Wir stimmen zuerst über die Ausschussüberweisung ab. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Das ist eindeutig die Mehrheit. Damit ist die Überweisung abgelehnt.
Wir stimmen über den Antrag selbst ab. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Das sind die gleichen Mehrheitsverhältnisse. Nur die PDS-Fraktion hat dafür gestimmt. Damit ist der Antrag abgelehnt. Der Tagesordnungspunkt 10 ist beendet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Vorsitzender der SPD-Fraktion, wir sind jetzt seit zwölf Jahren in diesem Landtag. Wir haben von 1990 bis 1994 als Fraktion eine schwere Zeit durchgestanden. Was wir aber in dieser Zeit, wie Mitglieder dieses Landtages überhaupt, nie getan haben, war, irgendjemandem von den vielen Menschen, die hier sitzen, die auch schon zu DDR-Zeiten Verantwortung getragen haben, diese Verantwortung auf eine derart populistische Art und Weise vorzuwerfen, wie Sie das eben getan haben.
Wir können über diese Verantwortung reden. Aber in der Art und Weise, wie Sie das tun, ist das kontraproduktiv. Wir wissen von manchem Abgeordneten, dass er im Rat des Bezirks oder im Rat des Kreises gesessen hat.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Sitte, ich hätte diese Frage nicht gestellt, wenn ein anderer aus Ihrer Fraktion diesen Antrag eingebracht hätte; egal wer in diesem Hause, aber nur nicht Herr Krause.
Ich selbst bin ein Betroffener dieser Verordnung. Meine Eltern hatten Anfang der 50er-Jahre ein Bodenreformhaus gebaut. Im Jahr 1977 verstarb mein Vater. Mein Vater war noch nicht einmal beerdigt, als Leute kamen und das Haus haben wollten. Sie haben es sich angesehen. Meine Mutter war im Haus, als Leute aus dem Dorf, die in der LPG arbeiteten, das Haus besichtigten. Ich selbst wollte das Haus haben.
Ich habe lange gebraucht, um meine Ansprüche durchzusetzen und mein Elternhaus zu bekommen. Letztlich konnte ich geltend machen, dass meine Frau Landwirtschaft studiert hat und ich in einem Institut für Gentechnik und Pflanzenzüchtung gearbeitet habe. Beim Rat des Kreises war jemand nett und hat anerkannt, dass meine Frau Landwirtschaft studiert hat und Pflanzenzüchtung im weitesten Sinne mit Landwirtschaft zusammenhängt. Aus diesem Grund durfte ich mein eigenes Elternhaus übernehmen, sonst hätte ich es nicht bekommen können.
Ich habe Verständnis für die Problematik. Mein Cousin ist in den 50er-Jahren in den Westen gegangen. Vor zwei Jahren hat das Land Sachsen-Anhalt entschieden, dass er seinen Bodenreformacker nicht behalten darf. Er hat heute noch Probleme damit. Er hat das Land Sachsen-Anhalt verklagt und verloren. Ich kenne das Thema zur Genüge. Ich habe auch Verständnis für die Menschen, die der Meinung sind, eigentlich sei es ihr Eigentum. Ich kenne es aus eigener Erfahrung.
Bei jedem anderen hätte ich kein Problem. Aber ich weiß, wie solche Leute wie Sie, Herr Krause, die dafür zuständig waren, zu DDR-Zeiten gehandelt haben.
Meine Damen und Herren! Mit einer guten halben Stunde Verspätung übernehme ich den Vorsitz. Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:
Bevor ich dem Einbringer Herrn Oleikiewitz von der SPD-Fraktion das Wort erteile, begrüßen wir auf der Tribüne Damen und Herren der Verwaltung des Katholischen Büros des Bistums Magdeburg. Seien Sie bei uns herzlich willkommen.
(Beifall im ganzen Hause). Ich erteile nun Herrn Oleikiewitz für die SPD-Fraktion das Wort. Danach hat für die Landesregierung die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt Frau Wernicke um das Wort gebeten. Herr Oleikiewitz (SPD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die Umsetzung der Technischen Anleitung Siedlungsabfall und die damit verbundene Abfallablagerungsverordnung rückt näher. Nicht nur deshalb hat sich der Landtag in der Vergangenheit öfter mit diesem Thema beschäftigt.
Beschäftigt hat uns vor allem die Sorge, dass es im Abfallbereich zu einer ähnlichen Entwicklung kommen könnte, wie das im Abwasserbereich festzustellen war; das heißt zu viele, zu große und vor allem zu teure Anlagen. Diese Sorge ist nicht unberechtigt, wenn man die Diskussion der letzten Jahre und Monate verfolgt hat, wenn man weiß, wie viele Müllverbrennungsanlagen oder besser: Abfallverwertungsanlagen im Gespräch waren und noch sind.
Die Diskussion in den einzelnen Regionen, im Kreistag und in den Kommunen zeigt, dass die Bürger schon Angst haben, dass mit neuen Abfallanlagen eine höhere Gebühr auf sie zukommen könnte. Vor Augen haben sie dabei natürlich die Beispiele aus den westlichen Bundesländern, wo viel zu viele, viel zu große Anlagen und letztlich für den Bürger viel zu hohe Kosten entstanden sind.
Meine Damen und Herren! Wo stehen wir zurzeit? - In Anbetracht der inzwischen relativ knappen Zeit bis zum In-Kraft-Treten der TA Siedlungsabfall waren die Landkreise und die kreisfreien Städte als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger angehalten, ihre für die nächsten Jahre prognostizierten Müllmengen auszuschreiben. Dieser Prozess verlief schleppender, als es für die Einhaltung der notwendigen Termine zuträglich war. Auch deshalb hat sich die letzte Landesregierung in diesem Prozess stark engagiert und darauf gedrungen, dass die Landkreise dazu rechtzeitig Beschlüsse fassen und vor allem ihre Müllmengen im Verbund ausschreiben, um ein möglichst kostengünstiges Angebot zu bekommen.
Leider - das muss an dieser Stelle ausdrücklich gesagt werden - standen in einigen Landkreisen wirtschaftlich sinnvolle Lösungen hinter den regionalen Interessen zurück. Das könnte den dafür Verantwortlichen noch einmal kräftig auf die Füße fallen; spätestens dann, wenn die ersten Bürger mit ihren Gebührenbescheiden bei ihnen vor der Tür stehen.
Dass mit Müll ein gutes Geschäft zu machen ist, hat die Entwicklung im Westen gezeigt: Die Frage ist: Was hat der Bürger davon?
In Sachsen-Anhalt sind unabhängig von den Ausschreibungen bisher für drei Anlagen Baugenehmigungen erteilt worden. Dieses betrifft die Standorte Staßfurt, Magdeburg-Rothensee und Leuna. Die dabei genehmigten Kapazitäten belaufen sich auf 300 000 t pro Anlage, also insgesamt auf ca. 1 Million t in Sachsen-Anhalt.
Ich persönlich kann mir nicht so richtig vorstellen, woher bei den ständig zurückgehenden Abfallmengen und der immer effektiveren stofflichen Verwertung diese Mengen herkommen sollen. Dabei hilft mir auch nicht die Aussage, dass ein erheblicher Anteil der zu verbrennenden Abfälle Gewerbeabfall sein soll. Auch hierbei wird das Aufkommen eher rückläufig denn ansteigend sein.
Weitere Standorte für Müllverbrennungsanlagen halte ich persönlich deshalb für wirtschaftlich unvertretbar. Ich habe die Hoffnung, dass angesichts dieser Kapazitäten
potenzielle Betreiber allein aus ökonomischen Gründen Abstand davon nehmen, in Sachsen-Anhalt weitere Anlagen zu planen. Sicher bin ich mir dabei allerdings nicht.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir angesichts der zu erwartenden Entwicklung noch einige Bemerkungen zu der künftigen Rolle von Landesregierung und Parlament in diesem Prozess.
Von herausragender Bedeutung ist dabei vor allem, dass die abzuschließenden Verträge mit den Abfallentsorgern für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger langfristig kostengünstig und rechtlich gesichert sind. Gerade hierbei halten wir die Fortführung der umfangreichen Beratung der Landkreise durch die Landesregierung für notwendig.
Angesichts der noch verbleibenden knappen Zeit bis zum Jahr 2005 sehe ich darüber hinaus die absolute Notwendigkeit, dass der Bau der Anlagen von der Landesregierung intensiv begleitet und gegebenenfalls logistisch unterstützt wird, um eine fristgerechte Inbetriebnahme dieser Anlagen zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren! Nicht wenige Abgeordnete dieses Parlaments sitzen auch in Kreistagen, in Stadt- und Gemeindeparlamenten, sodass sie bereits in notwendige Entscheidungen einbezogen worden sind. Trotzdem oder gerade deshalb glaube ich, dass wir nicht umhinkommen, das Thema im Vorfeld des In-KraftTretens der TA Siedlungsabfall und später deren Umsetzung auch im Landtag aktiv zu begleiten und Ansprechpartner für die Bürger und die Kommunen bei der Bewältigung dieser Aufgabe zu sein.
Die Berichterstattung der Landesregierung sowie der Austausch von Argumenten und Erfahrungen sind dabei aus unserer Sicht in diesem Prozess ein unverzichtbares Mittel des Landtages und der Abgeordneten. Ich möchte gern, dass Sie unseren Antrag so verstehen, und bitte Sie um Ihre Zustimmung. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landesregierung ist ebenso wie der SPD-Fraktion bekannt, dass veränderte Abfallmengen und neue rechtliche Rahmenbedingungen ab dem 1. Juni 2005 weitreichende strukturelle Veränderungen bei der Entsorgung der Restabfälle zur Folge haben werden. Die Landesregierung ist wie die SPD-Fraktion der Meinung, dass die Zeit drängt, um die nötigen Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Die notwendigen Entscheidungen müssen jedoch vor Ort von den Verantwortlichen in den Landkreisen und kreisfreien Städten als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger selbst getroffen werden.
Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen MdL, sollten sich - ich ermuntere Sie dazu ausdrücklich - bei Ihren Landräten, Bürgermeistern, Stadt- und Kreisräten melden und mit ihnen ins Gespräch kommen und darauf drängen, dass Entscheidungen gefällt werden.
Ich bin bereit, weiterhin über den Stand und die Fortschritte in der Abfallwirtschaftsplanung zu berichten und über Probleme zu informieren. Deshalb unterstütze ich vom Grundansatz her das Anliegen der SPD-Fraktion.
Ziel der Landesregierung im Abfallbereich ist es, den Anstieg der Entsorgungskosten im Interesse der Bürger, von Industrie und Gewerbe möglichst gering zu halten. Hierfür ist der Abschluss von Entsorgungsverträgen erforderlich, die die notwendigen Behandlungs- und Entsorgungskapazitäten langfristig sichern. Dabei sind Anlagenüberkapazitäten zu vermeiden; auch darin sind wir uns einig.
Die Landesregierung verzichtet aber bewusst auf Vorgaben, was die Anzahl und den Standort von Anlagen anbelangt. Wir sind der Meinung - ich denke, damit befinden wir uns in der Fortsetzung der bisherigen sozialdemokratischen Haltung -, dass über den Bau und die Errichtung neuer Abfallbehandlungsanlagen marktwirtschaftliche Erwägungen hinsichtlich der Standortauswahl, des Verfahrens und der Kapazität der Anlage entscheiden sollten. Wir sind uns auch darin einig - darauf wurde mit der Übernahme der Regierungsverantwortung hingewiesen -, dass wir keine Müllverbrennungsanlagen investiv fördern werden.
Mittlerweile sind in vielen Landkreisen die Ausschreibungsverfahren als Grundlage für die Vergabe der Entsorgungsleistungen ab dem Jahr 2005 eröffnet worden bzw. werden vorbereitet. Ich will nicht verhehlen, dass in etlichen Gebietskörperschaften Nachholbedarf besteht, was den Zeitpunkt anbetrifft.
Die erste Zuschlagserteilung in der gemeinsamen Ausschreibung von Ohre- und Bördekreis sowie der Stadt Magdeburg ist erfolgt. Hierbei ist insbesondere hervorzuheben, dass es eine gemeinsame Ausschreibung war und sich mehrere Gebietskörperschaften zusammengeschlossen haben. Daran sollte sich - das ist erst einmal nur als Rat zu verstehen - so mancher Landkreis im Süden des Landes ein Beispiel nehmen.
Nach der Aussage des Geschäftsführers der in Bildung begriffenen GmbH kann nunmehr mit dem Bau des Müllheizkraftwerkes in Magdeburg-Rothensee begonnen werden. Die Planungen der Betreiber sehen den Baubeginn für das erste Quartal 2003 und die Inbetriebnahme bis Juni 2005 vor.
Auch bei anderen Anbietern von Abfallvorbehandlungsleistungen sind die Planungen bereits weit fortgeschritten. Ich erinnere an die Müllverbrennungsanlage in Staßfurt, die ebenfalls im ersten oder zweiten Quartal 2003 errichtet werden soll.