Protocol of the Session on December 12, 2003

Auf die Frage der Stiftungsuniversitäten ist der Minister schon eingegangen. Deshalb möchte ich das nicht weiter vertiefen.

Ich bin etwas erstaunt, dass Sie sich in dem Gesetzentwurf so stark auf die Präsidialverfassung konzentrieren. Nach meiner Wahrnehmung handelt es sich dabei um ein mögliches Modell. Ich konnte jedoch bisher nicht erkennen, warum dieses Modell präferiert werden sollte. Auch über diesen Punkt sollten wir im Ausschuss die Argumente austauschen.

Ein wenig irritiert war ich durch den Umstand, dass die Regelung zur Gleichstellung im Gesetz einen so prominenten Platz erhalten hat. Es ist sicherlich eine Frage, wie man in einem Gesetzentwurf die Gewichte setzt. Aber auch das ist eher eine Randregelung.

Zu der Frage der Schlichtung. Aus meiner Sicht haben Sie mit dem Landeshochschulrat ein interessantes Modell entwickelt. Allerdings wird eine solche Regelung den Überlegungen, wie das Parlament in diese Entscheidung einbezogen werden kann, nicht gerecht. Wenn im Falle der Nichteinigung zwischen Hochschule und Ministerium die Entscheidung dem Landeshochschulrat als Schlichtungsgremium übertragen wird, dann ist daran das Parlament nicht beteiligt; zumindest kann ich dies nicht erkennen. Ich freue mich auch an dieser Stelle auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.

Sehr positiv finde ich es, dass Sie sich darum bemüht haben, die Regelungsdichte recht gering zu halten. Dies kommt den Hochschulen sicherlich entgegen. Auch mit Blick auf den Gesetzentwurf der Landesregierung wollen wir prüfen, inwieweit sich Detailsteuerungen reduzieren lassen.

Jetzt leuchtet die rote Lampe. Ich habe meine Ankündigung, die Überschreitung der Redezeit durch den Minister zu kompensieren, offensichtlich nicht eingehalten.

Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen. Ich finde es positiv, dass Sie die Diplomstudiengänge in den Fachrichtungen, in denen es sinnvoll erscheint, auch nach dem Bologna-Prozess weiterführen wollen. Ich

denke, auch da treffen sich unsere Ansichten. Wir werden im Ausschuss intensiv darüber beraten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Tullner. - Für die PDS-Fraktion erteile der Abgeordneten Frau Dr. Sitte das Wort. Bitte sehr.

Danke schön. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein solch umfangreiches Gesetz in einer Fünfminutendebatte zu besprechen, ist nur in ganz wenigen Fragmenten möglich. Ich habe daher eine sehr nüchterne Auswahl der anzusprechenden Punkte getroffen.

Ich begrüße die Tatsache, dass die SPD diesen Gesetzentwurf einbringt. Ob sich letztlich der Kraftakt in dieser Phase der Umstrukturierung der gesetzlichen und finanziellen Grundlagen des Hochschulwesens in SachsenAnhalt lohnt, wird sich zeigen.

Würde es dieser Gesetzentwurf schaffen, zur Verhandlungsgrundlage im Ausschuss zu avancieren, wäre es eventuell möglich, die Ziele der Landesregierung in einer kooperativeren und kommunikativeren Art voranzubringen.

Aus meiner Sicht liegt dieser Gesetzentwurf inhaltlich zwischen dem noch gültigen Landeshochschulgesetz und dem Entwurf der Landesregierung. Zwar nimmt er Änderungen des Rahmengesetzes auf, aber in einer, wie ich finde - Sie sind diesbezüglich anderer Meinung; das habe ich der Einbringungsrede entnommen -, ganz und gar nicht besonders mutigen und innovativen Form. Ich betrachte diesen Gesetzentwurf vor allem als ein Kompromissangebot an die CDU und an die FDP. Das erinnert doch ein bisschen an die Zeit der Beratung über das Kinderförderungsgesetz.

Der SPD-Entwurf scheint den Hochschulen zwar mehr Autonomie einzuräumen; das ist wohl wahr. Aber mehr Autonomie für die Hochschule bedeutet nicht automatisch mehr Demokratie in der Hochschule. Das ist dann noch ein anderer Schuh.

(Zustimmung bei der PDS)

So bedauere ich, dass es bei der Abschaffung des Konzils bleiben soll. Nur aufgrund einer Kannbestimmung wird es den Hochschulen künftig noch möglich sein, über eine Beschlussfassung zur Grundordnung ein Konzil einzurichten. Die Hochschulen Sachsen-Anhalts haben funktionsfähige, teilweise sogar viertelparitätisch besetzte Konzilien. Warum sollen diese nicht im Regelfall als ein zentrales Organ der Hochschule weiterarbeiten?

Auch die SPD-Fraktion legt das Schwergewicht in ihrem Gesetzentwurf auf starke Hochschulleitungen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Was heißt denn stark?)

- Stark heißt nicht undemokratisch, Herr Minister.

(Herr Tullner, CDU: So ein Quatsch! Was soll denn das?)

Die Regelungen zum Verhältnis der Hochschulplanung, der Entwicklungsplanung der jeweiligen Hochschule zum

Abschluss von Zielvereinbarungen sowie die Einbindung der einzelnen Entscheidungsebenen scheinen ein Verhandeln in gleicher Augenhöhe eher möglich zu machen.

Daraus erwächst natürlich am Ende durchaus die Möglichkeit, mehr Verbindlichkeit zu erreichen. Selbstverständlich ist auf dieser Basis auch eine längerfristige Geltungsdauer zu erwarten. Dennoch erkenne ich in diesem Gesetzentwurf auch Möglichkeiten für die Landesregierung, zusätzliche Druckpunkte zu setzen; denn einige Formulierungen sind ziemlich weit interpretierbar. Ich habe mich mit der SPD schon einmal über Monate darüber gestritten, was der Begriff „Verstetigung von Mittelzuweisungen“ alles bedeuten könnte.

(Zustimmung bei der PDS)

Einige Anmerkungen zu den Studienguthaben. Vergleicht man diesen Ansatz mit allen derzeit in der Diskussion befindlichen Modellen, dann stellt man fest, dass sich dieser am weitesten von einer direkten Erhebung von Studiengebühren entfernt - das Verbot zur Erhebung von Studiengebühren, das im Übrigen im jetzigen Landeshochschulgesetz noch vorgesehen ist, natürlich ausgenommen.

Ich nehme auch zur Kenntnis, dass die hiesige SPD den Ansatz der Berliner SPD offensichtlich nicht mitträgt. Die dortige SPD will die Studiengebühren ausdrücklich und betreibt dieses Vorhaben offensiv - entgegen der Koalitionsvereinbarung.

(Herr Tullner, CDU: Warten wir mal ab, wie das ausgeht!)

Aber auch dieser Ansatz hinsichtlich der Studiengebühren bleibt in der Logik all dieser Modelle. Auch bei den Studienguthaben wird darauf Bezug genommen, dass es ausschließlich beim Studierenden liege, wie schnell er denn zum Abschluss komme. Die jüngsten Diskussionen und die wachsende Zahl von Studierenden haben gezeigt, dass an den Hochschulen vielfach die Voraussetzungen fehlen, um Abschlüsse in der Regelstudienzeit zu schaffen.

Eines ist übrigens interessant: Professor Kreckel hat bei dem Forum, das vorgestern an der Uni stattfand, seitens des HoF Zahlen vorgelegt, die zu Studienbewerbungen in Sachsen-Anhalt erhoben worden sind.

Wenn man das Ganze unter dieser Voraussetzung betrachtet, dann muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass heute viele Seminare so stark überbelegt sind, dass ein Teil der Studierenden den Seminarschein eben nicht im laufenden Semester erlangen kann und auf ein anderes Semester hoffen muss. Die Studierenden müssen darüber hinaus die Studienfinanzierung durch Nebenjobs sichern, was am Ende auch zu Verzögerungen führt.

Dass bei Überschreitungen der Regelstudienzeit Maßnahmenpläne zum Erlangen des Abschlusses festgelegt werden sollen, ist natürlich zu begrüßen. Selbstverständlich ist es klasse, wenn der Studierende nach 18 Semestern gefragt wird: Sagen Sie mal, warum brauchen Sie eigentlich so lange? - Das gehört bei einer guten Studienberatung aber eigentlich ohnehin dazu.

(Zustimmung von Frau Dr. Klein, PDS)

Dies müsste künftig in Zielvereinbarungen als Leistungskriterium verankert werden.

Reste aus den Studienguthaben für die kostenlose Weiterbildung zu verwenden, halte ich für sinnvoll. Die Anbieter von Weiterbildung werden dann aber im Einzelfall vom Staat die entsprechenden Gebühren einholen wollen, wenn sie für diese Weiterbildung nach dem Gesetz Gebühren erheben dürfen. Damit haben wir wieder das Finanzierungsproblem.

Nicht zuletzt würde auch dieses Modell Studierende darauf fixieren, schnellstmöglich abzuschließen. „Schnellstmöglich“ heißt noch nicht mit effektivstem Bildungsgewinn. Aus diesem Blickwinkel glaube ich, dass sich viele Studierende lediglich auf der inhaltlichen Schmalspur bewegen können und dass es auch zu einer stärkeren Verschulung kommt, weil zeitgleich Bachelor und Master eingeführt werden.

Uns kommt es aber auch darauf an, Studierenden die Möglichkeit zu eröffnen, die fachliche Hauptrichtung auch zu erweitern, also neue Bildungsressourcen zu erschließen.

Eine letzte Anmerkung: Dass es bei der Möglichkeit der Verleihung des Promotionsrechts an die Fachhochschulen bleiben soll, begrüßen wir ausdrücklich. Immerhin hat sich der letzte Kultusminister der PDS-tolerierten SPD-Regierung stets und öffentlich zum Boykott der Umsetzung dieser Regelung bekannt. Aber es hat sich auch gezeigt, dass aus dem Leistungs- und Forschungspotenzial der Fachhochschulen heraus für uns im Land durchaus eine Berechtigung für diese Regelung besteht.

Abschließend sei gesagt: So anerkennenswert das Bemühen um einen alternativen Gesetzentwurf sein kann, so löst dieser doch das aktuelle Grundproblem für viele Hochschulen nicht. Auch er verfolgt Kürzungsziele und sieht inhaltliche Eingriffe in die Hochschulprofile vor. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Frau Abgeordnete Dr. Sitte. - Als nächster Debattenredner wird der Abgeordnete Herr Dr. Volk für die FDP-Fraktion sprechen. Doch zunächst begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der Lingner-Sekundarschule Jessen in unserem Hause auf den Tribünen links und rechts.

(Beifall im ganzen Hause)

Bitte sehr, Herr Dr. Volk.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass mich der Gesetzentwurf der SPD überrascht hat. Unabhängig von abweichenden Ansichten, die es auch zu wesentlichen Punkten gibt, zeugt der Entwurf von dem ernsthaften Bemühen, sich in die Debatte um die Hochschulen unseres Landes konstruktiv einzubringen.

Ich gehe davon aus, dass der Entwurf mehr ist als Aktionismus; denn hinsichtlich der Inhalte sind wir uns näher, als Sie, meine Damen und Herren von der SPD, es öffentlich darstellen.

Es ist wohl jedem in diesem Hause klar, dass wir in einigen Monaten weder den vor vier Wochen eingebrachten Gesetzentwurf der Landesregierung noch den heute zu debattierenden Gesetzentwurf der SPD in der eingebrachten Fassung verabschieden werden. Der parla

mentarische Prozess ist gekennzeichnet durch den produktiven Wettstreit beim Ringen um optimale Lösungen, die den verschiedenen, manchmal sogar widerstreitenden Interessen gerecht werden. Wie unterschiedlich die Interessen und Standpunkte sind, zeigt sich in der öffentlichen Diskussion.

Wir wollen einen Interessenausgleich finden und müssen in diesem Hause für das Land verantwortungsvoll entscheiden. Bei der anstehenden Novellierung des Hochschulgesetzes geht es vor allem darum, mehr Bildung durch mehr Qualität im Land zu garantieren, die materiellen und personellen Ausstattungen der einzelnen Institute diesen Erfordernissen anzupassen und alle Universitäten und Hochschulen - ich sage an dieser Stelle bewusst: alle Universitäten, die wir in den letzten Jahren aufgebaut haben - langfristig auf eine solide und für das Land finanzierbare Grundlage zu stellen. Ein Abschluss an einer sachsen-anhaltischen Hochschule soll auch in Zukunft ein Qualitätssiegel von europäischem Format sein.

Ich bin mir sicher, dass sich Qualitätssicherung bzw. -steigerung und Haushaltskonsolidierung miteinander verbinden lassen. Dies geht allerdings nicht durch pauschale Kürzungen, sondern nur durch grundlegende Strukturveränderungen, die einen effektiven Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen ermöglichen. Dabei eröffnen sich verschiedene Ebenen, in denen Reformbedarf besteht.

Eine wichtige Frage ist die Umsetzung struktureller Entscheidungen unter Beachtung der Hochschulautonomie. Für mich sind echte Zielvereinbarungen als öffentlichrechtliche Verträge zwischen Land und Hochschulen das geeignete Mittel, eine Entscheidung zu treffen. Das Problem entsteht, wenn Vereinbarungen nicht zustande kommen.

Ich bezweifle, dass ein Hochschulrat, wie er in Ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen wird, der ein auch juristisch in seinen Kompetenzen schwer zu fassendes Gremium ist, eine legitimierte Schlichtungsinstanz sein kann. Kann ein Parlament oder eine von der Mehrheit getragene Regierung die Entscheidungskompetenz letztlich aus der Hand geben?