Protocol of the Session on September 23, 2003

Ich gebe zu, dass das, was in Berlin passiert - diesbezüglich mache ich aus meinem Herzen keine Mördergrube -, zum Teil auch für uns wirklich schwierig ist. Ich finde manches nicht gut. Das, was Eichel als Entwurf für eine Gemeindefinanzreform vorgelegt hat, war für die SPD-Bundestagsfraktion und darüber hinaus mehr als schwierig. Deshalb gab es diese Reaktion.

Aber CDU und FDP sind jahraus und jahrein durch die Lande gelaufen und haben von der Bundesregierung Reformen verlangt. Nachdem es nun entsprechende Entwürfe gibt, laufen die gleichen Leute wieder durch die Gegend und kritisieren, dass man vielleicht manche Besitzstände nicht halten wird. Das kann man so nicht machen

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Ich bin ganz ehrlich, Herr Ministerpräsident: Mir wird bei der Diskussion über den Haushalt 2004 nicht allzu viel einfallen; denn - jetzt greife ich Ihren Spruch auf; diesbezüglich haben Sie Recht -: Sie regieren jetzt schließlich. Ich weiß, dass ich zur Rückführung der Nettoneuverschuldung Programme in Größenordnungen treffen müsste. Sie sind nämlich insofern inkonsequent und nicht ehrlich, wie Sie es heute verkaufen wollten, weil zum Beispiel die Kommunalwahl bevorsteht.

Sie wollen einen Zweijahreshaushalt machen. Ich habe in Ihre mittelfristige Finanzplanung hineingeschaut. Sie wollen die Nettoneuverschuldung in Höhe von 950 Millionen € auf ungefähr 450 Millionen € bei gleich bleibenden

Steuereinnahmen senken. Nun kann sich jeder halbwegs Gebildete ausrechnen: Entweder reden wir in den nächsten Jahren über die gleiche Nettoneuverschuldung oder es werden im nächsten Jahr die Kommunalfinanzen und andere große Haushaltsposten gestrichen. Anders geht es nicht.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Wer dauernd „Ehrlichkeit“ in seinen Reden führt, der sollte das ehrlicherweise den Leuten auch jetzt schon sagen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Oder, Herr Kosmehl, weil Sie sich laufend echauffieren, Sie rechnen mir einmal vor, woher Sie allein die 450 Millionen € für die Halbierung der Nettoneuverschuldung nehmen wollen. Das könne Sie mir auch bei einem Kaffee erklären. Wenn Sie dafür einen Einfall haben, dann greife ich diesen gern auf.

Ich sage das deswegen: Wer in das eine Loch hineinpustet, wie vorhin - ich habe fünf oder sechs Mal das Wort „Ehrlichkeit“ gehört -, der wird es sich in den nächsten Jahren gefallen lassen müssen, dass man ihn daran misst. Es wird in diesen Zeiten immer schwieriger, bestimmte Dinge gleichmäßig zu machen. Natürlich sind Sie auch ein bisschen in Ihren Wahlversprechen gefangen. Sie haben doch nach den Haushaltsberatungen im letzten Jahr gewusst, Herr Scharf und Herr Böhmer, dass das alles gar nicht aufgeht, weil Sie die Haushaltssituation des Bundes und des Landes kannten. Nun müssen Sie das irgendwann einmal abräumen. Dass Sie deswegen von der Opposition getrieben werden, ist völlig natürlich.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Manfred Püchel hat zu Recht auf den Ausspruch des Ministerpräsidenten hingewiesen: Wenn bis Weihnachten keine Bewegung erkennbar ist, dann muss ich mir gefallen lassen, dass Kritik kommt.

(Frau Budde, SPD: Schon das zweite Mal!)

Nun kommt die Kritik; nun kritisieren Sie den Püchel, weil der das auch noch sagt und sich traut, für die SPDFraktion diese Kritik anzubringen.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich auf die heute schon oft zitierten Papiere von mir zu sprechen kommen. Wenn ich gewusst hätte, was das für Diskussionen hervorruft, hätte ich diese verkauft, noch dazu bei der momentanen Diäten-Diskussion. Man könnte wahrscheinlich richtig Geld damit machen. - Aber Spaß beiseite. Ich habe einmal gerechnet. Das kann jeder andere auch machen, weil es öffentlich zugängliche Zahlen sind. Auch dabei sind Sie nicht ehrlich; denn wer über den Personalabbau redet, der redet heute nicht nur über 55 000 Stellen. Er weiß nämlich, dass diese Berechnung aufgrund der demografischen Entwicklung nicht aufgeht.

Herr Paqué, Sie können das immer sehr schön darstellen. Aber wenn Sie solche Sprüche auf den Lippen haben, dass, seitdem Sie in der Regierung sind, alles anders ist,

(Heiterkeit bei der SPD - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

- die 2 % von 100 % des Gesamthaushaltes meinen Sie wahrscheinlich; nur diesen Anteil können Sie überhaupt

beeinflussen - dann sagen Sie den Leuten, dass wir heute nicht mehr über 55 000 Stellen reden, sondern über den Abbau von 30 000 Stellen, wenn der Zielkorridor für die nächsten 15 Jahre bei 18 Bediensteten auf 1 000 Einwohner festgelegt und dabei eine Einwohnerzahl von 2,1 Millionen Einwohnern zugrunde gelegt wird, die wir wahrscheinlich haben werden. Das wäre ehrlich.

Es würde eine ehrliche Diskussion im Hinblick auf die Zukunft ermöglicht werden, wenn eine Vision für das Voranbringen des Landes entwickelt werden würde, und nicht erst, seitdem es Böhmer gibt, sondern seitdem alle Regierungen versuchen - das nehme ich für alle in Anspruch -, dem Land trotz der schwierigen Ausgangsposition ein Profil zu geben.

Deshalb reden Sie mit den Leuten offen darüber, dass es bei bestimmten Ausgabegruppen keine Erhöhungen mehr geben wird, sondern dass man mit diesen Strukturen leben muss, und vereinbaren Sie gemeinsam, wie in Zukunft die Rücknahme der Mittel gestaltet wird. Dabei geht es um die Kommunalfinanzen, um die Bildung und das ganze Drum und Dran.

Aber wenn hier suggeriert wird - ich habe das vorhin gehört -, dass man darüber nachdenke, den Ansatz für die Kommunalfinanzen zu erhöhen, dann ist das schlichtweg gelogen und unehrlich.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden versuchen - diesbezüglich ist die SPD bereits im vorigen Jahr im Zusammenhang mit dem KiFöG andere Wege gegangen als die vorherige Opposition -, einerseits zu kritisieren, andererseits aber für die Zukunft - natürlich aufgrund einer klaren Wahlabsicht, aber auch für das Land insgesamt - unpopuläre Entscheidungen - das hat die CDU nie gemacht - mitzutragen und gleichzeitig eine Vision dafür zu entwickeln, wie man diesem Land hilft, um aus den Schwierigkeiten herauszukommen, und das über alle Parteigrenzen hinweg.

Ich sage nur: Die Redner der Regierungsfraktionen haben es einem heute sehr schwer gemacht, dieses auch von der CDU und der FDP zu erwarten. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Bullerjahn. - Meine Damen und Herren! Weitere Redebeiträge sind nicht angemeldet worden. Ich merke aber der Fairness halber an, dass die CDU-Fraktion noch eine Restredezeit von 24 Minuten hat. Es gibt aber keinen Redewunsch. Die Debatte ist deshalb abgeschlossen.

Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Gemäß § 29 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Landtages werden Haushaltsvorlagen an den Ausschuss für Finanzen zur federführenden Beratung sowie an die übrigen Fachausschüsse außer an den Petitionsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

Wir stimmen im ersten Abstimmungsvorgang zunächst über den Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2004 in der Drs. 4/1022 ab. Wer einer Überweisung des Entwurfes eines Haushaltsbegleitgesetzes 2004 in die genannten Ausschüsse zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Eine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltung. Damit ist der Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes mit großer Mehrheit in die genannten Ausschüsse überwiesen worden.

Wir kommen zu der Abstimmung über den Entwurf des Haushaltsgesetzes 2004 in der Drs. 4/1021. Wer einer Überweisung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2004 seine Zustimmung gibt, den bitte ich ebenfalls um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Eine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltung. Damit ist der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2004 ebenfalls mit großer Mehrheit in die entsprechenden Ausschüsse überwiesen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie noch einen Augenblick um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Wir sind am Ende der 14. Sitzungsperiode des Landtags angelangt.

Ich bitte Frau Dr. Sitte, Herrn Dr. Polte, Herrn Kolze und Herrn Kosmehl, nach der Sitzung zur Klärung einer Angelegenheit zu mir zu kommen.

Ich berufe den Landtag zu seiner 15. Sitzungsperiode für den 23. und 24. Oktober 2003 ein. Die Sitzung des Landtages ist damit geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.20 Uhr.