Protocol of the Session on October 15, 2004

für Sachsen-Anhalt gefunden. Unser Anspruch an unsere gegenwärtige Beratung sollte genauso hoch sein. Nicht einfach anderen Ländern hinterher tippeln, sondern eine zeitgemäße eigene Lösung finden - ich denke, das ist unser Anspruch. Dabei haben Sie, Herr Minister Olbertz, Herr Tullner und Herr Volk, die SPD-Fraktion mit im Boot. Für ein einfaches Durchstimmen der Paragrafen sind wir nicht zu haben. Aber ich habe die Diskussion bisher so verstanden, dass das auch nicht stattfinden wird.

Die SPD-Fraktion beantragt die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft und wegen der Beziehungen zur Krankenversorgung und zur Krankenhausplanung auch zur Mitberatung in den Ausschuss für Gesundheit und Soziales. Ich bitte auch den Finanzausschuss, noch einmal zu prüfen, ob wegen der Berührung steuerrechtlicher Fragen auch seine Beteiligung erforderlich ist. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke, Frau Dr. Kuppe. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Volk. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur strukturellen Entwicklung der medizinischen Bereiche der Universitäten unseres Landes vorgelegt. Diesem Gesetzentwurf ging eine intensive vorparlamentarische Beratung voraus. Sie wurde von einer politischen Aufgabenstellung ausgelöst, wurde wie im Hochschulbereich von einer Arbeitsgruppe begleitet und mündet nun in den vorliegenden Gesetzentwurf.

Die Landesregierung reagiert mit dem Entwurf eines Hochschulmedizingesetzes auf die Veränderungen bei der Hochschulfinanzierung und der Finanzierung der Hochschulmedizin, die sich in den letzten Jahren vollzogen haben. Zusätzlich wird durch die sich ankündigende Umstellung der Krankenhausfinanzierung weiterer Handlungsdruck aufgemacht.

Auf sich verändernde Handlungsgrundlagen frühzeitig zu reagieren, gehört zu den ureigensten Aufgaben der Politik. Deshalb soll mit der im Gesetz aufgezeigten Erweiterung der Handlungsspielräume der Universitätskliniken mit mehr wirtschaftlicher Eigenverantwortlichkeit, mehr Wettbewerbsfähigkeit, kurz: mehr Autonomie die Grundlage für mehr Leistungsfähigkeit, Effizienz und damit finanzielle Sicherheit gelegt werden. Nur diese sichert und entwickelt die notwendige Qualität der medizinischen Ausbildung an zwei Standorten in Sachsen-Anhalt im Wettbewerb der medizinischen Ausbildung bundes- und europaweit.

Dazu gehört eben auch die Diskussion über die Rechtsform. Wer suggeriert, diese Diskussion könnte ausgeklammert werden, will keine wirkliche Veränderung und verhindert die Entwicklung.

Vor gut acht Jahren standen Strukturveränderungen an den Universitätskliniken in Halle und Magdeburg schon einmal in einem eigenen Gesetzentwurf zur Debatte. Mit dem im November 1996 beratenen und im Januar 1997 beschlossenen Gesetz zur Entwicklung der medizinischen Fachbereiche wurden die Universitätsklinika zu Landesbetrieben gemäß § 26 der Landeshaushaltsord

nung erhoben. Vieles, was in den damaligen Debatten insbesondere auch von der SPD für diese Rechtsformänderung ins Feld geführt wurde, könnte man auch zugunsten des vorliegenden Gesetzentwurfs vorbringen.

Ich denke, alle in die Entscheidungsfindung Eingebundenen haben die vorparlamentarische Diskussion mit großem Interessen verfolgt. Einen Ausgangspunkt stellte die notwendige Aufwertung der Ausstattung der medizinischen Fakultäten dar. Dazu ist das Verhältnis des Zuschusses für Forschung und Lehre zur Zahl der Professuren an den medizinischen Fakultäten neu auszurichten.

Der gewählte Weg, geprägt von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes, die Zahl der Professuren bei Beibehaltung der Finanzierungsgrundlage leicht abzusenken, erfordert in der Zukunft eine funktionierende Kooperation zwischen den beiden Fakultäten und den beiden Kliniken des Landes. Die komplementäre Kooperation verlangt Ausgestaltung; ansonsten bedeutet sie Substanzverlust. Diese Organisationsaufgabe sicherzustellen ist ein Kernauftrag des Gesetzentwurfs und kann nur mithilfe eines geeigneten und mit Handlungskompetenzen ausgestatteten Aufsichtsgremiums gelingen.

Meine Damen und Herren! Die neuen Abrechnungssysteme im Gesundheitsbereich, die mit dem Stichwort Fallpauschalen nur unzureichend erfasst sind, stellen alle Krankenhäuser vor enorme Herausforderungen und machen auch vor den Universitätskliniken nicht Halt.

Die gehandelten Zahlen über mögliche Verluste an den Klinika zeigen dramatisch, dass Universitätskliniken alles andere als akademische Elfenbeintürme sind und dass sie sich sehr wohl mit den Mechanismen des Gesundheitswesens arrangieren müssen. Jeder, der in den letzten Jahren die Entwicklung im Krankenhausbereich verfolgt hat, wird erkennen, wie sehr sich die Bedingungen seit 1996 verändert haben.

Die vorgeschlagene Organisation der universitätsmedizinischen Versorgung in einer Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine folgerichtige Weiterentwicklung für die Universitätskliniken. Wir stärken die Selbstverwaltung und die Verantwortlichkeit vor Ort. Gleichzeitig entflechten wir in finanzieller und personeller Hinsicht die Aufgaben der medizinischen Fakultät von denen des Krankenhauses. Das ist ein notwendiger Umsetzungsschritt, dessen Ausgestaltung vor allem aus personalrechtlicher Sicht in den Beratungen eine große Rolle spielen wird.

Eine enge Verzahnung zwischen Fakultät und Klinik muss und wird auch weiterhin gegeben sein. Eine Universitätsklinik ist eben mehr als ein akademisches Lehrkrankenhaus.

Der Zeitpunkt der Einbringung suggeriert mit Blick auf das Wirtschaftsjahr 2005 Handlungs- und Zeitdruck, einen Druck, der nicht gegeben ist. Ich kann für die FDPFraktion zusagen, dass wir als Fraktion in den parlamentarischen Beratungen sehr sorgfältig vorgehen werden. Eine grundlegende, richtige Entscheidung verliert an Wirksamkeit und Akzeptanz, wenn sie aufgrund des Zeitdrucks mit handwerklichen Fehlern durchsetzt ist.

Deshalb unterstütze ich die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft sowie zur Mitberatung an die Ausschüsse für Gesundheit und Soziales und für Finanzen. - Besten Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Danke, Herr Dr. Volk. - Für die PDS-Fraktion wird Frau Dr. Sitte sprechen. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, das ist wohl wahr: Der Gesetzentwurf befindet sich seit Monaten in der Auseinandersetzung. Wir kommen hier heute nur offiziell dazu. Auf meinem Tisch liegen inzwischen etwa fünf Entwürfe und bei jedem gab es sozusagen umfassende Diskussionen und Auseinandersetzungen an den Einrichtungen. Man hätte immer meinen können, dass mit jedem Entwurf etwas mehr Ruhe in die Unikliniken und in die medizinischen Fakultäten hineinkommt. Das ist aber nicht geschehen.

Es hat zu lange, nach meinem Verständnis, nur marginale Veränderungen gegeben. Jetzt allerdings - ich glaube, das ist auch eine Frage des Umgangs miteinander - hat es in diesem Entwurf dann doch eine Resonanz auf die Änderungsvorschläge gegeben. Allerdings wird das Projekt im Kern noch immer angezweifelt. Die Skepsis gegenüber dem Vollzug des Rechtsformwechsels von einem Landesbetrieb in eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist also ausgesprochen groß.

Hinzu kommt, dass wir quasi überschneidend zwei Systemwechsel vornehmen: erstens den Systemwechsel der Umstellung auf die Fallpauschalen, zweitens den Systemwechsel in eben jenem Rechtsformwechsel.

Bei deutschen Medizinern - Frau Kuppe hat schon darauf hingewiesen und es war öffentlich zu lesen - schneiden die medizinischen Fakultäten Halle, Leipzig, Magdeburg und Jena am besten ab. Die renommierten Universitäten München, Bonn und Hamburg werden dagegen nach der ersten bundesweiten Absolventenbefragung des Zentrums für Hochschulentwicklung schlecht bewertet. Das hat immerhin die Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh mitgeteilt, mit der ich so manches Mal nicht einverstanden bin. Dieses Ergebnis ist zustande gekommen unter den Bedingungen des aktuellen Gesetzes.

Des Weiteren ist positiv: Die Uniklinika Magdeburg und Halle schreiben auch als Landesbetriebe - also in dieser, wie Sie sagen, unflexiblen Rechtsform - schwarze Zahlen, und das, obwohl die Landeszuschüsse weitestgehend konstant geblieben sind. Das heißt also, öffentlich-rechtliche Organisationsformen sind nicht prinzipiell privatrechtlichen unterlegen; das lässt sich zumindest in diesem Fall nicht belegen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Ohne DRG!)

- DRG finden ohnehin statt, ob in der einen Rechtsform oder in der anderen. Wir werden uns immer mit deren Konsequenzen befassen müssen. Aber dazu sage ich noch etwas.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das tun wir!)

Woraus baut sich also jetzt der Handlungsdruck auf, in so kurzer Zeit diesen Rechtsformwechsel vom Landesbetrieb zur Anstalt durchzuziehen? Man muss fragen: Was kommt am Ende für die qualitative und quantitative Leistungsfähigkeit der Einrichtungen, für Forschung und Lehre, für das Studium, für die Beschäftigten in diesem Bereich, für die Krankenversorgung, also mithin für die Patienten heraus?

Als eines der ersten Länder - es war schon die Rede davon - hatten wir im Jahr 1997 ein Gesetz, das umfas

send positiv bewertet worden ist. Die Konferenz hat dieses Gesetz damals sehr positiv evaluiert. Ich denke, dass es durchaus Sinn macht, den Vorschlag aufzugreifen, diese Bewertung in dieser Form fortzusetzen und einen solchen Meinungsaustausch in der verbleibenden Zeit der Beratung durchzuführen.

Was hat sich nun geändert, sodass wir unbedingt den Rechtsformwechsel brauchen? - Ja, es stimmt, der Markt ist härter geworden. Gesundheitskonzerne üben wesentlich mehr Druck aus, auch auf die beiden Universitätsklinika. Im Übrigen würden sie sie sowieso gern schlucken. Offensichtlich sind sie attraktiv genug. Und es hat, wie schon angedeutet wurde, eine Gesundheits- und Pflegereform gegeben, eben jenes Fallpauschalensystem.

Das wird für die Universitätskliniken schwierig. Sie meinen allerdings bei aller Härte gut aufgestellt zu sein, wenn ihnen nicht zusätzlich Handlungsspielräume genommen werden. Und das kann mit dem alten Gesetz genauso passieren wie mit dem neuen. Deshalb müssen wir vorher klären, welche Überführungskosten entstehen und welche Voraussetzungen zu erfüllen sind.

Sicher ist dagegen, dass wir in diesem Gesetz nach meinem Empfinden immer noch zu viel Ministerialbürokratie durch die Aufsichtsräte und andere sich selbst zugestandene Befugnisse verzeichnen müssen. Derzeit glaube ich auch, dass es notwendig ist, vor allem die Erfahrungen der anderen Länder zu bewerten und unser eigenes Gesetz sauber zu evaluieren. Unter Umständen reicht es aus, wenn wir nichts weiter tun als den Runderlass von 1997 zu streichen, der nämlich eine ganze Menge Einengungen mit sich bringt.

Dass das Land bei all dem am Ende auch noch Geld sparen könnte, ist, wie sich in anderen Ländern gezeigt hat, eine sehr schöne Mär, eine Hoffnung, die sich nicht erfüllt, weil eben auch in Zukunft das Geld für Forschung und Lehre aufzubringen ist, weil die Personalkosten in diesem Bereich getragen werden müssen, weil am Ende Investitionskosten aufzubringen sind und weil natürlich - machen wir uns doch nichts vor - jeder als Erstes auf die Tarifmaterie guckt. In allen Ländern - da können Sie mir von Leistungsbewertung erzählen, was Sie wollen - sind nicht in erster Linie die Leistungskriterien verändert worden, sondern es sind die Tarife abgesenkt worden. Das wollen die Beschäftigten natürlich nicht.

(Beifall bei der PDS)

Ich bin natürlich für ein leistungsgerechtes Einstufen - in dieser Hinsicht hat der Bundesangestelltentarif tatsächlich Reserven -, aber eben nicht um diesen Preis. Deshalb müsste man das schon verbindlich dort aufnehmen.

Ich weiß, wir brauchen eine möglichst sachgerechte Organisationsentscheidung. Wir sollten die Debatte im Ausschuss wirklich tiefgreifend führen; darin kann ich meinen Vorrednern nur zustimmen. Und wir sollten vor allem auch den europäischen Kontext beachten. Denn es gibt auch Länder in Europa, die das schon vor Jahren vollzogen haben und die heute genau das Gegenteil von dem machen, was wir hier vorhaben, weil sich Forschung und Lehre eben nicht halten ließen und insofern die Nachteile dann nicht zu kompensieren gewesen sind.

Wir sind offen für viele Vorschläge. Die Rechtsform selbst ist kein Dogma, aber wir müssen im Ausschuss

über die Bedingungen der alten wie der neuen Rechtsform vernünftig reden. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Frau Dr. Sitte. - Für die CDU-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Tullner sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man als Letzter redet, stellt man immer fest, dass vieles von dem, was man sagen will, schon gesagt worden ist. Deswegen gestatten Sie mir, mich lediglich auf ein paar wesentliche Punkte zu konzentrieren, die aus der Sicht der CDU-Fraktion im Beratungsverfahren handlungsleitend sein sollten.

Zunächst eine Vorbemerkung. Wir hatten vor zwei Tagen einen sehr schönen und würdigen Festakt zum 50. Jahrestag der Gründung des Universitätsklinikums Magdeburg in der Johanniskirche. Dort wurde auch ein bisschen die Geschichte vergegenwärtigt und deutlich gemacht, unter welchen schwierigen Bedingungen Anfang der 50er-Jahre in Magdeburg die Hochschulmedizinausbildung begonnen hat.

Ich denke, wenn man sich jetzt, nach 50 Jahren, das Ergebnis ansieht, dann kann man durchaus feststellen, dass alle miteinander eine Institution mit einer Qualität in Ausbildung und Forschung erreicht haben, die sich international sehen lassen kann und die auch, wie im „Focus“ bereits beschrieben wurde, die entsprechende Anerkennung gefunden hat.

Von der Halleschen Hochschulmedizinausbildung will ich gar nicht erst reden. Wir alle wissen: Sie ist viel älter und viel traditionsreicher und hat mit Dorothea Erxleben immerhin die erste Frau, die eine medizinische Ausbildung abgeschlossen hat, aufzuweisen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das macht, denke ich, den Spannungsbogen deutlich. Das macht deutlich, was für einen Schatz wir hier eigentlich haben und mit welcher Tradition wir umgehen müssen. Die medizinischen Fakultäten sind darüber hinaus ein sehr großer Wirtschaftsfaktor. Sie haben sehr viele Beschäftigte, mehrere Tausend an der Zahl.

All das, denke ich, sollte uns doch und lässt uns alle miteinander dem Ziel verpflichtet sein, sehr sorgfältig die Interessen abzuwägen und zu diskutieren, um zu einem Ergebnis zu kommen, das für beide Institutionen eine gedeihliche Entwicklung ermöglicht und auch dem Land als durchaus nicht unwichtigem Finanzier die Möglichkeiten erhält, beide Einrichtungen auskömmlich zu finanzieren.

Die Rahmenbedingungen sind schon beschrieben worden. Ich denke, dass das Medizingesetz aus dem Jahr 1997 eine durchaus beachtliche Leistung war. Alle Beteiligten bescheinigen auch heute immer wieder, dass man damals ein Gesetz hinbekommen hat, das innovativ war, das neu war, aber auch entsprechende Lösungen für die Probleme, die beide Klinika hatten, ermöglicht hat.

Dies sollte auch der Anspruch für den vorliegenden Gesetzentwurf sein. Lassen Sie mich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass man vielleicht in zehn Jahren rückschauend auch von unserem Gesetz so etwas sagen