Zu Ihrem Antrag. Der Antrag der PDS-Fraktion ist sachlich begründet. Aber er enthält in der Sache keine neuen Impulse; denn wird sind uns - das sind wahrscheinlich die 99 % - in der Sache im Wesentlichen einig. Die Rede von Herrn Sachse hat das gezeigt.
Der PDS-Antrag ist aber auch ein typischer Oppositionsantrag, weil die Landesregierung mit der Formulierung „ist einzubeziehen“ per Landtagsbeschluss auf ein Ziel eingeschworen werden soll, das sie zwar in der Positionierung teilt, das sie aber nicht allein aus eigener Kraft erreichen kann.
Ich habe mir gedacht - der Minister hat danach gefragt -, vielleicht haben sich die Genossen in Mitteldeutschland abgestimmt und ähnliche parlamentarische Initiativen in Erfurt und Dresden eingebracht. Wir haben das von unserem Referenten recherchieren lassen und bei unseren Kollegen in den anderen Landtagsfraktionen nachgefragt. Dies ist nicht der Fall.
(Herr Gallert, PDS: Die Thüringer hatten etwas anderes zu tun! - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)
Meine Damen und Herren! Insofern fehlt dem PDS-Antrag aus unserer Sicht die klare Perspektive, langfristig zu einem mitteldeutschen Luftverkehrskonzept zu kommen. Es geht uns - das ist vielleicht auch ein Unterschied zwischen den Fraktionen - im Übrigen nicht darum, den Wettbewerb grundsätzlich auszusetzen; vielmehr geht es uns in erster Linie darum, die vorhandenen Kapazitäten entsprechend auszunutzen. Auch dies hat uns dazu veranlasst, den vorliegenden Änderungsantrag einzubringen.
Ich bitte Sie, unsere Formulierung mitzutragen. Ich würde mich darüber freuen. Das sei zum Abschluss gesagt, weil ich feststelle, dass gerade im Verkehrs- und im Infrastrukturbereich die Zahl der Initiativen steigt, die im
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schröder. - Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, Sie haben noch einmal die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. - Sie verzichten.
Dann können wir in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 4/1622 eintreten. Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, Sie haben eine Überweisung in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr beantragt. Damit wäre der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP ebenfalls überwiesen.
Wer einer Überweisung des Antrags der Fraktion der PDS in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung. Damit ist die Überweisung des Antrags der PDS-Fraktion mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 4/1656 ab. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Bei der PDS-Fraktion. Damit ist dieser Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mehrheitlich angenommen worden.
Wir stimmen über den Antrag der PDS-Fraktion in der durch den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP geänderten Fassung ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Bei der PDS-Fraktion. Damit ist dieser Antrag in der geänderten Fassung mehrheitlich angenommen worden. Wir schließen die Behandlung des Tagesordnungspunkts 17 ab.
Meine Damen und Herren! Wir treten in die Beratung über den für heute letzten Tagesordnungspunkt 18 ein:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich rief eine sehr agile Frau im Rollstuhl aus Wernigerode an und hat um Hilfe gebeten. Sie hat in der Presse gelesen, dass ich mich des The
mas „Barrierefreies Reisen“ annehmen will. Sie würde gern einmal in Sachsen-Anhalt Urlaub machen. Bis jetzt sei sie immer nur nach Niedersachsen gefahren, da sie dort Angebote kenne. Auch ihre Kinder hätten bereits erfolglos recherchiert.
Nun könnte man denken, in der Zeit des Internets als zweitgrößter Informationsquelle wäre es eine Leichtigkeit, ein Angebot aus dem Netz zu ziehen. Doch weit gefehlt. Versuchen Sie es! Sie werden die gleiche Erfahrung machen wie ich. Es gibt keine zielgerichteten Hinweise über die Landesmarketinggesellschaft. Unter dem Landesportal Sachsen-Anhalts ist zu lesen: Pauschalangebote für Behinderte in Sachsen und SachsenAnhalt. Klickt man es an, findet man eine leere Seite - obwohl von uns vor einem Jahr in diesem Zusammenhang schon einmal ein Antrag gestellt worden ist.
In Bezug auf Brandenburg erzielt man hingegen auf Anhieb 37 Treffer. Das Land Brandenburg hat auch einen hohen Zuwachs bei der Zahl von Übernachtungen, was nicht nur auf die Angebote im Bereich des Reisens von Menschen mit Handicap zurückzuführen ist.
Aus dem Vorgefundenen ergibt sich für mich die Frage: Ist der soziale Aspekt, Menschen, die anders sind, zu integrieren, noch nicht genügend im Bewusstsein der zuständigen Anbieter verankert? Das gilt für den kulturellen Bereich, für den Freizeitbereich, aber auch für die Anreise. Oder sind es einfach Unwissenheit und Gleichgültigkeit? Warum erkennen zuständige Stellen nicht das wirtschaftliche Potenzial, das dahinter steckt? Hierbei darf man nicht nur die im Land Sachsen-Anhalt lebenden 260 000 Behinderten sehen, sondern muss den Anteil der Behinderten in der gesamten Republik betrachten.
Bundesweit sind 20 000 behinderte Menschen befragt worden. Während drei Viertel der deutschen Bevölkerung gern reisen, reist etwa nur die Hälfte der mobilitätseingeschränkten Menschen. Das liegt weniger am knappen Geldbeutel als an den mangelnden Möglichkeiten und Zugänglichkeiten. Viele der Befragten wären sogar bereit, mehr Geld auszugeben, wenn es mehr und bessere barrierefreie Angebote gäbe.
Bei der Schaffung von Angeboten in größerem Umfang können wir mit erheblichen wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Impulsen für die Tourismuswirtschaft und auch für die gesamte Wirtschaft rechnen. Schon jetzt liegt der aus den Reisen von behinderten Menschen resultierende jährliche Nettoumsatz bei rund 2,5 Milliarden €. Das entspricht ca. 65 000 Arbeitsplätzen. Die Ausgaben der Begleitpersonen und auch die Tages-, die Geschäfts- und die zahlreichen Kurzreisen sind dabei noch nicht eingerechnet.
Modellrechnungen auf Bundesebene gehen davon aus, dass sich langfristig ein Plus von 4,825 Milliarden € ergeben sowie weitere 99 000 Vollzeitarbeitsplätze entstehen könnten, wenn ein völlig barrierefreies Reisen gewährleistet würde. Sicherlich ist das illusionär. Aber schon die Hälfte davon wäre ein guter Zuwachs. Es geht um ein Marktsegment der Zukunft. Der Wettbewerb in der Tourismusbranche ist härter geworden. Deshalb ist es wichtig, neue Zielgruppen zu erschließen.
Wir sollten das Reisepotenzial mobilitätseingeschränkter Menschen nicht verkennen. Es ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Infolge des wachsenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung wird er noch weiter, auf 30 %, anwachsen.
Meine Damen und Herren! Am 24. Mai 2004 führte ich eine Anhörung von Betroffenen, Behindertenverbänden, Selbsthilfegruppen und Touristikern in Alexisbad durch. Es war schon ein Problem, einen geeigneten Raum dafür zu finden. Hartmut Smikac vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter brachte es auf den Punkt, er sagte - ich zitiere -:
„Mit den Ergebnissen zur Thematik barrierefreies Reisen kann man in Sachsen-Anhalt nicht zufrieden sein. Barrierefreie Serviceketten von der Anreise über Erlebnisräume bis zur Abreise wurden hier nicht aufgebaut. Andere Bundesländer sind uns fünf Jahre voraus. Insbesondere Brandenburg ist hier politisch klarer. Bei uns fehlt die regionale Erfassung der Angebote und Koordination. Skandinavien und Holland haben einen guten Ruf für Behinderte.“
Werte Abgeordnete! Wir fangen ja nicht bei null an. Bereits unter der SPD-Landesregierung wurden der Auftrag für die Erstellung der Broschüre „Tourismus für alle“ ausgelöst sowie ein entsprechender Beirat bei der Landesmarketinggesellschaft berufen. Die Firma Reppel und Partner wurde mit der Erfassung der barrierefreien Unterkünfte beauftragt. Aber nach dieser Erfassung in 16 Übernachtungsmöglichkeiten in Sachsen-Anhalt muss man sagen: Still ruht der See. Freizeitangebote wurden nicht geprüft; die Herausgabe des angekündigten Museumsführers scheiterte an der zu späten Auszahlung der Fördermittel. Inzwischen mangelt es dem Museumsverband auch an Personal.
Der Beirat bei der LMG hat das letzte Mal vor einem dreiviertel Jahr getagt. Es scheint mir, die Landesregierung bzw. die LMG hat das Thema aus den Augen verloren. Durch meine Aktivitäten ist man munter geworden und hat den Beirat für Ende Juni einberufen. Dann soll die Anhörung, die ich organisiert habe, ausgewertet werden. Das freut mich sehr.
Die Neuwerbung von Kunden ist keine 0-8-15-Aufgabe, sondern sie ist ein komplizierter und langwieriger Prozess. In meiner Fraktion ist der Eindruck entstanden, dass vieles angefangen, aber nicht kontinuierlich fortgesetzt wird.
Gesetzliche Rahmenbedingungen sind gegeben. So hat Sachsen-Anhalt als zweites Bundesland bereits im Jahr 2001 das Gesetz zur Gleichstellung Behinderter und Nichtbehinderter beschlossen.
Staatssekretär Maas führte im Wirtschaftsausschuss aus, an die Ausreichung von GA- und EFRE-Mitteln werde zukünftig trotz des schon vorhandenen Baurechts die Bedingung geknüpft sein, dass bauliche Anlagen und Einrichtungen, die öffentlich zugänglich seien, so errichtet und instand gehalten würden, dass sie von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kinderwagen barrierefrei erreicht werden könnten. Die Einhaltung dieser Fördervorgabe müsse vom Träger der Baumaßnahme - so Maas - kontrolliert und von der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde bestätigt werden. Das dafür erforderliche Verfahren sei bereits auf der Arbeitsebene mit dem Innenministerium abgestimmt. - Also ein doppelter Hinweis, da diese schwierige Problematik nicht genug unterstützt werden kann. Das war im Dezember 2001, noch zu unserer Regierungszeit.
Die jetzige Landesregierung hat dagegen mit dem Zweiten Investitionserleichterungsgesetz beschlossen, dass
in § 57 der Bauordnung - Barrierefreies Bauen - Nr. 3 zu streichen ist. In der Erläuterung heißt es, dass die Neuregelung sachgerecht ist, da die Erteilung der gaststättenrechtlichen Erlaubnis von einer barrierefreien Errichtung abhängig ist. So ist das Bauordnungsamt des Landkreises für die Kontrolle der Barrierefreiheit in Gaststätten nicht mehr zuständig. Die von mir befragten zuständigen Ordnungsämter wussten nichts darüber. Sie sehen sich auch nicht als Fachleute an und bezeichnen den Landtagsbeschluss als praxisfremd.
Ich will ein Beispiel dafür anführen, wie es vor Ort aussieht. Das Kurzentrum von Bad Suderode wurde im Jahr 1993 barrierefrei gebaut. Jetzt ist der Sauna- und Badebereich mit Fördermitteln erweitert worden, doch ein behindertengerechter Ausbau, wie im Baugesetz vorgesehen, wurde nicht vorgenommen. Meine Frage ist: Wie wird so etwas gehandhabt? Was schlussfolgern Sie daraus?
Allgemein kann festgestellt werden, dass auf allen Stufen der touristischen Serviceketten baulich-technische Barrieren auftreten. So weigern sich Blindenhunde in Quedlinburg vor dem Aussteigen aus dem Zug, weil sie so trainiert sind, dass sie ihre Schützlinge vor großen Höhen warnen. Dort muss eine Höhe von mehr als 50 cm überwunden werden. Da der Bahnhof nach Aussage von Dr. Daehre bzw. der DB AG bis zum Jahr 2005 umgebaut wird, erwarten alle vor Ort und vor allem die Betroffenen eine Änderung.
Werte Abgeordnete! Die Politik allein wird die volle Integration der Menschen mit Behinderung nicht leisten können. Hierbei ist das Engagement aller gefragt. Der Tourismus hat dabei eine besondere Verpflichtung, weil seine Produkte dem Wohlbefinden und der Erholung der Menschen dienen. Es geht nicht darum, große Summen in den Haushaltsplan einzustellen. Es geht darum, Potenziale besser auszuschöpfen.
Punktuell gibt es in Sachsen-Anhalt sehr viele gute Ansätze: In Anhalt-Wittenberg wird eine entsprechende Datenbank aufgebaut. In der Dübener Heide sollen Wanderwege für mobilitätseingeschränkte Besucher erfasst und entsprechend gekennzeichnet werden. Im Landkreis Bitterfeld soll eine touristische Konzeption am behindertenpolitischen Runden Tisch beraten werden. Beispielgebend ist auch die Altmark, da man dort auch den Freizeitbereich erfasst hat. In Quedlinburg wurde vor kurzem das Netzwerk barrierefreier Tourismus gegründet. So gibt es vielfältige spontane, unkoordinierte Aktionen. All das muss in den Regionalverbänden zusammengeführt und gemeinsam mit den Behindertenverbänden aufbereitet werden.
Es ist zu prüfen, in welche vom Land geförderten Tourismusprojekte sich Behinderte integrieren lassen. Mir fallen spontan mehrere ein. So war ich gestern zur Grundsteinlegung der Vitalterassen in Alexisbad. Sie würden hervorragend in das vom Wirtschaftsministerium geforderte Projekt Selketal passen mit der Zielstellung, entsprechende Pauschalangebote zu entwickeln. Auch das vom Land geförderte Projekt des Heilbäder- und Kurorteverbandes eignet sich dafür, Touristen mit Behinderung anzulocken. Darüber hinaus ist zu prüfen, inwieweit
Werte Abgeordnete! Zum Abschluss möchte ich auf eine Position hinweisen, die von einer Studentin erarbeitet worden ist. Melanie Krüger, eine Studentin der Hochschule Harz, hat eine Analyse der gesamten Angebotsstruktur am Beispiel der Drei-Länder-Region Harz mit daraus resultierenden Handlungsempfehlungen erarbeitet. Darauf kann aufgebaut werden.
Sie kommt zu zwei Erkenntnissen: Erstens gibt es relativ wenige zielgruppenspezifische Angebote im touristischen Bereich, wenn man das Volumen der Zielgruppe zum Vergleich heranzieht. Zweitens werden die wenigen Angebot relativ defensiv beworben und haben einen geringen Bekanntheitsgrad.
Beide Punkte sind eng miteinander verbunden. Zum einen würde sich durch eine gezielte Werbung und gut organisierten Vertrieb der Absatz erhöhen lassen; zum anderen ermöglicht ein verstärkter Absatz in der Folge auch eine Erweiterung der Angebote und Investitionen in neue Produkte.
Im Masterplan 2008 der Landesregierung für den Tourismus ist zum Thema Barrierefreiheit zu lesen: Sachsen-Anhalt sollte eine Vorreiterrolle in diesem Segment übernehmen und die Umsetzung der betreffenden Aktivitäten deutlich stärker in den Mittelpunkt stellen.