Das OVG hat nun entschieden, dass das Ausführungsgesetz zum Abwasserabgabengesetz so zu interpretieren ist, dass die Abwasserabgabe nur dann abgewälzt werden darf, wenn der Abwasserbeseitigungspflichtige diese auch tatsächlich an das Land bezahlen muss. Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass das richtig und gerecht ist. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass damit einige Folgewirkungen verbunden sind, die so nicht gewollt sein können und in der Vergangenheit auch nicht gewollt waren.
Die Gemeinden und Abwasserzweckverbände müssen die verrechnete Abwasserabgabe einerseits bilanziell wie Fördermittel behandeln und dürfen sie damit nicht bei der Kalkulation der Entgelte berücksichtigen. Da sie die verrechnete Abwasserabgabe aber nach der Rechtsprechung des OVG auch nicht auf die Bürger abwälzen dürfen, werden diese Mittel tatsächlich nicht erwirtschaftet. Folglich entsteht bei den Aufgabenträgern eine Deckungslücke in gleicher Höhe, die sie nur über Zuschüsse aus ihrem allgemeinen Haushalt oder - bei Zweckverbänden - über Umlagen decken können. Die logische Konsequenz ist, dass die Aufgabenträger unter diesen Bedingungen von den Verrechnungsmöglichkeiten des Abwasserabgabengesetzes keinen Gebrauch mehr machen werden.
Zum einen wird damit der eigentliche Zweck des Abwasserabgabengesetzes ausgehebelt, das Anreize für Investitionen zum Gewässerschutz bieten soll. Zum anderen, was noch wesentlich gravierender ist, werden die
Abwassergebühren in Sachsen-Anhalt steigen, weil der Zuschuss aus der Abwasserabgabe wegfällt und damit der Kreditierungsbedarf ansteigt. Mit anderen Worten bedeutet der Wegfall der Abwälzung ein Investitionshemmnis für die Aufgabenträger.
Zugegeben, das hört sich alles recht kompliziert an und das ist es wohl auch. Deswegen will ich anhand eines einfachen Beispiels die Auswirkungen der Rechtsprechung des OVG erläutern.
Nehmen wir an, eine Gemeinde muss 100 000 € Abwasserabgabe bezahlen und investiert gleichzeitig 100 000 € in die Verbesserung der Kläranlage. Sie kann dann nach bisheriger Praxis die Investitionskosten mit der Abwasserabgabe verrechnen und muss nichts an das Land bezahlen. Bilanziell und abgabenrechtlich muss sie diese verrechnete Abwasserabgabe wie Fördermittel behandeln. Das heißt, sie darf keine Abschreibungen vornehmen, die in die Gebührenkalkulation eingehen. Das hat zur Folge, dass die Verrechnung normalerweise zu einer langfristigen Gebührenreduzierung führt.
In der Konsequenz der Rechtsprechung des OVG und ohne eine Anpassung des Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz wird die Gemeinde zukünftig auf eine Verrechnung verzichten, da sie anderenfalls die Deckungslücke, die aufgrund der Nichtabwälzung der Abwasserabgabe entsteht, aus dem eigenen Haushalt schließen müsste. Die Abwasserabgabe kann und muss in diesem Fall dann auch weiterhin auf die Bürger abgewälzt werden, da sie ja abgeführt werden muss. Außerdem gehen die 100 000 € für die Investition in die Kalkulation ein und führen so zu einer Erhöhung der Gebühren.
Ich hoffe, damit ist klar geworden, dass es zu der Änderung des Ausführungsgesetzes keine Alternative gibt, wenn vermieden werden soll, dass die Abwassergebühren für Bürger, Gewerbe und Industrie wegen der aktuellen Rechtsprechung des OVG steigen.
Die Koalitionsfraktionen legen daher den Gesetzentwurf zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz vor, mit dem die Gebühren erhöhenden Wirkungen vermieden werden können und der es ermöglicht, dass der Vollzug des Gesetzes wie seit 1992 praktiziert erfolgen kann.
Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung zur Überweisung dieses Gesetzentwurfs in den Umweltausschuss. - Danke.
Vielen Dank, Herr Hacke, für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Als Erster erhält für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Oleikiewitz das Wort. Bitte sehr, Herr Oleikiewitz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hacke hat das bereits so ausführlich dargestellt, dass ich dem eigentlich nicht viel hinzuzufügen habe. Deshalb gebe ich meine Rede zu Protokoll. Die SPD-Fraktion wird der Überweisung an den Ausschuss zustimmen. - Vielen Dank.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz soll Abwasserzweckverbänden die Möglichkeit gegeben werden, die Abwasserabgabe auf die Gebühren umzulegen und gleichzeitig mit Investitionen zu verrechnen.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, es handelt sich um eine schleichende Gebührenerhöhung, der hier der Weg geebnet werden soll. Bei genauerer Betrachtung erfüllt sich diese Annahme jedoch nicht. Betriebswirtschaftlich betrachtet, zahlt sich die Erhebung für den Bürger langfristig aus.
Die Möglichkeit der Verrechnung der Abwasserabgabe mit getätigten Investitionen stellt in gewissem Sinne einen investiven Zuschuss für den Verband dar.
Da die Verbände aufgrund des erheblichen Nachholbedarfs in der Regel hohe Verbindlichkeiten haben, werden die erhobenen Gebühren zur Schuldentilgung verwendet, was langfristig zumindest zu einer Gebührenstabilisierung führt.
Insofern ist der Ansatz der Verrechnung der Abwasserabgabe mit Investitionen bei gleichzeitig voller Erhebung vernünftig. Wäre die Erhebung der Gebühren für den Teil der investiv verrechneten Abwasserabgabe nicht möglich, so bestünde vonseiten der Zweckverbände auch kein Anreiz zur Verrechnung. Der Grundgedanke des Systems wäre damit ausgehebelt.
Der von der Koalition vorgelegte Gesetzentwurf ist im Sinne der aktuellen Rechtsprechung als Heilungsgesetz zu verstehen. Aus diesem Grund unterstützen wir eine Beratung in den entsprechenden Ausschüssen
Wir plädieren für eine Überweisung, federführend in den Ausschusses für Umwelt und mitberatend in den Ausschusses für Inneres.
Vielen herzlichen Dank, Herr Oleikiewitz. - Dann erhält für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Herr Kehl das Wort.
- Herr Kehl verzichtet. Dann ist die PDS-Fraktion an der Reihe. Für die PDS-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Grünert das Wort. Bitte sehr, Herr Grünert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen führt in seiner Intention zu einer weiteren Belastung der Bürgerinnen und Bürger - auch wenn Sie das soeben ausgeschlossen haben; ich werde das begründen -, die derzeit nicht an zentrale Abwasseranlagen angeschlossen sind und im Jahresdurchschnitt weniger als 8 m³ Schmutzwasser je Tag in Kleinkläranlagen entsorgen. Nach der bisherigen Rechtsetzung war es den Kommunen lediglich möglich, die für ihre eigenen Einleitungen zu entrichtende und von Wasser- und Bodenverbänden oder Zweckverbänden auf sie umgelegte Abwasserabgabe im Rahmen der Erhebung von Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz auf die Bürger abzuwälzen.
Diese Regelung sollte für die Kommunen bzw. für die durch diese beauftragten und gebildeten Zweckverbände ein Anreiz zur Schaffung angemessener und dem Stand der Technik entsprechender Abwasserbehandlungsanlagen sein, da die Abwasserabgabe - das hatte Herr Hacke schon ausgeführt - mit dieser Investition verrechnet werden konnte.
Die Abwasserabgabe wurde bis zum Jahr 2003 von den Regierungspräsidien festgesetzt. An einer Petition von Betroffenen aus dem Landkreis Mansfelder Land wurde deutlich, dass das zuständige Regierungspräsidium rund fünf Jahre benötigt hatte, um die Abwasserabgabe festzusetzen, was eindeutig gegen das Abwasserabgabengesetz verstieß. Verlierer waren hierbei die Kommunen, da sie aufgrund der nicht zeitnahen Festsetzung Ausfälle durch Wegzüge und Sterbefälle auszugleichen hatten. Aufgrund der finanziellen Situation der Kommunen war es diesen nicht möglich, die Ausfälle zu kompensieren. Dies führte zu einer Unterfinanzierung der jeweiligen Abwasserzweckverbände.
Die Ursache lag also nicht in der fehlenden Lenkungsfunktion gegenüber Kleineinleitern, wie es Ihrer Begründung zu entnehmen ist; sie lag vielmehr im Verwaltungshandeln der übergeordneten Behörde und in der Nichteinstellung der Verbindlichkeiten in die Wirtschaftspläne der Verbände begründet.
Durch die Koalitionsfraktionen wird ausgeführt, dass die Abwälzung auch auf Kleineinleiter auszudehnen ist, da noch Investitionen in erheblichem Umfang in Abwasserbehandlungsanlagen anstehen. Meine Damen und Herren! Genau dies ist der entscheidende Punkt. Trotz der Beschlusslage des Landtages gibt es nach wie vor keine Gleichbehandlung dezentraler und zentraler Abwasserbehandlungsanlagen.
Nach Auffassung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt sollten möglichst große Verbände geschaffen werden. Folglich wird der Schwerpunkt auf die zentralen Anlagen gelegt. Dies führt dazu, dass im Land ohne Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen weiterhin unwirtschaftliche Lösungen genutzt werden.
Erst kürzlich musste ich zur Kenntnis nehmen, dass die Orte Prödel und Dornburg, welche über eine in den Jahren 1994/1995 errichtete Anlage verfügen, die auch entsprechend dem Stand der Technik erbaut worden ist, nunmehr an eine rund 10 km entfernte zentrale Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen werden sollen. Sie können sich ausrechnen, dass auch hier wieder Verbesserungsbeiträge und Anschlussbeiträge zu zahlen sind. Das macht das Ganze nicht besser.
Nicht ökologische, wasserwirtschaftliche oder betriebswirtschaftliche Überlegungen, sondern die Überdimensionierung dieser Anlage sind der Grund für diese Entscheidung. Der Bürger soll das bezahlen. Ich könnte weitere Beispiele dafür nennen, die belegen, dass entgegen wirtschaftlicher Vernunft entschieden worden ist und entschieden wird.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Der Hebel für eine zukunftsfähige und wirtschaftliche Abwasserbehandlung besteht eben nicht in einer Erhöhung der Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger, sondern darin, dass endlich auch bei den Planungs- und Genehmigungsbehörden betriebswirtschaftliche Vernunft einzieht.
Hören Sie endlich auf damit, unwirtschaftliche Anlagen, von denen es im Land viele gibt, durch einen Anschluss- und Benutzungszwang, koste es, was es wolle, wirtschaftlich betreiben zu wollen. Gleichen Sie die jeweiligen Abwasserzielplanungen der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung an und verhindern Sie so unnötige Fehlinvestitionen.
Werte Damen und Herren! Aufgrund des von mir dargelegten Sachverhalts wird die PDS-Fraktion den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung ablehnen. Einer Ausschussüberweisung stimmen wir zu.
Nein, Herr Kehl. - Meine Damen und Herren! Dann erteile ich als letztem Redner dem Abgeordneten Herrn Ruden das Wort. Bitte sehr, Herr Ruden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich die Absicht, meine Rede ebenfalls zu Protokoll zu geben,
aber nachdem Herr Grünert ein Verwirrspiel begonnen hat, habe ich mich entschlossen, doch noch einige Sätze zu sagen.
Es ist eine wirklich nicht einfache Problematik, aber Herr Hacke hat das eigentlich sehr gut begründet, wenn es auch sehr kompliziert ist. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt mit einfacheren Worten könnte.
Ich will kurz auf Herrn Grünert eingehen. Ich glaube, Herr Grünert, es geht nicht darum, dass irgendwelche Zweckverbände und Geschäftsführer eine falsche Geschäftspolitik betreiben, sondern es geht einfach um diesen Mechanismus der Abwasserabgabe. Durch die Verrechnung mit den Investitionskosten und die Abwälzung auf die Abwassergebühr kommt es auf längere Sicht zu einer Entlastung der Bürger. Es hat also, denke ich, gar nichts mit der Geschäftspolitik in dem Sinne zu tun.
Dieser gesetzliche Hebel, der uns aufgrund der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nunmehr fehlt, führt auf längere Sicht tatsächlich zu einer Erhöhung der Abwassergebühren, weil Kredite aufgenommen werden müssen. Die Verrechnung der Abwasserabgabe mit der Gebühr darf nicht zu einem Förderinstrument werden. - Ich will es bei diesen Worten lassen. Ich gebe meine Rede zu Protokoll.
Sie haben schon zu viel ausgeführt. Sie müssen sich entschließen. Entweder geben Sie Ihre Rede sofort zu Protokoll oder Sie halten sie. Aber Sie können Ihre Redezeit nutzen, wenn Sie möchten. - Herr Kehl bietet Ihnen die Möglichkeit, noch ein paar Worte zu sagen, Herr Kehl hätte nämlich eine Frage an Sie.