Protocol of the Session on October 11, 2002

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Über das hinaus gibt es keine rechtsverbindlichen Vereinbarungen. Über das hinaus gibt es lediglich Ankündigungen des Herrn Bundeskanzlers, des damaligen Ministerpräsidenten, des damaligen Verkehrsministers, der aus erstaunlichen Gründen gerade bei diesem Thema den Plenarsaal verlassen hat. Vielleicht ist das auch gar nicht so erstaunlich. Ich finde, es ist schon ein starkes Stück, dass Herr Heyer, der im Hause ist, es nicht für notwendig hält, sich hier für das zu verantworten, was er an Unterlassungssünden begangen hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Denn, meine Damen und Herren, ich bin versucht, auch andere Beispiele hier aufzuführen.

Herr Minister, wären Sie bereit, eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Köck zu beantworten?

Gleich. Sie können dann fragen. - Wie gesagt, ich bin versucht, aber ich widerstehe der Versuchung. Ich habe vorhin schon zweimal gesprochen - das war schlimm genug - mit dem Risiko, dass Frau Budde nochmals redet; das wäre noch schlimmer gewesen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren! Es ist fünf Minuten vor halb fünf; Abgeordnete und auch Minister sind auch Menschen. Deswegen verzichte ich darauf, die unglaublich dilettantische Art, in der in den letzten Jahren wichtige Dinge im Wirtschafts- und im Verkehrsministerium gehandhabt wurden, in aller Breite vorzutragen.

Aber bei dieser Sache, bei der nun sogar der QuasiKoalitionspartner Fragen stellt und sich naiv oder vielleicht gutgläubig präsentiert, muss man schon sagen, was rechtlich verbindlich ist und was rechtlich nicht verbindlich ist. Alles, was Herr Schröder, Herr Höppner und andere verkündet haben, waren Absichtserklärungen, die überhaupt nicht durchsetzbar sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Tatsache ist - das weiß, vermute ich, in diesem Hause jeder -, dass der Bombardier-Konzern durch seinen Vorstandsvorsitzenden Herrn Lortie immer wieder darauf verweist - etwa auch in einem Schreiben an die Oberbürgermeisterin der Stadt Halle -, dass die Position bezüglich dessen, was geschehen sollte, vom Konzern immer völlig klar und unmissverständlich vertreten worden ist. Dazu lese ich Ihnen jetzt ein, zwei Sätze vor, die Sie kennen müssen, um das richtig zu beurteilen. Herr Lortie schreibt:

„Unsere Position, dass die Zukunft von Ammendorf als rentables Werk nur ermöglicht werden kann, wenn es ein großer Servicestandort wird, ist unverändert. Es ist die gleiche, die ich Ihnen in unserem im Mai geführten Gespräch erläutert habe, und es ist die gleiche, die wir öffentlich und privat immer kommuniziert haben.“

So weit Herr Lortie. - Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen klipp und klar: Alle Versuche, an der jetzt entstandenen misslichen Situation etwas in dem Sinne zu korrigieren, dass sich der Bombardier-Konzern rechtlich

verbindlich in der einen oder anderen Sache in die Pflicht nehmen lässt, sind absolut untauglich, sind zum Scheitern verurteilt.

Deswegen macht das Wirtschaftsministerium jetzt Folgendes: Wir bemühen uns - es sieht so aus, als hätte das durchaus Erfolg -, für die Fläche, die das Land für 6,9 Millionen € erworben hat, Betriebe zu finden, die sich dort ansiedeln und die insbesondere im produzierenden Bereich tätig sind. Das ist Knochenarbeit, aber wir werden diese Knochenarbeit leisten, wobei ich hinzufüge, dass wir einen Millionenbetrag benötigen werden, um das Gelände für die Nutzung durch andere Firmen tauglich zu machen. Aber wir tragen das, weil wir die Enttäuschung, die es bei den Beschäftigten in Halle-Ammendorf verständlicherweise in höchstem Maße gibt, nicht noch dadurch vergrößern wollen, dass wir das, was Machbar ist, unterlassen.

Ich habe unmittelbar nach meinem Amtsantritt mit der Leitung des Unternehmens in Ammendorf und mit dem Gesamtbetriebsrat über die Probleme gesprochen. Ich versichere auch dem Landtag, dass wir alles tun werden, um neue Arbeitsplätze, die neben dem Servicezentrum entstehen können, dort auch entstehen zu lassen. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass die Stadt Halle ihren Beitrag dazu leisten wird. Wir werden uns auf diese Weise bemühen, wenigstens das, was noch zu retten ist, zu retten. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Dr. Rehberger, Sie haben Herrn Dr. Köck versprochen, eine Frage zu beantworten.

Oh, ja.

Bitte sehr.

Ich komme aus Halle. Sie werden sich vorstellen können, warum wir diese Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgeworfen haben. Tolerieren heißt nicht koalieren; auch das ist ein gewaltiger Unterschied. Den Unterschied spüren wir in solchen Situationen, weil der Informationsfluss eben nicht gegeben ist.

Zur eigentlichen Frage: Welche Verpflichtungen oder vertraglichen Beziehungen hatte die Landesregierung ihrerseits mit der Stadt Halle abgeschlossen?

Es gibt keinen Vertrag zwischen dem Land und der Stadt Halle. Aber wir bemühen uns, in Bezug auf das Heizwerk eine Lösung zu finden, die von der Stadt Halle mitgetragen wird. Dieses Heizwerk, meine Damen und Herren, ist für das Land überhaupt nicht von Interesse. Was soll die Landesregierung von Sachsen-Anhalt mit einem Heizwerk in Halle anfangen, zumal die Stadtwerke in Halle erklären, dass sie mit dem Heizwerk ihrerseits nichts anfangen können.

(Zuruf von Herrn Dr. Köck, PDS)

- Ich sagte bereits, das ist die Situation, die wir vorgefunden haben.

(Herr Dr. Köck, PDS: Deswegen frage ich ja!)

- Sie haben Recht. Es muss erlaubt sein, in aller Sachlichkeit die Angelegenheit klarzustellen.

Auch die Stadt Halle ist im Zusammenhang mit den Vorgängen um den Bombardier-Standort in eine schwierige Situation gekommen. Wir sind in konstruktive Gespräche mit der Oberbürgermeisterin Frau Häußler eingetreten, was die Bewältigung der jetzigen Situation betrifft. Aber sie kann natürlich an den Fakten, die die alte Landesregierung zusammen mit dem Bundeskanzler Schröder geschaffen hat, weder rechtlich noch tatsächlich etwas ändern.

Eigentlich hätte man nach dem Einsatz des Herrn Schröder in Sachen eines bestimmten großen Baukonzerns, des Konzerns Holzmann, gewarnt sein müssen. Man hätte die vollmundigen Erklärungen gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere gegenüber den Beschäftigten hinterfragen und rechtlich absichern müssen. Ich bedauere, dass nun, kurz nachdem die Bundestagswahl gelaufen ist und vor allem die SPD, die Partei des Kanzlers, massenhaft Stimmen in Halle gesammelt hat, herauskommt, wie viel die Versprechen vor der Wahl an die Menschen dort wert waren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Dr. Rehberger, es gibt noch drei Fragesteller. Sind Sie bereit zu antworten?

Ja.

Herr Dr. Püchel, bitte.

Herr Rehberger, Sie haben eben dargestellt, was Sie vorgefunden haben. Es ist nur die Frage, ob man darüber im Detail diskutieren muss.

(Frau Budde, SPD: Das stimmt!)

Aber eines haben Sie nicht erwähnt, nämlich dass Sie auch einen nicht geschlossenen Betrieb vorgefunden haben.

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: Was nützt denn das? - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Der Betrieb ist vor der Schließung gerettet worden. Davon habe ich eben kein Wort gehört oder ich habe es überhört.

Herr Püchel, ich dachte, dass es hinreichend bekannt ist, dass der Betrieb über die Bundestagswahl hinaus als Betrieb erhalten worden ist. Ich füge gern hinzu, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren im Waggonbau

noch bestimmte Aufträge, wenn sie denn kommen, abgearbeitet werden sollen.

(Herr Dr. Höppner, SPD: Unverschämt!)

Aber die Position des Herren Lortie war ganz offensichtlich - das sagen mir die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums - von Anfang an sonnenklar. Ich behaupte, dass die Bevölkerung und die Beschäftigten bis zur Bundestagswahl über die tatsächlichen Absichten getäuscht worden sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Als Nächster stellt bitte Herr Gürth seine Frage.

Minister Herr Dr. Rehberger, ich möchte noch auf einen Aspekt aufmerksam machen. Die CDU-Fraktion und alle Abgeordneten im Landtag haben nicht nur um den Erhalt eines Gewerbestandortes in Halle-Ammendorf gekämpft, sondern uns ging es mehrheitlich darum, dass am Standort Halle-Ammendorf ein Schienenfahrzeugproduzent mit der vorhandenen Kernkompetenz am Markt bestehen bleibt.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Davon scheint aber nicht mehr viel da zu sein!)

Ich habe die damaligen Pressemitteilungen, die Niederschriften über die Ausschusssitzungen und die Protokolle der Landtagessitzungen noch einmal gelesen. Uns wurde seinerzeit gesagt, auch der Belegschaft - das ist übrigens in der Zeitschrift der IG-Metall ebenfalls nachzulesen -, dass mit der Unterstützung des Bundeskanzlers der Standort Waggonbau Halle-Ammendorf als Schienenfahrzeugproduzent erhalten und gerettet worden sei.

Jetzt hören wir von Ihnen, das Land hat für 7,5 Millionen € nicht betriebsnotwendige Flächen erworben, die nun weiter nutzbar zu machen sind. Meine Frage ist: Hat das Land für die Zahlung der 7,5 Millionen € vonseiten des Konzerns eine verbindliche Zusage bekommen, dass ein Schienenfahrzeugproduzent am Markt erhalten wird?

Es gibt keine Zusage.

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: Das ist eine Rie- sensauerei!)

Herr Minister, das ist Ihre Antwort?