Protocol of the Session on July 7, 2005

Die Möglichkeit der landkreisübergreifenden Zusammenarbeit ist nach dem jetzigen Gesetz bereits gegeben, aber nur sehr bedingt genutzt worden. Es gab kaum Interesse, weil Kostenträger nicht die Landkreise, sondern die Krankenkassen sind. Es liegt hierbei eine weitere Schnittstellenproblematik im Gesundheitswesen vor - den Sozialpolitikern wahrscheinlich bestens bekannt.

Die Frage ist nun, was das Ziel ist und wie ein Konzentrationsprozess steuerbar ist. Nach unserer Auffassung - wobei ich sagen will, dass dies nicht von allen meinen Fraktionskollegen geteilt wird - ist eine moderne und konstruktive Lösung eine Leitstelle mit einem gemeinsamen Zweckverband.

(Zustimmung von Herrn Gallert, PDS, und von Herrn Bischoff, SPD)

Ich will an dieser Stelle nur kurz darauf hinweisen, dass wir, wenn wir die Sozialhilfe kommunalisiert hätten, unter Umständen einen größeren Kommunalverband hätten. Dann hätte rein organisatorisch sehr wohl die Möglichkeit bestanden zu sagen, die Kommunen machen einen Rettungsdienstbereich und einen kommunalen Zweckverband und da siedeln wir die Leitstelle an.

Ich denke, da die Landesregierung nun zunächst aus den Puschen gekommen ist, was die Gebietsreform anbelangt, sind fünf bis sieben Leitstellen, die in der Presseerklärung anvisiert wurden, durchaus realistisch.

(Herr Bischoff, SPD: Besser fünf!)

Ich will aber auch sagen, dass der Gesetzentwurf selbst an dieser Stelle ein Stück weit windelweich bleibt. Ich sehe nicht so einen marginalen Unterschied zu dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion. Der nimmt die Zügel schon ein kleines Stückchen fester in der Hand. In dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion wird der Landesregierung die Möglichkeit eingeräumt, per Rechtsverordnung, wenn es im öffentlichen Interesse ist, eine Konzentration voranzutreiben. Bei Ihnen darf man es jetzt.

Weitere Punkte, die wir dann miteinander diskutieren wollen, will ich nur stichwortartig anreißen, etwa die Frage des ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes. Auch die Neuregelung der Ausschreibung ist angemessen und entspricht in etwa der Abschreibungsfrist. Auch die Verhandlungslösung ist in Ordnung und angemessen. Sie stärkt das Gewicht der Krankenkassen; das ist gar keine Frage.

Meine Fraktion wird der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss zustimmen, natürlich mit der Maßgabe, dass wir darüber im Ausschuss noch sehr intensiv diskutieren wollen. Vielleicht findet man ja noch eine Lösung, wie man den Konzentrationsprozess wirklich in ernsthafter Weise ein Stück voranbringt.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Bi- schoff, SPD, und von Herrn Rothe, SPD)

Danke sehr, Frau Bull. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Scholze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Was für Unkenrufe mussten wir uns im Laufe dieser Legislaturperiode insbesondere gegenüber der Koalition im Zusammenhang mit der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes anhören! Das gipfelte im Wesentlichen in zwei Unterstellungen, erstens wir würden womöglich angesichts der zu erwartenden Auseinandersetzungen und des inzwischen nahenden Wahltages auf eine Novellierung verzichten und zweitens eine Gebietsreform, an die sich die Koalition nicht herantrauen würde, bliebe bis zum Ende des Jahrzehnts auf der langen Bank liegen. So ähnlich hatten Sie es, Frau Dr. Kuppe, bei der Einbringung Ihres Gesetzentwurfs formuliert.

(Zurufe von der SPD)

Doch den absoluten Höhenpunkt bildete dann Ihre Behauptung, Frau Dr. Kuppe, in der Pressemitteilung vom 28. Juni 2005, wir hätten Mangels eigener guter Einfälle den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung bei Ihnen abgeschrieben. - Das war wohl eher umgekehrt. Als wir im Jahr 2002 begannen, uns mit dem Rettungswesen in Sachsen-Anhalt zu befassen, haben wir wirklich vieles vorgefunden, aber keinen Gesetzentwurf der Vorgängerregierung zur Reformierung des Rettungswesens.

(Zustimmung bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Die strukturellen Fehlentwicklungen im Rettungswesen und die in diesem Zusammenhang bestehenden Wirtschaftlichkeitsreserven wurden dem Land durch zwei Gutachten - von der Wibera im Jahr 1998 und von FORPLAN im Jahr 2002 - bescheinigt. Die wesentlichen

Feststellungen daraus werden hier in diesem Hohen Hause von niemandem angezweifelt.

Was haben wir gemacht? - Wir haben uns acht Knackpunkte herausgearbeitet und diese mit den Beteiligten, also mit den privaten Rettungsdienstunternehmen, den Hilfsorganisationen, den Notärzten, den Krankenkassen und den kommunalen Spitzenverbänden, diskutiert. Die Landesregierung hat ihre ersten Vorstellungen zu Papier gebracht und diese im Landesbeirat für den Rettungsdienst zur Diskussion gestellt. Damit war ein erster Entwurf quasi öffentlich.

Dass Sie als Oppositionspartei einen solchen Entwurf in Ihrem Sinne umschreiben, mit dem Versuch, uns anzutreiben, in den Landtag einbringen und dann angesichts des aktuellen Gesetzentwurfs der Landesregierung mit einem Plagiatvorwurf aufwarten, ist Ihr gutes Recht als Oppositionsfraktion. Originell war das aber nicht.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie die Landesregierung heute kritisieren, mit der Novelle zu spät zu kommen oder gar bei Ihnen falsch abgeschrieben zu haben, dann müssen Sie sich fragen lassen, warum Sie es in der Zeit Ihrer Minderheitsregierung nicht geschafft haben, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Weil die Gebietsreform 2004 sein sollte!)

Meine Damen und Herren! Ich komme gleich darauf zurück. Ich sprach eingangs von zwei Unterstellungen - Stichwort „Gebietsreform“. In diesem Zusammenhang gibt es ein Argument, das nach den Beratungen des heutigen Tages nicht mehr zieht. Denn die notwendigen Weichen sind gestellt, neue Strukturen werden erkennbar.

An dieser Stelle fällt mir ein zentraler Unterschied zwischen Ihnen und unserer Regierungskoalition auf: Ihnen wäre doch angesichts des in weniger als neun Monaten anstehenden Landtagswahltermins das Herz in die Hose gerutscht und der Mut vergangen, solche Gesetze noch anzupacken. Wir dagegen arbeiten bis zum letzten Arbeitstag.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei und Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut! Auch ich bin erleichtert, dass wir nun im Parlament über das Rettungsdienstgesetz befinden können. Für mich sind nach den langen Vorberatungen drei Punkte besonders wichtig, nämlich erstens die Steigerung der Qualität durch die Einführung einer ärztlichen Leitung für den Rettungsdienst und zweitens die in Aussicht stehende Reduzierung der Anzahl der integrierten Leitstellen im Land durch eine neue Versorgungsplanung und durch die vorgesehene interkommunale Zusammenarbeit aufgrund der Bildung größerer Rettungsdienstbereiche.

Meine sehr geehrte Damen von der Opposition, Sie sprachen an, dass aus technischen Gründen eine Leitstelle für das gesamte Land reichen würde und dass man dies, wenn man es nur wolle, auch organisieren könne. Ich muss Ihnen dazu Folgendes ganz klar sagen. Dabei beziehe ich mich auf das Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2003, wenn ich die Jahreszahl richtig im Kopf habe. Dabei ging es um Qualität und Nutzenorientierung im Gesundheitswesen. In dem Gutachten wurde eindeutig gesagt: Notfallmedizinisch sinnvoll

und sinnvoll für die Landkreise ist einzig und allein eine integrierte Leitstelle, bei der die Funktionalität von Notfallrettung sowie von Brand- und Katastrophenschutz gegeben ist.

(Beifall bei der FDP)

Das ist über eine solch große Fläche nicht zu organisieren.

(Zuruf von der PDS: Doch!)

Ein dritter Punkt, der für mich wichtig ist, betrifft die Vertragslösung mit einer Schiedsstelle für die Finanzierung, mit der die Krankenkassen mehr Spielraum, aber auch mehr Verantwortung erhalten.

Die Vorberatungen haben es mit sich gebracht, dass der Gesetzentwurf einen Kompromiss aus der Sicht der verschiedenen Beteiligten darstellt. Aus der Sicht meiner Fraktion hätte ich mir vorstellen können, dass wir mit der Trennung von Notfallrettung und Krankentransport den Wettbewerb steigern. Aber nachdem diese ursprüngliche Forderung einiger Experten inzwischen keine Freunde mehr hat - vielleicht mit Ausnahme der privaten Rettungsunternehmen und meiner Fraktion -, haben auch wir davon Abstand nehmen müssen. So ist das halt in der Politik und mit Kompromissen.

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr gespannt auf die Beratungen in den Fachausschüssen. Nachdem die SPD-Fraktion den Gesetzentwurf trotz der Plagiatvorwürfe nun doch als „erfreulich“ bezeichnet, könnte es vielleicht doch, wie im Falle des Krankenhausgesetzes, nach zügiger Beratung einen einstimmigen Beschluss geben. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Scholze. - Damit ist die Debatte beendet.

Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zu der Drs. 4/2234. Die Überweisung als solche ist unstrittig. Die Überweisung zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss ist ebenfalls unstrittig.

Außerdem ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt dem zu? - Das sind die SPD-Fraktion und Teile der PDSFraktion. Wer ist dagegen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wer stimmt einer Überweisung an den Wirtschaftsausschuss zu? - Die Mitglieder der Fraktionen der SPD und der PDS. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Damit ist der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss überwiesen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 13.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die gemeinsame Berufsvertretung der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/2255

Der Gesetzentwurf wird von dem Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Kley eingebracht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ostdeutschen Bundesländer mit Ausnahme Berlins schlossen am 2. Juni 2005 einen Staatsvertrag zur Errichtung der ostdeutschen Psychotherapeutenkammer. Berlin hat seit einigen Jahren eine solche Berufskammer. Damit der Staatsvertrag in Kraft treten kann, ist nach der Landesverfassung die Zustimmung des Landtages in Form eines Gesetzes notwendig. Der Gesetzentwurf enthält die für ein solches Zustimmungsgesetz üblichen Vorschriften.

Anlass für den Staatsvertrag war die Forderung der Berufsverbände der psychologischen Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen aus den beteiligten Ländern, eine Länder übergreifende Kammer für die neuen Bundesländer zu errichten. Berechnungen hatten ergeben, dass eine eigenständige Kammer für jedes neue Bundesland angesichts der geringen Zahl an Kammermitgliedern zu kostenaufwendig wäre. Von einer gemeinsamen Kammer erhoffen sich die Berufsverbände auch eine größere Bedeutung im Verhältnis zu den mitgliederstarken Kammern der Berufsangehörigen in den meisten alten Bundesländern, insbesondere aber auch bei ihrer Interessenvertretung in der Bundespsychotherapeutenkammer. Diese Einrichtung ist ein privatrechtlicher Zusammenschluss der auf Länderebene bestehenden Kammern auf Bundesebene.

Der Staatsvertrag regelt die Rechtsverhältnisse der Berufsangehörigen der psychologischen Psychotherapie bezüglich ihrer Mitgliedschaft in der ostdeutschen Psychotherapeutenkammer und die weiteren damit verbundenen Rechte und Pflichten.

Die Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer wird ihren Sitz in Leipzig haben. Bei der Entscheidung für diesen Ort war ausschlaggebend, dass Sachsen die höchste Zahl an Berufsangehörigen im Vergleich zu den anderen neuen Bundesländern hat. Außerdem hat die Stadt zumindest für die Berufsangehörigen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine zentrale Lage und ist an überregionale öffentliche Verkehrswege gut angebunden.

Der Staatsvertrag erklärt die Anwendung des Sächsischen Heilberufekammergesetzes. Damit unterstehen die Berufsangehörigen auch der Berufsgerichtsbarkeit nach dem sächsischen Gesetz. Im Staatsvertrag ist sichergestellt, dass in der Vorschlagsliste für die Bestellung der ehrenamtlichen Richter und Richterinnen Berufsangehörige aller beteiligten Länder zu berücksichtigen sind.

Bei wesentlichen Änderungen des sächsischen Heilberufekammergesetzes in Bezug auf die Berufsgruppen in der psychologischen Psychotherapie ist eine Abstimmung mit dem jeweiligen Gesundheitsministerium der übrigen beteiligten Länder herbeizuführen. Als wesentliche Änderungen werden solche zu Vorschriften über die Aufgaben der Kammer, die Mitgliedschaft in der Kammer sowie die Fort- und Weiterbildung genannt.