Protocol of the Session on November 21, 2003

Mich würde schon interessieren, ob denn aus diesem Topf noch Geld da ist, das wir dafür einsetzen könnten; denn es geht nicht nur um die militärische Nutzung. Die Grundidee eines früheren Landtagsbeschlusses, der hier einmal gefasst wurde, war, den südlichen Teil der zivilen Nutzung zuzuführen. Das wird jetzt mit allen Möglichkeiten, die aufgetan worden sind, infrage gestellt.

Der Herr Kollege Kosmehl hat in seiner Verlautbarung in der Presse eindeutig darauf hingewiesen, dass er die Aktivitäten der Landesregierung tatsächlich gutheißt, diesbezüglich mit dem Bund in Kontakt zu treten, dass auch gerade der Südteil für Übungen immer noch sehr notwendig ist. Wir gehen davon aus, dass in der ColbitzLetzlinger Heide nicht nur bundesdeutsches Heer trainiert, sondern dass dort auch ausländische EU-Kontingente fit gemacht werden.

Sie formulieren in Verlautbarungen hinein, dass es Ihnen - das sagt auch Ihr Alternativantrag - um Umwelt- und Naturschutz geht. Wenn dann das einzige Naturschutzrechtliche ist, dass die EU-Kontingente mittlerweile mittels Bahn ins Gefechtsübungszentrum verlegt werden, dann hat das mit Nachhaltigkeit nichts mehr zu tun.

(Minister Herr Dr. Daehre: Aber ein wenig!)

Wir können dann natürlich damit zufrieden sein, dass der Bombenabwurf im Testgelände der Kyritz-Ruppiner Heide erfolgt und nicht auf sachsen-anhaltinischen Gebiet in der Colbitz-Letzlinger Heide.

Wir gehen davon aus, dass Konversion Arbeitsplätze schaffen kann. Wir möchten das - das war auch das Ziel des damaligen Beschlusses des Hohen Hauses - über eine zivile Nutzung tatsächlich einmal im Modellverfahren demonstrieren.

Ein Umweltschutzeffekt wäre auch die Ausweisung als Naturpark. Ich weiß natürlich auch aus den Beratungen

im Umweltausschuss, dass es dagegen aus der Region einzelne Einwendungen gibt.

Wenn dann aber auch offiziell vonseiten des Ministeriums von einzelnen Einwendungen gesprochen wird, dann sollte berücksichtigt werden, dass das manchmal auch Bürgermeister sind, die im Hauptberuf durchaus im Dienst der Bundeswehr stehen. Da ist dann schon zu hinterfragen: Ist das jetzt tatsächlich die Meinung der Region oder ist es die Meinung des Bürgermeisters, der zwar die Kommune repräsentiert, der aber nicht zu 100 % das Meinungsbild seiner Gemeinde wiedergeben muss? Das muss man infrage stellen.

Ein Naturpark wäre auch innerhalb der Tourismuswirtschaft des Landes ein echtes Pfund. Andere Regionen Deutschlands beweisen uns das eineindeutig, wenn sie mit intakter Natur werben.

Das Kräfteverhältnis, das wir im Jahr 1997 bei dem Beschluss zum so genannten Heidekompromiss vorgefunden haben, hat sich zum heutigen Zeitpunkt um 180 Grad gedreht.

Wir haben damals eine CDU-Bundesregierung gehabt und im Land regierte die SPD.

(Herr Kosmehl, FDP: Mit Ihrer Tolerierung!)

- Ja, unter Tolerierung der PDS, Herr Kosmehl; dafür muss man sich ja nicht schämen.

(Zustimmung bei der PDS)

Jetzt ist das einmal ausgetauscht worden. Das Hohe Haus kam 1997 zu dem Schluss, tatsächlich eine zivile Nutzung umzusetzen.

Herr Minister Daehre, weil Sie eben den Einwurf wegen des Bahnanschlusses machten - Sie sind als Verkehrsminister nun auch dafür zuständig -: Es ist der Region nicht mehr zu vermitteln - und der Altmark ganz und gar nicht -, dass Bundesgelder über die Bundeswehr ausgegeben werden, um einen nagelneuen Anschluss an das Gefechtsübungszentrum zu erstellen, dass wir aber gleichzeitig im letzten Jahr - Sie inklusive - mit der Bürgerinitiative „Pro Bahn“ zu tun hatten, die gerade in der Altmark, dem Schwerpunkt bei den Streckenstilllegungen, ebenfalls mit bundesdeutschen Steuergeldern, dafür gekämpft hat, dass es dort nicht zu einer Ausdünnung kommt.

(Zustimmung bei der PDS)

Es geht in beiden Fällen um Geld des Steuerzahlers. Wir sehen in den Bemühungen, jetzt an den Bund heranzugehen und die zivile Nutzung infrage zu stellen, eine Zurückdrängung der Möglichkeit der zivilen Nutzung und warnen davor, so vorzugehen, wie im Alternativantrag, vorgelegt von der FDP und der CDU, vorgeschlagen.

Wir sehen gerade angesichts der desolaten Haushaltslage, die der Bund immer beklagt, die Gefahr, dass an uns als Land dann Gebiete hängen bleiben, in denen die Munition noch nicht geborgen ist. Da mag der Bund in der Pflicht sein, „wie er lustig ist“. Wenn er das Geld nicht hat - - Die Vereinbarung sagt aus: Immer wenn die Haushaltslage des Bundes es zulässt, wird tatsächlich in diesen Größenordnungen sondiert. Nicht umsonst ist man jetzt tatsächlich auf Munitionsbergungstiefen von nur noch 20 cm zurückgegangen.

Sie formulieren unter Punkt 3 Ihres Alternativantrags: „zu gegebenem Zeitpunkt“ - das ist eine so windelweiche

Formulierung, dass das auch am Sankt-NimmerleinsTag sein kann. Wir sind schon daran interessiert, dass das bald passiert. Dann kann man auch einmal einen Kassensturz machen und feststellen - ich denke, das würde auch den Wirtschaftsausschuss interessieren -, wie die regionale Wirtschaft, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, an Bau- und Beschaffungsvorhaben partizipiert; denn das ist in der Vereinbarung mit dem Bund festgeschrieben worden.

Wie viele Arbeitsplätze sind denn tatsächlich geschaffen worden? In dem Papier, dem so genannten Heidekompromiss, sind 1 200 - zivile und militärische - Arbeitsplätze angeboten worden. Bei den militärischen Arbeitsplätzen ist dann zu beachten, dass sie garantiert nicht neu geschaffen worden sind, sondern wahrscheinlich nur umgesetzt. Das, denke ich, sollte in einer Ausschussberatung geklärt werden.

In dem so genannten Heidekompromiss - das ist die Vereinbarung, zu der sich das Land bekannt hat - steht auch, dass besonders wertvolle Teilbereiche der Naturausstattung ab sofort und zügig erfasst und naturschutzrechtlich gesichert werden. Das ist nicht erfolgt. Damit steht das Land in der Pflicht, ebenso der Bund. Dass Herr Trittin sich darauf noch festnageln lässt, wage ich zu bezweifeln. Das Besondere an dieser Vereinbarung ist, dass formuliert worden ist: ein Einvernehmen von Bund und Land.

Dass einige wenige Einsprüche bei dem Ausweisungsverfahrens des geplanten Naturparks auf der Tagesordnung stehen, habe ich bereits erwähnt. Hierbei kommt es zu einer Verquickung der Interessen der kommunalen Vertretung und derer, die im Dienst der Bundeswehr stehen und ihre Existenz sichern wollen.

Ich würde mir wünschen, dass die Koalitionsfraktionen uns in ihren Diskussionsbeiträgen nachher deutlich machen, wie sie „zu gegebenem Zeitpunkt“ definieren würden, damit man weiß, worauf man sich einlässt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Czeke. - In Vertretung des Innenministers spricht für die Landesregierung Herr Minister Becker.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Es gehört zu den Ausnahmen der Parlamentsgeschichte in unserem Hause, dass wir an einem Freitag um 19.15 Uhr noch nicht eine einzige Rede zu Protokoll gegeben haben. Ich wollte das,

(Zustimmung von Frau Fischer, Leuna, SPD)

- ja, Sie können ruhig Beifall klatschen, Frau Fischer - aber der Kollege Czeke hat mich herausgefordert, indem er gefragt hat, ob wir uns über diesen Antrag nicht wundern würden. Wir wundern uns natürlich nicht über den Antrag, Herr Kollege Czeke, weil Sie im Gegensatz zur CDU, was die Colbitz-Letzlinger Heide betrifft, nie dazugelernt haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie bleiben auf dem Standpunkt von 1990 stehen: zivile Nutzung. Auch wir haben uns damals übrigens - das wissen Sie genau - für die zivile Nutzung ausgesprochen.

Das war, glaube ich, im Jahr 1992. Aber wir haben dazugelernt.

(Zuruf von der PDS: Ach?)

- Doch.

(Herr Krause, PDS: Gelehrige Schüler!)

- Jawohl, gelehrige Schüler; das sollte man sein. - Wir sind der Auffassung, dass wir im Grunde genommen recht daran tun, dass wir selbst den Heidekompromiss, der im Jahr 1997 von der Vorgängerregierung geschlossen wurde und der auch für uns verbindlich ist, hinterfragen. Deshalb hat die Landesregierung den Innenminister, den Kollegen Jeziorsky, mit Beschluss vom 11. November 2003 beauftragt, mit dem Bund entsprechende Gespräche zu führen.

(Herr Czeke, PDS: Alles klar!)

- Ja. - Ich rufe in Erinnerung, dass dieser Kompromiss vorsieht, den südlichen Teil - das sind ungefähr 3 500 ha von den insgesamt 19 500 ha - nach einer oberflächlichen Munitionsberäumung der zivilen Nutzung zugänglich zu machen, und zwar bis zum Jahr 2006.

Jetzt stellen wir folgende Dinge fest: Wir stellen erstens fest, dass diese oberflächliche Beräumung einer zivilen Nutzung abträglich ist, weil sie nicht ausreicht. Wir stellen zweitens fest, dass wir logistisch nicht einmal mit dieser oberflächlichen Beräumung fertig werden. Wir stellen zum Dritten fest, dass auch die kommunale Ebene - davon haben Sie gesprochen, Herr Czeke - jetzt von den ursprünglichen Erwartungen, wonach eine touristische Nutzung des gesamten Südteils der Heide zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in der Region führen würde, abrückt.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass sich die Bundeswehr in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt hat. Daher ist unseres Erachtens zunächst zu klären, ob und in welchem Umfang der Bund zu einer Änderung des Heidekompromisses überhaupt bereit ist. Vergessen wir doch bitte eines nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren: das kostet den Bund Geld.

Wir wissen heute schon aus den Vorgesprächen, dass die Militärs auf der einen Seite sagen, man könne daran denken, das zu ändern, dass aber die Verwaltung innerhalb des Bundes auf der anderen Seite ganz anderer Auffassung ist; denn diese Verwaltung muss das Geld dafür aufbringen. Wir können froh sein, wenn man mit uns überhaupt in Bezug auf eine Modifizierung des Heidekompromisses ins Gespräch kommt. Darum wird sich die Landesregierung über den Herrn Innenminister bemühen.

Über die Zukunft des Kasernengeländes Hillersleben kann selbstverständlich auch gesprochen werden, aber auch dabei sollten die Vorstellungen der Kommunen berücksichtigt werden. Hierzu gestatten Sie mir den Hinweis, dass nach dem Planungsentwurf der regionalen Planungsgemeinschaft Magdeburg vorgesehen ist, das Vorranggebiet für die militärische Nutzung um den südlichen Teil der Colbitz-Letzlinger Heide einschließlich des Kasernengeländes Hillersleben zu erweitern.

Nun frage ich Sie: Soll sich etwa die Landesregierung über solche Planungsentscheidungen, nachdem wir die Planung kommunalisiert haben, einfach hinwegsetzen? Das können wir doch gar nicht. Also muss man auch dieses Thema mit in die Gespräche hineinnehmen.

Im Gegensatz zu dem Antrag der Fraktion der PDS wird mit dem von den Fraktionen der FDP und der CDU vorgelegten Alternativantrag den Interessen der Kommunen Rechnung getragen. Ich schlage vor, wir sollten uns diesem Antrag zuwenden und sollten deshalb dem ursprünglichen Antrag unsere Zustimmung versagen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Becker. - Nun bitte für die FDP-Fraktion Herr Kosmehl.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Czeke, Ihr Antrag hat mich teilweise schon verwundert, weil für uns aus der Formulierung nicht ersichtlich war, worauf Sie hinauswollen.

Das haben Sie aber in Ihrer Rede hinlänglich kundgetan. Ich gehe zunächst auf den ersten Punkt in Ihrem Antrag ein. Auch wir, die FDP- und die CDU-Fraktion, gehen zunächst davon aus, dass der Teil des Heidekompromisses, nach dem bis 2006 eine Beräumung von Fundmunition geschehen soll, erfüllt werden soll. Insofern liegen wir in unseren Auffassungen gar nicht so weit auseinander.

Was in unserem Alternativantrag allerdings eine etwas andere Richtung bekommt, als Sie mit Ihrem Antrag verfolgen, ist die Frage nach der weiteren Nutzung des Südteils der Colbitz-Letzlinger Heide nach 2006.