Protocol of the Session on October 6, 2005

Ein Zwischenschritt auf dem Weg zu Regionalkreisen ist hinnehmbar, wenn die Regionen gestärkt werden. Das Land Schleswig-Holstein macht das vor. Dort wird die neue Landesregierung zahlreiche Landesbehörden auflösen und die verbleibenden Aufgaben auf vier bis fünf Dienstleistungszentren in kommunaler Trägerschaft übertragen. In diesem Rahmen lässt sich auch die ausstehende Funktionalreform bewältigen, die der Landkreistag zu Recht immer wieder einfordert.

Meine Damen und Herren! Mit unserem Konzept der fünf Regionalkreise tragen wir der demografischen und der finanziellen Entwicklung Rechnung. Auf dem Weg dorthin werden wir mit dem, was die Koalition hinterlässt, anders als Sie das im Jahr 2002 getan haben, konstruktiv umgehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Rothe, es gibt jetzt noch drei Nachfragen. Bezüglich der einen Nachfrage hatten Sie eine Antwort schon zugesagt. Es war die Nachfrage von Herrn Gürth. Dann haben sich noch Herr Kolze und Herr Wolpert gemeldet. Bitte sehr, Herr Gürth, Sie sind als Erster an der Reihe.

Verehrter Herr Kollege Rothe, Sie sind immer für eine Überraschung gut. Aber Sie machen es den Menschen

in Sachsen-Anhalt jetzt ziemlich schwer nachzuvollziehen, welchen kommunalpolitischen Kurs die SPD eigentlich fährt und warum.

(Unruhe bei der SPD - Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD)

- Zuhören! - Es ist doch richtig so: Sie haben 1993/1994, als die Gebietsreform in diesem Hause beschlossen wurde, als die Zahl der Landkreise von 37 auf 21 reduziert wurde, gesagt, das sei zu kurz gesprungen. Der damalige innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Herr Dr. Püchel vertrat die Auffassung, dass man eine neue Reform bzw. größere Landkreise brauche. Dann haben Sie acht Jahre lang regiert, haben aber keine Reform beschlossen, bei der klar war, in welche Strukturen ganz konkret die Landkreise aufgeteilt werden sollten.

(Unruhe bei und Zurufe von der SPD)

- Nein, es gab nur ein Vorschaltgesetz. Sie haben sich in die Büsche geschlagen. Weil Sie Angst vor den Wahlen 2002 hatten, haben Sie es abgelehnt, den Bürgern und Bürgerinnen im Land zu sagen, in welchen Strukturen welche Kreise zusammengeführt werden sollen. Das muss man einmal festhalten.

(Starker Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Unruhe bei der SPD und bei der PDS)

Sie haben acht Jahre lang regiert und keine Reform auf den Weg gebracht, weil Sie vor den Wahlen Angst hatten.

(Ach! bei der SPD)

Im Jahr 2002 haben wir einen Regierungswechsel gehabt. Ich sage das nur, damit man das noch einmal festhält und beurteilen kann, ob das wirklich zutreffend ist. Nach der Wahl haben Sie gefordert, dass wir das machen, was Sie vorher wollten, sich selbst aber nicht getraut haben umzusetzen.

Dann macht die Regierung Böhmer fast genau das, was Sie wollten

(Zuruf vor Frau Dr. Kuppe, SPD)

und was Ihr Innenminister Püchel, ein geschätzter Kollege im Haus, immer gefordert hat.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

In dem Moment, in dem die Regierung nun das macht, was Sie mittlerweile neun Jahre lang gefordert haben, ändern Sie wieder Ihren Kurs, geben Ihr Konzept von Herrn Dr. Püchel und der SPD auf und sagen: Jetzt wollen wir das, was die PDS will mit fünf Regierungsbezirken bzw. Regionalkreisen.

Heute, fünf Minuten vor der Abstimmung, sagen Sie: Wenn wir irgendwie einen Anhalt-Kompromiss hinkriegen - das ist die Region, in der Ihr SPD-Landesvorsitzender, der einmal Minister werden möchte, wohnt und Landrat ist -, würden wir auf einen Kompromiss eingehen und von den fünf Regionalkreisen wieder abrücken.

(Herr Bullerjahn, SPD, lacht)

Was wollen Sie denn aufgrund welcher wissenschaftlichen Grundlage? Wo ist das Konzept der SPD jetzt eigentlich?

(Starker Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Herr Kollege Gürth, es ist nett, dass Sie mir noch einmal erklärt haben, wie der gesamte Werdegang gewesen ist, nachdem wir seit Montag keine Gelegenheit mehr zu einem persönlichen Gespräch hatten.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Ich glaube, unser Konzept ist sonnenklar. Wir sind aber keine Ideologen, die sagen: Alles oder nichts. Wir sind Abgeordnete, die konstruktiv im Sinne eines Transformationsprozesses Verwaltungsstrukturen entwickeln wollen.

(Unruhe bei der CDU - Frau Weiß, CDU: Oh!)

In diesem Sinne ist die Verwaltungsreform eine immer währende Aufgabe. Wir sind sehr wohl bereit, an dem Beitrag anzuknüpfen, den Sie nach erheblichen Startschwierigkeiten geleistet haben. Da ist es zutreffend, dass das, was heute zur Entscheidung ansteht, wesentlich auf den Vorarbeiten der früheren Landesregierung und des Innenministers Dr. Püchel beruht. Sonst wären Sie doch heute noch nicht so weit, meine Damen und Herren von der Koalition.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Herr Gürth, bitte - -

Wir haben auch nicht sechs Jahre lang auf Sie gewartet seit der Vorstellung des Leitbildes im Herbst 1999. Wir haben unser Konzept weiterentwickelt. Das ist unser gutes Recht.

(Beifall bei der SPD - Frau Kachel, SPD: Richtig!)

Herr Kolze, bitte sehr.

Ein Gespenst geht um und das heißt wohl Dessau. Aber glauben Sie mir, nicht Dessau ist das Problem Anhalts, sondern Anhalt selbst.

(Oh! bei der SPD)

Aber jetzt zu meiner Frage: Stimmen Sie mir zu, dass es ein wesentlicher Unterschied ist, ob die Gemeinden Rodleben und Brambach einmütig erklären, dass sie nach Dessau eingemeindet werden wollen, die Stadt Dessau sich dazu entschließt, diese Eingemeindung vorzunehmen und das Hohe Haus dies rechtlich ermöglicht, oder ob man es wie im Landkreis Anhalt-Zerbst mit vier Strömungen zu tun hat? Dort möchte nämlich Roßlau nach Dessau, Zerbst nach Köthen, der Raum Loburg ins Jerichower Land und - das wurde erst heute bekannt und wurde von der Bürgerinitiative für den Landkreis Anhalt-Wittenberg mit knapp 1 000 Unterschriften gefordert - die Region Anhalt sich mit dem Landkreis Wittenberg zusammenschließen. Gibt es dabei nicht einen qualitativen Unterschied? Ich stelle diese Frage, weil Sie mich persönlich auf das Engagement vor Ort ansprachen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Kolze, auch wenn es mir schwer fällt, ich schaue jetzt einmal auf die Tribüne zu der Landrätin Frau Brehmer. Maßgeblich für die Willensbildung auf Kreisebene ist der Kreistag, solange nicht ein Kreistagsbeschluss durch einen Bürgerentscheid mit erfolgreichem Ausgang ersetzt wird. Wir haben übereinstimmende Willensbekundungen der vier Kreistage und damit der vier Landkreise.

(Herr Kolze, CDU: Sie sprachen aber von den Kreistagen, nicht von den Menschen! Das ist ein Unterschied!)

Wenn Sie die Freiwilligkeit, die Sie immer beschworen haben, ernst nehmen, dann müssen Sie dem jetzt folgen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Rothe, die letzte Frage stellt Herr Wolpert.

Es ist keine Frage, sondern eher eine Intervention. - Herr Rothe, Sie haben es als einziger Redner fertig gebracht, persönlich zu werden. Ich möchte dazu nur sagen: Ich schäme mich nicht der Freundschaft mit dem Kollegen Kosmehl. Ich finde auch an der Bitterfelder Wasserfront nichts Verwerfliches.

Die andere Sache, die ich Ihnen noch nahe bringen möchte, ist Folgendes: Für mich ist ein Kreis Anhalt nicht gleichbedeutend mit Anhalt; und wenn Zerbst nicht zu einem Kreis Anhalt gehört, heißt das noch lange nicht, dass es nicht mehr zu Anhalt gehört.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was wollen Sie Sandersleben erzählen, das seit Jahren zum Mansfelder Land gehört? Anhalt befindet sich derzeit in zehn Kreisen, wenn man Jeber nicht dazu zählt, und nach der Kreisgebietsreform in sieben Kreisen. Diese Kreisgebietsreform führt mehr zusammen, als es vorher der Fall war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke sehr. - Damit ist die Aussprache der Fraktionen zunächst einmal beendet. Jetzt hat der Ministerpräsident um das Wort gebeten und eröffnet damit noch einmal die Aussprache.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sollten uns an das erinnern, was uns Herr Kollege Bullerjahn bei der letzten Debatte in der Septembersitzung, als wir schon einmal über die Kreisgebietsreform gesprochen haben, empfohlen hat, nämlich endlich aufzuhören mit der Diskutiererei und zu entscheiden.

Ich habe den Eindruck, nach dieser Diskussion ist alles zum wiederholten Mal gesagt worden. Nun muss entschieden werden.

Wir werden uns auch morgen, nach der Diskussion, nicht alle einig sein; das ist ganz sicher. Wir wussten vorher, als wir diese Reform begannen, von der ich be