Protocol of the Session on July 7, 2005

So äußerte der Zeuge Becker - ich zitiere -, dass man die Stadt aufbauen wollte. Es folgt die Wertung der PDS:

„Man stand damals unter einem ungeheuren Erfolgszwang, etwas in Naumburg zu bewegen.“

Ich zitiere weiter:

„Dem damaligen Oberbürgermeister der Stadt Naumburg ging es vor allem darum, dass in der Stadt Naumburg - insbesondere mit Blick auf das Aussehen der Städte im Jahr 1995 - gebaut würde.“

Meine Damen und Herren, solche Bürgermeister brauchen wir. Ich kann nur sagen: Danke, Herr Minister, für das - dies wurde in dem Ausschuss auch festgestellt -, was Sie für die Stadt Naumburg und für dieses Land erreicht haben.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich muss leider zum Ende kommen. Das war auch der Hauptteil des Vorwurfes.

Auf das Verfahren der Besetzung der Notarstelle in Zeitz - ich möchte das hier doch noch zu einem Ende führen - ist durch den Justizminister keine unzulässige Einflussnahme erfolgt. Das Ministerium der Justiz und damit auch der Justizminister sind eben zuständig für das Verfahren der Besetzung der Notarstellen im Land Sachsen-Anhalt. Meine Damen und Herren! Es ist eine Pflicht des Ministers, unwirtschaftliche Notarstellen einzuziehen. Deshalb hat man sich im Rahmen der Neubesetzung einer Stelle auch mit der Einziehung von Notarstellen befasst.

Hierbei entstand - das muss ich zugeben - eine Fehleinschätzung der Rechtslage hinsichtlich der Bewerbungsfrist als Ausschlussfrist. Diese zunächst fehlerhafte Einschätzung der Bewerbungsfrist durch Mitarbeiter des Ministeriums der Justiz, nicht durch den Minister, wurde

nach tatsächlicher Kenntnis der Rechtslage durch den Minister umgehend korrigiert. Der Bewerber, der sich außerhalb der Ausschlussfrist beworben hatte, wurde durch den Minister der Justiz aufgefordert, seine Bewerbung zurückzuziehen.

Das ist ein völlig normales, dem Amtsgeschäft angemessenes Verhalten eines Ministers. Ohne die Aufgeregtheit, die im Zusammenhang mit dem ersten Tatkomplex in der Öffentlichkeit organisiert wurde, hätte dieser Tatkomplex in der öffentlichen Wahrnehmung überhaupt keine Beachtung gefunden.

Eine Einflussnahme auf ein Gerichtsverfahren bezüglich des Abwasserverbandes - das hat selbst die Opposition eingeräumt - hat zu keiner Zeit stattgefunden.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich nicht in Nebensächlichkeiten verloren hätte, hätte man innerhalb kürzester Zeit das feststellen können, was jetzt feststeht: Der Minister hat seine Amtspflicht nicht verletzt. Er hat ein fehlerhaftes Papier benutzt. Im Übrigen war er ein guter Oberbürgermeister. Auch das haben wir daraus gelernt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Stahlknecht. - Nun spricht für die PDS-Fraktion Frau Tiedge. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich im Namen der PDS-Fraktion dem Ausschussvorsitzenden Herrn Steinecke, dem Mitglied des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes Herrn Vogt und der Ausschusssekretärin Frau Köhler, die sehr viel Arbeit mit uns hatte, unseren herzlichen Dank übermitteln.

Die Koalitionsfraktionen warfen und werfen uns Realitätsverlust hinsichtlich unserer Bewertung der Ergebnisse des Achten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vor. Ja, wie fern der Realität muss man dann aber sein, wenn man die Fakten, welche die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses sind, so interpretiert, dass kein Amtsmissbrauch durch den Justizminister vorliegt? Was muss denn aus Ihrer Sicht ein Minister tun, damit auch Sie Amtsmissbrauch bejahen würden?

Eines müsste er auf jeden Fall haben: ein anderes Parteibuch.

(Herr Scharf, CDU: Das war früher so!)

Die Bewertungen, die von den Abgeordneten der PDSFraktion als Sondervotum abgegeben wurden, sind durch Beweismittel gedeckt und durch teilweise unter Eid abgegebene Zeugenaussagen belegt. So steht für uns zweifelsfrei fest, dass Herr Justizminister Becker in seiner Amtszeit als Oberbürgermeister der Stadt Naumburg Absprachen mit der Poser & Wedel GbR dahin gehend getroffen hat, dass Stellplatzablösegebühren nicht erhoben werden.

(Herr Wolpert, FDP: Nein, das hat er nicht!)

Zu diesem Versprechen wollte er sich nun auch als Justizminister verhalten; denn das Schreiben vom 10. März 2003 wurde eben nicht versehentlich auf dem Ministerkopfbogen geschrieben, sondern bewusst durch Verfügung angewiesen. Aus unserer Sicht ist deshalb Folgendes festzustellen:

Erstens. Das Schreiben des Justizministers an die Verwaltung der Stadt Naumburg wurde nur zwei Tage vor Beginn der mündlichen Verhandlung in der Verwaltungssache Graf von Wedel gegen die Stadt Naumburg vor der Zweiten Kammer des Verwaltungsgerichtes Halle am 12. März 2003 verfasst.

Zweitens. In diesem Schreiben bat der Justizminister die Stadt Naumburg ausdrücklich darum zu überlegen, ob dem Anliegen der Poser & Wedel GbR, die Zahl der vorzuhaltenden Stellplätze auf drei zu reduzieren und die dann noch ausstehende Summe innerhalb von drei Jahren in drei Raten fällig zu stellen, nicht nachgekommen werden könne.

Drittens. Minister Becker nannte als einen Grund für die Reduzierung der Anzahl der Stellplätze die sich ändernde Rechtslage aufgrund des bevorstehenden Beschlusses des Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes. Dabei muss man wohl davon ausgehen können, dass gerade dem Justizminister bestens bekannt gewesen sein sollte, dass dieses Gesetz keine rückwirkende Geltung für die Stellplatzproblematik haben konnte.

Viertens. Das amtliche Schreiben des Justizministers hat ferner die Voraussetzung dafür geliefert, dass die Positionen der Herren Poser und von Wedel mit ministeriellem Nachdruck Eingang in das Verwaltungsgerichtsverfahren gefunden haben. Der Ministerbrief verleiht der ausdrücklichen Bitte Beckers Nachdruck, dem Anliegen des Klägers, der Poser & Wedel GbR, nachzukommen.

(Herr Kosmehl, FDP: So ein Quatsch!)

Fünftens. Mit der Einführung des Ministerschreibens in das anhängige Verwaltungsgerichtsverfahren durch den Rechtsanwalt der Kläger wurde der Ministerbrief dem Charakter nach zu einem amtlichen Empfehlungsschreiben des Justizministers in einem anhängigen Verfahren. Es handelt sich damit eindeutig um den Versuch einer schriftlichen Intervention in einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

(Herr Wolpert, FDP, lacht)

Sechstens. Der Tatbestand der versuchten Richterbeeinflussung wurde aus der Sicht der der PDS-Fraktion angehörenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses festgestellt. Das amtliche Schreiben des Justizministers wurde durch den Anwalt der Kläger durch Verlesen in das Verfahren eingeführt. Es ist damit als ein Versuch einer wohlwollenden Argumentationshilfe der Landesregierung zu betrachten. Die Tatsache, dass sich das Gericht laut Bekundung der Richter der zuständigen Kammer zu guter Letzt nicht hat beeinflussen lassen, kann wahrlich nicht dem Justizminister zugute gehalten werden.

Siebtens. Es bleibt ferner festzustellen, dass der Minister der Justiz mit seinem amtlichen Schreiben den erfolgreichen Versuch unternommen hat, Einfluss auf kommunale Entscheidungsträger als beklagte Prozesspartei zu nehmen, die dann im Ergebnis des Verwaltungsgerichtsverfahrens einem für die Stadt Naumburg schlechten Vergleich zustimmten. - All dies ist durch Zeugenaussagen belegt.

Zu dem zweiten Vorwurf der Einflussnahme auf die Notarstellenbesetzung in Zeitz ist Folgendes zu sagen:

Erstens. Die Beweiserhebung zum Beweisbeschluss 8. PUA/13 hat für die Mitglieder der PDS-Fraktion unstrittig ergeben, dass Minister Becker rechtswidrig und

missbräuchlich in das Besetzungsverfahren eingegriffen hat.

Zweitens. Die terminierte Bewerbungsfrist ist gemäß § 6b der Bundesnotarordnung ausdrücklich eine Ausschlussfrist, die dann mit dieser Intention auch Eingang in die allgemeine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz fand. Das ist eine klare und unmissverständliche Regelung.

Drittens. Herr Justizminister Becker hat Wochen nach Ablauf der Bewerbungsfrist als oberster Dienstherr das rechtswidrige Handeln ausdrücklich und in erster Linie in Gang gesetzt und damit zu verantworten. Ein Justizminister kann sich nicht für sein Handeln aus der Verantwortung stehlen, indem er erklärt, eigene Rechtsverordnungen nicht gekannt zu haben. Die vorgeschobene Unkenntnis über die Rechtsnatur dieser Frist ist dem Minister unzweifelhaft anzulasten.

Zu der Frage, ob der Minister der Justiz im Rahmen seiner Amtsführung gegenüber dem Verwaltungsgericht Halle versucht hat, Einfluss auf den Verfahrensgang in Bezug auf Klagen gegen den Abwasserzweckverband Naumburg zu nehmen, wird von den der PDS-Fraktion angehörenden Untersuchungsausschussmitgliedern verneint. Dass ein Justizminister sich auch im Justizzentrum Halle aufhält, ist nun nicht verwunderlich und nicht außergewöhnlich.

Gestatten Sie mir noch eine persönliche Bemerkung. Ich finde es, abgesehen von den berechtigten politischen und rechtlichen Vorwürfen, menschlich tragisch, dass Herr Justizminister Becker durch sein Verhalten viel von dem Ansehen, das er in Sachsen-Anhalt zweifellos und mit Recht genoss, verloren hat. Ein Rücktritt hätte dieses Ansehen noch verstärkt, weil die Bürgerinnen und Bürger sehr wohl anerkennend zur Kenntnis genommen hätten, dass auch ein Minister nach nachweislich begangenen Fehlern Konsequenzen zieht, so wie es von jedem anderen auch erwartet wird. Ich bedauere, dass Herr Minister Becker diesen Weg nicht gegangen ist. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Tiedge. - Zum Schluss der Debatte erteile ich für die FDP-Fraktion Herrn Wolpert das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Der vorliegende Abschlussbericht des Achten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses wurde von meinen Vorrednern bereits in unterschiedlicher Art und Weise gewürdigt. Bevor ich darauf eingehe, gilt zunächst mein Dank allen, die in den letzten anderthalb Jahren an der Arbeit des Ausschusses beteiligt waren.

Auch wenn es manchmal hoch herging, hat sich die Zusammenarbeit stets in einem fairen und kollegialen Rahmen bewegt. Zumindest bezüglich des dritten Themenkomplexes sind alle Fraktionen übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Minister in keiner Weise versucht hat, Einfluss auf ein Verfahren auszuüben.

Aber lassen Sie mich nun zu den aus unserer Sicht weniger gelungenen Dingen kommen. Es verwundert doch sehr, dass die Oppositionsfraktionen, die auf die Einsetzung des Ausschusses gepocht haben, nicht willens

oder nicht in der Lage waren, zum Abschlusstermin des Ausschusses eigene Voten vorzulegen. An ein Agieren war offensichtlich gar nicht gedacht, sondern es wurde erst reagiert, als die Koalitionsfraktionen ihr Votum vorgelegt hatten und der Opposition bewusst wurde, dass die Fraktionen der CDU und der FDP fest entschlossen waren, diesen überflüssigen Ausschuss zu beenden.

Die Sondervoten, die die Vertreter der Fraktionen der SPD und der PDS dann letztlich vorgelegt haben, sind allerdings noch enttäuschender als die Tatsache, dass zunächst gar keine Voten vorlagen.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP, und bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, Ihr Votum beginnt damit, dass Sie sich bei der Darstellung der Vorgänge um den Erwerb des Objektes Fischstraße 19 a in Naumburg gar nicht erst trauen, eine Wertung abzugeben. Es ist lediglich die Rede davon, dass laut verschiedener, aber nicht übereinstimmender Zeugenaussagen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Naumburg zugesagt hätten, dass keine Stellplatzablöse gezahlt werden müsse. Aber die Frage, was der Minister damit zu tun hat, bleibt völlig offen.

Die SPD-Fraktion traut sich da mehr. Sie versucht, die Verfehlung des Ministers damit zu begründen, dass die Vereidigung der Zeugen von Wedel und Poser zu einer höheren Glaubwürdigkeit führt und Herr Becker nicht vereidigt wurde.

Meine Damen und Herren! Glaubwürdigkeit ersetzt nicht den Beweis und schon gar keine Tatsache.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Fest steht, dass Herr Poser erklärt hat, er habe eine Zusage von Herrn Becker hinsichtlich der Stellplätze nicht erhalten. Sie verschweigen, dass Herr von Wedel erklärt hat, nie mit Herrn Becker darüber gesprochen zu haben.