(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Herr Bullerjahn, SPD: Das ist bei jedem so!)
Ich sage Ihnen genauso deutlich: Wir waren acht Jahre lang Opposition. Deswegen habe ich so richtiges Verständnis dafür, worüber Sie sich freuen können.
(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Frau Fischer, Merseburg, CDU, und Herr Bullerjahn, SPD, lachen)
Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Doch zuvor habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Francke-Sekundarschule aus Halle bei uns begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen!
Als erstem Debattenredner erteile ich für die CDU dem Abgeordneten Herrn Scharf das Wort. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon eine spannende Frage zu überlegen, wie wir die Mittel richtig bündeln, an die richtigen Stellen geben, richtig ausgeben, die die Zukunft des Landes Sachsen-Anhalt und damit - weil die Situation in den Bundesländern vergleichbar ist - die Zukunft Deutschlands sichern.
Da macht es wenig Sinn, über einen Investitionsbegriff zu philosophieren. Das haben wir schon verschiedentlich an diesem Podium hier versucht. Es macht aber auch wenig Sinn, eine in Teilen vorgezogene Steuerreform gegen Kinderbetreuungskosten im Lande Sachsen-Anhalt auszuspielen.
Den Argumenten des Herrn Ministerpräsidenten will ich nur noch eines hinzufügen: Wenn wir die Mittel für die Kinderbetreuungskosten in unserem Landeshaushalt dauerhaft und nachhaltig erhöhen würden, wäre dies ein Effekt, den wir Jahr für Jahr in den Haushaltsberatungen berücksichtigen müssten. Das Vorziehen der Steuerreform in Teilen um ein Jahr ist ein einmaliger Effekt, weil wir nach den Plänen der Bundesregierung genau diese Lasten ab dem Jahr 2005 sowieso hätten. Wir reden hier also einmal über ein Jahr und einmal reden wir über eine Dauerbelastung.
Insofern ist dieser Vergleich auch schon logisch in sich nicht schlüssig. Dass er dieses auch nicht sein soll, sondern Sie damit eine populistische Diskussion anfachen wollten, das darf ich Ihnen unterstellen, ohne Ihnen Unrecht zu tun.
Aber die Diskussion hat ja einen ernsten Hintergrund. Wir müssen uns darüber unterhalten, wie wir Familienförderung in Sachsen-Anhalt - die Hauptbedingungen dafür werden aber in Deutschland gelegt - nachhaltig und besser definieren, als wir es in der Vergangenheit gemacht haben.
Die CDU-Landtagsfraktion wird darüber beraten. Wir werden auch während unserer Klausur in Helfta im Februar eine ernsthafte Beratung über dieses Thema durchführen.
Es ist so, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die meisten jungen Menschen sich eine Ehe und eine Familie mit mehreren Kindern wünschen. Sie starten mit diesem Wunsch in das Leben. Es ist eben nicht so, dass sie das alles nicht wollen.
Wir als Politiker müssen uns ernsthaft fragen, warum so viele Ehen scheitern und warum so viele junge Familien, die mehrere Kinder haben wollten, schon nach einem Kind aufgeben und sagen: Das ist eine große Last und wir trauen uns nicht zu, eine noch größere Last zu tragen. Solange diese Frage, die wir nicht einfach wegschieben können, in vielen Familien ansteht, stimmt etwas mit der Politik in ganz Deutschland nicht.
Meine Damen und Herren! Darüber müssen wir uns unterhalten. Diese Frage können wir nicht wegschieben. Einfache Antworten wird es wegen dieser komplexen Zusammenhänge nicht geben. Wir werden stärker als bisher an diesem Thema arbeiten müssen.
Eingebettet sind dabei folgende Fragen: Was können wir gegen die Abwanderung insbesondere junger Menschen machen? Wie können wir junge Menschen ermutigen, Familien zu gründen? Wie können wir der drohenden Überalterung unserer Gesellschaft entgegenwirken?
- Wir können uns das leisten. Herr Professor Böhmer weiß ganz genau, dass wir uns das leisten können. Aber es kommt darauf an, die richtigen Mittel und Methoden zu wählen und nicht einfach Geld auszuschütten; denn mit Geld allein wird man das Problem nicht lösen, meine Damen und Herren.
Wir haben mit der Änderung des Kinderförderungsgesetzes durchaus einen guten Weg beschritten. Wir fördern damit die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Kindererziehung. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Schritt, um jungen Familien zu helfen.
Wir setzen als CDU aber weiterhin auf die Wahlfreiheit. Es kann nicht sein, dass der Staat die Hauptverantwortung für die Kindererziehung an sich zieht, wie es immer einmal wieder von der PDS kolportiert wird. Das ist nicht unsere Idee.
Wir werden auch alles dafür tun, dass wir in SachsenAnhalt weiterhin ein bedarfsgerechtes Kindertagesstättengesetz auf hohem Niveau - man kann sogar sagen, auf höchstem Niveau in Deutschland - vorgeben werden.
Im Hinblick auf die Diskussion, die Sie immer wieder anfachen und die in verschiedenen Leserbriefen in den Zeitungen verfolgt werden kann, dass die Kinder, die einen Halbtagsplatz haben, in der Gesellschaft angeblich benachteiligt seien, kann ich Ihnen nur eines entgegenhalten: Ich erinnere mich noch genau daran, dass zu DDR-Zeiten die Mittagskinder beneidet wurden. Es ist doch nicht so, dass die Kinder dadurch bestraft werden, dass sie Mittags aus dem Kindergarten nach Hause zurückgehen können.
Allerdings haben wir die Pflicht - dieser Pflicht haben wir auch Genüge getan -, den Kindern, deren Eltern beide arbeiten, Ganztagsplätze zur Verfügung zu stellen. Dies tun wir auch.
Da jetzt die rote Lampe leuchtet, komme ich leider nicht dazu, Ihnen zu erläutern, welche Ideen wir für eine nachhaltige Verbesserung der Kindererziehung in Sachsen-Anhalt haben.
Vielleicht kann ich Ihnen das einmal nach unserer Klausur in Helfta darstellen. Es wird kein Bauchladen sein nach dem Motto „Wünsch dir was“. Auch wenn der Sozialminister über bestimmte Möglichkeiten nachdenkt oder ich zum Beispiel ein Landeserziehungsgeld in die Diskussion gebracht habe, so sind das noch keine abschließenden Forderungen. Ich habe aber damit einen
Stein ins Wasser geworfen. Ich habe damit angeregt, dass wir ehrlich über die Kosten für Kinder in Deutschland sprechen müssen.
Wir als CDU-Fraktion sind bereit, auch im Land Sachsen-Anhalt neue Ansätze zu sehen. Nicht alles kostet Geld. Beispielsweise wollen wir die Betriebe durch das Programm „Audit für Familie und Beruf“ dazu ermutigen, nachzuweisen, was sie tatsächlich vor Ort tun, um die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit besser zu ermöglichen. Das ist ganz wichtig.
Wenn wir familienbildende und familienerziehende Maßnahmen im Haushalt unterstützen, kostet das relativ wenig Geld und kann viel Positives bewirken, insbesondere für Familien, die Schwierigkeiten mit der Kindererziehung haben oder die Probleme haben, ihre Ehe auch in Krisensituationen durchzuhalten.
Abschließend möchte ich noch einen Satz sagen. Es wird nicht alles mit Steuern finanziert werden können. Nach meiner festen persönlichen Auffassung wird es so sein, dass diejenigen, die keine Kinder erziehen, stärker als bisher in unserer Gesellschaft zugunsten derjenigen, die Kinder erziehen, herangezogen werden müssen.
Ideen, die diesbezüglich in Deutschland entstehen - ich will das ganz bewusst sagen -, die auch unsere Freunde von der CSU entwickelt haben, stoßen bei mir auf viel Sympathie. Wir werden nicht alles über Steuern finanzieren können. Wir werden die Kosten für Kinder stärker innerhalb der Gesellschaft umlegen müssen. Wer dafür Mitstreiter benötigt, der hat mich an seiner Seite. - Vielen Dank.
Herr Kollege Scharf, ich bin gern bereit, Ihnen noch etwas Redezeit zu gönnen, da wir an Ihren Zukunftsinvestitionen sehr interessiert sind.
Der Ministerpräsident hat sich lediglich zur Kostenfrage der Idee eines Landeserziehungsgeldes geäußert. Ich bin daran interessiert zu erfahren, welche Motivation und welches Konzept dahinter steht; denn ein Landeserziehungsgeld an sich hat unglaublich viele und auch sehr unterschiedliche Facetten.
Die Idee des Landeserziehungsgeldes findet sich in der CDU-Programmatik eingebettet in die Idee des Familiengehalts. Dies haben wir seit Jahren öffentlich propagiert. Sie ist nicht umgesetzt worden. Sie ist aber in unserer Programmatik vorhanden. Ein Familiengehalt muss aber auf der Bundesebene umgesetzt werden.
Man darf aber nicht der Illusion verfallen, dass die wichtigsten Steuerungsmaßnahmen bundespolitischer Natur sind und wir im Land Sachsen-Anhalt nur begleiten und das eine oder andere korrigierend steuern können.
- Das wäre ein Bundeserziehungsgeld, das wir derzeit nicht haben. Andere Länder haben ersatzweise ein Landeserziehungsgeld eingeführt, zum Beispiel das Land Thüringen. Das muss man sich genau ansehen. Es gibt Vor- und Nachteile, es gibt Mitnahmeeffekte und - der Ministerpräsident sagte es ganz deutlich - es kostet alles richtig viel Geld.
(Frau Dr. Weiher, PDS: Die Kinder gehen in die- sen Ländern in der Regel nicht in den Kindergar- ten!)
- Ich habe gesagt, es geht nicht darum, einen Bauchladen vor sich herzutragen, und nach dem Motto „Wünsch dir was“ kann sich jeder etwas aussuchen. Es sind Entscheidungen zu fällen, wenn wir diese neuen Ideen mit in die Diskussion bringen.
Ich möchte eines deutlich sagen, damit in der Öffentlichkeit keine Verwirrung entsteht: Die Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Ich möchte an dieser Stelle in die Richtung von Herrn Gallert und Herrn Bullerjahn auch noch sagen: Wir werden uns in wenigen Wochen in diesem Gremium über den Haushaltsabschluss 2003 unterhalten. Dabei werden uns noch die Tränen kommen.