Ich habe intensiv versucht, in dem Papier, das Sie mit Ihrem Landesvorsitzenden geschrieben haben, herauszufinden, wie Sie das Problem, das wir in Bezug auf das Ehrenamt haben, kompensieren wollen. Darin steht der lapidare Satz, dass man das Ehrenamt stärken möchte.
Ich möchte Sie jetzt gern einmal fragen, ob Sie wirklich glauben, dass Sie jemanden, der zum Beispiel Kreisvorsitzender eines Sportverbandes oder einer anderen ehrenamtlich getragenen Organisation in unserem Land ist, dadurch, dass Sie ihm lapidar erklären, „Wir stärken das Ehrenamt“, dazu motivieren können, etwa in einem Großkreis Magdeburg, wie Herr Trümper ihn sich vorstellt, von Oebisfelde nach Magdeburg zu fahren und den Sport in dieser Fläche zu organisieren. Wie wollen Sie in ausreichendem Umfang Menschen für die ehrenamtliche Tätigkeit motivieren, wenn Sie ihnen zumuten, dass damit neben der Arbeit mehrere Stunden Fahrt täglich verbunden sind, wenn sie die ehrenamtliche Arbeit in irgendeiner Form ordentlich machen wollen?
Mit Ihrer ersten Anmerkung haben Sie mich richtig verwundert. Ich habe mit meinem Landesvorsitzenden kein gemeinsames Papier geschrieben. Das ist aber keine Aktion einer Absetzbewegung. Sie meinen sicherlich das Papier „Kommune 2020“.
Aber darin werden Sie meinen Namen nicht finden. Es ist nicht so, dass ich das nicht wollte. Aber ich schreibe nicht alle Broschüren in diesem Landesverband,
Ich will in zweifacher Hinsicht antworten. Erstens. Ich glaube, alle in der SPD wären froh, wenn man diese Kleinteiligkeit halten könnte.
Es gibt doch niemanden, der früh aufsteht und durch die Gegend rennt, um mit aller Macht die kleinen Strukturen zu zerschlagen.
Wer sich ernsthaft mit Kommunalpolitik beschäftigt, der weiß, dass wir ein sehr tiefgreifendes Strukturproblem haben, dass diese Kleinteiligkeit nicht mehr zu finanzieren ist.
Das ist der Ansatz, darüber nachzudenken, welche Struktur es noch optimal gewährleistet, Kommunalpolitik hinzubekommen und trotzdem auf Dauer finanzierbar zu sein. Ich gebe gern zu: Dazu kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber das ist eine der Grundentwicklungen.
Ich habe hier immer gehört: Kommunalpolitik muss Spaß machen. Ich hatte auch Spaß. In den ersten zwei, drei Jahren wussten wir gar nicht, wohin mit unseren ganzen
Entscheidungen. Wir haben beschlossen ohne Ende. Heute haben viele festgestellt: Das, was wir damals beschlossen haben, war alles falsch, etwa die Abfallsatzungen. Ich will das gar nicht alles nennen.
Spätestens nach vier Jahren war es mit dem Spaß so langsam vorbei. Dann gab es Briefe von der Kommunalaufsicht: Das dürft ihr nicht mehr; das geht nicht. Dann wurde durch den Landrat Einspruch eingelegt nach dem Motto: Was bildet ihr euch eigentlich ein festzustellen, ihr macht jetzt allein die Politik. Das wurde in jedem Jahr schlimmer, und heute gibt es, so denke ich, keinen Kreistag mehr, der das Problem nicht kennt.
Deshalb sollte man sich Gedanken machen und den Leuten nicht vorgaukeln, sie brauchten nur ein bisschen abzuwarten, die Situation würde wieder besser werden.
Man sollte ehrlich sein und überlegen, inwieweit man trotzdem Kommunalpolitik gewährleisten kann. Das ist unser Ansatz. Deshalb sage ich es noch einmal:
Es wird aus meiner Sicht in Zukunft eine ganz andere Kommunalpolitik geben, nämlich die, die vor Ort stattfindet und in der Struktur in einer Einheitsgemeinde das diskutiert und beschließt, was den Ort etwas angeht.
Regionalkreise werden nur noch das machen, was überörtlich zu klären ist, nämlich im Sinne von Flächenplanung, von Verkehrsplanung, von Strukturplanung.
Nichts anderes habe ich übrigens in diesem Kreis - das kann man schlecht oder falsch finden - seit mehr als zehn Jahren erklärt, wenn es um die regionalisierte Strukturpolitik ging. Sie werden mir doch nicht erklären wollen, dass Sie es in einem Land, das ehemals drei Millionen Einwohner hatte, bei den gleichen Strukturen und dem gleichem Geld belassen können und dass das alles funktioniert, wenn es irgendwann einmal zwei Millionen Einwohner hat.
Wenn Sie das den Leuten vormachen wollen, dann, glaube ich, unterschätzen Sie die Leute und die Kommunalpolitiker vor Ort. Sie haben es jedes Mal im Gemeinderat, im Kreistag auf dem Tisch, dass sie faktisch nichts mehr richtig beschließen können. Das dauerhaft aufrechtzuerhalten, halte ich für falsch.
Der zweite Versuch einer Antwort. Ich staune manchmal darüber, wie ernst und wie wichtig wir uns nehmen. Ich sehe, in Sachsen hat das mit dem Zentralismus geklappt. Da war die SPD weit von politischen Einflussmöglichkeiten entfernt. Sie hat das jetzt aufgrund ihrer guten Arbeit erreicht.
Ich weiß auch, dass die CDU und die SPD überlegen, größere Strukturen für dieses Land zu empfehlen, weil sie wissen, dass selbst das, was sie jetzt haben, dauerhaft nicht finanzierbar ist.
Die gleiche Diskussion wird es in Brandenburg geben, übrigens - Herr Schröder, Sie werden das sicherlich wissen - mit einer größeren Dramatik. Dagegen sind wir wirklich noch Waisenknaben. Es ist nämlich die Diskussion zu führen: Muss man in Zukunft mehr auf das Ballungszentrum eingehen und dafür in Kauf nehmen, dass das Gefälle zu den strukturschwachen Gebieten noch größer wird? Das ist eine ehrliche Diskussion.
Ich will Ihnen eines sagen: Bei dieser Diskussion ist die CDU ganz vorn mit dabei, weil sie weiß, dass es anders nicht mehr gehen wird. Deshalb sage ich: Leute, lasst die Kirche im Dorf. Das ist kein Problem nur von uns allein. Die Diskussionen finden doch überall statt. Die Argumente, die Sie ins Feld führen, sind woanders schon ad absurdum geführt worden. Deshalb sage ich: Es kann der Sache nur nützen, wenn man das Ganze ein bisschen herunterkocht und ein bisschen sachlicher diskutiert.
Herr Fraktionsvorsitzender, Sie bekommen durch Herrn Kosmehl und Herrn Schröder die Chance, noch etwas zu sagen. Beide haben nämlich Fragen.
Herr Bullerjahn, ich will Sie nicht dazu nötigen, aber vielleicht könnten Ihre Antworten etwas kürzer sein.
Ja, gut. - Ich würde mich freuen, wenn die FDP einmal etwas zu dem Ausspruch Ihres Fraktionsvorsitzenden sagen würde. Deswegen war ich eigentlich hier vorn.
Herr Bullerjahn, Sie haben jetzt lange auf mich eingeredet. Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Deshalb versuche ich, mein Anliegen etwas pointierter klar zu machen. Ich habe gefragt, wie in diesen Kreisstrukturen zukünftig das Ehrenamt stattfinden soll. Ich frage Sie jetzt konkret: Habe ich es richtig verstanden, dass Sie bereit sind zu akzeptieren, dass die ehrenamtliche Tätigkeit im Bereich des Sports, der Feuerwehr und anderen Bereichen in den Kreisstrukturen,
die Sie anstreben, zukünftig nicht mehr wahrgenommen werden kann und dass dies künftig hauptamtlich geschehen muss, was unserer Auffassung nach der Demokratie in diesem Land schaden würde?