Protocol of the Session on June 20, 2002

Es ist jetzt nicht der Moment, meine Damen und Herren, die gesamte Haushaltskosmetik der abgewählten Regierung darzustellen; sie ist schlicht zu umfangreich. Einige Beispiele müssen genügen. Ich will sie Ihnen kurz erläutern.

Beispiel 1: Im Kapitel Arbeitsmarkt, das im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 noch im Einzelplan des Ministeriums für Gesundheit und Soziales geführt wird, wurden während der parlamentarischen Beratung von SPD und PDS Ausgaben von 68 Millionen € im Rahmen des Europäischen Sozialfonds gestrichen. Dies zog Min

dereinnahmen von der EU von 48 Millionen € nach sich. Dadurch ergab sich für das Land eine Einsparung von 20 Millionen €. So weit, so gut.

Im Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung ist diese Einsparung an sich natürlich nicht kritikwürdig. Allerdings wurde daraus ein Risiko, als die SPD-geführte Landesregierung nach der Verabschiedung des Haushaltsplans auf der Grundlage eines Haushaltsvermerkes wieder zu den ursprünglichen Ansätzen zurückkehrte, ohne die entsprechende Vorsorge für diese 20 Millionen € zu treffen.

(Herr Schomburg, CDU: Hört, hört!)

Beispiel 2: Im Haushalt des Justizministeriums besteht derzeit die Gefahr von Einnahmeausfällen bei den Verwaltungseinnahmen in Höhe von 28 Millionen €. Davon wären zumindest 9,5 Millionen € vermeidbar gewesen, wenn bei den wichtigsten beiden Titeln die Veranschlagung auf der Basis des Istergebnisses des Jahres 2000 erfolgt wäre. Zugunsten einer Generierung von Scheineinnahmen unterblieb diese Veranschlagung.

Beispiel 3: Die Veranschlagung der Steuereinnahmen im Haushaltsplan 2002 einschließlich der Bundesergänzungszuweisungen und des Finanzausgleichs erfolgte auf der Basis der Steuerschätzung vom November 2001. Dabei wurden gegenüber der reinen regionalisierten Steuerschätzung 136 Millionen € an zusätzlichen Risiken berücksichtigt. Gleichzeitig ließ die abgewählte Landesregierung jedoch einen weiteren notwendigen Vorsorgebetrag von 51 Millionen € für den fortschreitenden Bevölkerungsrückgang außer Acht, ebenso wie die absehbaren Auswirkungen einer Gerichtsentscheidung zur Rückzahlung von Förderabgaben durch das Land Niedersachsen. Für diesen letzten Punkt wären mindestens 18 Millionen € bereitzustellen gewesen.

Im Ergebnis wären die diesjährigen Steuereinnahmen auf der Basis der Mai-Schätzung von 355 Millionen € um 69 Millionen € niedriger ausgefallen, wenn entsprechende Vorsorge getroffen worden wäre. Aber sie wurde nicht getroffen.

Beispiel 4: Im parlamentarischen Verfahren wurden die Zinsausgaben um 60 Millionen € gekürzt, mit der Wirkung, dass die Veranschlagung sich als nicht auskömmlich herausstellte. Die gesamte Überschreitung der Zinsausgabenansätze in diesem Haushaltsjahr um 17,2 Millionen € ist daher letztlich durch diese Kürzung bedingt.

Beispiel 5: Bei den Bürgschaftsausgaben wurde durch Mehrheitsbeschluss der Fraktionen der SPD und der PDS während der Ausschussberatungen der Ansatz von 35,8 Millionen € unter Missachtung der damals vorliegenden Bedarfsprognose um 21 Millionen € gekürzt. Die jetzige Überschreitung des Ansatzes um 60 Millionen € wäre somit zumindest in Höhe des Kürzungsbetrages vermeidbar gewesen, wenn man nur die fachliche Prognose berücksichtigt hätte.

Beispiel 6: Im Einzelplan 15 ergeben sich Risiken durch eine insgesamt zu optimistische Veranschlagung der Verwaltungseinnahmen. Obwohl im Haushaltsjahr 2000 bei einem Ansatz von 14,2 Millionen € das Ist bei lediglich 3,3 Millionen € lag, wurde bei der Haushaltsaufstellung 2002 der Einnahmeansatz nur geringfügig auf 12,4 Millionen € abgesenkt. Die Differenz zwischen dem Ist 2000 und dem Ansatz 2002 ergibt ein Risiko von 9,1 Millionen €, das vorhersehbar gewesen ist.

Und Beispiel 7: Trotz wiederholter Aufforderung, insbesondere durch den Landesrechnungshof, hat es die abgewählte SPD-geführte Landesregierung auch im Haushaltsplan 2002 versäumt, zumindest einen gewissen Vorsorgebetrag zur Deckung von Ausgaberesten bereitzustellen. Nach allen Erfahrungen hätte hierfür ein Betrag in Höhe von etwa 50 Millionen € als Minimum bereitgestellt werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung wählte auch überhöhte Ansätze für globale Minderausgaben und verzichtete auf eine solide Untersetzung. Im Laufe der parlamentarischen Beratungen zum Haushaltsplan 2002 wurde die globale Minderausgabe um 80 Millionen € auf insgesamt 184 Millionen € erhöht, davon 17 Millionen € im Personalbereich.

Die allgemein als verträglich und üblicherweise erwirtschaftbare Grenze von 1 % des Haushaltsvolumens wurde damit deutlich etwa um den Erhöhungsbetrag überschritten. Die in keiner Weise untersetzten Minderausgaben bedeuteten deshalb zumindest in Höhe der zusätzlichen 80 Millionen € ein weiteres Risiko, zumal auch an anderen Stellen des Haushalts in großem Umfang nicht auskömmliche Veranschlagungen schon erkennbar waren.

Im Gegensatz zu Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren der abgewählten Regierungsfraktion, sind unsere Sparbemühungen ernsthaft.

(Herr Bullerjahn, SPD: Bei der Neuverschuldung!)

Wir haben eine globale Minderausgabe von 157,7 Millionen € nicht nur in den Haushalt aufgenommen, sondern wir haben sie bereits solide titelmäßig untersetzt.

(Herr Bullerjahn, SPD: Was haben Sie? Wo ha- ben Sie das gemacht? - Frau Budde, SPD: Wo, wo? - Weitere Zurufe von der SPD)

Hier zeigt sich der Unterschied zwischen haushaltspolitischer Beliebigkeit und echtem Sparwillen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Keinen Euro zusätzlich haben wir ausgegeben. Am Übergang von Ihrer Haushaltsführung zu unserer ist nur gespart worden.

(Herr Bullerjahn, SPD: Wo haben Sie denn ge- spart? - Zuruf von Frau Budde, SPD)

Nur, bei allem Sparwillen, der von Ihnen aufgestellte Haushalt befindet sich, wie schon gesagt, im fortgeschrittenen Vollzug. Sie wissen so gut wie ich, dass im aktuellen Haushalt keine einschneidenden strukturellen Kurskorrekturen mehr möglich sind. Das von Ihnen hinterlassene Defizit von 1,1 Milliarden € ist in Gänze schlicht nicht einzusparen.

Herr Paqué, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Bullerjahn?

(Herr Dr. Püchel, SPD: Gallerjahn!)

Gallert - - Bullerjahn?

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

- Ja, gut. Herrn Püchels Humor hat mich irritiert.

Gestatten Sie die Frage? - Bitte.

Sie haben damit angefangen. - Herr Professor Paqué, habe ich es richtig verstanden, dass Sie die globale Minderausgabe schon vertitelt haben?

Ja. Das ist in der letzten Woche geschehen.

Danke schön.

(Frau Budde, SPD: Erklären Sie das mal! Ich weiß nicht, wie Sie das bringen wollen! Das ist mir schleierhaft!)

Herr Bullerjahn, wir werden im Finanzausschuss hinreichend Gelegenheit haben, die Dinge im Einzelnen zu besprechen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Darauf werden wir zurück- kommen!)

Das Kabinett - an dieser Stelle möchte ich meinen Ressortkollegen für ihr Engagement ausdrücklich danken - hat mit seinen Sparbemühungen 157,7 Millionen € eingespart als Untersetzung der GMA, der globalen Minderausgabe. Angesichts der immensen Schulden unseres Landes Sachsen-Anhalt erscheint das manchem vielleicht nicht als großer Betrag, aber meines Erachtens sind wir in einer Situation, in der wir gar nicht anders können, als buchstäblich den letzten Euro zusammenzukratzen.

Auch die Kommunen müssen Verzicht leisten. Sie werden über den kommunalen Finanzausgleich anteilig an den Steuerausfällen beteiligt und müssen auf rund 80 Millionen € verzichten, was allerdings erst mit der Abrechnung des kommunalen Finanzausgleichs für das Jahr 2002 wirksam werden wird.

Allerdings müssen wir bei allem kurzfristigen Sparbemühen die gesamtwirtschaftliche Lage in unserem wirtschaftlich gebeutelten Bundesland im Auge behalten. Auch unter der aktuellen Haushaltssperre, die mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts enden wird, werden wichtige Investitionsvorhaben nicht leiden. Sie werden unbürokratisch und zügig vom Finanzministerium genehmigt.

Im weiteren Haushaltsvollzug des Jahres 2002 werden wir gewährleisten, dass die konjunkturelle Schwäche vor allem in der Bauwirtschaft unseres Landes nicht durch kurzfristige drastische Kürzungen bei den öffentlichen Aufträgen über Gebühr verschärft wird.

Um den Haushalt auf die seriöse Grundlage zu stellen, die auch der Rechnungshof angemahnt hat, sind wir gezwungen, die Nettokreditaufnahme auf 945,8 Millionen € zu erhöhen. Dieser Schritt, meine Damen und Herren, fällt uns nicht leicht.

(Herr Dr. Heyer, SPD, und Herr Dr. Höppner, SPD, lachen)

Und wenn manche uns vorwerfen, wir würden einen Schluck aus der Pulle nehmen - das habe ich von Herrn Püchel heute Morgen so vernommen -,

(Herr Dr. Püchel, SPD: Nein, nein!)

dann kann ich nur sagen: Das ist ein bitterer Schluck und den nehmen wir nicht allein, den muss das ganze Land Sachsen-Anhalt gemeinsam nehmen.

(Frau Budde, SPD: Pathetisch!)

Denn es ist das Ergebnis von acht Jahren sozialdemokratischer Finanzpolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein.

Nein. - Am Ende?

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Nachtragshaushaltsplan weist eine Gesamtnettokreditaufnahme auf, die über der in der Verfassung des Landes festgelegten Grenze der eigenfinanzierten Investitionen liegt. Dies ist in der gegenwärtigen Haushaltsnotlage unvermeidbar. Zudem ist es gerechtfertigt durch das gesamtwirtschaftliche Ungleichgewicht, in dem sich unser Land befindet. Das wird in den schriftlichen Unterlagen entsprechend begründet.