Ministerpräsidenten schon zu Zeiten des Landtagswahlkampfes und auch danach etwas darüber zu hören war, ehemaliges Preußenvermögen und landwirtschaftlich genutzte Landesflächen zu veräußern.

Wenn hier gesagt wird, nicht flächendeckend, aber doch jährlich in Raten, dann möchte ich dazu eine kurze Anmerkung machen. Die zurückliegenden Jahre haben gezeigt, dass die vorrangige Privatisierung von landwirtschaftlichen Flächen nicht von ausschlaggebender Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen in der Landwirtschaft war.

Sieht man einmal von der besonderen Situation in diesem Jahr - Hochwasserschäden, Ernteausfälle aufgrund der flächendeckend anhaltenden überdurchschnittlich hohen Niederschläge - ab, dann können wir - ich glaube, Frau Ministerin, Sie werden das bestätigen und dem zustimmen - bilanzieren, dass sich die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt zu einem Wirtschaftszweig entwickelt hat, der seinesgleichen in den neuen Bundesländern sucht.

Mehr noch: Die Landwirtschaft ist ein Wirtschaftszweig, der aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht, aber auch gemessen an den Erfordernissen einer artgerechten Tierhaltung Maßstäbe setzt, bundesweit und in der Europäischen Gemeinschaft insgesamt.

Unter Beachtung der Tatsache, meine Damen und Herren, dass die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt - anders als in den anderen Ländern - bis zu 90 % ihrer Arbeit auf Pachtflächen organisiert, ist für die wirtschaftliche Entwicklung, für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen also nicht vorrangig die Privatisierung zu sehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine flächendeckende Privatisierung würde den Agrarunternehmen Liquiditätsprobleme bescheren und sie regelrecht nötigen, von geplanten Investitionen in ihre wirtschaftliche Entwicklung Abstand zu nehmen, Investitionen zurückzustellen, weil diese Mittel dann gezwungenermaßen für Flächenkauf verwendet werden müssten.

Finanzielle Mittel zur Sicherung ihrer Liquidität müssen, wie ich sagte, für Flächenzukäufe verwendet werden. Mehr noch: Ich bin davon überzeugt, dass es nicht wenige Unternehmen geben wird, die, wenn sie das aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht tun, regelrecht zusehen müssten, wie Dritte die bisher von ihnen genutzten Flächen erwerben. Damit würde die Existenz so mancher Betriebe gefährdet.

Ein solcher flächendeckender und forcierter Privatisierungsauftrag steht auch im Widerspruch zur Aufgabenstellung der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt, die nicht im Geringsten daran interessiert ist - Frau Wernicke, Sie haben es auch mit Argumenten in dieser Richtung versehen -, einen groß angelegten Ausverkauf von Flächen zu organisieren, weil dann nämlich der gesamte Bodenmarkt zum Erliegen kommen würde. Der Bodenmarkt im Land würde gefährdet werden.

Eine solche Haushaltssanierung - damit komme ich zum Schluss -

(Zustimmung bei der FDP)

ist nicht nur kurzsichtig, sie ist wirtschaftsschädigend, sie gefährdet auch Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Und das alles nur um einen konsolidierten Haushalt zu haben? Man muss sich fragen, ob dieser Weg, der auf Kosten von Arbeitsplätzen geht, umgesetzt werden soll.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke, Herr Krause. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Daldrup das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Krause, es wird keinen großflächigen Landverkauf geben, wie Sie das gerade eben beschrieben haben. Die Argumente sind jetzt ausgetauscht. Ich gebe meine Rede zu Protokoll. - Die CDU wird den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

(Zu Protokoll:)

Die SPD-Fraktion beantragt, die Landesregierung aufzufordern, keinen flächendeckenden Privatisierungsauftrag zu erteilen. Das ist schon erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Verkauf der landeseigenen Flächen von der SPD-Regierung selbst beschlossen worden ist. Mit dem Antrag belegen Sie, dass Sie damals die alte Methode des Schattenhaushalts zum Zuge kommen lassen wollten. Heute müssen wir aufgrund der desolaten Haushaltslage diesen damals gefassten Beschluss vollziehen.

Wir sind allerdings der Auffassung, dass es nicht notwendig ist, dass das Land Sachsen-Anhalt Eigentümer von 47 000 ha Land bleibt. Gleichwohl ist es uns wichtig, dass die bestehenden Bewirtschaftungs- und Pachtverhältnisse im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit bestehen bleiben. Die Existenz der heute auf diesen Flächen wirtschaftenden Betriebe darf nicht gefährdet werden.

Die Landgesellschaft beabsichtigt, ca. 1 000 ha je Jahr zur Deckung der Finanzierung zu verkaufen. Wenn die Lose 10 ha nicht überschreiten und den Landwirten angeboten werden und die Flächenverteilung in den Landkreisen unterschiedlich ist, ist ein strukturkonformer Verkauf möglich.

Abschließend lassen Sie mich sagen, dass, wenn die von mir genannten Voraussetzungen erfüllt sind, der Antrag der SPD-Fraktion gegenstandslos ist. Wir lehnen ihn deshalb ab.

Danke sehr, Herr Daldrup. - Nun hat als letzter Redner nochmals für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Oleikiewitz das Wort. Bitte sehr, Herr Oleikiewitz.

Herr Präsident! Frau Wernicke, ich wollte eigentlich keinen weiteren Redebeitrag zu dem Thema hier halten, weil ich angenommen habe, dass die Argumente ausgereicht haben, um Sie davon zu überzeugen, dass dieses Thema durchaus von öffentlichem Interesse ist und im Ausschuss beraten werden sollte, damit diese Fragen, wenn sie auch strittig sind, unter uns geklärt werden können, damit die Landwirte wissen, woran sie in diesem Lande sind.

Frau Wernicke, sicherlich ist es so, dass die Landwirte in der Lage sein sollten, Flächen, die sie bewirtschaften, auch zu erwerben. Es ist in Sachsen-Anhalt aber eben nicht so, Frau Wernicke, dass die Landwirte die Flächen, die sie bewirtschaften, erworben haben oder erwerben können; denn sie haben die Mittel dafür nicht. Das wissen Sie ganz genau. Sie waren schon einmal Ministerin in diesem Lande und Sie müssten es vor allen anderen wissen.

Herr Krause hat es eben noch einmal gesagt: Mehr als 90 % der Flächen, die von Landwirten bewirtschaftet werden, sind gepachtete Flächen. Können Sie mir einmal verraten, wie die Landwirte auf die Schnelle, die Sie offensichtlich im Kopf haben, in die Lage versetzt werden sollen, die Flächen, die Sie ihnen dann anbieten, zu erwerben?

Das heißt, die aus dem Erwerb der Flächen gewonnenen Mittel, die in den Landeshaushalt - möglicherweise schon in den nächsten Landeshaushalt - fließen, werden auf jeden Fall nicht von den Landwirten kommen, die hier in Sachsen-Anhalt produzieren, sondern die werden möglicherweise aus anderen Richtungen kommen. Und eben das wollen wir vermeiden. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, Frau Wernicke.

Das Problem mit den 60 Millionen €, das Sie hier angeführt haben, haben Sie offensichtlich nicht verstanden. Ich wäre sehr froh, wenn wir im Ausschuss darüber beraten könnten, damit wir Sie über diese Aktion aufklären können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Oleikiewitz. Sie haben damit für eine Überweisung in den zuständigen Ausschuss plädiert.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen zunächst darüber ab. Wer einer Überweisung dieses Antrages zustimmt, den bitte ich zunächst um die Abgabe seines Stimmzeichens. - Gegenstimmen? - Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? - Mit der Mehrheit der Stimmen der CDU- und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD- und der PDS-Fraktion wurde der Antrag auf Überweisung abgelehnt.

Wir stimmen über den Antrag als solchen ab. Wer dem Antrag in der vorliegenden Fassung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte.

- Gegenstimmen? - Damit ist der Antrag ebenfalls mit der Mehrheit der Stimmen der CDU- und der FDPFraktion gegen die Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion abgelehnt worden. Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 24 beendet.

Ich möchte zum Ende der Plenarsitzung noch eine kleine Anmerkung machen. Sie wissen, dass zu bestimmten Zeiten der Bewegungsdrang in diesem Hause sehr groß wird. Gesundheit braucht Bewegung - das war gestern Abend das Motto der parlamentarischen Begegnung. In Anerkennung unserer Bewegungsarmut hat man uns gestern Abend einen Scheck über acht Bewegungspausen für die Plenarsitzungen 2002/2003 überreicht.

Vielleicht können Sie sich einmal Gedanken darüber machen, wie wir mit diesem Scheck umgehen wollen.

(Heiterkeit - Zuruf von Herrn Dr. Köck, PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der 5. Sitzungsperiode des Landtages angelangt. Ich berufe den Landtag zu seiner 6. Sitzungsperiode für den 14. und 15. November 2002 ein. Die nächste Sitzung des Ältestenrats findet am Donnerstag, dem 7. November 2002 statt.

Die Sitzung des Landtages ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg.

Schluss der Sitzung: 17.25 Uhr.