Vielen Dank, Herr Staatsminister Robra. - Möchte im Anschluss daran noch jemand das Wort ergreifen? - Das ist nicht der Fall. Somit kommen wir zur Abstimmung.
Wir stimmen zunächst über die Drs. 4/1882 ab. Ich stelle die selbständigen Bestimmungen und - wenn niemand widerspricht - gleichzeitig die Gesetzesüberschrift und das Gesetz in seiner Gesamtheit zur Abstimmung. Wer stimmt zu? - Die Koalitionsfraktionen und die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die PDS-Fraktion. Damit ist dieses Gesetz ohne Gegenstimme so angenommen worden.
Wir stimmen über die Beschlussempfehlung in der Drs. 4/1883 ab. Wer stimmt zu? - Gleiches Abstimmungsverhalten. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Stimmenthaltung der PDS-Fraktion ist dies so angenommen worden und wir haben den Tagesordnungspunkt 12 erledigt.
Regierungserklärung des Ministers für Gesundheit und Soziales Herrn Kley zum Thema „Qualitätssicherung der Gesundheitsversorgung in Sachsen-Anhalt“
Bevor ich nun Herrn Minister Kley das Wort erteile, habe ich die Freude, eine Gruppe von Auszubildenden im Berufszweig Forstwirt der berufsbildenden Schulen Magdeburgerforth auf der Südtribüne begrüßen zu können.
- Meine Damen und Herren auf der Tribüne, ich weiß nicht, mit welchen Erwartungen Sie zu dieser Uhrzeit am heutigen Tag hierher gekommen sind.
Wir haben die Absicht, unsere Arbeit ernsthaft fortzusetzen. Ich erteile - nicht als Büttenredner, sondern als Mitglied der Landesregierung - Herrn Minister Kley das Wort für seine Regierungserklärung. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Ich wünsche Ihnen alles Gute zum Geburtstag, vor allem Gesundheit“ - so oder so ähnlich formulieren viele Menschen in unserem Land ihre Glückwünsche. Der Nachsatz „vor allem Gesundheit“ zeigt, dass die Gesundheit als ein sehr hohes Gut angesehen wird.
Gesundheit umfasst nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation die Dimension des körperlichen und seelischen individuellen Wohlbefindens sowie des Wohlfühlens in der Gemeinschaft. Individuelle Gesundheit ist ein ständiger Prozess, dessen Verlauf jede und jeder durch eigene Beiträge beeinflussen kann.
Sich gesund zu verhalten spielt für die Deutschen eine immer größere Rolle bei der Lebensführung. Dieses Verhalten muss gefördert und gestärkt werden; denn der Erhalt und die Wiedergewinnung der Gesundheit können und dürfen nicht nur eine Aufgabe der Solidargemeinschaft sein. Daher muss die Patientenbeteiligung bei der Vorsorge und auch bei der Therapie zunehmend an Bedeutung gewinnen. Patienten sind nicht nur Empfänger von Gesundheitsleistungen, sondern auch aktiv zu Beteiligende. Der Stellenwert der Patientensouveränität muss wachsen.
Neben diesem persönlichen Beitrag zählt zum Erhalt und zur Widerherstellung unseres Wohlbefindens auch der Anspruch auf individuelle und qualitativ hochwertige Gesundheitsleistungen. Das medizinisch Notwendige muss allen Menschen unabhängig vom Alter zur Verfügung stehen. Der medizinische Fortschritt und steigende Ansprüche erfordern eine strukturelle und finanzielle Anpassung, damit das Gesundheitswesen effizient und bezahlbar bleibt bzw. wird.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es zudem erforderlich, dass die Arbeitsnebenkosten nicht durch ständig steigende Sozialabgaben wachsen und so die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte und Dienstleistungen gefährden.
In diesem Zusammenhang ist auch die demografische Entwicklung im Land zu beachten, die dazu führt, dass immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter die Solidargemeinschaft finanzieren müssen. Das, was für die Rentenversicherung in besonderem Maße gilt, trifft, wenn auch in abgeschwächter Form, ebenso für die Krankenversicherung und damit für das Gesundheitswesen zu. Durch Effizienzsteigerungen müssen daher weitere Ressourcen erschlossen werden.
Innerhalb der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Nebeneinander von guter medizinischer Behandlung sowie von Überversorgung und von Unter- und Fehlversorgung zu beobachten. Defizite in der Qualität sind nicht nur ineffizient, sondern auch ethisch nicht zu vertreten, weil dadurch Patienten letztlich geschädigt werden. Durch einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anbietern hinsichtlich der Qualität und der Effizienz kann diesem Problem begegnet werden.
Es ist die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen dieser Herausforderung begegnet werden kann. Die Gesundheitspolitik liegt zwar im originären Zuständigkeitsbereich der Länder, aber durch seine Zuständigkeit für die gesetzliche Krankenversicherung hat der Bund viele Kompetenzen der Länder an sich gezogen.
Die Steuerung des Gesundheitswesens ist wesentlich mit der Steuerung der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden. Länder übergreifende Fusionen von Krankenkassen werden die Länderkompetenzen noch weiter zurückdrängen. Um eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung zu gewährleisten, sind die Länderkompetenzen zu wahren und zu stärken. In der Föderalismuskommission muss deshalb auch dieses Thema behandelt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur beispielhaft aufführen, welche Maßnahmen von der Landesregierung angestoßen bzw. ergriffen wurden. Mittel- und langfristig muss den Herausforderungen der demografischen Entwicklung durch mehr Prävention und Gesundheitsförderung entsprochen werden. Für den Einzelnen führt dies zu einer besseren Lebensqualität und zu einer höheren Leistungsfähigkeit. Gerechtigkeit bedeutet hierbei Chancengleichheit und die Übernahme von Verantwortung durch alle Beteiligten.
Auf der zweiten Landesgesundheitskonferenz im Jahr 2002 trat die Notwendigkeit der Neuausrichtung der Gesundheitsziele des Landes Sachsen-Anhalt deutlich zutage. Bei der Bearbeitung der krankheitsbezogenen Ziele standen Versorgungs- und Strukturprobleme im Mittelpunkt. Diese sind weitgehend durch Bundesgesetze bedingt und lassen sich in einem prinzipiell offenen und
Aus diesen Erfahrungen heraus und mit Blick auf die demografische Entwicklung wurden zwei Gesundheitsziele neu konzipiert, sodass wir im Jahr 2003 die Modifizierung und die Neuausrichtung der Gesundheitsziele des Landes Sachsen-Anhalt vorstellen konnten. Als Ziele gelten seitdem:
erstens die Entwicklung eines gesunden Bewegungsverhaltens und die Verbesserung von Bewegungsangeboten,
zweitens die Förderung eines gesunden Ernährungsverhaltens und gesunder Ernährungsangebote für die Bevölkerung,
viertens die Senkung des Anteils der Raucher und Raucherinnen in der Bevölkerung und der alkoholbedingten Gesundheitsschäden auf den Bundesdurchschnitt sowie
fünftens die Verbesserung der Zahngesundheit bei der Bevölkerung des Landes bis zur Erreichung des Bundesdurchschnitts.
Zur Erhöhung der Effektivität wurde das taktische Management der Gesundheitsziele der Landesvereinigung für Gesundheit übertragen. Die Umsetzung der Gesundheitsziele soll verstärkt im Rahmen von so genannten Settings, das heißt in Lebensbereichen wie dem Betrieb, der Kindertagesstätte oder der Senioreneinrichtung erfolgen. Es hat sich gezeigt, dass die Gesundheitsziele dort gezielt umgesetzt werden können, wo die Menschen leben, arbeiten und ihre Freizeit verbringen.
Über den Setting-Ansatz ist es zudem möglich, bereits bei der Projektplanung die Betroffenen einzubeziehen sowie bestehende Strukturen und soziale Gefüge zu berücksichtigen. Außerdem können auf diesem Wege neue Partner, beispielsweise in der mittelständischen Wirtschaft, gewonnen werden.
Als Schwerpunktzielgruppen wurden Kinder und Jugendliche, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Seniorinnen und Senioren ausgewählt. An der Arbeit mit den Gesundheitszielen beteiligen sich zurzeit rund 82 Institutionen und 150 Mitglieder in den Arbeitskreisen.
Es ist vorgesehen, in einer dritten Landesgesundheitskonferenz im Jahr 2005 den neustrukturierten Prozessablauf zu analysieren und erste Ergebnisse zu präsentieren. Im Jahr 2006 soll dann auf einer vierten Landesgesundheitskonferenz Bilanz gezogen werden.
Die Länder haben frühzeitig, bereits in den Diskussionen zum GKV-Modernisierungsgesetz, die Forderung nach einem Präventionsgesetz aufgestellt und dabei die Berücksichtigung regionaler Interessen angemahnt. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in der auch Sachsen-Anhalt vertreten ist, hat Eckpunkte erarbeitet, auf deren Grundlage das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales einen ersten Gesetzentwurf vorlegen wird. Darin sollen Prävention und Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert werden; gleichzeitig sollen die Sozialversicherungsträger zu mehr finanziellem Engagement verpflichtet werden.
Bei der Umsetzung eines zukünftigen Präventionsgesetzes in Sachsen-Anhalt wollen wir auf bewährte Struktu
ren und Kooperationsbeziehungen setzen. Damit möglichst viele Mittel und Maßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen, muss der Verwaltungsaufwand gering gehalten werden. Enge, zentrale Vorgaben sind abzulehnen. Die konkreten Ziele sollten vor Ort von den Beteiligten festgelegt werden.
Im Gesundheitsreformgesetz aus dem Jahr 2000 hat der Bundesgesetzgeber den Übergang zu einem leistungsbezogenen Krankenhausentgeltsystem beschlossen. Ab dem 1. Januar 2003 sollen Krankenhausleistungen in Form von diagnose- und prozedurorientierten Fallpauschalen finanziert werden.
Der Hintergrund des neuen Vergütungssystems ist die bisherige, sehr ineffiziente Krankenhausvergütung, bei der sich die Finanzierung der Krankenhausleistungen vorrangig an den Kosten der Vergangenheit orientierte. Das neue Vergütungssystem soll dagegen weitestgehend dem Prinzip „gleicher Preis für gleiche Leistung“ Rechnung tragen. Für definierte Fallgruppen wird künftig allen Krankenhäusern die gleiche Vergütung gezahlt.
Das Fallpauschalengesetz sieht mehrere Stufen für die Einführung vor. Im Jahr 2003 durften die Krankenhäuser freiwillig auf das neue Vergütungssystem umschalten. Seit diesem Jahr ist die Abrechnung der so genannten Diagnosis Related Groups, kurz DRGs, für alle Krankenhäuser und Krankenkassen verpflichtend. Die Einführung erfolgt budgetneutral, das heißt, das Krankenhausbudget wird nach dem klassischen Muster verhandelt, die Abrechnung erfolgt aber bereits über DRGs.
In den Jahren 2005 und 2006 erfolgt bis zum Endpunkt am 1. Januar 2007 eine so genannte Konvergenzphase, in der die krankenhausspezifische Vergütungshöhe schrittweise an ein landeweites Vergütungsniveau angepasst wird. Allerdings wird über die Dauer und Ausgestaltung dieser Konvergenzphase im Rahmen des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes noch diskutiert.
Das Land unterstützt die Einführung des neuen Fallpauschalensystems. Durch das neue Krankenhausgesetz hat es die notwendigen begleitenden planerischen Rahmenbedingungen geschaffen, die einer Leistungsvergütung statt einer Kapazitätsvergütung entsprechen.
Zu befürworten ist, dass die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Krankenpflegeausbildung ebenfalls mit dem Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetz verbessert werden sollen. Die vorgesehenen Regelungen über die Vereinbarung krankenhausindividueller Ausbildungsbudgets trägt den regionalen Verhältnissen im Bereich der Ausbildung Rechnung.
Eine aktuelle Umfrage bei den Krankenhäusern im Land zu den Auswirkungen des Fallpauschalengesetzes zeigt, dass diese die Einführung des Fallpauschalensystems nochmals zum Anlass nehmen, über die Mobilisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven durch neue Organisationsstrukturen und neue Versorgungsmodelle nachzudenken.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt sich selbst als überdurchschnittlich gut auf die Einführung des neuen Fallpauschalensystems vorbereitet ansehen. Während im Bundesdurchschnitt ein Anteil von 67 % der befragten Krankenhäuser in den nächsten drei bis vier Jahren außergewöhnliche Investitionen im Zusammenhang mit der Einführung der DRGs für erforderlich hält, beläuft sich
Neben der umfangreichen Reduzierung der Zahl der Betten Anfang der 90er-Jahre ist auch der zielgerichtete Einsatz der Krankenhausinvestitionsmittel in den letzten beiden Jahren zur Schaffung wirtschaftlicher Strukturen für die heute vergleichsweise bessere wirtschaftliche Ausgangslage der Krankenhäuser Sachsen-Anhalts verantwortlich.
Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich in einer Phase des grundlegenden Wandels. In dieser Zeit der immer knapper werdenden finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand ist das Gesundheitswesen und hier insbesondere die stationäre Krankenversorgung von besonderer Bedeutung. Eine bedarfsgerechte und bezahlbare stationäre Krankenversorgung ist für das Lebensgefühl der Bevölkerung wichtig und erhält bzw. erhöht die Attraktivität des Landes.
Um die Grundlagen für die notwendigen Reformen zu schaffen, müssen insbesondere auf Bundesebene einige gesetzliche Änderungen vollzogen werden. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass insbesondere die nur in Deutschland übliche strikte Trennung zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor die Kostenstruktur des Gesundheitswesens wesentlich negativ beeinflusst. Dies kommt in den Ausführungen des neuen SGB V zur integrierten Versorgung zum Ausdruck.
Ein weiterer Punkt ist der Leistungsbezug in der Krankenhausplanung. Leider trägt das Krankenhausfinanzierungsgesetz des Bundes diesem gesetzgeberischen Willen bislang nicht Rechnung. Ohne eine entsprechende Änderung dieses Bundesgesetzes bleibt die Reform unfertig.
Das Land Sachsen-Anhalt hat einen mutigen Schritt in die richtige Richtung unternommen, indem es am 13. August dieses Jahres das neue Krankenhausgesetz verabschiedet hat. Ein wesentlicher Aspekt dieser Novelle war die Umstellung der Krankenhausplanung. Die jährliche Krankenhausplanung in Sachsen-Anhalt gestaltete sich bislang wie in allen anderen Bundesländern als bedarfsorientierte Kapazitätsplanung.
Verbunden mit einem geringfügigen Rückgang der Verweildauer war erstmals im Jahr 2003 auch ein Fallzahlrückgang zu verzeichnen. Ich halte dies für ein erstes Zeichen dafür, dass in den Krankenhäusern ein Umdenken dahin gehend stattfindet, dass das ausgelastete Planbett als Maß aller Dinge nicht mehr für wirtschaftliche Sicherheit steht. Management steht im Vordergrund und Kooperationen sollen gestärkt werden. Dafür steht das neue Krankenhausgesetz des Landes.
Zukünftig gilt: Mit den vom Land festgelegten Rahmenvorgaben für die Versorgungs- und Qualitätsziele, die bei den Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen sind, kann die Zielstellung der Krankenhausplanung - Sicherung einer angemessenen quantitativen und qualitativen Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen - verfolgt werden. Der Krankenhausplan wird ab dem Jahr 2005 ein Rahmenplan sein, der die Grundlage für die zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen für jedes Krankenhaus auszuhandelnde Struktur und Menge der zu erbringenden Leistungen bildet.