und haben selbst eingeräumt, dass die Situation in den letzten eineinhalb Jahren auch Ihnen aus dem Ruder gelaufen ist. Ich habe jetzt damit zu tun.
Natürlich haben Sie mathematisch Recht, natürlich werden die 10 % den Hochschulen weggenommen, aber über den Effekt müssen wir doch reden. Wir haben nämlich Effizienzreserven in dem System, die ich auch offen legen werde, die sind wirklich erheblich. Wenn wir behutsam und verantwortlich herangehen, können die Hochschulen - nicht jeder einzelne Standort für sich, sondern im Durchschnitt - diese Effizienzrendite ohne Qualitätsverlust erbringen, dort, wo sie Ressourcen umdisponieren können, sogar mit Qualitätsgewinn.
Ich sage Ihnen, dass das geht. Das geht nicht für alle Zeiten, weil sich parallel dazu Kostensteigerungen einstellen. Wir werden auch weiterhin über die Hochschulen reden müssen. Das ist nicht das Ende im Jahr 2006. Aber zunächst einmal ist das möglich und notwendig,
und zwar für einen Preis, den die Hochschulen auch bereit sind zu entrichten, damit sie drei Jahre Zeit haben, auf einem komfortablen Niveau diese Neuorganisation in ausgewogener und gut ausdiskutierter Weise zu machen. Mehr ist vor dem Hintergrund einer Situation, die ich einfach anerkennen muss, nicht drin.
Herr Gallert, Sie können ganz sicher sein, dass mich diese Situation nicht erfreut und dass sie mir schlaflose Nächte bereitet. Ich kann sie aber nicht ignorieren. Dann müssten Sie sagen, ich müsse gehen, wenn ich diese Situation ignorieren soll.
Die Hochschulreformen finden nun einmal nicht im luftleeren Raum und schon gar nicht im Paradies statt, sondern unter äußerst schwierigen Rahmenbedingungen, in die sie nun einmal hochgradig vernetzt eingebunden sind. Mir kann doch niemand erzählen, ich soll das voneinander trennen. Das geht einfach nicht.
Herr Minister, eine letzte Frage, die ich gern noch zulassen möchte, möchte Herr Dr. Püchel stellen. Sie sind bereit, auch diese zu beantworten?
Herr Minister, Sie haben jetzt dreimal betont, dass Sie bis zum letzten Jahr unabhängiger Experte gewesen seien.
- Nein, dreimal haben Sie das schon gesagt. Lesen Sie es im Protokoll nach. Ich habe es dreimal gehört.
Sie geben doch zu, dass Sie zu der Zeit als unabhängiger Experte ein politisch denkender Mensch waren, oder nicht?
Das verstehe ich nicht. Wenn Sie ein politisch denkender Mensch gewesen sind, haben Sie auch den Wahlkampf verfolgt, was dort abgelaufen ist. Sie sind schließlich nicht als Politiker erst nach der Wahl geboren, sondern Sie sind Politiker geworden, weil Sie politisch denken wollten.
Das ist völlig richtig. Es qualifiziert mich, dass Sie mich sozusagen zu Ihrem politischen Hauptgegner auserko
ren haben. Das macht man nur mit politisch denkenden Menschen, ansonsten lohnt sich das doch gar nicht.
(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Herr Dr. Püchel, SPD: Wie kommen Sie denn darauf? Das ist doch keine Antwort!)
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in die schon angekündigte Fünfminutendebatte ein. Ich erteile als erstem Abgeordneten Herrn Dr. Volk das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Volk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eingangs die Bemerkung, dass der zugrunde liegende Antrag der SPDFraktion viele gültige Grundsätze der aktuellen Hochschuldiskussion aufgreift, das, was Minister Olbertz bereits gesagt hat.
Als Hochschulpolitiker und auch als Wissenschaftler begrüße ich jede konstruktive Diskussion über die zukünftige Hochschulstruktur in unserem Land. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ansehen, finden Sie auch viele Elemente Ihres Antrages wieder; denn wir wollten diesen nicht formal ablehnen, obwohl er drei gravierende Mängel aufweist.
Erstens geht er von einer unrealistischen Finanzvorstellung aus. Auch ich hätte gern höhere Finanzierungsansätze für die Budgets der Hochschulen in den nächsten Jahren in der Diskussion über den Haushalt des Jahres 2003 durchgesetzt. Die reale Finanzsituation des Landes gab aber nicht mehr her. Das gebetsmühlenartige Beschwören einer Wunschvorstellung mag für Sie politisch Sinn machen, aber es ist keine Grundlage für eine konstruktive Diskussion.
Der zweite Mangel liegt in dem bruchstückartigen Herausgreifen von strukturellen Veränderungen aus der Gesamtdiskussion. So nachvollziehbar mir zum Beispiel Argumente für die Ingenieurausbildung an der MLU sind, so muss ich trotzdem feststellen, dass die Strukturdiskussion zurzeit noch in den Kreisen der Rektoren geführt wird. Dort liegen die fachlichen Kompetenzen im Land.
Wenn ich den Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz vor zwei Tagen an der Fachhochschule Harz in einem Grußwort auf dem Workshop anlässlich der Verleihung des Titels „Best-Practice-Hochschule“ an eben diese Hochschule des Landes Sachsen-Anhalt richtig verstanden habe, so sind die Rektoren ernsthaft bemüht, die notwendigen Reformen zielführend zu diskutieren und sich in den Gesamtprozess aktiv einzubringen.
Der dritte Mangel ist, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, dass Sie zur Unzeit über das Ziel hinausschießen. Die Diskussion zur Hochschulstruktur ist eben noch nicht im parlamentarischen Raum angekommen. Wir werden eine intensive Diskussion führen, zur notwendigen Novellierung des Hochschulgesetzes von Sachsen-Anhalt und auch zur Hochschulstruktur, mit allen parlamentarischen Konsequenzen.
Sie vergeben sich einiges durch Ihre Ankündigungspolitik; denn auch Ihre Vision zur Hochschulpolitik von Ende Mai war eher dünn und enttäuschend als ein wirklich
Die Bedingungen, unter denen zu Beginn der 90er-Jahre in Sachsen-Anhalt eine leistungsfähige Hochschullandschaft aufgebaut und ihre weitere Entwicklung geplant wurde, haben sich grundsätzlich geändert. Dies war schon im Jahr 1997 offensichtlich, als das Ausbauziel von 44 000 flächenbezogenen Studienplätzen nach hinten auf das Jahr 2010 verschoben wurde und als vor drei Jahren auch noch die Zielmarke von 44 000 Studienplätzen um ein Viertel reduziert wurde.
Da musste wohl jedem klar werden, dass eine Diskussion über neue Hochschulstrukturen nicht nur unvermeidlich, sondern sogar zwingend notwendig ist. Dies haben auch alle Debattenredner im Zusammenhang mit der vierten Änderung des Hochschulgesetzes ausdrücklich betont. Genau die Probleme, die uns heute auf die Füße fallen, bestanden schon damals und wurden in kaum mehr zu überbietender Deutlichkeit auch artikuliert.
Als jemand, der damals noch nicht diesem Hohen Hause angehörte, stellt sich mir schon die Frage, warum sich im Anschluss an die Novelle nahezu gar nichts veränderte. Wir könnten in der Frage der Hochschulstrukturen heute schon wesentlich weiter sein, wenn von der damaligen Landesregierung und der Regierungsfraktion eine echte Strukturdebatte angestoßen worden wäre, mit dem Ziel, dem Land eine zukunftsfähige Hochschullandschaft zu erhalten.
Stattdessen entstand mit der Eröffnung von immer neuen Studiengängen in einigen Teilen ein Wildwuchs, der umso schwerer zu lichten ist.
Die Verbesserung der Qualität von Forschung und Lehre ist und bleibt als zentrale Aufgabe der Hochschulen der Maßstab für die Gestaltung der Hochschullandschaft. Ich plädiere in dieser Debatte nachdrücklich für Realismus auf beiden Seiten; ich warne vor überzogenen Erwartungen und Prognosen bezüglich der zukünftigen Studentenzahlen oder des finanziellen Handlungsspielraums im Hochschulbereich.
Gleichzeitig möchte ich insbesondere an die Finanzpolitiker appellieren, zu berücksichtigen, dass eine Hochschulreform nicht allein unter dem Aspekt der finanztechnischen Optimierung durchgeführt werden darf. Auch hierbei ist Realismus angebracht. Die Hochschulen werden immer ein relativ großer Haushaltsposten bleiben und ich bekenne mich ausdrücklich dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Absicht, die Vorschläge der Rektoren und den Extrakt der hochschulpolitischen Diskussion noch in diesem Herbst parlamentarisch zu legitimieren. Damit soll sich dann eine zukunftsfähige Hochschullandschaft entwickeln können, die auf einer soliden und finanzierbaren Grundlage steht. Unser Änderungsantrag ist ein Schritt dahin und ich bitte um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank, Herr Dr. Volk. - Für die PDS-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Dr. Sitte das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Sitte.
Danke schön, Herr Präsident. - Wenn der Minister betonte, dass er vor einem reichlichen Jahr noch unabhängiger Experte gewesen sei, dann habe ich angesichts der Tatsache, dass er nicht einmal das Plakat von Frau Pieper kannte, das fast an jeder Laterne gehangen hat, irgendwie das Gefühl, dass Frau Pieper offensichtlich auch eine unabhängige Expertin ist.
Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion reagiert auf die engagiert geführten Diskussionen um die Zukunft der Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt. Während die Debatten jedoch weit fortgeschritten sind, also beispielsweise die Arbeitsgruppe die Gespräche mit den Hochschulleitungen führt, es also längst um ganz substanzielle Entscheidungen geht, bleibt der Antrag leider hinter diesem Stand der Dinge zurück. Der Antrag entzieht sich nämlich insgesamt weitestgehend einer Bewertung, allerdings mit einer Ausnahme: In Punkt 4 zumindest wird gesagt, dass alle gegenwärtigen Hochschulstandorte gesichert werden sollen.
Diese Auffassung hat die PDS schon vertreten, da diskutierte das SPD-Kultusministerium noch über die Standorte Halberstadt und Stendal. Dass man sich da jetzt festlegt, das begrüßen wir. Dass diese Zusagen auch nie ohne Bedingungen erfolgt sind, will ich ausdrücklich sagen.
Allerdings wissen alle Beteiligten, dass damit noch keine Aussagen über weitere inhaltliche Angebote getroffen wurden, die künftig von den Hochschulen zu unterbreiten sind.
Vertreter der Koalitionsfraktionen haben öffentlich die Position vertreten, dass der Landtag an den Strukturentscheidungen zu beteiligen ist. Das halten wir für richtig, immerhin handelt es sich ja um grundsätzliche Entscheidungen der Landesentwicklung. Es als Hochschulstrukturgesetz, wie im CDU-Antrag angekündigt, zu verabschieden, ist also durchaus logische Konsequenz. Bis zur letzten Sitzung des Landtages vor der Sommerpause - das klang vorhin schon an - ist das natürlich nicht mehr zu machen. Mir scheint, dass unter diesen Umständen der Kultusminister auch außerhalb seines Zeitplanes zur Umsetzung dieser Pläne liegen wird.
In gleicher Weise muss jedoch auch von der Beteiligung der Hochschulangehörigen an der Entscheidungsfindung ausgegangen werden. Das leider fehlt in dem Antrag.
Die Kriterien und Ziele aus den Punkten 3, 7 und 8 sind weitgehend unumstritten, teils allerdings auch breit interpretierbar. Letztlich glaube ich, dass jedes Kultusministerium derartige Kriterien zur Entscheidung heranziehen muss. Spannend sind sie erst dann, wenn es um ihre Inhalte, also um konkrete Umsetzung und Rangfolgen in den Entscheidungen geht.
In Punkt 5 wird, was ich für richtig halte, der Haushaltsbeschluss rückgängig gemacht - deshalb fehlt er ja auch bei dem CDU-FDP-Antrag - und die Finanzgarantie auf der Basis des Haushaltsjahres 2003 um ein Jahr verlängert. Die Kürzungsabsicht selbst wird allerdings nicht als inhaltliche wissenschaftspolitische Fehlentscheidung kritisiert. Das hat mich schon verwundert. Interessant ist auch, welche Punkte letztlich mit dem CDU-FDP-Antrag herausgenommen wurden.
Was letztlich in Punkt 6 unter „größeren Gestaltungsmöglichkeiten“, „Flexibilität bei den Einnahme- und Bewirtschaftungsformen“ und zu schaffenden „landesgesetzlichen Rahmenbedingungen“ verstanden werden könnte, bleibt dem Erfahrungsschatz im Umgang mit mehr oder weniger bekannten Positionen anderer Parteien überlassen.
Meine Damen und Herren! Aktuell sehen sich die Hochschulen einem Legitimationsdruck ausgesetzt, sowohl von der Politik als auch von der Öffentlichkeit. Ihre Bedeutung und Stellung könnte in dieser Debatte allerdings in ein neues Licht rücken.