Halten wir es doch mit dem Schweizer Botschafter, der vorgestern Magdeburg besuchte. Er hat nämlich sinngemäß gesagt: Bei euch in Sachsen-Anhalt wie in allen neuen Bundesländern ist in den letzten Jahren unglaublich viel geleistet, unglaublich viel geschaffen worden; aber ihr Deutschen seht immer erst das Negative, beklagt immer das, was nicht geht. Dreht es doch einmal herum. Ihr Deutschen habt die Gabe; dreht es herum und redet zuerst über das Positive; dann lösen sich viele Probleme von selbst.
Ich glaube, wir sollten diese Botschaft ernst nehmen. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu dem Antrag.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Schrader, Sie werden die Stimmungslage im Land sicherlich nicht dadurch verbessern, dass Sie SachsenAnhalt als Billig- oder Niedriglohnland etablieren. Ich denke, über die Themen Entsendegesetz, Mindestlöhne oder tarifliche Mindestlöhne - das sind unterschiedliche Paar Schuhe - sollte man einmal ganz ruhig und geordnet im Ausschuss diskutieren.
Vielleicht sind Sie jetzt etwas offener. Mein Kollege Thiel hat Recht: Als wir dieses Thema per Antrag in den Ausschuss bringen wollten, ist das von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Schade. - Jetzt gibt es das Signal, dass Sie gern im Ausschuss darüber diskutieren würden. Der Ausschuss ist sicherlich der richtige Platz, um sich mit der Frage auseinander zu setzen: Gibt es einen Weg und wenn ja, welchen?
Meine Damen und Herren! Vielen Dank an die Koalitionsfraktionen dafür, dass sie den Vorschlag des Oberbürgermeisters von Magdeburg aufgenommen haben, der am 22. Februar 2005 genau jene Regelung gefordert hatte und die Landesregierung gebeten hatte, dies umzusetzen. Herr Gürth, Sie haben das am 28. Februar 2005 in der Presse verlauten lassen. - Aber immerhin, es war eine relativ kurze Reaktionszeit.
Wir nehmen das auch in anderer Hinsicht ernst, nämlich hinsichtlich Ihrer Zusage, dass Sie im Jahr 2002 mit dem Ersten Investitionserleichterungsgesetz eigentlich an das Auftragsvergabegesetz anschließen wollten. Wir sehen das dann auch als teilweise Einlösung der Zusage an, dass auf diesem Gebiet etwas passiert.
In der Sache sind wir uns einig. Wir halten diese Regelungen für vernünftig. Herr Rehberger, Sie haben die bayerischen Regelungen bemüht. Ich glaube, die Bayern haben einen anderen Hintergrund. Die wollen schlichtweg ihren Markt für die heimische Wirtschaft ein Stück weit schützen. Wenn ich das etwas vornehmer formuliere, dann würde ich sagen: Es steht uns gut an, Wertschöpfungsketten vor Ort zu generieren. Es kommt auch das Gleiche heraus. Wichtig ist, dass die heimische Wirt
Nichtsdestotrotz würden wir über das Thema gern im Ausschuss diskutieren, weil wir denken, dass es auch noch andere Dinge gibt, die zu dieser Thematik gehören. Der Minister hat schon gesagt, er werde im Wesentlichen - wobei es auch spannend wäre, im Ausschuss zu erfahren, was Sie für wesentlich und unwesentlich halten - die Vorschläge des Antrags umsetzen. Es bedarf tatsächlich keines förmlichen Beschlusses des Landtages, sondern es ist nur eine politische Aussage, dass die Abgeordneten - vermutlich parteiübergreifend - der Auffassung sind, dass dieser Weg richtig sei.
Deshalb werbe ich dafür, dass dieser Antrag in den Ausschuss überwiesen wird und dass wir ihn zur Grundlage einer breiteren Diskussion machen. Ich denke, es macht durchaus auch Sinn, sich Auftragsvergabegesetze wie das bayerische anzusehen. Ich nehme jetzt extra ein Land, das nicht von der SPD regiert wird. Man sollte sich diese Gesetze noch einmal anschauen und überlegen, ob es nicht doch etwas gibt, was man übernehmen kann. - Vielen Dank. Ich bitte um Überweisung in den Ausschuss.
Danke sehr, Frau Budde. - Herr Laaß, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern. - Sie möchten das nicht tun. Allerdings hat noch einmal der zuständige Minister für die Landeregierung um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Dr. Rehberger.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Kürze: Ich bedanke mich für die Diskussionsbeiträge, die trotz allem einen hohen Grad an Übereinstimmung deutlich gemacht haben.
Ich möchte eines klarstellen: Wir werden hinsichtlich der Größenordnung bei der beschränkten Ausschreibung dem bayerischen Beispiel folgen. Wir werden es - Herr Dr. Thiel, deswegen habe ich noch einmal um das Wort gebeten - bei der freihändigen Vergabe nicht machen.
Ich teile Ihre Skepsis in Bezug auf Fehlentwicklungen, die kommen könnten. Deswegen werden wir nicht die in Bayern geltende Grenze in Höhe von 30 000 € übernehmen, sondern die im Moment in Sachsen-Anhalt geltenden Grenze in Höhe von 13 000 € lediglich auf 15 000 € anheben, sodass das Risiko, das Sie deutlich gemacht haben, nach meiner Überzeugung nicht größer wird.
Eine zweite Bemerkung. Natürlich kann man über all das noch einmal vertieft im Ausschuss reden. Wir können das auch unabhängig davon tun, dass das Wirtschaftsministerium die Absicht hat, die Neuregelung unverzüglich in Kraft zu setzen, weil jetzt die Zeit des Bauens ist und wir keine weitere Zeit verlieren wollen. Wir können uns unabhängig davon über die generelle Problematik im Ausschuss unterhalten, zumal auf der Bundesebene die Dinge grundlegend verändert werden sollen. Deswegen werden wir ganz gewiss veranlasst sein, uns auch im Ausschuss darüber zu unterhalten.
Aber ich bitte sehr darum, dass der Antrag heute so verabschiedet wird, damit auch die parlamentarische Unter
stützung für das zum Ausdruck kommt, was wir im Interesse unserer mittelständischen Bauwirtschaft machen wollen.
Noch eine allerletzte Bemerkung. Eines ist sonnenklar: Durch diese Veränderung wird kein zusätzlicher Euro investiert. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass mittelständische Unternehmen aus Sachsen-Anhalt Zuschläge bekommen, wird durchaus erhöht. Das ist der Zweck. Den halte ich auch für sinnvoll. - Danke schön.
Danke sehr, Herr Minister. - Wünscht noch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall. Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/2119 ein. Zunächst stimmen wir über die Überweisung in den Ausschuss ab. Es ist beantragt worden, diesen Antrag in die Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit sowie für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Das ist die knappe Mehrheit der Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag nicht überwiesen worden.
Dann stimmen wir über den Antrag selbst ab. Wer stimmt dem Antrag zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die SPD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die PDS-Fraktion. Damit ist der Antrag angenommen worden und wir beenden die Behandlung des Tagesordnungspunktes 17.
Der Einbringer steht schon am Rednerpult. Herr Gürth, Sie haben für die Koalitionsfraktionen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns in Sachsen-Anhalt in einem Punkt einig, nämlich dass Diskriminierung nirgendwo in einer Gesellschaft zugelassen werden darf. Wir sind uns aber auch darin einig, dass es angesichts der vielen Probleme, die wir zu bewältigen haben, bei allem, was mit Regelungen erreicht werden soll, immer auch auf die Verhältnismäßigkeit ankommt.
In Sachen Diskriminierung haben wir in Deutschland mit dem Grundgesetz und mit den Landesverfassungen schon hinreichend schützende Rechtsvorschriften geschaffen.
- Stimmt's, Herr Brumme? - Vielen Dank für die Zustimmung. - Gerade weil das so ist, brauchen wir keine weit darüber hinausgehenden Rechtsnormen, die dies noch weiter ausführen.
Was derzeit allerdings auf Bundesebene von der SPD und von den Grünen zu diesem Thema an gesetzlichen
Initiativen geplant ist, muss jedem, der es mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, aber auch mit dem Schutz von Rechten ernst meint, auf den Plan rufen.
Mit dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP wollen wir ein Signal setzen, dass wir uns in SachsenAnhalt deutlich gegen dieses bürokratische so genannte Antidiskriminierungsgesetz der rot-grünen Koalitionsfraktionen aussprechen, weil es Arbeitsplätze und Investitionen verhindert.
Wir wollen unserer Regierung den Rücken stärken bei der Verhinderung dieses so genannten Antidiskriminierungsgesetzes, das die Chancen der Menschen in Sachsen-Anhalt und in ganz Deutschland deutlich verschlechtert. Wir wollen auch ganz klar sagen: Die mit dem so genannten Antidiskriminierungsgesetz verfolgten Ziele werden nicht erreicht; denn es behindert und verschlechtert insbesondere die Chancen derer, die vermeintlich geschützt werden sollen.
Wir wollen mit diesem Antrag entgegen den Planungen der rot-grünen Bundesregierung eine Umsetzung der EU-Richtlinie im Verhältnis 1 : 1 erreichen, so wie es andere Staaten in der Europäischen Union bereits getan haben, zum Beispiel unser Nachbarland Österreich. Dort wurde eine ausgewogene Balance zwischen der gesetzlich geschützten Vertragsfreiheit einerseits - eine wesentliche Grundlage für eine funktionierende soziale Marktwirtschaft - und dem Schutz bestimmter Personengruppen andererseits, der mit den Richtlinien angestrebt wird, erreicht.
Zum Hintergrund ist zu sagen, dass wir auf Europaebene EU-Richtlinien haben, die in nationales Recht umzusetzen sind. Dass dies die Bundesregierung beabsichtigt, ist nicht nur in Ordnung, sondern auch zwingend erforderlich. Aber die Art und Weise, wie dies geschehen soll, ist alarmierend. Ich sage an dieser Stelle: Insbesondere nach dem so genannten Job-Gipfel ist es nahezu eine Unverschämtheit, sich mit großem öffentlichem Trara scheinbar der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu widmen und gleichzeitig ein solches bürokratisches Monster zu schaffen, das Arbeitsplätze und Investitionen verhindert.
Angesicht von fünf Millionen öffentlich registrierten oder sogar mehr Arbeitslosen muss alles, was die Bundes- und die Landespolitik tut, an einem Maßstab gemessen werden, nämlich daran, ob mit den beabsichtigten Regelungen Investitionen und Arbeitsplätze gefördert oder eher verhindert werden. Das Antidiskriminierungsgesetz der rot-grünen Bundesregierung verhindert Investitionen und Arbeitsplätze. Deswegen ist es abzulehnen.
Meine Damen und Herren! Ich will Ihnen einige wenige Beispiele nennen, woran deutlich wird, welche Folgen dieses so genannte Antidiskriminierungsgesetz für uns alle bringt.
Fall 1. Wenn Rot-Grün wahr macht, was sie beabsichtigen, könnte folgender Fall Realität werden - Sie können alle selbst einschätzen, ob das zu mehr Beschäftigung und zum Abbau der Arbeitslosigkeit beiträgt -: Der Chef einer Firma entlässt wegen schwacher Auftragslage einen seiner acht Angestellten. Der betroffene 48-Jährige klagt. Er gibt an, die Kündigung sei eine Diskriminierung aus Altersgründen, alle jüngeren Mitarbeiter würden weiterbeschäftigt.
Die neue Lage: Im Prinzip greift in kleinen Betrieben der Kündigungsschutz nicht, aber der zieht nunmehr mit dem Antidiskriminierungsgesetz durch die Hintertür ein. Macht der Entlassene vor Gericht glaubhaft, dass der Chef ihn wegen seines Alters schon länger auf dem Kieker gehabt habe, ist die Kündigung unwirksam. Auch ohne ausreichende Beweise kann sich künftig ein Prozess lohnen; er verhindert vielleicht nicht die Kündigung, treibt aber die Abfindung in die Höhe.
Fall 2: Einstellung. Im Gespräch rutscht dem Chef oder der Chefin gegenüber einem Bewerber oder einer Bewerberin heraus, dass man bei dieser Stelle mit einer Frau oder mit einem Mann schon einmal keine guten Erfahrungen gemacht habe. Beides ist ja denkbar. Dann stellt der Unternehmer objektiv jeweils einen Mann oder eine Frau ein - etwas dazwischen ist schwer möglich - und der unterlegene Bewerber oder die unterlegene Bewerberin klagt auf Schadenersatz.
Die neue Lage: Schadenersatz aufgrund geschlechtlicher Benachteiligung steht ihr oder ihm nach bürgerlichem Recht schon jetzt zu. Der Knackpunkt wird künftig die Höhe sein. Bisher sind die Ansprüche auf maximal drei Gehälter begrenzt, wenn die Bewerberin oder der Bewerber, wie im vorliegenden Fall, ohnehin nicht zum Zug gekommen wäre. Das Antidiskriminierungsgesetz kennt diese Einschränkung nicht. Im Prinzip könnte die Frau entgangene Gehälter bis zur Rente einklagen. Die Gerichte müssen nun entscheiden, wie dehnbar die neuen Vorschriften sind. Überlegen Sie einmal - Sie sind selbständiger Handwerksmeister oder Freiberufler - Stellen Sie mehr ein oder nicht?
Fall 3. Ein ausländischer Außendienstler muss sich von einem wichtigen Kunden wiederholt fremdenfeindliche Witze anhören. Er informiert seinen Arbeitgeber, der in einem Telefonat mit dem Kunden das Thema diplomatisch anspricht. Doch die Frotzeleien reißen nicht ab. Der Mitarbeiter verweigert daraufhin die Arbeit.
Die neue Lage: Nach dem neuen Gesetz kann er das. Der Arbeitgeber haftet künftig auch für Diskriminierungen durch Dritte außerhalb des Betriebs. Um den Konflikt zu entschärfen, müsste er seinem Mitarbeiter zumindest eine neue Außendiensttour anbieten - sofern er es kann. Wenn nicht, raten Sie mal, ob dann der Job des Mitarbeiters oder die Existenz der Firma sicherer ist. Im Streitfall werden Gerichte definieren, wie weit die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers reicht. Möglicherweise muss er zum Schutz des Arbeitnehmers den Kunden aufgeben. Welche Firma kann das in der heutigen Marktsituation?
Es gibt Dutzende von Beispielen aus der Praxis, die, wenn man sie im Hinblick auf die Anwendung dieses Gesetzes überprüft, gegen dieses Gesetz sprechen.
Ein letztes Beispiel: befristeter Vertrag. Eine Softwarefirma stellt einen 55-jährigen Informatiker befristet auf zwei Jahre ein. Danach wird er nicht fest angestellt, sondern die Befristung wird verlängert. Der Mitarbeiter klagt. Er gibt an, befristete Verträge der jüngeren Kollegen dürften auch nur mit Sachgrund verlängert werden.