- Mit Herrn Scharf klappt das noch nicht so wie vielleicht mit Herrn Gallert. - Ich denke, wenn man sich die Haushaltseckwerte der letzten Jahre anschaut, dann stellt man fest, dass es bestimmte Bewegungen gibt.
Ich nehme den Zeitraum 1990 bis 1994. Da gab es den Fonds Deutsche Einheit. Ich kriege zwar immer vorgehalten, auch vom Ministerpräsidenten, das dürfte man zum Beispiel bei der Betrachtung der Nettoneuverschuldung nicht mit heranziehen. Nur, im Ländervergleich gibt es das im Zeitraum 1990 bis 1994. Bereits damals schon hat unsere Regierung trotz gleicher Bedingungen die höchste Verschuldung zugelassen.
- Herr Böhmer, wir wissen doch beide, wo die rote Laterne dann landete. Da gab es den Zeitraum 1994 bis 1998. Dann sackten die Steuereinnahmen einmal kurz weg. Dann haben sie kurz verharrt. Bei Summen von 4,7 und 4,6 Milliarden € rede ich von ein und demselben Niveau. Dann - das habe ich immer zugegeben; im Gegensatz zu Herrn Paqué kann ich auch Dinge zugeben, bei denen es andere schwer haben - sind Ihnen im Jahr 2002 und uns schon bei der Aufstellung in der Wahlkampfzeit, als man vielleicht daran dachte, für das eine oder andere, was sich aber letztendlich erledigt hatte, nachdem Steuerschätzungen vorlagen, die Steuereinnahmen richtig weggesackt. Seitdem verharren sie auf einem niedrigen Niveau, nämlich bei etwa 4,3 Milliarden €.
Nun frage ich Sie: Was ist politisch sinnvoller? - Einer Steuerschätzung nachzujagen, bei der mir eine Arbeitsgruppe mit sicherlich vielen honorigen Leuten in jedem Jahr vorgaukelt, ich hätte ein Wachstum von 300 bis 400 Millionen €, und wenn ich das einstelle, dann merke ich, dass ich mir das Problem für das nächste Jahr schon selbst hineingelegt habe?
Oder aber ich sage praktischerweise: Ich lege die gleiche Einnahmekalkulation wieder an. Wenn es denn besser käme, hilft es mir sogar. Wenn es schlechter wird, ist der Weg, um dahin zu kommen, nicht so weit.
- Herr Böhmer, das habe ich im vorigen Jahr schon gesagt. Das stand sogar in der Zeitung. Es gab einen großen Artikel in der „Volksstimme“ über Herrn Paqué und mich. Darin waren die Zahlen übereinander gelegt worden sind, weil auch wir das Problem hatten, innerhalb der fünfjährigen mittelfristigen Finanzplanung manchmal Steuereinnahmen in Höhe von 800 Millionen € bis zu 1 Milliarde € nicht zu haben.
Während der dazu geführten Debatte habe ich öffentlich gesagt: Es wäre sinnvoller - wir würden das unterstützen -, wenn der Finanzminister die gleichen Steuereinnahmen veranschlagt, die er in diesem Jahr oder im Jahr davor bekommen hat. Das ist nachlesbar. Deswegen ist das nichts Neues. Sie würden sich wahrscheinlich selbst einen großen Gefallen tun; denn ich habe beim letzten Mal die Eckwerte des Doppelhaushaltes 2005/2006 hochgerechnet.
Sie wollen doch die Nettoneuverschuldung irgendwann in dem Zeitraum der Wahlperiode, der Ihnen noch zur Verfügung steht, in den Bereich von null bringen. Das ist
dann Ihr letzter Haushalt. Also werden Sie eine Konsolidierungsmasse in einer Größenordnung von mindestens 400 bis 500 Millionen € in den Doppelhaushalt bringen müssen, um überhaupt Bewegung in dieses Thema bringen zu können.
Sie werden noch bestimmte andere Defizite ausgleichen müssen. Sie werden die Personalkosten nicht erhöhen müssen, weil sie infolge des Lehrertarifvertrags und anderer Puffer - diese sind in der mittelfristigen Finanzplanung nämlich drin - etwas Entlastung bekommen.
Aber Sie werden trotzdem sicherlich ein Konsolidierungsvolumen zwischen 800 Millionen € und 1 Milliarde € haben. Dann werden Sie mit der gleichen Überlegung, die Sie jetzt angestellt haben, jämmerlich auf die Nase fallen. Davon bin ich fest überzeugt. Auch bei dem Punkt - mir wird manchmal der Vorwurf gemacht, ich sei zu sehr Orakel oder zu sehr Fatalist, nachdem Herr Paqué mir vor Monaten gesagt hat, Ihre Steuerschätzung; übrigens war das gerade der Punkt, an dem Sie sagten, Herr Bullerjahn, woher nehmen Sie eigentlich die Erkenntnis, dass die Steuern nicht besser hereinkommen können, Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern, diese Diskussion ist wenige Monate alt - habe ich Recht behalten. Ich freue mich deshalb auf die Diskussion über den Doppelhaushalt. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Bullerjahn. - Nun erteile ich dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion Herrn Lukowitz das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss ähnlich wie mein Kollege Bullerjahn improvisieren, der durch den bisherigen Verlauf der Debatte, glaube ich, ziemlich seinen roten Faden verloren hat. Ich muss außerdem schultern, dass die Fachpolitiker von allen Fraktionen gesprochen haben und ich meine liebe Kollegin Hüskens vertreten muss. Deswegen kann ich die Zahlen, die Herr Gallert aus dem Kopf wunderbar zusammengestellt hat, nicht ganz nachvollziehen. Herr Gallert, ich denke aber - -
Sehr verehrte Damen und Herren! Ich bin der letzte Redner. Ich möchte nur relativ wenige Bemerkungen machen, um bestimmte Tendenzen aufzuzeigen und um vielleicht auf dieses und jenes einzugehen, was uns die Debatte gebracht hat.
Ich sage anfangs, dass die FDP-Fraktion keinen Zweifel daran lässt, dass die notwendig gewordene Neuverschuldung in Höhe von 368 Millionen € im Nachtragshaushalt auch uns nicht erfreut.
Ich sage auch dazu, weil Herr Bullerjahn das dem Finanzminister vorgeworfen hat: Ich denke, wir sind nicht ganz schuldfrei; denn nichts passiert auf dieser Welt, ohne dass man eine Mitschuld oder einen Miterfolg bei positiven Dingen hat. Das sollte man voraussetzen. Man muss das aber sicherlich prüfen und Herr Tullner hat das angekündigt. Wir werden das vernünftig begleiten.
Aber es gibt zwei Dinge, auf die ich aufmerksam machen möchte und die ich noch einmal untersetzen möchte. Herr Gallert gestattet vielleicht auch, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Sie kennen es vielleicht besser als ich. Nehmen Sie mir es nicht übel, wenn ich die Zahlen jetzt nicht richtig zusammenbringe.
Das Erste ist, dass wir tatsächlich ein bundespolitisches Problem haben. Ich will nicht im Einzelnen wiederholen, was auch der Volkswirt Paqué hier vorgetragen hat. Das ist alles richtig. Wir müssen auch ganz klar sagen, dass das keine Lex Sachsen-Anhalt ist, sondern dass sich die Situation quer über alle Bundesländer - ob ostdeutsch oder westdeutsch - ähnlich gestaltet. Es haben eben schon - wie ausgeführt worden ist - im Jahr 2003 acht Länder eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts geltend gemacht. Bei weiteren vier lag das Ist über der verfassungsrechtlichen Regelgrenze. Das sind also im Jahr 2003 insgesamt zwölf von 16 Ländern. Das ist nicht von der Hand zu weisen; das sind klare Tatsachen.
Zum Zweiten, lieber Herr Gallert, sind Sie, wenn ich mich richtig erinnere - ich habe die vergangene Zeit auch so ein klein wenig im Blick -, bis 1998 zurückgegangen. Lassen Sie uns einmal drei Jahre weiter zurückgehen. 1995 nämlich sind die neuen Länder in den gesamtdeutschen Länderfinanzausgleich einbezogen worden. Das waren die finanzpolitisch fetten Jahre. Ich muss Sie jetzt natürlich fragen, was Sie mit dem Geld gemacht haben, wo die Arbeitsplätze sind, wo die Menschen sind, die damals aus Sachsen-Anhalt abgewandert sind.
Ich rede von rund 900 Millionen DM, die 1995 zusätzlich in die Landeskassen gespült worden sind. 900 Millionen DM, das sind 450 Millionen €, also fast eine halbe Milliarde Euro. Da muss man sich schon fragen, was damit geschehen ist. Es gab eine Richtlinie des Bundes, nach der die Mittel entweder zur Verringerung der Staatsschulden oder zur Erhöhung der Investitionsquote eingesetzt werden sollten.
Beides ist nicht geschehen, lieber Herr Gallert. Sie haben damals von den 900 Millionen DM nur 100 Millionen DM zur Verringerung der Schulden eingesetzt. Im gleichen Jahr sank die Investitionsquote, wenn ich mich recht erinnere, um mindestens 0,5 %. Das muss man der Ehrlichkeit halber auch einmal sagen, wenn man uns vorwirft, was wir in zwei Jahren alles nicht erreicht hätten. Das wollte ich hier noch einmal sehr klar und deutlich sagen.
Ich wünschte mir, wir hätten die halbe Milliarde Euro von damals jetzt zur Verfügung. Dann könnten wir sicherlich ein schöneres Bild von Sachsen-Anhalt malen.
Dann möchte ich mich bei meinem Kollegen Polte - er ist gerade nicht im Saal - für seine gestrige sehr impulsive Rede bedanken. Er hat gesagt, es sollte endlich das Rollenspiel aufgegeben werden, dass die einen immer draufhauen und die anderen sagen, sie seien toll; das sei nicht so besonders. Ich muss sagen: Das hält
alles nur wenige Stunden. Was gestern wahr ist, ist heute schon nicht mehr wahr. Das finde ich schon bedauerlich.
- Herr Püchel, ich möchte jetzt viele positive Dinge sagen, die Sie in der letzten Zeit irgendwo zum Ausdruck gebracht haben; denn ich finde das vernünftig.
Ich möchte auch noch einmal auf das Prognosepapier von Herrn Bullerjahn eingehen, in dem viele Wahrheiten aufgeschrieben sind. Man muss sehen, wie man das Thema dann miteinander weiter bewältigt.
Sie, lieber Herr Püchel, haben im Rahmen der Halbzeitbilanz, die noch nicht so weit zurückliegt - das war in den letzten Tagen ein großes politisches Thema -, zum Beispiel gegenüber der „Volksstimme“ geäußert, eine SPDRegierung hätte auch Schwierigkeiten gehabt. Es gibt noch ein zweites Zitat, das ich jetzt nicht so schnell finden kann. Aber es geht in etwa in die gleiche Richtung, nämlich dass die SPD die gleichen Schwierigkeiten gehabt hätte wie diese Landesregierung.
Lieber Herr Bullerjahn, stehen Sie doch zu dem, was Ihr Fraktionschef gesagt hat. Sie müssen nicht unbedingt immer unterschiedlicher Meinung sein, sondern Sie können doch auch einmal seine Meinung vertreten.
Es kann doch niemand bestreiten, lieber Herr Bullerjahn, dass es, wenn - wie der Finanzminister es dargestellt hat - die Ausgaben mit diesem Nachtragshaushalt um 3 % gesenkt werden, eine positive Entwicklung ist. Warum können Sie denn zu dieser positiver Entwicklung nicht auch stehen?
Eine Einsparung bei den Ausgaben in Höhe von 3 % ist eine Menge Geld. Dass wir nicht anders können, als die Neuverschuldung zu erhöhen, weil die Einnahmen so extrem weggebrochen sind, ist doch eine objektive Tatsache. Ich habe kein Verständnis dafür, dass Sie - auch entgegen Ihren Schriften, die Sie dankenswerterweise der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt haben - einfach nicht dazu stehen.
Ich habe in Ihren Schriften, lieber Herr Bullerjahn, einige schöne Dinge nachgelesen, die ich sehr unterstützen möchte - ich möchte zitieren -: Es sei nahezu aussichtslos, dass Sachsen-Anhalt nach dem Abschmelzen der Sonderförderung über ausreichend eigene Einnahmen verfüge. Oder: Auch dem Sparen seien Grenzen gesetzt, wenn die Funktionen eines Landes noch erfüllt werden sollten.
Oder: Sachsen-Anhalt sei von den allgemeinen Strukturproblemen Deutschlands eingeholt worden. Das ist doch eine kernige Aussage. Darum kann man doch heute nicht einfach herumgehen und sagen: Mensch, Fi
Dann haben Sie auch noch gesagt, lieber Herr Bullerjahn, seine Annahme der insbesondere durch den Bund zu verantwortenden rückläufigen Einnahmesituation des Landeshaushalts sei wahrlich nicht von der Hand zu weisen.
Ich möchte auch Sie noch einmal zitieren, Herr Gallert; ich habe das schon einmal getan. Vielleicht bereuen Sie ja die Aussage, die Sie am 19. Juli 2003 gemacht haben. Da haben Sie nämlich gegenüber der „Volksstimme“ gesagt - ich zitiere wieder -, dass es fast unmöglich sei, den Landeshaushalt zu konsolidieren, weil die permanenten Geschenke des Bundes immer wieder Löcher im Lande aufrissen.