Das vorliegende Gesetz, insbesondere aber die vorliegende Vereinbarung, räumen dem Landtag nun diese Möglichkeit ein, zu Staatsverträgen, zu Bundesratsinitiativen oder zu Angelegenheiten der Europäischen Union explizit Stellung zu nehmen. Das, meine Damen und Herren, ist eine deutliche Stärkung der Rechte des Parlaments.
Auch wenn eine rechtliche Bindung der Landesregierung an Stellungnahmen des Landtages nicht bestehen kann, weil das verfassungsrechtlich nicht zulässig ist, bin ich mir gleichwohl sicher, dass die vom Landtag abgegebenen Stellungnahmen wichtige Impulse für die Entscheidungsfindung bzw. für die Verhandlungsführung der Landesregierung geben können. Diese Nichtbindung aus verfassungsrechtlichen Gründen war für die FDP-Fraktion vor der klarstellenden Änderung der Beschlussempfehlung eindeutige Gefechtslage.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf einen Aspekt eingehen, der unter Umständen in Zukunft eine Rolle spielen wird. Es geht um die Frage, in welchem Verfahren der Landtag seine Stellungnahmen abgeben wird. Das war und ist im Gesetz oder in der Vereinbarung nicht zu regeln, weil es eine landtagsinterne Zuständigkeitsregelung, nämlich die Geschäftsordnung des Landtages, betrifft.
Aus zeitlichen Zwängen - dabei denke ich in erster Linie an die Vorhaben in Angelegenheiten der Europäischen
Union - könnte es unmöglich sein, den Landtag in Gänze über eine Stellungnahme befinden zu lassen. Daher sieht beispielsweise § 33 Abs. 10 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtages vor, eine Stellungnahme für den Landtag auch durch einen federführenden Ausschuss abgeben zu können. Ob das, meine sehr geehrten Damen und Herren, für unsere Arbeit in der Zukunft notwendig sein wird, mag ich jetzt noch nicht abschließend beurteilen. Sollte sich aber Handlungsbedarf ergeben, würde die FDP-Fraktion eine solche Lösung unterstützen.
Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzentwurf und der Vereinbarung zustimmen, verbunden mit der Bitte an die Landesregierung um Unterzeichnung der Vereinbarung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer früheren Rede habe ich die Frage aufgeworfen, inwieweit sich die Exekutive von der Legislative, wenn es darum geht, neue Gesetze vorzubereiten oder Verordnungen zu erlassen, in die Karten schauen lässt. Heute kann ich die Antwort darauf geben: nun ein kleines bisschen.
Wieso bleibt man im Land Sachsen-Anhalt wieder einmal auf halbem Wege stehen? Wenn man es mit der in Artikel 62 der Landesverfassung festgeschriebenen Verpflichtung ernst meint, wonach die Landesregierung den Landtag über bestimmte Vorhaben rechtzeitig zu unterrichten hat, warum ist man dann nicht so konsequent und schreibt das alles in das vorliegende Landtagsinformationsgesetz
bzw. warum dehnt man diese Informationspflicht nicht auch auf Verordnungen von erheblicher Bedeutung aus? Damit würden wir den Beweis antreten, dass wir die Forderung nach Stärkung der Landesparlamente ernst nehmen.
Wir geben als Parlament ein wichtiges Kontrollinstrument aus der Hand, indem die eigentlich wichtigen Dinge nur in der Vereinbarung geregelt werden.
Hierzu fragen wir uns schon, warum gerade in diesen Dingen das Land Bayern nicht zum Vorbild genommen wird. Aber nun gut, es ist mehrheitlich politisch so nicht gewollt und der vorliegende Gesetzentwurf und der Entwurf der Vereinbarung liegen vor. Wir werden uns - das kann ich an dieser Stelle sagen - der Stimme enthalten; denn manchmal ist der Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach.
Natürlich sehen auch wir, dass der Gesetzentwurf einen wenn auch nur geringen Beitrag zur frühzeitigen Information des Parlaments darstellt und damit, wenn auch nur in bescheidenem Maße, eine Mitwirkung des Parlaments ermöglicht. Aber es werden, so befürchten wir, nur zweitrangige Informationen für das Parlament übrig bleiben, weil es eben keine Rechtsverbindlichkeit gibt.
Jede Fraktion - ob sie der Koalition oder der Opposition angehört - wird in der Vergangenheit mehr als unzufrieden darüber gewesen sein, welche Mitwirkungsmöglichkeiten das Parlament bei Staatsverträgen hatte. Nichts konnte mehr geändert werden; lediglich das formale Abwickeln war Aufgabe des Parlaments. Hoffen wir, dass zumindest das sich zukünftig ändern wird. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf zwei, drei Hinweise meiner Vorredner eingehen.
Erstens zur Frage des Verfahrens. Wollen wir, um die Informationsrechte des Parlaments zu stärken, lediglich eine Vereinbarung ohne ein Gesetz als Grundlage nehmen, so wie es hier teilweise angesprochen wurde, oder wollen wir gar die Verfassung ändern, indem wir in die Verfassung selbst all das hineinformulieren, was nunmehr in dem Gesetz und in der Vereinbarung steht?
Das Beispiel Baden-Württemberg zeigt, dass eine umfassende Verfassungsänderung keine Garantie für Effizienz und Praktikabilität ist. Ich glaube, wir haben uns für genau den richtigen, den effizienten Weg entschieden, der auch praktikabel sein wird.
Zweitens. Ich will eindeutig sagen, dass wir mit sehr viel Aufwand in ungezählten Stunden, in ungezählten Runden um weit interpretierbare Begriffe gerungen haben. Letztlich aber hatten wir alle das Ziel: Wir wollen dem Landesinteresse dienen und diesen Verfassungsauftrag so effizient wie möglich umsetzen. Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen.
Ich persönlich finde es etwas schade, dass die PDS aus dieser Diskussion über den heute zu beschließenden Gesetzentwurf und die Vereinbarung ausgestiegen ist, nachdem sie sich lange Zeit konstruktiv daran beteiligt hatte. Aber immerhin: Wenn Sie sich heute der Stimme enthalten, ist das vielleicht im Sinne der Worte meines Kollegen Bernward Rothe auch für Sie ein großer Schritt. Und das will ich durchaus anerkennen.
Ein weiterer Punkt soll abschließend noch bemerkt werden. Der Verfassungsauftrag wurde immerhin im Jahr 1992 von uns allen - mit Ausnahme der PDS; denn sie hat der Verfassung seinerzeit nicht zugestimmt - erteilt. Es hat nunmehr zwölf Jahre gedauert. Weder in der zweiten noch in der dritten Wahlperiode ist es gelungen, zwischen den Fraktionen und der Regierung eine solche Vereinbarung und ein solches Gesetz auszuhandeln und dieses dann auch einvernehmlich in dieses Haus einzubringen. Insoweit können wir alle ein bisschen stolz darauf sein, dass es nunmehr gelungen ist, genau diesen schwierigen Akt letztlich zu einem guten Ende zu führen. Wir als Parlament gehen gestärkt aus diesem Prozess hervor.
Nun ist das mit dem Lob von Kritikern immer so eine Sache, mein verehrter Herr Kollege Rothe. Man muss
dabei immer vorsichtig sein. Wenn man gelobt wird mit den Worten „stets bemüht“, muss man erst recht vorsichtig sein,
wenn man schon einmal ein Buch gelesen hat, in dem verklausulierte Begriffe in Beurteilungen beschrieben werden. Deswegen unterstelle ich Ihnen einmal, dass es ausdrücklich positiv gemeint war. Ich hoffe zumindest, dass es so war.
Ich bedanke mich allerdings für Ihren Hinweis, was den „kleinen Schritt“ betrifft, dass dies vielleicht ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für die CDU-Fraktion gewesen sein soll. Letztlich heißt dies doch: Wer Schritte geht, kommt voran. Wenn diese Schritte, die wir als CDU-Fraktion gehen, von Ihnen sogar als große Schritte anerkannt und bezeichnet werden, heißt das letztlich: Wir kommen mit großen Schritten schnell voran.
Ich hoffe, dass Sie diesen großen Schritten und dem Tempo auch folgen können und mit uns ein Stück des Weges gemeinsam gehen.
Last, but not least: Lassen Sie mich nochmals allen danken, die daran mitgewirkt haben. Ich bedanke mich auch bei den Gesprächs- und Verhandlungspartnern bei der FDP, bei der Landesregierung und bei Ihnen, Herr Rothe; denn letztlich ist mit Ihnen dann auch der Durchbruch zu dem jetzt gefundenen Kompromiss gefunden worden.
Ich bedanke mich auch bei der PDS, die sich zumindest eingangs über lange Strecken konstruktiv eingebracht hat und es dann wohl - aus welchen Gründen auch immer - für notwendig und besser für sich selbst hielt, sich dann nicht mehr mit einer Unterschrift unter dem nunmehr vorliegenden Gesetz und der Vereinbarung zu beteiligen.
Ich denke, wir alle erleben heute ein Stück weit eine Sternstunde des Parlaments. Wir führen die zweite Lesung der Verfassung durch und morgen werden wir diese hoffentlich mit großer Mehrheit verabschieden. Wir haben heute eine auf breiter Basis stehende Vereinbarung und ein Gesetz, das die Informationsrechte des Parlaments stärkt. Ich glaube, darauf können wir stolz sein. Nochmals herzlichen Dank. Für uns alle ist damit die Hoffnung verbunden, dass wir das, was wir heute wollen, so mit Leben erfüllen, wie wir uns das vorstellen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Gürth. - Bevor wir zur Abstimmung kommen, hat zunächst noch Herr Staatsminister Robra um das Wort gebeten. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nein, ich will kein Wasser in den Wein gießen - im Gegenteil. Ich will für die Landesregierung zum Ausdruck bringen, dass
auch wir davon ausgehen, dass wir mit dem Ergebnis der Beratung eine gute Grundlage für ein auch künftig interorganfreundliches Verhalten haben werden, Herr Gürth. Wenn wir diese interorganische Freundlichkeit auch umgekehrt als Freundlichkeit des Parlaments gegenüber der Landesregierung empfinden dürfen, soll uns das in ganz besonderer Weise freuen.
Ich denke, wir haben eine vernünftige Grundlage, die auch dem neuralgischen Punkt der Mitwirkung der Landesregierung in einem Organ des Bundes, dem Bundesrat, in einer Weise Rechnung trägt, die das Konfliktpotenzial, das in allen Ländern auf diesem Felde vorhanden ist, in Zukunft minimiert.
Mir liegt auch am Herzen, in diesem Zusammenhang auf den inneren Konnex mit den Beratungen der Föderalismuskommission hinzuweisen. Die Praxis der Handhabung unserer Vereinbarung wird natürlich ganz entscheidend davon abhängen, in welchem Maße der Bundesrat auch in Zukunft an der Bundesgesetzgebung mitwirkt.
Ich würde mich freuen, wenn auch bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck käme, dass wir alle davon ausgehen, dass in Zukunft mehr originäre Kompetenzen bei den Landesparlamenten liegen werden und insofern der Transmissionsriemen Landesregierung bei der Mitwirkung im Bundesrat in der Zukunft nicht mehr die entscheidende Rolle spielt. Wir alle sehen insofern der weiteren Meinungsbildung in der Föderalismuskommission mit Interesse entgegen.
Herr Rothe, einen Appell an Sie kann ich mir am Ende doch nicht versagen: Wenn die Bundesregierung mit ihren Vorstellungen zu Artikel 23 des Grundgesetzes durchkäme, dann erführen wir bei all unserem Bemühen nicht einmal mehr, was in Brüssel vor sich geht. Das mag man bei dieser Gelegenheit auch in Rechnung stellen.
Die Bundesregierung agiert dort nicht als ein Organ Europas, sondern die Bundesregierung agiert dort ganz originär im Rahmen ihrer innerdeutschen Kompetenzen. Und wenn und soweit sie Kompetenzen der Länder in Europa wahrnimmt, legen die Länder - ich denke, das ist verständlich und dürfte auch Ihre Billigung finden - weiterhin Wert darauf, in den innerdeutschen Meinungsbildungsprozess ausreichend eingebunden zu werden und auch in Europa dort, wo Länderkompetenzen berührt sind, die Entscheidungen mitgestalten zu können.
Deswegen mein Appell an die gesamte SPD-Fraktion dieses Landtages, Herr Fraktionsvorsitzender: Machen Sie Ihren Einfluss dahin gehend geltend, dass die Bundesregierung nicht nur ihre ureigensten pragmatischen Interessen auf diesem Felde in die Föderalismuskommission einbringt, sondern die Interessen der Länder in angemessener Weise berücksichtigt. Dann können und wollen wir garantieren, dass der Landtag wiederum in die landesinterne Meinungsbildung ausreichend und umfassend einbezogen wird. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Robra. - Möchte im Anschluss daran noch jemand das Wort ergreifen? - Das ist nicht der Fall. Somit kommen wir zur Abstimmung.