Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Hauptanliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, in den neu gebildeten Verwaltungsgemeinschaften eine vorübergehende Ausnahme von dem Grundsatz der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat zuzulassen.
Die Landesregierung setzt derzeit mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit ein zentrales Reformvorhaben um.
Die Veränderungen auf der Ebene der Verwaltungsgemeinschaften und mancher bisher hauptamtlich geleiteter Gemeinden sind augenfällig. So fusionieren derzeit benachbarte Verwaltungsgemeinschaften. Manche Verwaltungsgemeinschaften haben sich zu Einheitsgemeinden zusammengefunden. Einige hauptamtlich geführte Gemeinden werden nunmehr Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft. Dieser Prozess ist schon sehr weit fortgeschritten. Ende des Jahres werden wir ihn weitgehend abgeschlossen haben.
Diese Änderungen haben aber zugleich Auswirkungen auf das innergemeindliche Gefüge, denen durch den vorliegenden Gesetzentwurf begegnet werden soll. Nach der derzeitigen Rechtslage kann es in Einzelfällen dazu kommen, dass bei Bürgermeistern und Mitgliedern des Gemeinderates nachträglich Hinderungsgründe für die weitere Wahrnehmung des Bürgermeisteramtes oder der Mandatstätigkeit eintreten, weil sie etwa bislang im gemeinsamen Verwaltungsamt einer benachbarten Verwaltungsgemeinschaft hauptberuflich beschäftigt waren, nunmehr jedoch Bedienstete einer Verwaltungsgemeinschaft werden, der auch ihre Gemeinde angehört.
Nach geltender Rechtslage ist die hauptberufliche Tätigkeit in der Verwaltungsgemeinschaft mit dem ehrenamtlichen Bürgermeisteramt und dem Gemeinderatsmandat in der VG-angehörigen Gemeinde nicht vereinbar und würde automatisch zu einem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt und dem Mandat führen. Derartige Folgen treten auch in den Fällen ein, in denen eine bisher hauptamtlich geführte Gemeinde Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft wird. Der bisher hauptamtlich tätige Bürgermeister ist zwar von der Verwaltungsgemeinschaft zu übernehmen, er könnte aber nicht mehr ehrenamtlicher Bürgermeister seiner Gemeinde bleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass das Ehrenamt auf der kommunalen Ebene immer wieder unserer gemeinsamen Unterstützung bedarf. Engagierte Bürgerinnen und Bürger opfern einen Großteil ihrer Freizeit, damit ihre Gemeinden leben und sich aktiv entwickeln können.
Wir dürfen deshalb nicht zulassen, dass dieses Engagement bestraft wird, wenn sich Mandatsträger und Bürgermeister für die Umsetzung eines für das Land so wichtigen Reformvorhabens einsetzen. Es wäre schlicht nicht zu vermitteln, dass diese Personen durch ihren Einsatz einen Nachteil erleiden, indem sie ihre bisherige Tätigkeit, für die sie schließlich demokratisch legitimiert wurden, nicht mehr ausüben könnten. Ich halte es deshalb für erforderlich, eine Regelung für die vorübergehende Ausnahme des Grundsatzes der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat zu schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich jetzt vonseiten der Opposition zu hören bekomme, dass diese Änderung der Gemeindeordnung zu kurz greift - wir
hatten heute Vormittag eine Kleine Anfrage zu diesem Thema - und eigentlich noch weiterer Änderungsbedarf besteht, möchte ich schon jetzt klarstellen, dass das bekannt ist. Deshalb wird in meinem Hause auch eine weitergehende Novelle zu den kommunalverfassungsrechtlichen Grundlagen erarbeitet.
Die erforderlichen Abstimmungen werden aber noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb haben wir uns entschlossen, den vorgenannten Teilbereich herauszunehmen und wegen des dringenden Handlungsbedarfes vorab der Entscheidung dieses Hohen Hauses anheim zu stellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auch auf die beiden anderen Schwerpunkte des vorliegenden Gesetzentwurfes eingehen. Der Gesetzentwurf sieht auch eine Änderung bei den Regelungen zu den kommunalen Behindertenbeauftragten vor.
Aus rechtssystematischen Gründen ist es sinnvoller, die Bestellung kommunaler Behindertenbeauftragter nicht im Kommunalverfassungsrecht, sondern im Behindertengleichstellungsgesetz zu regeln. Zugleich sollen die näheren rechtlichen Vorgaben zur Bestellung und zum Umfang der Gleichstellungstätigkeit der kommunalen Behindertenbeauftragten modifiziert werden. Mit diesen Änderungen wollen wir die kommunale Ebene stärken. Bereits jetzt sind viele Kommunen nach den Vorschriften der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung verpflichtet, kommunale Behindertenbeauftragte zu bestellen.
Neu geregelt werden soll, dass diese Kommunen künftig selbst durch Regelung in ihrer Hauptsatzung entscheiden, ob die Aufgabe des Behindertenbeauftragten haupt- oder ehrenamtlich erfüllt werden soll. Das vergrößert den Handlungsspielraum der Kommunen, ohne dass die Belange behinderter Menschen ins Hintertreffen geraten werden. Ich bin mir sicher, dass die Kommunen verantwortungsvoll mit dieser Thematik umgehen und eine Entscheidung treffen, die der spezifischen Situation vor Ort gerecht wird und den Bedürfnissen und Erwartungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner am besten entspricht.
Meine Damen und Herren! Abschließend lassen Sie mich noch kurz auf die vorgesehene Änderung des Straßengesetzes eingehen. Diese Änderung berücksichtigt die allseits bekannte demografische Entwicklung im Land. Ein Stichtag, der die Einwohnersituation des Jahres 1991 festschreibt, ist nicht mehr zeitgemäß. Deshalb wurde jetzt eine dynamische Verweisung gewählt, die auf die Einwohnerzahl am Ende des jeweils vorvergangenen Jahres abzielt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorgeschlagene Gesetzentwurf steht in engem Zusammenhang mit den Reformbewegungen im kommunalen Bereich. Ich hoffe deshalb auf Ihre Unterstützung und auf eine zügige Beratung in den Ausschüssen, damit das Gesetz noch in diesem Jahr verkündet werden kann und insbesondere Rechtssicherheit für die kommunalen Mandatsträger entsteht. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, stimmen Sie mit mir darin überein, dass die Vielzahl der Änderungen der Gemeindeordnung, die seit Beginn der vierten Legislaturperiode vorgenommen wurde - ich habe jetzt einmal überschlagen, mir sind sieben eingefallen; es kann sein, dass es noch mehr sind, vielleicht sind es noch wesentlich mehr -, im kommunalen Bereich zu einem erheblichen Mehraufwand bei der Umsetzung führt? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass man das bei genügend konzeptionell vorausschauender Arbeit wesentlich hätte reduzieren können?
Frau Dr. Paschke, ich gebe Ihnen Recht. Auch ich hätte mir gewünscht, nicht so häufig in die kommunalen Gesetze, Landkreisordnung und Gemeindeordnung, eingreifen zu müssen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Für die PDSFraktion erhält als erster Redner der Abgeordnete Herr Grünert das Wort. Bitte sehr, Herr Grünert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, ohne Berücksichtigung der Haushaltsbegleitgesetze bereits die zwölfte Änderung der Gemeindeordnung seit Ihrem Amtsantritt, also ein bisschen mehr als sieben. Dies macht mittlerweile die Lesbarkeit der Kommunalordnung für die gewählten Mandatsträger und Mandatsträgerinnen sowie für die Verwaltung schier unmöglich. Es ist vielleicht auch ein Stück weit Arbeitsbeschaffung für die Kommentierung der Gemeindeordnung.
Die Flut der ständigen Änderungen in der Gemeinde- und in der Landkreisordnung offenbart sowohl die Konzeptionslosigkeit im Innenressort - darauf wird auch im nachfolgenden Tagesordnungspunkt einzugehen sein, der morgen behandelt wird; er betrifft die Eingemeindung zu Gommern - als auch die offenbar überstürzte Gesetzeserarbeitung, welche folglich auch zu ständigem Nachjustieren bzw. Korrigieren dieser Gesetze führt. Vor diesem Hintergrund ist die Notwendigkeit der Änderung der Gemeindeordnung ein Ausfluss der überstürzten Erarbeitung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit, welches ohne intensive Folgenabschätzung und im Schnelldurchlauf verabschiedet wurde.
Die nunmehr vorgeschlagenen Korrekturen sind notwendig, da offenbar bei vielen Fällen, die sowohl das Trägergemeindemodell als auch die Vergrößerung der Verwaltungsgemeinschaft betreffen, die Inkompatibilität
zwischen Amt und Mandat zu einer einseitigen Benachteiligung der direkt legitimierten Bürgermeister und Mandatsträger durch das genannte Gesetz führte. Dies soll nunmehr geheilt werden. Das wird auch durch die PDSFraktion begrüßt.
Die Abschwächung der Stellung der hauptamtlichen Behindertenbeauftragten hingegen durch die rein ehrenamtliche Ausrichtung erachten wir als problematisch, da sie die Ausübung der Tätigkeit der Behindertenbeauftragten erschwert und gleichzeitig das Tor aufstößt, bisherige hauptamtliche Beauftragte im Rahmen von Konsolidierungsmaßnahmen in ehrenamtliche Beauftragte umzuwandeln.
In diesem Zusammenhang sind die zurzeit im Abstimmungsverfahren befindlichen weiteren Gemeindeordnungsänderungen zur generellen Stellung von Beauftragten zu erwähnen. Der Minister hat es bereits leicht angedeutet. An dieser Stelle sollen aus unserer Sicht demokratische Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger unter dem Deckelmantel der kommunalen Selbstverwaltung geschmälert werden. Ich denke, diesbezüglich gibt es Beratungsbedarf.
Die Änderung des Straßengesetzes ist eine folgerichtige Korrektur aufgrund der sich verändernden Bevölkerungsentwicklung und wird daher auch von unserer Fraktion begrüßt.
Die PDS-Fraktion stimmt einer Überweisung in den Innenausschuss zur federführenden Beratung zu. Wir bitten darum, auch den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr mitberatend hinzuziehen, weil die Frage der Veränderung der Stichtagsregelung geklärt werden muss. Es muss in Bezug auf die Straßenbaulast geprüft werden, ob kurzzeitige Veränderungen möglich sind, und es muss abgewogen werden, was passiert, wenn eine Stadt innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nicht mehr Straßenbaulastträger ist. Was passiert dann mit der Folgeumsetzung dieser Aufgaben? Deswegen auch eine Mitberatung im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Grünert. - Meine Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Wolpert das Wort. Bitte sehr, Herr Wolpert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der in der Drucksache vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet einige aus unserer Sicht wichtige Änderungsvorschläge zum Kommunalrecht im Land Sachsen-Anhalt. Herr Grünert, zumindest bezüglich der Veränderungen bei den Beauftragten werden Sie keinen Anlass zur Kommentierung finden, weil gestrichene Paragrafen keinen Anlass mehr dafür geben.
Aber lassen Sie mich auf die Änderungsvorschläge im Einzelnen eingehen. Hervorgehobene Bedeutung kommt aus der Sicht der FDP-Fraktion der vorgeschlagenen Neueinführung von § 153 Abs. 2 und 3 zu. Demnach sollen die gesetzlich normierten Hinderungsgründe, die es verbieten, bestimmte berufliche Tätigkeiten und kommunale Mandate in Gemeinde- und Ortschaftsräten gleichzeitig auszuüben, ausnahmsweise bis zum Ablauf der
jeweiligen Wahlperiode keine Anwendung finden, soweit der Hinderungsgrund allein infolge einer Gebietsänderung oder aufgrund der Neubildung einer Verwaltungsgemeinschaft oder der Zuordnung zu einer Verwaltungsgemeinschaft nachträglich eingetreten ist. Dieselbe Ausnahme soll für Bürgermeister und Ortsbürgermeister gelten, die nach derzeit geltender Rechtslage an der weiteren Ausübung eines Bürgermeisteramtes gehindert wären.
Meine Damen und Herren! Mit der Schaffung dieser Ausnahmetatbestände soll vermieden werden, dass im Zuge der Umsetzung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften unbillige Härten entstehen. Dies ist aus unserer Sicht sinnvoll und notwendig, zumal es sich um einen begrenzten und überschaubaren Zeitraum handelt, in dem es zu dieser so genannten doppelten Organstellung kommt, die nach der Systematik des Kommunalverfassungsrechtes ansonsten nicht zulässig wäre.
Das Reformvorhaben der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, eine Neuordnung der gemeindlichen Ebene vorzunehmen, soll zum 1. Januar 2005 abgeschlossen sein und wird erhebliche Veränderungen der Strukturen mit sich bringen. Zahlreiche Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder haben diesen Reformprozess konstruktiv begleitet und unterstützt. Diesen sei an dieser Stelle noch einmal mein Dank zugesichert.
Viele dieser Bürgermeister und Mandatsträger würden infolge der geänderten Strukturen ihr demokratisch legitimiertes Amt bzw. ihr Mandat verlieren. Wir unterstützen es, dass nunmehr Ausnahmetatbestände geschaffen werden sollen, die die ehrenamtliche Tätigkeit der Bürgerinnen und Bürger durch die vorübergehende Duldung der doppelten Organstellung stärken und nicht abrupt beenden.
Meine Damen und Herren! Die zweite Änderung betrifft das Behindertengleichstellungsgesetz. Der neue § 7a des Gesetzes soll vorschreiben, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte Halle, Dessau und Magdeburg zum 1. Juni 2005 eine bzw. einen Behindertenbeauftragten bestellen müssen. Diese Regelung ersetzt den bisherigen § 74b der Gemeindeordnung und den § 64 der Landkreisordnung, die ebenfalls eine pflichtige Bestellung kommunaler Behindertenbeauftragter vorgesehen haben.
Im Vergleich zu diesen Regelungen sieht die Neuregelung sogar eine Lockerung vor, weil es durch den Verweis auf die Hauptsatzung nunmehr möglich sein soll, nicht nur hauptamtliche, sondern auch ehrenamtliche Beauftragte einzustellen. Damit wird den Gemeinden Handlungsspielraum gegeben, ohne die Aufgabe tatsächlich zu vernachlässigen. Die praktischen Auswirkungen dieser Regelung werden im parlamentarischen Verfahren eingehend zu prüfen sein - insoweit gebe ich Ihnen, Herr Grünert, Recht.
Meine Damen und Herren! Als dritte und letzte Änderung ist das Straßengesetz zu nennen. Hierbei handelt es sich um eine Angleichung an die tatsächliche Entwicklung, um eine zumutbare Verantwortlichkeit zu erreichen.
Ich beantrage im Namen meiner Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an die Aus