Protocol of the Session on July 18, 2002

Natürlich.

Ich bitte zunächst Herrn Dr. Polte, seine Frage zu stellen.

Herr Kollege Madl, woran machen Sie Ihre Behauptung fest, dass zum Beispiel die kreisfreie Stadt Magdeburg nicht so gut verwaltet wird wie beispielsweise Löbejün?

(Unruhe)

Herr Dr. Polte, ich habe das an meiner Erfahrung festgemacht mit der Stadt Halle, der Stadt Löbejün oder mit Gemeinden im Saalkreis; denn nach zwölf Jahren, in denen ich Bürgermeister bin, denke ich durchaus, dass man solche Erfahrungen in der Art und Weise hier verbreiten kann.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Gilt das auch schon für die Zeit mit Herrn Rauen?)

Wer heute in der Zeitung gelesen hat, insbesondere auf der Sachsen-Anhalt-Seite unter dem Interview mit Herrn Dr. Püchel und Klaus Jeziorsky, der hat vielleicht den Artikel über das Straßenausbaubeitragsrecht gelesen. Halle hat zum Beispiel seit 1999 eine Satzung, hat sie aber bis heute nicht angewendet. Wenn man so leichtfüßig auf Einnahmen verzichtet, dann braucht man sich doch nicht über kommunale Finanzen zu unterhalten.

(Herr Dr. Polte, SPD: Wer war denn 1999 der Oberbürgermeister in Halle? - Unruhe)

Herr Dr. Polte, dann muss man sich schon die Frage gefallen lassen: Ist denn immer die Größe ein Indiz dafür, dass die Verwaltung besser läuft? Ich glaube nicht, dass das der Fall ist.

Herr Dr. Püchel, Sie haben nun ebenfalls die Möglichkeit zu fragen.

Herr Madl, ich frage Sie Folgendes: Erstens. Ist Ihnen bekannt, dass es bei der Bildung der Verwaltungsgemeinschaften in den Jahren 1991 bis 1994 auch Größenvorgaben gab und dass zum Abschluss der Bildung dieser Verwaltungsgemeinschaften auch Zwangszuordnungen von Gemeinden vorgenommen worden sind?

Zweitens. Können Sie mir sagen - der Berichterstatter des Ausschusses hat vorhin mitgeteilt, dass Anregungen der Spitzenverbände in die Beschlussempfehlung aufgenommen worden seien -, um welche Anregungen es sich dabei handelt?

Drittens. Haben Sie die Möglichkeit, einen Beamten des Innenministeriums zu fragen, wann mit der Erstellung des Leitbildes im Ministerium begonnen wurde?

Mir ist bekannt, dass es 1994 bei der Gebietsreform Größenvorgaben gab und dass auch Zwangszuordnungen vorgenommen wurden. Frau Theil hat auch schon gesagt: Es gab allerdings auch ein finanzielles Entgegenkommen von 10 bis 50 DM im Jahr 1993. Sie waren ja nicht einmal bereit, eine Aussage zur Frage der Entschuldung der Kommunen im Falle von Zwangsvereinigungen zu treffen.

Welches war Ihre zweite Frage?

Ich habe gefragt nach der Übernahme von Vorschlägen aus der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes in die Beschlussempfehlung.

Es geht Ihnen um die Stellungnahme, die schriftlich eingereicht worden ist. - Aufgegriffen haben wir den Vorschlag zu einem nochmaligen Bürgerentscheid innerhalb eines halben Jahres. Ansonsten haben wir gesagt, dass die anderen Vorschläge lediglich rechtsförmlicher Natur sind und vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst mit berücksichtigt werden.

Welches war Ihre dritte Frage?

Ich hatte danach gefragt, ob Sie in der Lage sind, die Beamten im Innenministerium zu fragen, wann mit der Erstellung des Leitbildes begonnen wurde.

Ich habe doch vorhin gesagt, dass das im Februar/März war.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Dann haben Sie den Fal- schen gefragt!)

- Ich habe das nur mitbekommen. Ich habe niemanden gefragt. Ich bin also damals nicht durch das Ministerium gelaufen, das seinerzeit noch von Ihnen geführt wurde, und habe gefragt, wann damit angefangen wurde.

(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Sitte, PDS: Da wissen Sie es also ganz genau!)

Danke, Herr Madl. - Meine Damen und Herren! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüßen wir auf der Tribüne Damen und Herren des CDU-Ortsvereins Magdeburg-Diesdorf.

(Beifall im ganzen Hause)

Nunmehr erteile ich Ihnen, Herr Dr. Polte, als Sprecher der SPD-Fraktion das Wort. Bitte, Herr Dr. Polte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Schlussredner in einer Debatte könnte man sich ja auf den Standpunkt stellen, es sei bereits alles gesagt.

(Herr Gürth, CDU: Aber nicht von jedem!)

Was ich jetzt noch aus der Sicht der SPD-Fraktion hinzufüge, wird am Abstimmungsergebnis überhaupt nichts ändern. Das ist mir schon klar.

Wenn aber die Regierung über die Koalitionsfraktionen mit diesem Gesetzentwurf eine solche Steilvorlage hereingibt,

(Zustimmung von Frau Bull, PDS)

dann ist es die Pflicht der Opposition, hier das Wort zu ergreifen und darauf zu reagieren, und zwar nicht, meine Damen und Herren, aus Spaß an der Freude, sondern aus Sorge um die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Heute kommt ein Gesetz zustande, das zum einen auf der Koalitionsdisziplin basiert. Die Vertreter der kommunalen Familie, die jetzt vielleicht zum ersten Mal auf der Koalitionsseite sitzen, werden erstmalig spüren, in welchem Korsett man sich innerhalb einer Fraktion befindet. Das ist der deutsche Parlamentarismus. Das ist nun einmal so. Vielleicht sogar wider die eigene Überzeugung muss man so stimmen, wie es vorgegeben wurde.

(Herr Gürth, CDU: Das geschieht aus Überzeu- gung!)

Zweitens wird ein Signal in das Land gegeben werden. Ich hatte das bereits angedeutet. Heute hat der Ministerpräsident noch einmal wie folgt formuliert: Hier wird nicht nur geredet, sondern hier wird gehandelt. - Ich habe

auch überhaupt nichts dagegen. Ich habe, Herr Minister Rehberger, auch nichts gegen Geschwindigkeit. Nur, es muss Qualität geboten werden,

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

es darf nicht unausgegorener Aktionismus geboten werden.

Meine Damen und Herren von der Regierungsseite - ich meine damit die Regierungskoalition -, haben Sie sich wirklich ernsthaft die Frage gestellt, ob dieses Gesetz tatsächlich dem auch von Ihnen gewünschten Verwaltungsreformprozess nützt? Erreichen wir schneller und besser die damit verbundenen Zielsetzungen einer leistungsfähigeren, bürgernäheren und effizienteren Verwaltung? Und effizientere Verwaltung heißt kostengünstigere Verwaltung. Das ist auch nötig, Herr Minister.

(Herr Becker, CDU: Aber nicht mit den Zahlen!)

Die Finanzlage der Kommunen und des Landes wird auch in den nächsten Jahren nicht besser werden. Das wissen doch wir alle. Den Wanderpokal der roten Laterne, den jetzt diese Regierung hat, wird unser Land für lange Zeit nicht los werden. Das werden die Kommunen auch in den nächsten Jahren zu spüren bekommen.

Ich zitiere jetzt wieder den Ministerpräsidenten. In dem heutigen Interview sagte er: Da kommen die Probleme. - Das sehe auch ich so. Sie kommen ganz schnell, sie stehen schon vor der Tür.

Aber eines akzeptiere ich nicht, Herr Minister Paqué. 16 Jahre lang ist durch die Kohl-Regierung, an der die FDP beteiligt war, ein unvergleichlich hoher Schuldenberg aufgefahren worden. Die jetzige Bundesregierung versucht umzusteuern.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Jetzt werfen Sie ihr die Steuerausfälle vor, wollen auf der anderen Seite aber weiter die Steuern senken. Wie wollen Sie das dem Bürger eigentlich glaubhaft vermitteln? Wie soll das insgesamt aufgehen? Das ist doch ein Stück Unehrlichkeit.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch Unsinn!)

Ihnen werden noch so manches Mal die Ohren klingen, wenn Sie sich darum bemühen, in unserem Lande die finanziellen Verhältnisse zu ordnen und auf eine gesunde Basis zu stellen. Das wird keine leichte Aufgabe sein.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Widerspruch bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Freiwilligkeit in diesem Prozess wie eine Monstranz vor sich hertragen, werden Sie die Kleinteiligkeit der Verwaltungsstrukturen zementieren.

(Herr Gürth, CDU: Die Schwachen brauchen Zwang, die Starken können überzeugen!)