Das Gutachten zeigt auch Bereiche auf, auf denen in den kommenden Jahren unser besonderes Augenmerk liegen muss, nämlich auf Investitionen in hochwertige Techniken und auf Investitionen in Unternehmen mit hoher internationaler Handelsintensität. Es verweist auf die Notwendigkeit einer weiteren räumlichen Konzentration von Investitionen, allerdings nicht nach dem Prinzip, wie nach Ihrer Definition, zunächst Mitteldeutschland und dann eine Weile nichts zu fördern, oder dem Rezept vom IWH, nur Halle und Magdeburg zu fördern; vielmehr verweist es auf regionale Entwicklungspole, die gestärkt werden müssen. Hierin sind durchaus mehr als nur zwei sichtbar. Das ist aus meiner Sicht ein sehr vernünftiger Ansatz.
Es wird eine Zielhierarchie für die Förderung empfohlen, die sehr klar ist und der ich mich nachhaltig anschließen kann. Es wird eine stärkere Konzentration auf die Förderung zukunftsorientierter Strukturen gefordert als Voraussetzung für einen langfristigen und nicht nur punktuellen, sondern sich selbst tragenden Wachstumsprozess in unserem Land. Es wird gefordert, mehr auf die Verstärkung der Beschäftigungswirksamkeit zu achten und dies auch in den Förderrichtlinien umzusetzen. Es wird auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, eine möglichst hohe Effizienz des eingesetzten Förderbudgets zu erreichen, eine Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur als Grundlage für veränderte Förderrichtlinien zu nehmen und die Unterstützung einer langfristig umweltgerechten Entwicklung einschließlich der Berücksichtigung raumordnerischer Ziele aufzunehmen.
Wie sollte oder wie könnte also eine solche differenzierte Förderung aussehen? - Eine Debatte darüber hätte ich mir sowohl im Ausschuss in der Sitzung in der letzten Woche als auch vielleicht im Vorfeld der Veränderungen solcher Richtlinien oder überhaupt einmal im Ausschuss gewünscht; denn es war schon lange unser Ansinnen, eine Ansiedlungsstrategie und andere Dinge, die Sie angekündigt haben, inhaltlich zu diskutieren. Bis zu solchen strukturieren Diskussionen sind wir bisher nicht gekommen.
Ich hoffe, dass wir dies im Wirtschaftsausschuss tun können. Aber da ich mein Leben nicht nur auf Hoffen gründe, will ich trotzdem hier kurz skizzieren, wie wir uns das vorstellen, wobei ich glaube, dass der eigentliche Ort für die weitergehenden inhaltlichen Debatten der Wirtschaftsausschuss wäre. Nach meinen Erfahrungen im Parlament im letzten Jahr und mit dem Antrag muss ich aber befürchten, dass dieser Ort nicht gewählt wird, weil die Mehrheit im Parlament dem nicht zustimmen wird, dass dazu eine Anhörung durchgeführt wird oder sich im Ausschuss darüber inhaltlich unterhalten wird.
Zu einigen Faktoren. Zur räumlichen Konzentration. Natürlich folgen wir dem Vorschlag, die Wirksamkeit kann mit dem Blick auf das Wachstumsziel durch räumlich konzentrierten Mitteleinsatz erhöht werden und die wirtschaftsnahe Infrastrukturentwicklung sollte sich vorran
gig auf regionale Wachstumspole konzentrieren. Das wäre eine Differenziertheit, die einige Teilregionen bevorteilt und in den anderen nur den Durchschnitt zulässt. Aber klar ist - das sagen wir auch -, es wird in den nächsten Jahren eine differenzierte Förderung geben müssen. Man muss nur genau wissen, wie man dies ausgestalten will.
Des Weiteren gibt es selbstverständlich die sektoralen Schwerpunkte. Das Branchenspektrum förderfähiger Betriebe laut GA-Rahmenplan stellt vor allem auf das Merkmal der Überregionalität, der Fernabsatzorientierung ab. Das ist aus gutem Grund so. Ich bin der Auffassung, dass man hierbei durch eine Feinsteuerung durchaus noch bessere Effekte erzielen kann. Deshalb gab es und gibt es Einschränkungen. Wir wollen uns nicht der Diskussion verschließen, dass es grundsätzlich eine Erweiterung des Kataloges geben kann, welche Branchen aus der Förderung grundsätzlich ausgenommen werden und wo nur einzelne Projekte gefördert werden, wenn es besondere Bedingungen gibt.
Aber nachvollziehbar ist die bisherige Situation nicht, wenn zum Beispiel das Ernährungsgütergewerbe als eine der am stärksten dominierenden Branchen in Sachsen-Anhalt aufgezeigt und klassifiziert wird und auf der gleichen Seite die Fleisch- und Wurstverarbeitung ausgenommen wird. Ich zumindest kann dies nicht nachvollziehen. Es mag gute Gründe dafür geben. Aber diese sind uns im Ausschuss nicht erläutert worden.
Wir sollten uns verstärkt auf jene Unternehmen bzw. Branchen konzentrieren, die von ihrer technologischen Leistungsfähigkeit her geeignet sind, Impulse für den künftigen, innovationsgetriebenen Strukturwandel zu setzen. Das ist okay: Höchste Förderpräferenzen für jene Branchen, in denen Sachsen-Anhalt besondere technologische Potenziale besitzt. Aber auch das war nicht nachvollziehbar. Ich denke, hierzu gibt es noch genug Erläuterungs- und Diskussionsbedarf im Ausschuss.
Ich will auf ein spezielles Thema eingehen, den Tourismus. Ich mache an dieser Stelle deshalb den besonderen Einschub, weil das mit Sicherheit kein Mensch mehr verstehen kann. Die Landesregierung verkündet am 26. August dieses Jahres eine Tourismusoffensive und am 28. August 2003 schmeißt sie den Tourismus grundsätzlich aus der Förderung heraus. Wir sind uns seit langem darüber einig - das steht auch jetzt schon drin -, dass die Förderung von Übernachtungsbetten im Allgemeinen keine Struktureffekte bringt. Das hätten Sie nicht noch einmal in die Pressemitteilung hineinschreiben müssen. Das ist auch jetzt schon der Fall.
Aber an Ihre Ankündigung für den Masterplan hängen Sie hinten eine Schwerpunktregionenbestimmung und eine Auflistung von Schwerpunktthemen an, die vernünftigerweise auf denen aufbauen, die in den letzten Jahren bereits entwickelt worden sind, natürlich auch vorangehen - das steht in Ihrer Pressemitteilung - und in den nächsten Jahren auch weiter entwickelt werden müssen. Nur, wenn Sie alles grundsätzlich aus der Förderung herausnehmen, was damit zu tun hat, dann frage ich mich, wie es dort weitergehen soll.
Wir haben den zuständigen Minister nach dem Unterschied zwischen der bisher gültigen differenzierten Förderung und seiner Formulierung „In Fällen von besonderem Landesinteresse ist entgegen dem Grundsatz, Tourismusprojekte grundsätzlich von der Förderung auszuschließen, dann doch eine Förderung möglich“ gefragt. - Es bleibt ungewiss. Sie konnten es uns im Ausschuss nicht erklären. Es bleibt die Vermutung hängen - das ist
nicht einmal von uns nachgefragt worden, sondern von den Kollegen der Koalitionsfraktionen -, dass jede Entscheidung, ob hopp oder topp, von der Gnade des Generalbevollmächtigten für Investitionen oder von der Gnade des Ministers abhängt. So ist es im Ausschuss offen geblieben. Eine Erläuterung war nicht möglich.
Die ergänzenden Landesrichtlinien sind noch nicht veröffentlicht worden. Sie haben im Ausschuss das, was Sie der Presse gegenüber gesagt haben, korrigiert, nämlich dass nur alle Anträge, die bis zum 31. August 2003 vollständig eingereicht worden sind, berücksichtigt werden. Sie haben den Termin auf Ende November 2003 verschoben. Bisher ist aber noch nichts veröffentlicht worden, und es kann sich noch niemand daran orientieren, wie das in Zukunft aussehen soll.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es besteht noch ein ziemlich großer Diskussionsbedarf. Wie Sie es nachher machen, ist Ihre Sache. Das werden Sie mit Ihrer Mehrheit entscheiden. Das ist so in einer Demokratie. Aber ich denke schon, dass diese nachvollziehbaren Analysen, das gute Datenmaterial und die Handlungsempfehlungen, die ohne politische Zwänge von Gutachtern gegeben werden, durchaus eine inhaltliche Debatte im Wirtschaftsausschuss befruchten können und dass wir uns nicht nur auf der Grundlage einer Pressemitteilung unterhalten sollten.
Ich schlage vor, dass wir die Gutachter im Ausschuss anhören und dann darauf eine differenzierte Diskussion aufbauen. Was am Ende in Ihre Entscheidungen hineingenommen wird, ist das, was Sie mit Ihrer Mehrheit wollen. Das muss dann akzeptiert werden. Ich wehre mich aber dagegen, dass einfach einmal pauschal um 5 % gekürzt wird, und keiner kennt die Entscheidungsgrundlage. So ist unser Antrag entstanden. In der letzten Sitzung des Ausschusses fand zwar eine lange Debatte statt, aber über große Teile des Inhalts konnte gar nicht diskutiert werden, weil uns das Gutachten gefehlt hat. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Danke, Frau Abgeordnete Budde, für die Einbringung. - Als erster Redner hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft und Arbeit Herr Dr. Rehberger um das Wort gebeten. Bitte sehr.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass ich diese Debatte durchaus gerne führe; denn dass wir sie überhaupt führen müssen, ist auf einen enormen Erfolg bei unseren Ansiedlungs- und Investitionsbemühungen zurückzuführen.
- Herr Püchel, das kann man so oder so sehen. Mir ist klar, dass Sie sich in solch einer Situation immer bemühen, das so zu sehen, dass es Ihnen leicht fällt. Mir fällt es im Moment verdammt schwer, zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass in den Jahren der Regierung Höppner 400 Millionen € an GA-Mitteln nicht in Anspruch genommen worden sind.
Das heißt, diese Mittel sind nach Bonn oder Berlin zurückgegangen, und wir sind heute genötigt - ich nehme den Magdeburger Hafen als Beispiel, der schon Mitte der 90er-Jahre hätte ausgebaut werden müssen -, das knapper werdende Geld für Dinge einzusetzen, die man damals hätte machen können, wenn man es nur gewollt hätte.
Aber die Uferschwalben im Magdeburger Hafen, Herr Püchel, waren wichtiger als der weitere Infrastrukturausbau. Wir ziehen das jetzt nach. Aber das hätte längst geschehen können.
Zurück zu dem, was eigentlich erfreulich ist und was auch jeden in diesem Hause, zumindest hinter verschlossener Tür, wenn die anderen nicht zuschauen, freuen wird, auch wenn er der Opposition angehört.
Meine Damen und Herren! Erfreulich ist die Tatsache, dass wir im Jahr 2003 beim Landesförderinstitut Anträge mit einem Investitionsvolumen auf dem Tisch liegen haben, wie es letztmals im Jahr 1993 der Fall gewesen ist. Das heißt, seit dem Regierungswechsel ist die Investitionstätigkeit vor allem im Bereich des verarbeitenden Gewerbe enorm vorangekommen.
Das schlägt sich inzwischen auch bei ganz wichtigen handfesten Daten nieder; denn wenn, verehrter Herr Dr. Püchel, bundesweit im ersten Halbjahr 2003, verglichen mit dem ersten Halbjahr 2002, im Bereich des verarbeitenden Gewerbe per Saldo 156 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind und im gleichen Zeitraum in Sachsen-Anhalt per Saldo ein Plus von 2 100 Arbeitsplätzen zu verzeichnen ist, dann zeigt das, dass wir entgegnen dem negativen Bundestrend in diesem Land auf dem richtigen Weg sind.
Wir haben im ersten Halbjahr 2003 Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 1,3 Milliarden € mit Fördermaßnahmen auf den Weg gebracht. Es liegen im Landesförderinstitut Förderanträge mit einem Gesamtvolumen von 6 Milliarden € auf dem Tisch, wobei ich nicht sagen will, dass jeder Antrag so ist, dass er auch Erfolg haben wird.
Meine Damen und Herren! Bei den 6 Milliarden € sind aber die 1,9 Milliarden € nicht mit erfasst, die Dow Chemical, wie Sie wissen, in den nächsten Jahren investieren möchte. Uns ist eine Reihe von entsprechenden Förderanträgen angekündigt worden. Bei diesem Betrag von 6 Milliarden € sind auch mehrere Hundert Millionen Euro nicht enthalten, die für die Schaffung von Bioethanolanlagen in den nächsten zwei Jahren im Land investiert werden sollen. Kurz und gut: Wir haben, von der Investitionstätigkeit im verarbeitenden Gewerbe her betrachtet, wirklich eine sehr erfreuliche Situation.
Aber die Mittel - das wissen Sie genauso gut wie jeder im Hause - werden dadurch nicht umfangreicher. Wir haben für die Jahre 2003 bis 2006, wenn ich das Jahr 2003 in diese Rechnung mit einbeziehe, einen Betrag von knapp 1,4 Milliarden € zur Verfügung. Allein im Jahr 2003 werden wir mindestens 550 Millionen € an Fördermitteln binden. Das bedeutet: Wenn wir bei der
Einzelförderung nicht kürzer treten, dann werden wir viele Maßnahmen überhaupt nicht mehr fördern können. Dann muss man abwägen. Das haben wir getan, auch aufgrund von Gutachten, die noch Frau Budde dankenswerterweise in Auftrag gegeben hatte.
Wir sind dabei zu dem Ergebnis gekommen - auch in Abstimmung mit unseren Nachbarländern Thüringen und Sachsen -, dass es bestimmte Branchen gibt, bei denen es Sinn macht, die Förderung zurückzuführen oder generell auf eine Förderung zu verzichten.
Zu den Branchen - im Bereich der Infrastruktur wird nicht gekürzt, das ist ein Thema für sich, sondern im Bereich der einzelbetrieblichen Förderung -, bei denen wir wesentlich kürzer treten als bisher, gehört der Tourismus in Form der Hotellerie und Gastronomie. Meine Damen und Herren! Das halte ich volkswirtschaftlich auch für absolut zwingend. Das steht übrigens auch im ISW-Gutachten. Bei uns in Sachsen-Anhalt haben die Hotels, die durch die Bank gefördert worden sind, im Moment eine durchschnittliche Auslastungsquote von 30 %. Das heißt, sie haben eine unauskömmliche Auslastung.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass man im Normalfall, wenn ein Drei- oder Vier-Sterne-Hotel gebaut werden soll, neben die nicht ausgelasteten Hotels mithilfe von staatlicher Förderung weitere stellt. Das würde bedeuten, dass wir die Betriebe, die bereits existieren, in eine ganz schwierige Situation bringen. Deswegen haben wir entschieden - -
Erlauben Sie mir die persönliche Bemerkung: Als Burger-Budde in der „Volksstimme“ gefallen Sie mir viel mehr als im Landtag, wenn Sie bei den Ausführungen des Ministers noch nicht einmal zuhören. Aber das nur am Rande.
Meine Damen und Herren! Es ist auch ein Stück Werbung für die gewerbliche Wirtschaft und das ist etwas durchaus Erlaubtes.