Protocol of the Session on November 10, 2005

Daher mein Appell: Stimmen Sie für Quedlinburg! Es ist die Chance, den Gesamtkreis Harz zu stärken. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SDP)

Vielen Dank, Frau Kachel. - Möchte noch jemand sprechen? - Das ist nicht der Fall.

Dann, meine Damen und Herren, kommen wir zu unserer Neuerung, dem Vorauswahlverfahren. Sie haben die Umschläge bekommen. Aus dem Umschlag entnehmen Sie bitte - vielleicht haben Sie es auch schon getan - den grünen Zettel und schreiben eine der vier Möglichkeiten handschriftlich auf diesen Zettel, die Möglichkeiten lauten: Wernigerode, Quedlinburg, nein, Enthaltung. Dann unterschreiben Sie bitte. Danach bringen Sie den Zettel zu uns nach vorn. Es wird hier eingesammelt und gezählt. Sie können kommen.

(Die Abgeordneten geben die Stimmzettel am Präsidiumstisch ab)

Meine Damen und Herren! Die Zettel müssen nicht gefaltet werden. Es kommt ohnehin heraus, wie Sie abgestimmt haben; es wird sogar öffentlich.

Haben alle anwesenden Mitglieder des Landtages ihre Stimmzettel abgegeben? Wenn nicht, dann bitte ich darum, das jetzt unverzüglich zu tun. - Nun haben alle die Zettel abgegeben. Ich unterbreche die Sitzung für zehn Minuten. So lange werden wir brauchen, um das Ergebnis zu ermitteln.

Unterbrechung: 12.38 Uhr.

Wiederbeginn: 12.48 Uhr.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Ihre Plätze wieder einzunehmen, weil wir die Sitzung fortsetzen wollen.

Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Es sind 109 Stimmen abgegeben worden. Sie waren alle gültig. Mit Nein und damit gegen beide Vorschläge stimmten 38 Abgeordnete. Für Quedlinburg haben 21 Abgeordnete und für Wernigerode als Kreissitz haben 37 Abgeordnete gestimmt. 13 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit hat Wernigerode bei einem Stimmenverhältnis von 37 : 21 mehr Stimmen als Quedlinburg bekommen, jedoch nicht mehr Stimmen, als die Stimmen für Quedlinburg und die Neinstimmen zusammen ergeben. Dies wären 59 Stimmen gewesen.∗ ∗ Das Abstimmungsverhalten der Mitglieder des Landtags ist der dem Stenografischen Bericht als Anlage 1 beigefügten Übersicht zu entnehmen.

Ich hatte Ihnen das am Anfang erläutert. Wer mit Nein stimmt, der stimmt gegen beide Anträge. Wer eine Mehrheit haben will, der muss mehr haben als die zusammengezählten Stimmen. Also hat keine dieser beiden Städte eine Mehrheit gefunden. Beide Städte kommen nicht in die Stichwahl, sondern sind abgelehnt worden.

Das heißt, wir stimmen jetzt über die unveränderte Beschlussempfehlung des Ausschusses ab, die identisch mit der Regierungsvorlage ist. Wenn niemand etwas dagegen einwendet, dann stimmen wir über die §§ 1 und 2, über die selbständigen Bestimmungen, über die Überschrift und über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Es wird damit für die Stadt Halberstadt als Kreissitz gestimmt. Wer stimmt zu? - Nahezu alle. Wer stimmt dagegen? - Eine Gegenstimme des Abgeordneten Herrn Reck. Wer enthält sich der Stimme? - Eine Reihe von Stimmenthaltungen bei der SPD-Fraktion und eine Enthaltung bei der Linkspartei.PDS-Fraktion vom Abgeordneten Herrn Krause. Damit, meine Damen und Herren, ist dieses Gesetz so beschlossen worden.

Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 1 f auf. Es geht um den Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung des Kreissitzes des Landkreises Mansfeld-Südharz. Beratungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres in der Drs. 4/2461. Dazu gibt es einen Änderungsantrag mehrerer Abgeordneter in der Drs. 4/2493.

Die Verfasser des Antrags mehrerer Abgeordneter wollen die Lutherstadt Eisleben als Kreissitz haben. Darüber darf jetzt debattiert werden. Herr Jantos ist gemeldet worden. Stimmt das? - Herr Jantos, bitte schön, dann haben Sie das Wort und sprechen für die Lutherstadt Eisleben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer gestern Abend ferngesehen hat, der hat mitbekommen: Herr Pleitgen weiß über das Mansfelder Land Bescheid. Das war eigentlich eine Werbung, die ich mit meinen Worten gar nicht übertreffen kann.

Wir stehen heute vor einer Entscheidung, die die Entwicklung einer ganzen Region im nächsten Jahrzehnt bestimmen wird. Aus diesem Grunde sehen wir uns veranlasst, mit unserem Änderungsantrag noch einmal auf die Realität in dem neuen Landkreis Mansfeld-Südharz hinzuweisen. Die einzelnen Fakten können Sie unserem ausführlichen Änderungsantrag entnehmen.

Ich möchte noch einmal auf ein paar geschichtliche Punkte eingehen. Die Lutherstadt Eisleben war bereits über 1 000 Jahre lang ein politischer und wirtschaftlicher Mittelpunkt im Reich. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts ist Eisleben das geistige und kulturelle Zentrum der Grafschaft Mansfeld. Der Stadtsitz der Grafen war immer Verwaltungszentrum und Hauptstadt der freien Reichsgrafen von Mansfeld. Große Teile des jetzigen Landkreises Sangerhausen gehörten über die Jahrhunderte hinweg zur Grafschaft Mansfeld.

Einer der größten Söhne Deutschlands, Martin Luther, wurde in Eisleben geboren und ist dort gestorben. Er ist der Schöpfer der einheitlichen deutschen Sprache. Sein Leben lang hat er sich als Mansfelder bezeichnet. Die Weltkulturerbestätten dokumentieren heute noch die in

ternationale Bedeutung der Lutherstadt Eisleben. Sie ist nach wie vor ein wichtiger und beliebter Anlaufpunkt für ca. 70 Millionen Lutheraner und 480 Millionen Protestanten.

Mit der Revitalisierung des Klosters Helfta nach der Wende wurde die Lutherstadt Eisleben auch zum internationalen Wallfahrtsort der Katholischen Kirche. Mit Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn und Gertrud von Helfta hatte die katholische Mystik und die Herz-Jesu-Verehrung im Mittelalter ihren Ursprung in diesem Kloster.

Zu unserem Antrag: Bei den von der Landesregierung vorgegebenen Kriterien für die Kreissitze bestand zum Stichtag zwischen der Lutherstadt Eisleben und Sangerhausen bis auf einen kleinen Unterschied Gleichheit: Sangerhausen hatte an diesem Tag 301 Einwohner mehr. Uns sind die Bemühungen Sangerhausens, mit Eingemeindungen die Einwohnerzahl zu steigern, durchaus bekannt. Dies halten wir aber nicht für zielführend.

(Unruhe im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren, wenn Sie etwas ruhiger wären, dann müsste Herr Jantos nicht so schreien.

(Unruhe)

Das ist richtig. - Dadurch wird kein homogener Ort entstehen.

Mittlerweile wohnt fast die Hälfte der Einwohner des Landkreises Sangerhausen in der Kreisstadt. Eine Gebietsreform sollte neben ökonomischen Vorteilen keine Verschlechterung für die Mehrzahl der Bürger des neuen Landkreises mit sich bringen. Es ist für die Zukunft einer Region nicht förderlich, wenn die neue Kreisstadt 20 km vom natürlich gewachsenen Zentrum des neuen Landkreises entfernt liegt.

Nicht berücksichtigt wurde bei der Entscheidung für Sangerhausen die Gesamtsituation der Menschen im neuen Landkreis Mansfeld-Südharz und die zentralörtliche Bedeutung. So wohnen zwei Drittel aller Einwohner des neuen Landkreises in dem Dreieck Hettstedt, Gerbstedt und Wansleben am See, in dessen Mitte nun einmal die Lutherstadt Eisleben liegt.

Wollen Sie, dass das Mansfelder Land sein natürlich gewachsenes Zentrum als Kreisstadt behält? Wollen Sie, dass der neue Landkreis eine weltbekannte Kreisstadt bekommt? Wollen Sie, dass im Mansfelder Land das Kultur- und Verwaltungszentrum Eisleben seine Funktion behält? Wollen Sie nach wie vor eine hohe Akzeptanz der Bevölkerung für den neuen Kreissitz? - Wenn Sie das wollen, dann stimmen Sie für unseren Änderungsantrag.

(Unruhe)

Die Mansfelder waren nicht untätig. Sie haben bereits am 21. Juni 2005 durch eine Interessengemeinschaft 18 000 Unterschriften für die Kreisstadt Lutherstadt Eisleben beim Ministerpräsidenten abgegeben. Darüber hinaus hat eine Volksinitiative pro Eisleben 32 000 Unterschriften gesammelt. Das sind insgesamt 50 000 Unterschriften für die Lutherstadt Eisleben.

Wenn Sie im Vergleich zu der Zahl der Unterschriften sehen, dass der gesamte Landkreis Sangerhausen zur

Bundestagswahl nur 54 375 wahlberechtigte Bürger hatte, so muss auch dem Letzten klar werden, dass bei einer Zustimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung der hohe Identifikationsgrad der Mannsfelder mit ihrer Kreisstadt Lutherstadt Eisleben keine Beachtung gefunden hat.

Probleme und ökonomischen Verwerfungen sind in einer erheblichen Größenordnung vorprogrammiert. Im Falle eines Verlustes des Kreissitzes verliert Eisleben mehr als Sangerhausen. Die Wirtschaftsmetropole Sangerhausen bleibt bestehen. Das Kultur- und Verwaltungszentrum Eisleben verliert.

Der größte Sohn der Lutherstadt Eisleben, Martin Luther, hat heute seinen 522. Geburtstag. Machen Sie ihm und den Mansfeldern am heutigen Tag ein Geschenk: Stimmen Sie für den Kreissitz Lutherstadt Eisleben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Jantos. - Bevor wir fortfahren und abstimmen, haben wir die Freude, auf der Südtribüne Seniorinnen und Senioren aus Schönebeck sowie Damen und Herren des Jugendmigrationsdienstes der Arbeiterwohlfahrt Magdeburg zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Möchte jemand für Sangerhausen sprechen? - Bitte, Herr Schröder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst vorausschicken, dass ich diese Rede stellvertretend für die anderen Landtagsabgeordneten aus der Region Sangerhausen halte. Ich möchte ferner vorausschicken, dass sowohl die Rosenstadt Sangerhausen als auch die Lutherstadt Eisleben Mittelzentren mit einer reichen Tradition und Geschichte sind. Es ist gut, dass der neue Kreis Mansfeld-Südharz diese beiden Städte hat. So wie für Sachsen-Anhalt die Oberzentren wichtig sind, so braucht auch dieser neue Kreis MansfeldSüdharz beide Mittelzentren.

Meine Damen und Herren! Heute entscheiden Sie nicht über die Rose oder über Luther. Beide Markenzeichen bleiben auch nach dieser Entscheidung erhalten. Heute geht es darum zu entscheiden, welcher Kreissitz besser geeignet ist, den neuen Landkreis ausgewogen zu entwickeln und im Interesse seiner Bürger voranzubringen.

Sangerhausen erfüllt die dafür sachgerechten Kriterien unter dem Strich besser als Eisleben. Folgerichtig steht der Kreissitz Sangerhausen im Regierungsentwurf und in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses.

Im Vertrauen auf dieses Verfahren des Landes haben sich darüber hinaus 13 Umlandgemeinden zu einer Eingemeindung nach Sangerhausen entschlossen. Damit wuchs der Vorsprung bezüglich der Einwohnerzahl gegenüber der Lutherstadt Eisleben auf mehr als 6 000 an. Das ist gegenüber dem im Gesetz festgelegten Stichtag, zu dem der Vorsprung mehr als 2 000 betrug, noch einmal ein deutlicher Ausbau für die Rosenstadt Sangerhausen.

(Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

Diese existenzielle Vorleistung wurde zusätzlich durch eine Unterschriftensammlung - analog auch zu Eisleben -

ergänzt. Weit mehr als 16 000 Unterschriften kamen innerhalb kürzester Zeit zustande. Das entspricht etwa der Unterschrift jedes Vierten für diese Stadt als Kreisstadt, sodass Bürgerakzeptanz und Geschlossenheit für Sangerhausen gegeben sind.

Bitte berücksichtigen Sie Folgendes bei Ihrer Entscheidung: Sangerhausen liegt im Kreuzungspunkt der Oberzentren Göttingen, Halle, Magdeburg und Erfurt und hat damit raumordnerisch im Südwesten des Landes Sachsen-Anhalt eine besondere Stellung. Verflechtungsbeziehungen in die Räume Halle, Harz und Nordthüringen sind belegbar.

Der Änderungsantrag negiert dagegen die gerichtsfeste Gesetzesbegründung, stellt neue Kriterien auf, die woanders nicht gelten sollen, und argumentiert einseitig und fehlerhaft allein aus dem Blickwinkel eines Kreisgebietes heraus.

(Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

Ich nenne als Beispiele nur die Erreichbarkeit oder die Bevölkerungsdichte, die jetzt immer wieder genannt worden ist, die sich nach einer Studie des Statistischen Landesamtes übrigens zwischen beiden Kreisen angleicht. Das weiß auch Herr Bullerjahn.

Meine Damen und Herren! Viele von Ihnen haben bereits die vorangegangenen Entscheidungen im Hinterkopf und stellen neben objektiv-fachlichen auch emotionale Überlegungen an. Ich halte das für verständlich. Auch ich bin als Mensch nicht frei davon.