Protocol of the Session on October 15, 2004

Herr Bullerjahn, Sie waren bereit, die Frage des Abgeordneten Herrn Madl zu beantworten. Sind Sie auch bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Gallert zu beantworten? - Zunächst Herr Madl bitte.

Sagen wir mal, vielleicht eine Intervention. Ich wollte mit meiner Aussage, meinem Redebeitrag nicht sagen, dass die CDU oder ich möglicherweise in Kauf genommen hätte, das Leitbild und damit auch die Vorschaltgesetze zum Wahlkampfthema zu machen, um vorsätzlich das Land zurückzuwerfen. Das ist gar nicht notwendig gewesen, Herr Bullerjahn.

Jetzt kommt meine Frage: Wissen Sie, dass zu den Erstunterzeichnern der Initiative „Pro Saalkreis“ aus dieser Situation des Leitbildes und dreier Vorschaltgesetze heraus der SPD-Kreisvorsitzende mit gehörte und dass das parteiübergreifend war? Auch PDS-Leute haben mit unterschrieben. Das war im Prinzip ein Selbstläufer. Ich sage das noch einmal: Ist Ihnen bewusst, dass das Leitbild vielleicht in die richtige Richtung gehen sollte, aber Sie vergessen haben, die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen?

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Madl, ich habe in den Jahren 1992/93 für die SPDFraktion ein Papier „Fünf Wirtschaftsregionen für Sachsen-Anhalt“ geschrieben. Ich habe das, wie auch andere meiner Kollegen, sehr intensiv in der Fläche diskutiert. Ich kann das gern auch mal zeigen. Das wurde zum Teil sehr kritisiert, zum Teil auch unterstützt, und je nachdem wo ich bin, Herr Madl - das ist mir bei meinem Papier, das ich vor einem Jahr geschrieben habe, genauso passiert -, kriege ich entweder Zustimmung oder Ablehnung.

Übrigens weiß ich das schon, wenn ich losfahre. Wenn ich in die Städte fahre - Magdeburg, Halle -, dann weiß ich, wenn ich sage: „Starke stärken“, dann kommt Applaus. Dann brauche ich gar nicht weiterzureden. Diese Diskussion ist schon in Eisleben anders. Wenn ich das bei Hasi Ostermann in Salzwedel sage, dann kann ich mir die Erwiderung darauf schon selber im Auto zurechtlegen.

Deswegen sage ich: Wir sitzen hier nicht als die Summe aller Einzelinteressen, die jeder von zu Hause mitbringt, sondern wir sitzen hier für dieses Land.

(Beifall bei der SPD)

Das mag sogar dem entgegenstehen, was einem selber genehm ist, was vielleicht die Partei gerade im Wahlkampf ein bisschen stört, weil es ihr das Leben leichter machen würde - trotzdem müssen wir das Interesse des Landes als Ganzes im Kopf haben.

Im Saalkreis eine Mehrheit dafür zu gewinnen, zum Beispiel gegen eine Eingemeindung zu sein, Herr Madl, das traue ich selbst mir zu.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

Insofern kann ich wirklich nur jeden bitten, sich ganz genau zu überlegen, wie er in den nächsten Wochen und Monaten zu diesem Thema steht.

Ich kann noch einmal wiederholen: Dabei macht es sich die SPD nicht so einfach wie die CDU, die sagt: Wir ha

ben das im Griff. Es gibt doch eine Karte und irgendwann wird die gesamte Regierung etwas machen. Ich warte schon darauf, dass die Karte vorliegt. Dann haben Sie nämlich das Problem und nicht mehr wir, weil Sie nämlich streiten werden mit Ihren Kreisverbänden und in Ihren Kreisen das alles erläutern werden.

(Herr Schröder, CDU: Das ist auch eine Linie!)

Bis dahin werden wir uns aufstellen.

(Herr Schröder, CDU: Ja, ja!)

Ich kann Ihnen garantieren: Wir werden Sie bis dahin auch mit einem von der Partei legitimierten Konstrukt von Gebietsreform treiben. Wir haben heute damit angefangen, Sie Stück für Stück auch mit diesem Thema immer wieder, jeden Monat in die Bredouille zu bringen. Denn eines ist doch klar: Die Hallenser Abgeordneten, auch die der CDU, werden mal sagen müssen, wie sie sich die Stärkung eines Oberzentrums Halle vorstellen. Und das muss vielleicht nicht unbedingt auf der Linie eines CDU-Mitglieds aus dem Saalkreis sein. Das werden wir Ihnen auch nicht ersparen.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Gallert, jetzt haben Sie die Möglichkeit zu fragen.

Wir müssen uns nicht mehr so intensiv über die verschlungenen Wege der Positionsfindung der Landesregierung unterhalten. Sie sind wahrscheinlich auch recht unproduktiv. Wir wissen auch bei einer solchen Reform: Wer den Teich austrocknen will, sollte nicht die Frösche fragen.

Das Problem, das ich mit dem SPD-Antrag habe, ist: Sie haben als Fraktionsvorsitzender eben noch einmal - das war nicht überraschend - die Fünf-Großkreise-Variante ins Spiel gebracht. Gleichzeitig sprechen Sie zu einem Antrag, der ein Leitbild reaktivieren will, das auf 14 Landkreise hinausläuft.

(Zustimmung bei der PDS)

Mein Problem ist jetzt einfach: Diesem legitimen Interesse, die Koalition und die Landesregierung zu treiben, kann man nur entsprechen, wenn man selbst eine definierte Position hat, von der aus man sie treiben kann. Nur um diese Unklarheit zu beseitigen, sagen Sie doch bitte einmal, was Sie wollen. Wollen Sie die fünf Großkreise oder wollen Sie den Diskussionsstand von 1999, wozu Herr Madl zum Beispiel Beifall klatschen würde?

(Herr Kosmehl, FDP: Eine Wagenladung Papier! - Herr Gürth, CDU: Ein wichtige Frage!)

Ich habe kein Problem damit, das ganz klar zu sagen. Ich habe es vorhin schon angesprochen: Die Innenpolitiker hatten für sich - gerade diejenigen, die es nachher konzeptionell vorantreiben - entschieden, sie wollen Sie hier gerade in dem Umfeld der ganzen Diskussionen der letzten Tage und Wochen mit Karten, mit verschiedenen Äußerungen treiben.

(Herr Gürth, CDU: Wohin denn? Was wollen Sie denn?)

Ein Konzept wird von uns aus - nach vorn gedacht - nicht auf dem Tisch liegen, bevor Sie nicht sagen, was Sie wollen.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Was wollen Sie denn? - Herr Schröder, CDU: Ei- ne klare Linie! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Lassen Sie mich doch ausreden! - Insofern, sage ich einmal, ist das Konzept, das Manfred Püchel im Landtag verteidigt hat, damals in sich schlüssig gewesen. Wir selbst - das habe ich eben auch zugegeben - wissen aber auch um die Unzulänglichkeiten in Bezug auf die Weiterentwicklung bis 2005. Deswegen war der Antrag, von dem wir wussten, dass er abgelehnt wird, dazu gedacht, dieses Thema heute zuzuspitzen,

(Herr Gürth, CDU: Der Antrag beweist doch, dass Sie selber nicht wissen, was Sie wollen! - Zuruf von Frau Budde, SPD)

mit all der Kritik, die wir heute ernten. Aber ich glaube, das Thema ist wichtig genug, sodass wir mit der Kritik auch umgehen können.

(Herr Gürth, CDU: Erklären Sie erst einmal, was Sie selbst wollen!)

Vor uns selbst - Herr Gallert, dieses Thema wird auch für die PDS anstehen - steht natürlich als Fraktion und Partei - gerade für die SPD ist das wichtig - der Anspruch, dass wir in den nächsten drei, vier Monaten an diesem Pult ganz klar sagen können, was wir genau wollen. Ich für meinen Teil werde mich in die Diskussion einbringen. Ich bin für flächendeckende Einheitsgemeinden. Ich bin für die fünf Landkreise. Ich bin für die Zweistufigkeit und letztlich auch für ein neues FAG, das dem allen gerecht wird,

(Herr Gürth, CDU: Wofür ist die SPD in Sachsen- Anhalt?)

damit die Gebietsreform in zehn Jahren nicht wieder auf dem Tisch dieses Hauses liegt. Ich bin für die Stärkung der Oberzentren. Ich bin aber genauso für die Entwicklung des ländlichen Raums. Ich hoffe und wünsche mir, dass alle die Ehrlichkeit und den Mumm haben, das hier auch einmal zu sagen

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

und nicht nur scheinheilig solche Anträge, die vielleicht nicht mit der letzten Konsequenz formuliert wurden, abzulehnen, weil sich das vielleicht weiterentwickelt hat. Wir werden als Opposition - ich wiederhole mich - dieses Thema genauso offensiv besetzen wie Sie.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Ich glaube, das wird für Sie als Regierung schwieriger als für uns als Opposition. Ich kann Ihnen versprechen: Dieses Treiben, das wird Ihnen jetzt jeden Monat passieren.

(Herr Gürth, CDU: Erst einmal müssen Sie sich selbst treiben, weil Sie nicht wissen, was Sie wol- len!)

Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine weitere Frage des Abgeordneten und Ministers Herrn Dr. Daehre zu beantworten?

(Herr Gürth, CDU: Die Frage von Herrn Gallert wurde noch nicht beantwortet!)

Bitte sehr, Herr Dr. Daehre.

(Herr Gürth, CDU: Herr Gallert, war die Frage jetzt beantwortet?)

Seit wann kümmert sich Herr Gürth um Herrn Gallert? Das ist ja etwas ganz Neues.

(Herr Gürth, CDU: Er liegt mir am Herzen!)

Meine lieben Kollegen, ich denke, wir haben schon über unwichtigere Themen länger diskutiert als über dieses Thema. Deswegen hoffe ich, dass wir jetzt noch ein paar Minuten Geduld haben.

Herr Kollege Bullerjahn, habe ich es richtig verstanden, dass Sie soeben dem Hohen Hause erklärt haben, dass die SPD in den nächsten drei, vier Monaten gnädigerweise so weit sein wird und uns etwas vorlegen will?

(Frau Budde, SPD: Äh?)

Fünf Minuten zuvor haben Sie erklärt - -