- Wenn wir etwas erreichen wollen, Herr Tullner, dann müssen wir schon ehrlich sein und müssen über all diese Fragen diskutieren.
(Zustimmung bei der PDS - Herr Tullner, CDU: Sie wissen doch, wie es ist mit dem Zug nach Erfurt - eine Postkutsche!)
Außer dem erzieherischen Aspekt erschließt sich mir der Sinn der heutigen Debatte nicht so recht. Soll also der Blick auf verschärfte Sanktionen gegen die Bahn gelenkt werden? Der bestehende Verkehrsvertrag enthält bereits umfangreiche und detaillierte Anforderungen dazu, in welcher Qualität die Verkehrsleistungen zu erbringen sind.
Genauso detailliert sind auch die Sanktionsmöglichkeiten aufgeführt. Es gibt dieses Instrument also schon,
und wir gehen davon aus, dass diese Sanktionen wirksam werden, so wie es in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Kasten zu Zugausfällen im Nordharzbereich auch dargestellt worden ist. Wenn das nicht geschieht, dann frage ich mich, warum die Bahn bisher geschont worden ist, Herr Schröder.
Ob aber durch eine verschärfte Sanktionspolitik eine echte Verbesserung des Nahverkehrsangebotes erreicht wird, das bezweifle ich jedoch. Wie in der zu Protokoll gegebenen Rede von Herrn Minister Daehre nachzulesen ist, konstatiert er völlig zu Recht, dass eine solche Tarifentscheidung ein Signal für weniger Bahnverkehr in der Fläche und eine höhere Belastung der Straßen darstellt. - Das ist nachzulesen.
Die CDU-Fraktion kommt in ihrer Begründung ebenfalls zu der Erkenntnis, dass eine Preiserhöhung die Gefahr eines Rückgangs des Fahrgastaufkommens birgt. Ich kann es nur wiederholen: Darauf haben wir seit Jahren hingewiesen, bislang mit wenig Erfolg, aber eine späte Erkenntnis ist doch besser als keine.
Die Verkehrskonferenz am vergangenen Montag zur Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs in diesem Land hat die Bahn vollkommen ausgeblendet. Das Wort „DB“ tauchte dort gar nicht auf. Es ging, auch bezogen auf den ländlichen Raum, nur um den Bus.
Mir erscheint es so, als wenn der Hauptzweck dieser Aktuellen Debatte mehr der Prophylaxe und der Rechtfertigung des eigenen zukünftigen Handelns und als Ablenkung davon dient, dass vom Land zeitgleich weitere Strecken abbestellt worden sind.
Mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2003 wird nun auch zwischen Aschersleben und Quedlinburg, Querfurt und Röblingen sowie zwischen Magdeburg und Belzig kein Zug mehr rollen. Das hat Folgen. Röblingen wird dann sicherlich auch als Zwischenhaltestelle für die Städteverbindungen entfallen. Meine Kollegin Frau Dr. Klein wird sich dafür bedanken, wenn sie künftig abends vom Landtag in Magdeburg mit dem Auto nach Halle fahren muss, weil sie keinen Anschluss mehr hat.
Herr Schröder droht in einer Presseäußerung mit weiteren Abbestellungen - Herr Qual tut dies übrigens jetzt auch. Doch wem gilt denn diese Drohung? Von der Erkenntnis, dass nicht nur zwischen Fahrpreis und Fahrgastaufkommen, sondern auch zwischen der Netzdichte und dem Fahrgastaufkommen ein Zusammenhang besteht, dass sich bei einer Einzelbetrachtung jede Nebenstrecke als unwirtschaftlich darstellen muss und nur im Zusammenhang mit ihrer Zubringerfunktion für eine Hauptstrecke des SPNV oder Fernverkehrs zu sehen ist, ist weder bei der DB AG noch bei der Landesregierung etwas zu verspüren. Die von Ihnen so kritisierte Quersubventionierung macht es doch überhaupt erst möglich, bei einer Mischkalkulation unwirtschaftliche Nebenstrecken im Gesamtnetz zu begreifen und auch wirtschaftlich darzustellen.
Herr Mehdorn hat übrigens vor eineinhalb Jahren, als wir das erste Mal über die großen Streckenabbestellungen diskutiert haben, gerade auf diesen Zusammenhang hingewiesen und hat, als das Land den Verkehrsvertrag neu ausschreiben wollte, moniert, dass nur eine Mischkalkulation es überhaupt möglich macht, die Nebenstrecken auch zu betreiben.
So schaukeln sich DB AG und Land im Wechselspiel zwischen Tariferhöhungen und Serviceabbau und im Rückzug aus der Fläche gegenseitig hoch - oder besser: sie schaukeln sich vielmehr hinab. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, dann werden wir uns in absehbarer Zeit über Fahrpreiserhöhungen im SPNV wahrscheinlich überhaupt keine Gedanken mehr machen müssen. - Danke.
Danke, Herr Abgeordneter Köck. - Damit ist die Debatte der Fraktionen beendet. Nunmehr hat die Landesregierung um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister Dr. Daehre.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war, denke ich, richtig, dass ich
mir erlaubt habe, am Ende der Aktuellen Debatte zu sprechen. Ich hatte schon befürchtet, dass wir entgegen der letzten Sitzung, in der wir das Thema behandelt und die Erhöhung der Tarife um 4,1 % einstimmig abgelehnt haben, nicht den Appell in den Vordergrund stellen, dass es bei dem Thema um Preissteigerungen geht.
Heute, Herr Doege, muss ich nun etwas anderes hören. Ich weiß ja nicht, wer jetzt die Reden für Sie schreibt; Ihre Reden hatten schon einmal einen anderen Stil. Der erste Teil Ihrer Rede war ja hervorragend. Den zweiten Teil müssen Sie irgendwie in der Parteizentrale haben schreiben lassen.
Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern: Sie kommen und sagen, dass sich die CDU-geführten Länder die Mehrheiten organisiert hätten. Baden-Württemberg: CDU, Bayern: CSU, Brandenburg: große Koalition, Mecklenburg-Vorpommern: SPD/PDS.
Nicht ein SPD-geführtes Land - ich kann das einmal umkehren - hat sich gegen diese Preiserhöhung aufgelehnt. Das ist die Tatsache. Die anderen sind dabei gewesen - mit allen anderen Konstruktionen, mit der großen Koalition, selbst mit Rot-Rot.
Meine Damen und Herren, das ist die Situation. Wir sollten uns jetzt darüber unterhalten, wie es weitergeht. 4,1 % Erhöhung. Doch bevor ich auf die rechtlichen Probleme eingehe, noch eines, Herr Dr. Köck und auch Herr Doege, zu den Abbestellungen:
Na klar haben wir die Strecke Querfurt - Röblingen abbestellt. Wer soll denn die Verantwortung übernehmen, dass pro Tag nur 20 Menschen in diesen Zügen fahren und dass wir 10 € pro Zugkilometer bezahlen? Übernehmen Sie die Verantwortung dafür vor dem Steuerzahler? Auf der Strecke Magdeburg - Belzig sind es zehn Bürger, die den Zug benutzen. Wir werden einen attraktiven Busverkehr einrichten. Wir müssen uns doch mit dem Geld, das wir haben, auf die anderen Strecken konzentrieren, damit wir diese ausbauen können.
Was die Strecke Aschersleben - Quedlinburg angeht, Folgendes, meine Damen und Herren: Wenn Sie die Landesregierung ansprechen, dann müssen Sie auch sagen, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, die Weltkulturerbestadt Quedlinburg an die Harzer Schmalspurbahn anzubinden.
Ich bitte, das wenigstens zur Kenntnis zu nehmen. Es kostet uns 6,5 Millionen € - wir machen es, weil es Tradition ist -, das Weltkulturerbe an die Selketalbahn anzubinden. Dann nehmen Sie das bitte auch zur Kenntnis und erwähnen Sie, wenn Sie das andere erwähnen, auch das der Vollständigkeit halber. Das nur zu diesem Thema.
Ich denke, wir werden es schaffen sicherzustellen, auch in Zukunft dort, wo es richtig und notwendig ist, einen Mix von Verkehrsträgern zu haben. Das heißt, an bestimmten Stellen, an denen es nicht vertretbar ist, den Schienenverkehr aufrechtzuerhalten, müssen wir Busse einsetzen.
Jetzt aber zu dem anderen Problem. - Übrigens, bezüglich der ÖPNV-Veranstaltung, Herr Dr. Köck: Ich habe sogar Herrn Paul erwähnt. Also, es ist schon über die Bahn gesprochen worden. Aber lassen wir das einmal.
Wir haben doch die Situation, dass der Bund das Einvernehmen auflösen und sagen kann, dass er selber entscheidet. Es wird erst einmal der Eindruck erweckt, alle 16 Länder dürften mitbestimmen, aber zum Schluss macht der Bund das, was er will.
Deshalb müssen wir uns einmal die Frage stellen, ob in dem gesamten System ein Strickfehler ist. Anderenfalls befinden wir uns beim nächsten Mal wieder in der gleichen Situation. Wir sagen vielleicht: „8,7“ oder „8,8“, wie es gerade ist, und der Bund sagt: „Interessiert mich überhaupt nicht“. Unabhängig davon, ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb in Berlin regiert, das Problem ist, dass bei diesem System - der Bund als Eigentümer - in Bezug auf die Fahrpreiserhöhung ein Strickfehler in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz existiert.
- Wissen Sie, lassen Sie das mal mit dem Meckern. Es geht doch darum, dass wir uns darum kümmern, dass die Bürger den Zug benutzen, und zwar zu verträglichen Preisen.
Es ist schon erstaunlich, dass Sie jetzt plötzlich die 4,1 % gar nicht mehr erwähnen und sich auf völlig andere Nebenschauplätze stürzen. Der Punkt ist doch, dass die Bürger in Sachsen-Anhalt mehr bezahlen sollen. Wir würden gern Ihre Situation betrachten, wenn Sie an der Regierung gewesen wären. Die Tarife sollen um 4,1 % erhöht werden, das ist unerträglich.
Ich sage Ihnen auch, weshalb es unerträglich ist, und dazu stehe ich auch: weil der Bund nach Gutsherrenart gehandelt hat.