und die wachsende Finanzkrise unseres Landes lassen eigentlich keinen verantwortungsbewussten Politiker an der Einsicht vorbeikommen, dass es erstens ein riesiger Fehler war, die Verwaltungsreform zu stoppen.
Zweitens. Eine grundlegende Verwaltungsreform mit ihren Teilen Funktionalreform und Gebietsreform ist dringender denn je.
Drittens. Freiwillige Zusammenschlüsse auf kommunaler Ebene sind zwar wünschenswert und sollten, wenn machbar und sinnvoll, auf den Weg gebracht werden.
Viertens. In der dritten Wahlperiode wurde mit dem Leitbild von 1999 und mit den Ergebnissen des zeitweiligen Ausschusses zur Funktional- und Verwaltungsreform unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände bereits ein großer Teil der Arbeit für eine Verwaltungsreform geleistet. Meine Damen und Herren! Das ist der Unterschied, ob wir das im Innenausschuss oder in einem zeitweiligen Ausschuss erörtern. Dort sitzen nämlich die kommunalen Spitzenverbände - so war es zumindest in der Vergangenheit - mit am Tisch.
In Bezug auf den Eckpunktebeschluss des Landtages vom 17. Januar 2002 zur Fortsetzung der Reform sowie auf die klar fixierte Schrittfolge zur Realisierung der Reform denke ich, auf all dem hätten Sie aufbauen und das sozusagen modifiziert fortführen können. Statt dessen ging es zunächst nach der Parole „Vorwärts, Kameraden, wir müssen zurück“.
Hier kommt auch eine Schwäche des demokratischen Systems zum Tragen. Im Wettbewerb um die Gunst des Wählers werden Versprechungen gemacht, die sich schon zum Zeitpunkt ihrer Formulierung nicht am Landesinteresse orientieren, sondern den Leuten nach dem Munde reden, um bei den Wahlen zu punkten.
Wem fallen in diesem Zusammenhang nicht die vielen Sprechblasen ein? Ich will sie heute nicht alle aufzählen. Aber eines zeigt sich auch: Mit Sprechblasen kann man vielleicht Wahlen gewinnen; sie reichen vielleicht auch aus, um die Funktion einer Generalsekretärin zu belegen. Sie reichen aber nicht aus für die Zukunftssicherung unseres Landes.
Wer in den Wahlkampf zieht, der muss damit rechnen, dass er in die Regierungsverantwortung kommt. Wenn er dann der Gefangene seiner eigenen leichtfertig gegebenen und populistischen Versprechungen geworden ist, hilft nur eines: mea culpa. Herr Scharf, ich kann nur hoffen, dass Sie nicht alle Ihre Versprechungen umsetzen. Schließlich gab es da eine ganze Reihe falscher Versprechungen, die nicht im Interesse des Landes gegeben wurden.
- Ganz konkret meine ich das Versprechen, jeder kleinen Gemeinde ihre verwaltungsmäßige Idylle zu erhalten.
Deshalb hat die SPD-Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht. Wir unterstützen auch den Antrag der PDS-Fraktion auf Einrichtung eines zeitweiligen Ausschusses. Er ist geeignet, den Prozess wieder in Schwung zu bringen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte es hier noch einmal wiederholen: Wer mein Agieren in den zurückliegenden Jahren kennt - ich sage das jetzt hier auch ganz persönlich -, der weiß, als Präsident des Städte- und Gemeindebundes habe ich immer dafür geworben, dass eine Kommunalreform auf breitester Basis vorangebracht wird.
Ich habe beispielsweise auch dafür gesorgt, dass ein CDU-Vertreter in diesem zeitweiligen Ausschuss war - es hat aber nicht gereicht -, weil ich weiß, wenn sich da die großen Parteien nicht einig sind, dann gibt es immer Streitpotenzial, um die Reformen zu blockieren, und das ist nicht in unserem Interesse.
- ach, da ist er - denke, wird mir wieder deutlich: 126 Milliarden € an Steuern fehlen bis zum Jahr 2006. Wenn ich höre, wie wir hier über die Zukunft dieses Landes diskutieren, dann verstehe ich diese Diskussion ehrlich gesagt nicht;
denn es ist schon fünf Minuten nach zwölf - einen solchen Eindruck habe ich jedenfalls manchmal. Dieses Klein-Klein ist unserem Land ganz besonders unangemessen. Da frage ich mich dann auch immer wieder: Wieso glauben wir denn als Land Sachsen-Anhalt, als eines der kleinsten Länder, uns solche jahrelangen, zähen Debatten darüber, wie wir die Verwaltung gestalten, leisten zu können? Andere haben es doch vorgemacht in ganz Deutschland, auch in den neuen Bundesländern.
Wir lassen uns aber alle Zeit der Welt, obwohl wir es uns am wenigsten leisten können - das ist nämlich das Problem.
Der Ministerpräsident lässt immer wieder erkennen, dass auch er von der dringenden Notwendigkeit einer Verwaltungsreform überzeugt ist. Mit zielstrebiger Konsequenz, so haben Sie gesagt, Herr Ministerpräsident, wollen Sie die Reformen vorantreiben. Einige Ihrer Mitstreiter müssen Sie da aber wohl noch zum Jagen tragen.
In der Öffentlichkeit hält sich der Justizminister auffällig zurück. Er ist ja bekanntermaßen ein glühender Verfechter der verwaltungsseitig gesehenen dörflichen Idylle und Gediegenheit.
seit er als ehemaliger Naumburger Oberbürgermeister die kleinen Umlandgemeinden an sein stadtväterliches Herz gedrückt hat.
Sie wissen doch auch, Herr Justizminister, dass Nordrhein-Westfalen, das von der Einwohnerzahl her etwa so
groß ist wie alle neuen Bundesländer zusammen, weniger als ein Drittel der Gemeinden hat, die wir in Sachsen-Anhalt haben.
(Minister Herr Becker: Ach, und Bayern und Ba- den-Württemberg? - Herr Gürth, CDU: Was ist denn daran gut? - Herr Schröder, CDU: Sagen Sie einmal, was das kostet!)
Das ist Zukunftsfähigkeit, und wir sind ein Teil der Bundesrepublik, Herr Gürth. Glauben Sie doch nicht, dass wir uns andere Strukturen leisten könnten. Das ist doch eine Verkennung der Tatsachen.
Herr Minister, warum gönnen Sie uns denn eigentlich keine effizienten Verwaltungsstrukturen in diesem Land?
Warum wollen Sie die Idylle pflegen? Die Zeit ist dafür nicht da und die wird auch nicht mehr kommen.