Meine Damen und Herren! Wir brauchen einen realistischen Blick auf die Wirklichkeit. Ich will an dieser Stelle keine Finanzdebatte führen.
Ich will nur sagen, auch die Hochschulen haben sich in Bezug auf den Einsatz der öffentlichen Mittel zu legitimieren. Trotz des besonderen Status, den Hochschulen zweifelsohne haben, ist es völlig irrational zu behaupten, dass wir diese Debatte ohne eine finanzielle Grundlage, ohne die finanziellen Rahmenbedingungen führen können.
Ich will ganz flüchtig nach Berlin schauen, wo bekanntlich andere Konstellationen an der Regierung sind. Dann sollten wir uns auch einmal in diesem Kontext unterhalten, und uns nicht, Frau Budde, nur in dem engen Horizont unserer Landesgrenzen bewegen.
Meine Damen und Herren! Auch die Hochschulen sind reformbedürftig, und zwar unabhängig von der finanzpolitischen Geschichte. Der Herr Minister hat bereits erwährt, dass auch die SPD das offenbar in der letzten Wahlperiode erkannt, aber mittlerweile vergessen hat; denn all diese Konzepte lagen auf dem Tisch. Über alle Konzepte ist in der Öffentlichkeit diskutiert worden.
Das Einzige, das Ihnen gefehlt hat, war die Mehrheit, um es durchzusetzen. Sie hatten nie die Kraft, unpopuläre Maßnahmen, die Sie für notwendig erachtet haben, durchzusetzen.
Meine Damen und Herren! Wir Sozialwissenschaftler träumen auch immer von einem herrschaftsfreien Diskurs. Es ist ein Traum. Wir müssen den Realitäten ins Auge sehen, und die sind nun einmal so, wie sie sind.
Ich will diese nur mit einigen Stichworten anreißen: Da ist die demografische Entwicklung. Wir wissen doch alle - Herr Bullerjahn hat diesbezüglich offenbar auch Studien im Koffer -, dass die Zahlen ganz klar belegen, wohin wir uns finanzpolitisch und bevölkerungsmäßig entwickeln. Eine verantwortliche Politik, die nicht nur, wie uns immer vorgeworfen wird, in kurzen Jahresscheiben denkt, ist doch bitte schön verdammt noch einmal verpflichtet, das in ihre Konzepte mit einfließen zu lassen.
Des Weiteren wird immer propagiert: Wir müssen die Anzahl der Studierenden erhöhen, auswärtige Studenten oder gar Studenten aus Osteuropa sollen zu uns kommen.
Meine Damen und Herren! Das alles sind doch keine realen Annahmen. Wir hatten unlängst einen osteuropäischen Botschafter im Hause zu Gast. Dieser hat gesagt: Seine Studenten gehen nicht nach Deutschland. Sie gehen vornehmlich in die anderen Länder, nach Frankreich und England. Statt uns zu fragen, warum das so ist, diskutieren wir auf der Grundlage, dass sie irgendwann kommen würden. Lassen Sie uns zur Rationalität und zu den Tatsachen zurückkommen.
Dann liest man derweil - die PDS hat das behauptet -, das Land habe im hochschulpolitischen Bereich keine Visionen. Da fiel mir zunächst ein Zitat von Helmut Schmidt ein. Er hat einmal gesagt: Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen.
Erstens. Wir wollen langfristig gesicherte Hochschulstandorte, die ausfinanziert sind und die klare Profilierungen vorweisen.
Zweitens. Wir wollen Hochschulstandorte haben, die sich in ihrem Profil klar definieren und innerhalb dieses Profils wissenschaftliche Exzellenz aufweisen.
Viertens. Wir wollen Strukturen in den Hochschulen schaffen, die die Selbstverwaltung stärken und damit zukunftsfähig sind.
Nun noch einige wenige Punkte - ich glaube, meine Redezeit läuft bald ab - zu den konkreten Aspekten der Gesetzgebung. Auf der einen Seite wollen wir möglichst eine den Hochschulen gerecht werdende pragmatische Lösung haben. Auf der anderen Seite wollen wir, dass wir als Parlament an dieser Debatte nicht nur beteiligt sind, sondern in ihr auch bestimmend sind. Das ist der Widerspruch, in dem wir uns befinden.
Es kann nicht ernsthaft gewollt sein, dass wir über jeden Studiengang und jede Professur fachlich und inhaltlich im Landtag debattieren. Das können wir doch gar nicht leisten. Seien Sie doch bitte einmal ehrlich.
Deswegen sage ich: Die Regierung hat einen Entwurf vorgelegt, der in der nächsten Sitzung ins Parlament ein
gebracht wird. Dann haben wir Gelegenheit, uns in aller Ruhe den Grad an Mitbestimmung bei den Entscheidungen zu sichern, den wir für notwendig erachten, der aber gleichzeitig auch pragmatisch sein muss; denn wir können nicht über jeden Studiengang entscheiden. Das würde das reinste Chaos werden. Davor kann ich nur warnen, meine Damen und Herren.
Ein Letztes noch: Ich bin ein wenig bekümmert darüber, dass wir - das bringen auch die Medien stets in den Schlagzeilen - immer wieder die alten ideologischen Hüte hervorzaubern. Das Stichwort heißt Studiengebühr. Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns die Sache auch an dieser Stelle ganz realistisch und pragmatisch angehen. Ihr Argument gegen die Studiengebühren - ich bin auch kein Befürworter, der diese morgen einführen will - war, dass Sie verhindern wollen, dass die sozial schwachen Schichten keine Möglichkeit mehr haben, um Bildung zu erwerben.
Lassen Sie uns einmal sehen, wie die Realität aussieht. Dreißig Jahre lang diskutieren wir über diesen Punkt und wir haben nichts erreicht. Sehen Sie sich doch an, woher unsere Studenten kommen. Sie kommen vornehmlich aus den akademischen Schichten. Die Durchlässigkeit der sozialen Schichten ist doch gar nicht gewährleistet.
Das muss doch auch in die Diskussion einbezogen werden. Wir können uns doch nicht immer nur auf das Thema Studiengebühren als einen Popanz versteifen und nicht zu den Inhalten kommen. Ich lade Sie herzlich ein, mit uns im Ausschuss über die Inhalte zu diskutieren. In diesem Sinne freue ich mich auf den November, wenn wir den Entwurf im Landtag haben. - Vielen Dank.
Herr Tullner, Sie zeigten die Bereitschaft, Fragen der Abgeordneten zu beantworten. Zuerst erteile ich Frau Budde das Wort. - Bitte sehr, Frau Budde.
Herr Präsident! Herr Tullner, Sie haben erklärt, die letzte Regierung hätte nicht die Kraft gehabt, unpopuläre Maßnahmen umzusetzen. Dann frage ich Sie: Sind Sie bereit, anstelle der Ermächtigungsklausel, die Sie jetzt in dem Entwurf des Gesetzes haben, die von Ihnen so genannten unpopulären Maßnahmen inhaltlich in das Gesetz hineinzuschreiben und mit der parlamentarischen Mehrheit, die Sie haben, zu beschließen?