Protocol of the Session on November 20, 2003

(Frau Theil, PDS: Wem denn sonst?)

Es kommt allerdings noch ein weiterer Punkt hinzu. Die Absicht der Antragsteller war es unter anderem, den Kommunen schnell Hilfe zukommen zu lassen und die neue Regelung möglichst umgehend einzusetzen, um

die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen. Meine Damen und Herren! Bei allem Ernst der Lage ist festzustellen, dass unsere Kommunen nicht handlungsunfähig sind. Sie befinden sich in schwierigen Gewässern, aber sie sind manövrierfähig und bleiben es auch. Deshalb ist dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Zum Schluss der Debatte spricht Herr Dr. Polte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem ersten Tagesordnungspunkt morgen Früh, der Aktuellen Debatte, geht es um die finanzielle Situation der Kommunen. Im Grunde genommen befasst sich der in Rede stehende Gesetzentwurf mit der gleichen Frage: Wie gehen wir mit der finanziellen Misere der Kommunen um?

Als eine aktuelle Hilfe wird im Gesetzentwurf vorgeschlagen, die Vorschrift zum Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben der jährlichen Kommunalhaushalte befristet in eine Sollvorschrift umzuwandeln. In Anbetracht der großen Zahl unausgeglichener Haushalte in SachsenAnhalt ist dieser Vorschlag sicherlich gut gemeint. Aber wir halten ihn letzten Endes nicht für zielführend.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung lässt keine höhere Eigenständigkeit oder Flexibilität für die kommunale Haushaltsführung erwarten. Die Umwandlung der Istvorschrift in eine Sollvorschrift ändert rechtlich nichts am Inhalt der Prüfung unausgeglichener Haushalte. Unser grundsätzliches Bemühen muss deshalb darauf gerichtet bleiben, eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen wiederherzustellen.

Im Sommer 2002 haben wir schon einmal über einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen mit der Überschrift „Entwurf eines Gesetzes zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung“ beraten. Vor dem Hintergrund der finanziellen Lage der Kommunen kann man heute nur sagen: Die kommunale Selbstverwaltung war noch nie so nötig wie heute, aber eben durch eigene, echte Finanzhoheit und nicht durch die Zementierung kleinteiliger Kommunalstrukturen. Darüber wird morgen noch zu sprechen sein.

Wir hören meistens auf die kommunalen Spitzenverbände und auf den Landesrechnungshof. Dies tun wir auch dieses Mal und tragen den vorliegenden Gesetzentwurf - namens der SPD-Fraktion darf ich das erklären - nicht mit.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Polte. - Damit ist die Debatte abgeschlossen und wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung.

Der Ausschuss für Inneres empfiehlt, den Gesetzentwurf in der Drs. 4/ 808 abzulehnen. Wer folgt der Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Das ist eindeutig die Mehrheit. Wer stimmt dagegen? - Das ist die PDS-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? - Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 8 beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1094

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien - Drs. 4/1122

Die erste Beratung fand in der 27. Sitzung des Landtages am 23. Oktober 2003 statt. Als Berichterstatter des Ausschusses für Kultur und Medien erteile ich Herrn Kühn das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In seiner 13. Sitzung hat der Ausschuss für Kultur und Medien über den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag beraten. Die Diskussion im Ausschuss war in der Hauptsache geprägt von der Sorge einiger Abgeordneter, der öffentlich-rechtliche Rundfunk könnte sich immer weiter ausweiten und die Aufgabe der Grundversorgung verfehlen. Viele Abgeordnete, insbesondere der Regierungskoalition, begrüßen deshalb die Regelungen im Staatsvertrag zur Selbstbeschränkung des öffentlichrechtlichen Rundfunks.

Demgegenüber sehen die der PDS-Fraktion angehörenden Ausschussmitglieder sowie andere Abgeordnete die Gefahr des staatlichen Eingriffs in die Programmhoheit der öffentlich-rechtlichen Anstalten; denn eine Beschränkung der Programmangebote geht nicht ohne inhaltliche Eingriffe, so die Auffassung der Opposition.

Erörtert wurde in diesem Zusammenhang die Frage der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen Rundfunksystem. Die Abgeordneten der Regierungskoalition verwiesen darauf, dass bei einer gebührenfinanzierten stetigen Ausweitung des öffentlichrechtlichen Rundfunks und bei sinkenden Werbeeinnahmen der privaten Veranstalter ein Ungleichgewicht zwischen den beiden Säulen des dualen Rundfunksystems zu erwarten ist. Die Abgeordneten der FDP-Fraktion vertraten diesbezüglich die Auffassung, dass sogar noch stärker strukturell eingegriffen werden müsste. Die Strukturen der öffentlich-rechtlichen Anstalten seien angesichts auch qualitativ hochwertiger privater Angebote nicht mehr zeitgerecht.

Nach dem Einwand des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes - die Mitglieder des Ausschusses werden sich daran erinnern -, man sollte doch bitte Rückverweise auf zu ändernde Staatsverträge ausbringen und auf die Fundstelle im Gesetzblatt hinweisen, entbrannte ein hochakademischer juristischer Disput zwischen dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst und der Staatskanzlei.

Obgleich sich die Abgeordneten bemühten, dem Disput zu folgen, konnte dem Vorschlag des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes keine epochale Bedeutung zugewiesen werden. Der Ausschuss machte sich den Änderungsvorschlag des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu Eigen und empfiehlt dem Hohen Haus mit 8 : 3 : 1 Stimmen, dem so geänderten Entwurf eines Ge

setzes zu dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Staatsminister Herrn Robra)

Vielen Dank, Herr Kühn. - Die Debatte wird eröffnet durch den Beitrag der PDS-Fraktion. Ich erteile Herrn Höhn das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in der Parlamentsdebatte im Oktober sowie während der Beratung im Ausschuss die Frage gestellt, was mit dem jetzt im Staatsvertrag formulierten Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten passieren wird, wenn die Ergebnisse der Evaluation vorliegen und die Politik, namentlich die Ministerpräsidenten, nicht zufrieden ist. Die Antwort lautete, dann werde der Rechtsrahmen neu festgesetzt. Es hat allerdings nicht drei Jahre gedauert, wie im Staatsvertrag vorgesehen war, sondern gerade einmal wenige Wochen.

Noch bevor der Funktionsauftrag, wie wir es heute tun, durch alle Landesparlamente bestätigt wurde, haben drei Ministerpräsidenten einen Generalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestartet. Die einzige Absicht, die damit verfolgt wird, ist die Stärkung der privaten Konkurrenz.

Meine Damen und Herren! Ich will nicht auf jeden Vorschlag der drei Politiker eingehen, sondern darauf mit einem Satz antworten, den Herr Schomburg in der letzten Sitzung vortrug. Ich zitiere:

„Die Funktion der Politik ist es, als Rahmengeber aufzutreten, aber sich nicht in die innere Struktur und die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzumischen.“

Das ist ein Satz, den ich ohne Wenn und Aber unterstützen kann. Aber offensichtlich ist dies mittlerweile eine Minderheitenposition in der politischen Landschaft geworden.

Zunächst muss einmal festgestellt werden, dass die jetzige Struktur der öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht vom Himmel gefallen ist. Dieselben Politiker, die heute die Speerspitze der Kritik bilden, haben die Strukturen erst geschaffen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die meisten dieser Entscheidungen fanden und finden meine Zustimmung.

Es war richtig, mit „3Sat“ einen anspruchsvollen Kulturkanal zu etablieren. Es war richtig, mit „Arte“ einen europäischen Ansatz im Mediensystem zu schaffen. Es war richtig, mit dem Kinderkanal dem oft kritisierten und kommerzialisierten Angebot für Drei- bis 13-Jährige ein Programm mit pädagogischem Anspruch entgegenzustellen. Es war richtig, mit „Phoenix“ ein Medium zu schaffen, das mit seinen originären Berichterstattungen einen wichtigen Beitrag zur politischen Meinungsbildung leistet.

Schließlich war es auch richtig, den öffentlich-rechtlichen Sendern einen Finanzrahmen zu geben, der ihnen gestattet, dem technologischen Fortschritt zu folgen und mit der privaten Konkurrenz mitzuhalten. - Das alles kostet letztlich auch Geld.

Da wir heute noch nicht über die Gebühren entscheiden, will ich dazu nur eine kurze Bemerkung machen: Politiker, die Renten kürzen, die Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau absenken wollen, Kopfpauschalen vorschlagen, den Zahnersatz privatisieren usw. usf., diese Politiker sollen doch bitte in der Öffentlichkeit nicht erklären, dass eine Gebührenerhöhung um 1 € sozial unverträglich sei. Das ist ja schlicht lächerlich.

(Zustimmung bei der PDS - Zurufe von der CDU)

Denn Herr Schomburg hat in der letzten Parlamentssitzung selber darauf hingewiesen, dass diese Begründung die einzige dafür ist, die KEF-Empfehlung abzulehnen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt einen verfassungsmäßigen Bestands- und Entwicklungsschutz. Das, was jetzt zur Funktion der öffentlich-rechtlichen Anstalten diskutiert wird, ist damit unvereinbar. Insofern kann ich nur Herrn Pleitgen und andere unterstützen, wenn sie überlegen, eine Verfassungsklage anzustreben, sollten diese Pläne Realität werden.

In der letzten Rede habe ich noch einen Einstieg in die politische Beeinflussung der Programmhoheit der Anstalten befürchtet - die Realität hat den Staatsvertrag, den wir heute behandeln, und meine Befürchtungen längst überholt.

Die heutige Rundfunklandschaft ist bedarfsorientiert gewachsen. Derart gravierende Veränderungen, wie sie vorgeschlagen wurden, sind nicht Sache weniger Ministerpräsidenten, sondern der Gebührenzahler. Dieser Staatsvertrag sollte auch uns als Parlament Anlass sein, noch einmal darüber nachzudenken, wie wir vor der Unterzeichnung durch den Ministerpräsidenten auf die Verhandlungen Einfluss nehmen können. Ich denke, dies wäre unser gutes Recht, denn letztlich sollen wir ihm auch zustimmen.

Meine Damen und Herren! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nach dem Krieg in der Bundesrepublik Deutschland ganz bewusst nicht als Staatsfunk und mit einer föderalen Struktur geschaffen worden. Er ist in seiner Struktur und durch seine Gebührenfinanzierung unerlässlich für eine unabhängige und staatsferne Berichterstattung. Er ist ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Ich sage dies mit allem Ernst, weil ich ihn im Moment in seinem Bestand gefährdet sehe.

Die PDS lehnt den Gesetzentwurf ab. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Höhn. - Nun erteile ich Herrn Kehl als Vertreter der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die angesprochene Rahmenregelung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks begrüßt die FDP ausdrücklich. Herr Kühn hat schon ausgeführt, dass uns das noch nicht weit genug geht. Ebenso begrüßen wir die Rundfunkgebührenbefreiung für die internettauglichen PCs.

Die Debatte ist gerade erst eröffnet worden; es wird sicherlich noch einmal erheblich diskutiert werden, wenn die Erhöhung der Rundfunkgebühren ansteht. Die Erhöhung ist nach der Auffassung der FDP nicht sozial verträglich, auch wenn es angeblich nur um 1 € im Monat geht. Das ist nämlich nicht so. Das gesamte Gebühren

modell ist unserer Meinung nach auf den Prüfstand zu stellen. Es ist ein ganz erheblicher Betrag, durch den dem Bürger schamlos in die Tasche gegriffen wird und der ausgerechnet von der PDS als „Rächer der Enterbten“ und „Anwalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ noch verteidigt wird.

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns sachlich und vernünftig und auf technischen Realitäten bewegend über die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks reden. Es kann eben nicht sein, dass sich der öffentlichrechtliche Rundfunk als „heilige Kuh“ jeglicher Kritik entziehen kann und stattdessen immer nach neuen Gebührenerhöhungen schreit, den Markt platt macht mit Werbeeinnahmen, die Private so nicht erzielen können. Meine Damen und Herren, hier hört es wirklich auf.

Ich verstehe auch die Aufregungen bei der PDS nicht: Kein Mensch möchte in die Pressefreiheit, in die Rundfunkfreiheit eingreifen. Es geht hier um Strukturentscheidungen und nicht um Programme.

Ebenso finde ich es verwunderlich, wenn hier gesagt wird, die Spitze der Kritik, die ja bundesweit die FDP bildet, hätte dafür gesorgt, dass der Kinderkanal und „Phoenix“ eingerichtet worden seien. Das kann ich so nicht nachvollziehen.