Protocol of the Session on October 14, 2004

Die Änderung des Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz ist erforderlich geworden, weil das Oberverwaltungsgericht zur Abwälzbarkeit der Abwasserabgabe zwei Entscheidungen getroffen hat. Danach darf entgegen der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers nur die Abwasserabgabe von den Kommunen auf die zentrale Schmutzwassergebühr und die Kleineinleiter abgewälzt werden, die tatsächlich an das Land zu bezahlen ist. Die Abwasserabgabe, die aufgrund einer Verrechnung mit Investitionen nicht an das Land zu entrichten ist, darf nicht mehr abgewälzt werden.

Damit geht die Lenkungsfunktion der Abwasserabgabe verloren. Gravierend sind außerdem die wirtschaftlichen Auswirkungen bei der zentralen Entsorgung, da den Kommunen eine Deckungslücke bei der Finanzierung einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung entsteht, wenn sie die Abwasserabgabe mit Investitionen verrechnen. Da noch in erheblichem Umfang Abwasserinvestitionen anstehen, wären die Aufgabenträger ohne eine Gesetzesänderung zukünftig wesentlichen finanziellen Mehrbelastungen ausgesetzt, die nur über höhere Gebühren oder einen höheren Gemeindeanteil aufgefangen werden könnten.

Am Ende der Beratung stellte die Fraktion der PDS im Ausschuss den Antrag, die Beschlussfassung über den Gesetzentwurf zu vertagen. Sie begründete das mit dem Wunsch, sich näher mit dem Änderungsantrag auseinander setzen zu wollen. Diese Vertagung wurde im Ausschuss bei 3 : 10 : 0 Stimmen abgelehnt.

Dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP folgte der Ausschuss mit 10 : 0 : 3 Stimmen. An der Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf nahmen die Vertreter der Fraktion der PDS nicht teil. Der Ausschuss für Umwelt stimmte dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung mit 10 : 0 : 0 Stimmen zu.

Bevor ich das Hohe Haus bitte, sich der Beschlussempfehlung anzuschließen, möchte ich noch auf eine vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlene redaktionelle Korrektur aufmerksam machen und hierfür ebenfalls um Zustimmung bitten. Erstens schlägt der GBD vor, die Abkürzung AG AbwAG in der Überschrift zu streichen, zweitens im einleitenden Text die Fundstellenangabe zu ergänzen und die Änderungshinweise zu aktualisieren. Näheres bitte ich mit Ihrer Erlaubnis schriftlich zu Protokoll geben zu dürfen. - Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Hacke, für die Berichterstattung. - Eine Debatte ist im Ältestenrat nicht vereinbart worden. Wünscht dennoch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall. Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/1819 ein. Ich weise darauf hin, dass die beiden redaktionellen Änderungen, die der Berichterstatter vorgetragen hat, in das Abstimmungsverfahren einfließen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über die selbständigen Bestimmungen. Ich schlage vor, gemäß der Geschäftsordnung ein vereinfachtes Verfahren anzu

wenden. Wer den beiden Paragrafen seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Gesetzesüberschrift. Sie lautet: „Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zum Abwasserabgabengesetz“. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Nun zur Abstimmung über das Gesetz in seiner Gesamtheit. Wer stimmt dem Gesetz zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen worden. Wir verlassen Tagesordnungspunkt 6.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 4/1821

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Oleikiewitz für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das von der Landesregierung eingebrachte und mit den Stimmen der CDU und der FDP verabschiedete Naturschutzgesetz ist noch kein Vierteljahr in Kraft und schon sehen wir die Notwendigkeit, es zu ändern. Worum geht es?

(Minister Herr Becker: In einem Punkt! - Herr Bul- lerjahn, SPD: In einem wichtigen Punkt!)

- In einem Punkt.

(Minister Herr Becker: Ja, in einem sehr wichti- gen!)

Mir geht es vor allem darum, dass an dieser Stelle noch einmal deutlich gemacht wird, dass der hier zur Debatte stehende § 59 aus unserer Sicht bei weitem nicht der einzige Kritikpunkt an diesem Gesetz ist. Das heißt, wir halten das Gesetz nach wie vor nicht für gut, aber wir denken, dass wir in § 59 entsprechende Änderungen vornehmen müssen. Das sage ich, um Missverständnissen vorzubeugen.

Die Landesregierung hat mit der von ihr vorgeschlagenen Neufassung des Naturschutzgesetzes vorrangig das Ziel verfolgt, Bürokratie und vermeintliche Investitionshemmnisse abzubauen. Im Ergebnis müssen wir nur drei Monate nach der Verabschiedung des Gesetzes feststellen, dass sie in diesem Punkt genau das Gegenteil erreicht hat.

Die konkrete Ausgestaltung des Vorkaufsrechts war für uns im Rahmen der parlamentarischen Beratung eigentlich nicht das vordringliche Problem; das gebe ich zu. Sie können es uns aber nur schwerlich verübeln, dass wir, wenn wir uns mit diesem Thema nun intensiver befassen bei einem schlechten Gesetz, in dem der Grundgedanke des Naturschutzes klein geschrieben wird, un

ser Augenmerk nicht vorrangig auf verwaltungstechnische Abläufe lenken. Das müssen schon diejenigen tun, die das Gesetz verfasst haben, vor allen Dingen diejenigen, die das Verwaltungsrecht in Ihrem Ministerium, Frau Wernicke, vertreten.

(Ministerin Frau Wernicke: Das ist aber ein Ar- mutszeugnis, das Sie sich da ausstellen! Das wird ja immer ärmer!)

Wir erwarten schon, dass ein Gesetz, das vorgelegt wird, zumindest in den verwaltungsrechtlichen Fragen sauber ist, sodass die Abgeordneten nicht auch hierbei noch entsprechende Änderungen vornehmen müssen.

Lassen Sie mich zu den Einzelheiten kommen. Was haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, mit dem Naturschutzgesetz beschlossen? - Sie haben beschlossen, dass sämtlicher Grundstücksverkehr in Sachsen-Anhalt hinsichtlich des Vorkaufsrechts für naturschutzrelevante Flächen in einem dreistufigen Verfahren geprüft wird. Das war in dem alten Gesetz nicht so. Dieses war praktikabler und es gab auch keinen Anlass, in Bezug auf diese Praxis Kritik zu üben.

Jetzt müssen die Kaufverträge den Gemeinden zugesandt werden. Die Gemeinde hat also festzustellen, ob ein Vorkaufsrecht vorliegt und, falls ja, ob dieses Vorkaufsrecht auch von ihr wahrgenommen wird. Sie wird dabei auf die Kooperation der unteren Naturschutzbehörde angewiesen sein. Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht und nimmt es nicht wahr, so hat der Landkreis darüber zu entscheiden, ob er als Zweitbegünstigter von diesem Vorkaufsrecht Gebrauch macht. Sollte auch dieser kein Interesse haben, so wird er über das Bestehen des Vorkaufsrechts das Landesverwaltungsamt informieren und auf dieser Ebene wäre dann noch einmal über die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts zu entscheiden.

Ich finde das ziemlich umständlich, die Notarkammer übrigens auch, wie wir in der Zeitung lesen konnten, zumal abzusehen ist, dass das Vorkaufsrecht, wenn überhaupt, überwiegend vom Land wahrgenommen wird. Nicht umsonst ist der Naturschutz Aufgabe der Länder. Das Vorkaufsrecht primär auf die kommunale Ebene zu verlagern, halten wir also für nicht sachgerecht. Das wird auch der übergreifenden Aufgabe des Naturschutzes nicht gerecht.

Viel sinnvoller wäre es aus unserer Sicht hingegen, wenn das Vorkaufsrecht primär vom Land wahrgenommen würde und neben den Gemeinden und Landkreisen auch zugunsten von Anstalten, Stiftungen usw. wahrgenommen werden könnte. Ich denke zum Beispiel an die zukünftige Rechtsform des Nationalparks Harz, den es in bestimmten Fällen auch betreffen könnte.

Bei der derzeitigen Festlegung des Vorkaufsrechts ist ebenfalls kritisch zu bewerten, dass der Kaufvertrag der Gemeinde zugesandt werden soll, das Zertifikat jedoch eine Landesbehörde ausstellen muss. Wir haben also schon mindestens zwei Verwaltungsebenen, die sich unabhängig davon, ob ein Vorkaufsrecht vorliegt oder nicht, mit den Kaufverträgen beschäftigen müssen. Sie werden zugeben, dass diese Regelung dem Abbau von Bürokratie nicht dienlich ist.

Mit der Einführung einer Grundbuchsperre bis zum Vorliegen des Zertifikats haben Sie zudem ein Investitionshemmnis geschaffen, das den Bürger nicht nur Zeit, sondern auch Geld kostet.

Nehmen wir einmal an, eine junge Familie möchte ein Haus kaufen. Bei dem derzeitigen Sicherheitsbedürfnis der Banken können wir wohl davon ausgehen, dass die Freigabe einer Kreditsumme von der Beibringung sämtlicher erforderlicher Unterlagen abhängt, also auch von dem Zertifikat über das Nichtbestehen oder die Nichtausübung des Vorkaufsrechts. Wenn dieses Zertifikat nicht vorliegt, läuft die Familie Gefahr, dass der Kaufpreis nicht überwiesen wird, die Eigentumsübergabe nicht erfolgt und damit alle weiteren Planungen der Familie über den Haufen geworfen werden. Das wollen wir nicht.

(Herr Ruden, CDU: Das ist aber ein großes Grundstück!)

- Dass dieses Beispiel nicht aus der Luft gegriffen ist, haben wir in der „Volksstimme“ lesen können; dort war ein solches Beispiel abgedruckt.

Nun gibt es sicherlich verschiedene Möglichkeiten, diese aufgetretenen Probleme zu lösen. Dabei dürfte feststehen, dass wir um eine Änderung des § 59 wohl nicht herumkommen.

Die Einrichtung eines Registers über naturschutzrelevante Flächen, wie sie zum Beispiel in Brandenburg erfolgt, halte ich für eine vernünftige Lösung. Ich möchte aber davor warnen, diese Sache zu überstürzen. Entgegen der Forderung des Umweltministeriums vertreten wir nicht die Auffassung, dass die Einrichtung eines solchen Naturschutzregisters innerhalb weniger Wochen zu realisieren wäre. Das ist nicht möglich.

(Ministerin Frau Wernicke: Das habe ich gar nicht gesagt!)

Denn ein solches Register ist grundstücksgenau zu führen und das erfordert sicherlich seine Zeit. Außerdem bedarf es natürlich einer permanenten Pflege.

In unserem Gesetzentwurf sind wir aber noch ein Stück weiter gegangen und haben das Vorkaufsrecht für Grundstücke, die im Gebiet eines genehmigten Flächennutzungsplans liegen und als Baugrundstücke ausgewiesen sind, ausgeschlossen; denn schon in diesem Verfahren, das letztlich der Genehmigung bedarf, dürften entsprechende Probleme bereits geklärt worden sein. Wir halten eine solche Lösung für legitim, da anzunehmen ist, dass Flächen, die naturschutzrelevant sind, gar nicht als Baugrundstücke, als Flächen für Bauvorhaben ausgewiesen werden. Dies dürfte dann in der Tat zu einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes führen.

In der Stadt Magdeburg hätte das zum Beispiel zur Folge, dass von den ca. 50 wöchentlich bei der unteren Naturschutzbehörde eingehenden Kaufverträgen wenn überhaupt nur eine Hand voll übrig bleibt.

Der § 59 würde durch unseren Gesetzentwurf nicht unwesentlich an Umfang gewinnen. Dies steht natürlich im Widerspruch zu der angestrebten Gesetzesverschlankung. Wir müssen uns aber die Frage stellen, welche Aussagen notwendig sind, um eine entsprechende Rechtssicherheit zu schaffen. Dabei sind unmissverständliche Aussagen über den Beginn einer Frist oder die konkrete Benennung von Paragrafen mitunter entscheidend. Auch sollte gegebenenfalls eindeutig darauf hingewiesen werden, dass das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn das Grundstück für Naturschutzzwecke benötigt wird. - Ich lasse jetzt einen Teil meiner Rede weg.

Meine Damen und Herren! In einer Pressemitteilung hat Frau Wernicke mit Blick auf § 59 davor gewarnt, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie, Frau Wernicke, uns das Recht absprechen wollen, entsprechende Gesetzentwürfe einzubringen. Das glaube ich nicht.

(Ministerin Frau Wernicke: Das ist aber nett!)

Deswegen werden wir als Fraktion diese Möglichkeit auch weiterhin wahrnehmen.

Ihr Verweis auf die einjährige Dauer der Beratung des Gesetzes im Parlament wirft natürlich die Frage auf: Was hat denn eigentlich das Umweltministerium in dieser Zeit getan, in diesem einen Jahr, in dem das Parlament beraten hat,

(Ministerin Frau Wernicke lacht)

wenn es diese Probleme möglicherweise gesehen hat? - Das Umweltministerium hat nichts getan.

(Herr Kosmehl, FDP: Was hat die Opposition denn gemacht? - Ministerin Frau Wernicke: Ent- weder das Parlament oder das Ministerium!)

Wenn wir die Zeit hinzurechnen, die die Erstellung des Entwurfs des Gesetzes gebraucht hat, dann sind es insgesamt zwei Jahre, in denen schon ein Register für solche naturschutzrelevanten Flächen hätte angelegt werden können.

(Ministerin Frau Wernicke: Ich wusste gar nicht, wie lange der gebraucht hat!)