Die Anhörung zum Hochschulartikelgesetz wird voraussichtlich viele Schwachstellen aufzeigen. Ich will nur eine davon ansprechen: Das ist das Thema Studiengebühren, allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt.
In anderen Bundesländern werden jetzt Modelle für Bildungsguthaben diskutiert. Modelle für so genannte Studienkonten sind in Rheinland-Pfalz und in NordrheinWestfalen - dabei schaue ich bewusst über unsere Landesgrenzen hinaus - erarbeitet worden. Dort ist die Gesetzgebung bereits so weit, dass diese Studienkontenmodelle im nächsten Jahr eingeführt werden sollen. Bremen und Berlin bereiten entsprechende Gesetze vor.
Wir haben in diesen Bundesländern Koalitionen, an denen die SPD, die CDU, die FDP, Bündnis 90/Die Grünen und die PDS beteiligt sind. Bei dieser Konstellation und bei dieser Betroffenheit sollte es doch möglich sein, dass künftig Studierende nicht nur an den Hochschulen der anderen EU-Mitgliedstaaten gleichwertige Abschlüsse erwerben können, sondern dass auch in Deutschland durch eine abgestimmte Hochschulgesetzgebung zukunftsorientiert und unabhängig vom Bundesland kombinierbare Studienverhältnisse geschaffen werden.
(Herr Schomburg, CDU: Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun! Da merkt man: Sie ha- ben keine Ahnung, wovon Sie sprechen! Vor- lesen können Sie, mehr nicht!)
Ich habe, meine sehr geehrten Damen und Herren, die große Sorge, dass das Hochschulstrukturneuordnungsgesetz in einem schmalen Zeitfenster durch das Parlament gejagt werden soll. Ein solches Verfahren wäre der Bedeutung dieses Themas nicht angemessen und angesichts der weitreichenden Folgen für das Land nicht vertretbar. Die Vorschläge, die aus den Hochschulen selbst kommen, dürfen nicht wieder im Papierkorb landen, ihre Stellungnahmen dürfen nicht zur Farce werden.
(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Deswegen brauchen wir die Zeit!)
Ich habe die Hoffnung, dass sich die Koalitionsfraktionen einer gründlichen Beratung über die zukünftigen Hochschulstrukturen und die Studien-, Lehr- und Forschungsverhältnisse an den Hochschulen des Landes nicht verweigern werden,
(Herr Tullner, CDU: Das haben wir doch immer gesagt! - Frau Feußner, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)
obwohl Sie gestern bei den Haushaltsberatungen fast alle unsere Anträge abgelehnt haben. Aber, Herr Tullner und Frau Feußner, ich setze auf Sie.
Den Hochschulen darf kein Schaden zugefügt werden. Sie stärken in hohem Maße die Wirtschaftskraft unseres Landes, sie locken junge Leute nach Sachsen-Anhalt, sie holen damit auch Geld in unser Bundesland, sie wirken der sonstigen Abwanderung entgegen.
Ich werbe, meine sehr geehrten Damen und Herren, erneut für ein landesweites Bündnis unter dem Titel „Studieren und Forschen in Sachsen-Anhalt“. Lassen Sie uns das auf den Weg bringen. Lassen Sie uns auch vernunftgeleitet, zielorientiert und solide die Hochschulstrukturen und die Studienbedingungen diskutieren und die Gestaltungsmöglichkeiten als Parlament nicht aus der Hand geben. Dann könnten wir hier im Parlament mit dem Schlussakt das Trauerspiel zwar nicht als Komödie beenden - das darf nicht sein -, aber vielleicht wird dann wenigstens das Ende als Tragödie verhindert.
Frau Dr. Kuppe, Sie waren bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Schellenberger zu beantworten. - Bitte, Herr Dr. Schellenberger.
Werte Frau Dr. Kuppe, geben Sie mir Recht, dass die Landesregierung bereits mehrmals - mindestens dreimal im Ausschuss - über das Hochschulstrukturgesetz berichtet hat und Sie über den derzeitigen Arbeitsstand von sich aus informiert hat? -Sie können die Protokolle noch einmal nachlesen. Wenn Sie diese Entscheidung jetzt nicht treffen können, gucken Sie bitte noch einmal in die Protokolle. Wenn Sie es aber wissen, dann würde ich mich freuen, wenn Sie mir in der Hinsicht jetzt Recht gäben.
Herr Schellenberger, ich habe es durchaus registriert, dass wir im Herbst über diese Hochschulstrukturgeschichten diskutiert haben.
(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Wir haben immer noch Herbst! - Zurufe von Herrn Reck, SPD, und von Herrn Bischoff, SPD)
- Herr Minister, Herr Schellenberger, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, Sie werden meinem Redebeitrag entnommen haben, dass ich auf die Entwicklung des Hochschulstrukturkonzeptes, die Vorarbeiten in der Benz-Kommission und die Vorlage des Entwurfs im Juli - es war, glaube ich, der 15. Juli 2003 - Bezug genommen habe. Weder zu den Ergebnissen der Benz-Kommission noch bei der
Einbringung dieses Hochschulstrukturkonzeptes ist der Bildungsausschuss rechtzeitig informiert worden.
Das war ja auch terminlich ganz geschickt gewählt, da war Sommerpause, allerdings nicht für die Hochschulen, die innerhalb von zwei Wochen - wenn ich mich jetzt recht erinnere - ihre Stellungnahmen abgeben mussten. Wir durften erst im September wieder diskutieren. Ich denke, das war der Bedeutung dieser Strukturdebatte nicht angemessen; das beklage ich.
Vielen Dank, Frau Dr. Kuppe. - Meine Damen und Herren! Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich für die CDU-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Tullner das Wort. Bitte sehr, Herr Tullner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich schon sehr wundern - vielleicht auch, weil ich neu bin -, dass wir hier eine Phantomdebatte führen. Wir kriegen den Gesetzentwurf in der nächsten Sitzung des Landtages hier ins Parlament und haben alle Zeit, die wir brauchen - das sichere ich noch einmal ausdrücklich zu -, um über die Inhalte zu diskutieren. Wir müssen keine aufgeregte Debatte führen über Altinformationen oder „unausgegorene“ Informationen oder Informationen, die offensichtlich von Ihnen verfälscht werden, meine Damen und Herren.
Unlängst stand in der „Volksstimme“ geschrieben, dass die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät ihr zehnjähriges Jubiläum feiere. Dabei war auch der Finanzminister anwesend und hat in Form eines Dialogs mehrere Fragen aufgeworfen, unter anderem die Frage, ob die Wahrheit Sache der Hochschulen sei und die Mehrheit die Sache der parlamentarischen Demokratie.
In dieser zugespitzten Form kann ich dem leider nicht folgen; denn ich denke, auch wir im Parlament haben den Anspruch, uns an Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit zu orientieren, meine Damen und Herren.
Bei Stichwort Wahrhaftigkeit möchte ich, weil es, denke ich, für alle Beteiligten unangenehm ist, kurz auf die Aufgeregtheit der Debatte der zurückliegenden Tage zu sprechen kommen. Meine Damen und Herren! Die Art, wie Sie sich in der Öffentlichkeit dargestellt haben, lässt nur einen Schluss zu: Es geht Ihnen überhaupt nicht um die Sache; es geht Ihnen gar nicht um die Hochschulen. Nein, es geht um taktische Spielchen, und es geht um parteipolitische Profilierungsneurosen, die Sie pflegen.
Mangels politischer Inhalte und wegen schlechter Umfragewerte versuchen die Sozialdemokraten offenbar, eine Diskussion zu entfachen, die wirklich bar jeder Realität ist.
- Frau Dr. Kuppe, Sie haben in Ihrem Redebeitrag bewiesen, welche Denkweise Sie haben: Profilierungsneurosen und keine Inhalte.
Auch der Antrag der PDS-Fraktion scheint mir sehr durchsichtig zu sein. Wie gesagt, wir haben in den nächsten Wochen noch ausreichend Zeit.
Meine Damen und Herren! Dieses Vorhaben wird scheitern. Ich will nur noch einmal - es ist bereits angesprochen worden - sagen: Ihre völlig indiskutablen Erklärungen sind - vornehm formuliert - an Instinktlosigkeit und Ahnungslosigkeit nicht mehr zu übertreffen. Ich kann Sie nur dazu auffordern: Lassen Sie ab von der Verrohung der Debatte und von der Beschwörung des Geistes von Weimar, meine Damen und Herren.
Nichts anderes läuft im Land ab, wenn von „OlbertzAnschlägen“ und von einem „Ermächtigungsgesetz“ gesprochen wird. Rüsten Sie bitte im Interesse der Sache verbal ab.
(Herr Bullerjahn, SPD: Sie sollten in die Biblio- thek gehen und die Debatten nachlesen! - Herr Dr. Püchel, SPD: Er kann es nicht!)
Was ist der Kern der Debatte? - Wir haben Hochschulen, die sich in einem Reformprozess befinden, und zwar deutschlandweit. Nun wird uns immer wieder vorgeworfen, der Ausgangspunkt unserer Hochschulreformdebatte wären die Finanzen. Das ist richtig, meine Damen und Herren. Die Hochschulen leben nicht im rechtsfreien und finanzpolitisch freien Raum. Auch die Hochschulen sind auf die Ressourcen, die ihnen die öffentliche Hand zur Verfügung stellt, angewiesen.
Deswegen sind solche Sprüche wie „Wer an Bildung spart, spart an der Zukunft“ und Ähnliches auf der einen Seite sehr wohlfeil. Aber ich sage: Wer gar nicht spart, hat überhaupt keine Zukunft mehr.