Protocol of the Session on June 21, 2002

Herr Dr. Rehberger, Herr Abgeordneter Metke hätte eine Zwischenfrage. Wären Sie bereit, auch diese zu beantworten?

Aber selbstverständlich.

Bitte sehr.

Herr Minister, ich habe sehr interessiert Ihren Ausführungen zu den anderen Landesgesetzen gelauscht. Ich habe auch Ihre Auffassung zur Kenntnis genommen, dass Sie diese für verfassungswidrig halten.

Nun hat auch der Sächsische Landtag ein Gesetz zur Vergabe öffentlicher Aufträge beschlossen. Halten Sie auch dieses Gesetz für verfassungswidrig? Das ist meine Frage.

Ich kenne dieses Gesetz offen gestanden nicht.

(Herr Metke, SPD: Bedauerlich!)

Wenn es aber im Wesentlichen mit den Gesetzen von Berlin, Bayern, Sachsen-Anhalt und anderen identisch sein sollte, dann wird es natürlich in gleicher Weise ein Gesetz sein, das gegen die Bundesverfassung verstößt. Ich bin ganz sicher, dass das Bundesverfassungsgericht dies in absehbarer Zukunft abschließend feststellen wird, mit der Folge, dass alle Gesetze von Anfang an ungültig waren, und mit der weiteren Folge, dass es daraus Komplikationen geben kann.

Komplikationen, die hier im Land von Anfang an bestanden, weil nämlich die Aufträge - das muss man sich einmal vorstellen; Herr Gürth hat vorhin darauf hingewiesen -, die das Land für den Bund vergibt, diesem Gesetz nicht unterworfen waren. Das heißt, wenn das Landesstraßenbauamt Aufträge für Bundesstraßen ausgegeben

hat, dann musste es dieses Gesetz nicht beachten, meine Damen und Herren - eine abenteuerliche Situation, zumal wenn ich die politische Identität der amtierenden Bundesregierung und der damaligen Landesregierung bedenke.

Im Übrigen hat dieses Gesetz natürlich eine Fülle weiterer Komplikationen mit sich gebracht. Herr Dr. Schrader hat eben darauf hingewiesen.

Es ist doch interessant, dass der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg, ein Sozialdemokrat, vor etwa drei Wochen einen Hilferuf an mich gerichtet hat.

(Widerspruch bei der SPD - Minister Herr Dr. Daehre: An mich auch!)

- Den können Sie gern haben. Ich werde Ihnen den Brief gern zur Verfügung stellen. Er umfasst mehrere Seiten.

In diesem Hilferuf heißt es, dass ein wichtiges Projekt der Landeshauptstadt, nämlich eine Brücke über die Elbe, dadurch blockiert sei, dass das Oberlandesgericht in Naumburg die Auffassung vertrete, dass das Vergabegesetz von Sachsen-Anhalt gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoße, und deswegen die Absicht habe, den ganzen Fall, bevor er abschließend entschieden werde, dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Wenn dies geschehen wäre, meine Damen und Herren, hätte man Jahre warten müssen, bis das geklärt worden wäre. Ich sage Ihnen, die Tatsache, dass man sich verglichen hat, um diesen Schaden von der Landeshauptstadt abzuwenden, zeigt auch, dass man in diesem Land bei diesem Vergabegesetz überhaupt nur noch vorankommt, wenn man es nicht beachtet. Das sollte eigentlich für alle hier eine Veranlassung sein, ein solches Gesetz abzuschaffen.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Lassen Sie mich jetzt nicht im Einzelnen auf das eingehen, was das ISW ausgeführt hat, weil erstens hierzu schon einige Ausführungen gemacht worden sind und weil zweitens insbesondere auch klar geworden ist, dass die eigentlichen Fehlentwicklungen im Bereich der Bauwirtschaft durch noch so viele Gesetze nicht behoben werden können. Das zentrale Problem unserer Bauwirtschaft ist, dass es zu wenige Aufträge gibt.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank - Zustimmung bei der PDS)

Wenn wir nicht versuchen, dieses Problem in den Griff zu bekommen - abschaffen werden wir es hier nicht können -, wird der Kampf der Unternehmen untereinander und das Problem der Schwarzarbeit und der Dumpinglöhne aus dieser Republik nicht verschwinden.

Deswegen sage ich: Was wir im Land wirklich brauchen, ist eine Politik, die für mehr Investitionen und für mehr Baumaßnahmen sorgt, und eine Politik, die insbesondere einvernehmlich mit dem Bund dafür sorgt, dass bestimmte wichtige Verkehrsprojekte und andere Dinge, die im Rahmen des Solidarpakts II vorgesehen sind, so rasch wie möglich und schneller als ursprünglich geplant realisiert werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann werden wir über vieles hier nicht mehr zu diskutieren haben, was im Zusammenhang mit dem Vergabegesetz an Hintergrundproblematik zu sehen ist.

Einige wenige Bemerkungen zum Denkmalschutz. Ich habe darauf hingewiesen, dass ich den Denkmalschutz als ein hohes Gut erachte. Aber, meine Damen und Herren, es gibt viele Aspekte, die man auf dieser Welt bedenken muss, wenn man einen Sachverhalt vernünftig regeln möchte.

Es ist nach meinem Dafürhalten eine sinnvolle Sache, dass man Aufgaben, die auf kommunaler Ebene gelöst werden können, auch dorthin verlagert.

(Zustimmung von Herrn Kolze, CDU)

Deswegen halte ich es im Sinne eines Teils einer Funktionalreform für richtig, dass man auch im Denkmalschutzbereich der kommunalen Ebene mehr Entscheidungsbefugnis gibt.

Die Bürgermeister, die ich in diesem Land erlebe, und die Landräte sagen mir, dass sie in wichtigen Dingen durch das bisherige Gesetz sehr stark beeinträchtigt sind. Deswegen bin ich der Meinung, lassen wir doch denen, die es vor Ort besser beurteilen können, mehr Spielraum als bisher. Ich bin der Meinung, dass wir dieses Land reformieren müssen, nicht zuletzt in dem Sinne, dass es auf der kommunalen Ebene mehr zu verantworten geben muss. Dann müssen wir aber auch die einschlägigen Gesetze entsprechend ändern, ansonsten bringt das alles nichts.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt nachhaltig den Entwurf dieses ersten Investitionserleichterungsgesetzes. Es ist ein erster Schritt, ein Signal. Wirtschaftspolitik und Politik überhaupt besteht auch aus Signalen. Auch die Psychologie hat ihr Recht.

(Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

Ich meine, mit diesem Gesetz wird der Landtag ein erstes Signal setzen, dass es in diesem Lande ein bessere Politik für Investitionen und für Wirtschaftswachstum gibt - genau das, was wir brauchen, wenn wir mehr Arbeitsplätze haben wollen.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Herr Minister, sind Sie bereit, drei Anfragen zu beantworten? Zunächst die Anfrage des Abgeordneten Herrn Tögel.

Gerne.

Herr Rehberger, die Tariftreuegesetze auf Bundes- und auf Landesebene haben unter anderem auch zum Ziel, die sachsen-anhaltischen Bauarbeiter vor Dumpinglöhnen aus Osteuropa zu schützen. Es gibt viele Beispiele, in denen osteuropäische Firmen auf sachsenanhaltischen Baustellen arbeiten, die sich nicht an die entsprechenden Löhne halten.

Welche Mittel schlagen Sie vor, um die einheimischen Bauarbeiter vor diesen Dumpinglöhnen zu schützen?

Wenn wir das Thema EU-Erweiterung oder Eindringen von osteuropäischen Firmen in den deutschen Markt - das ist grundsätzlich erlaubt - vernünftig ausgestalten wollen, dann können wir das selbstverständlich nur durch ein Bundesgesetz machen. Allerdings nicht durch das Gesetz, das jetzt von der Bundesregierung vorgelegt worden ist; denn dieses Gesetz ist mit Sicherheit ein Arbeitsplatzvernichtungsgesetz für die ostdeutsche Bauwirtschaft. Wir wären schlecht damit beraten gewesen, einem solchen Gesetz zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von Minister Herrn Dr. Daehre - Zuruf von Herrn Tögel, SPD)

Herr Dr. Püchel, Sie sind als nächster an der Reihe.

Herr Dr. Rehberger, Sie sagten den bedeutungsschweren Satz, dieses Gesetz wäre ein Signal. Empfinden Sie es auch als ein Signal dieses Landtages, dass Sie dieses umfangreiche Gesetz innerhalb von vier Wochen im Landtag durchpeitschen wollen?

(Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)

Verehrter Herr Püchel, sämtliche Probleme, die wir hier erörtern, sind seit Jahren Gegenstand von Erörterungen gewesen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank - Minister Herr Dr. Daehre: Richtig! So ist das! Jawohl!)

Ich schätze Sie sehr und kenne Sie so weit, dass Sie es mir nicht übel nehmen, wenn ich Ihnen sage: Ich gehe davon aus, dass Sie nicht unter Gedächtnisschwund leiden und somit genau wissen, was hier zur Debatte steht, und deswegen auch innerhalb kurzer Zeit ja oder nein dazu sagen können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Frau Dr. Sitte, Ihre Frage bitte.

Noch einmal zurück zur EU-Osterweiterung. Die Frage ist von Herrn Tögel noch einmal aufgegriffen worden. Was würden Sie diesem Bundesgesetz denn zugrunde legen? Die Mindestlöhne? Die müssen Sie im Übrigen auch bürokratisch prüfen.

Eben.

Oder tarifabhängige Löhne?

Sie können Tariflöhne nach dem geltenden Bundesrecht nur dann bestimmten Allgemeinverbindlichkeitsregelungen zugrunde legen, wenn eine ausreichende Zahl von Unternehmen in den entsprechenden Verbänden organisiert ist.