Protocol of the Session on April 11, 2003

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Scholze, FDP)

Diese prinzipielle Problematik und Sicht wird natürlich heute noch sehr stark überlagert durch die fiskalische Sicht.

(Unruhe)

Natürlich gibt es auch fiskalische Aspekte, die man bedenken muss, wenn es um entsprechende Haushaltsgestaltungen geht. Es ist ja sonnenklar, meine Damen und Herren: Dort, wo die Haushaltsnotlage besonders groß ist, denken selbst viele Sozialdemokraten darüber nach,

(Herr Gürth, CDU: Genau so ist es!)

ob man nicht bestimmte Aufgaben, die bisher die öffentliche Hand gemacht hat, privatisieren kann.

(Herr Gürth, CDU: Ja!)

Es gibt quer durch die Bundesrepublik, auch in Bayern, viele Beispiele, dass sozialdemokratische Kommunalpolitiker eben bestimmte Dinge, die bisher in der öffentlichen Hand waren, in Privathand übertragen haben. Das ist doch nichts Verbotenes. Man muss darüber in jedem einzelnen Fall ernsthaft nachdenken.

(Zuruf von Herrn Dr. Eckert, PDS)

Meine Damen und Herren! Eines scheint hier aber auch klar zu sein: Wir werden die Privatisierungsbemühungen, die ja die Landesregierung aufgezeigt und die sie zum Programm erklärt hat, nicht in der Form gestalten können, dass wir die Verhandlungen mit den potenziellen Übernehmern bis ins Detail gewissermaßen öffentlich führen. Das kann nicht sein.

Deswegen sind wir selbstverständlich gern bereit, über die Ergebnisse unserer Bemühungen das Parlament zu informieren. Das ist unsere Pflicht und der werden wir nachkommen. Aber das bedeutet nicht, dass wir gewissermaßen die Privatisierungsverhandlungen in jeder Stufe in aller Breite darstellen und dadurch die Gefahr heraufbeschwören, dass es gar nicht zu dem Ergebnis kommt, das wir erzielen wollen. Das muss man, glaube ich, sehr deutlich unterscheiden.

(Zustimmung von Herrn Gürth, CDU, und von Herrn Tullner, CDU)

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die PDS attestiert der Landesregierung in dem Antrag, dass sie - ich zitiere - Privatisierungsvorhaben in aller Breite und Tiefe plane, wie es in der Bundesrepublik nahezu einmalig sei. - Ich bin nicht sicher, ob diese Qualifizierung stimmt; aber, meine Damen und Herren, wenn es so sein sollte, dann betrachte ich das als Kompliment. Denn das Ziel der Landesregierung ist völlig klar: Wir wollen einen schlanken, einen effizienten, einen auf seine Kernaufgaben orientierten Staat, und dazu gehört es, dass wir dann eben auch Aufgaben privatisieren.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Herr Minister, möchten Sie eine Frage der Frau Abgeordneten Dr. Weiher beantworten?

Ich bin gern bereit, ja.

Bitte schön, Sie dürfen fragen.

Herr Minister, Sie haben uns jetzt eindrucksvoll erklärt, welcher Unterschied zwischen sozialistischer und liberaler Politik in Bezug auf die Privatisierung besteht. Ich muss allerdings sagen: Mir ist immer noch nicht klar geworden - und genau darauf zielt der Antrag eigentlich ab -, nach welchem Konzept die Landesregierung verfahren will, also von welchen Kriterien sie ausgeht, welche Bereiche privatisierbar sind oder nicht.

Es geht nicht darum, ob man die Privatisierung gut oder böse findet, es geht darum zu erfahren, nach welchem Konzept die Landesregierung vorzugehen gedenkt. Nichts anderes beinhaltet der Antrag. Aber dazu habe ich von Ihnen auch jetzt kein einziges Wort vernehmen können.

(Zustimmung bei der PDS)

Ich habe das doch gesagt: Wo Private eine Aufgabe zumindest ebenso gut erfüllen können wie die öffentliche Hand, sollte sich der Staat, sollten sich die Kommunen zurückziehen. Das ist eine klare Botschaft.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Genau so ist es! - Herr Tullner, CDU: Eine klare Botschaft!)

Dazu müssen wir uns eben die konkreten Fälle vornehmen und dabei prüfen, ob es dort so ist oder nicht. Das macht die Landesregierung und über die Ergebnisse werden wir Sie gerne informieren.

(Herr Bullerjahn, SPD: Dann ist es vorbei! - Wei- tere Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Rehberger. - Die Debatte der Fraktionen beginnt mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht Herr Kosmehl. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im „Brockhaus“ kann man unter dem Stichwort „Privatisierung“ nachlesen - ich zitiere -: Privatisierung ist die Überführung von Staatsbesitz in privates Eigentum.

(Unruhe und Lachen bei der SPD und bei der PDS - Frau Dirlich, PDS: Das haben wir wirklich vorher gewusst! - Weitere Zurufe von der SPD und von der PDS)

- Ja, ich wollte es nur einmal einführen. Sehr geehrte Kollegen, manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie nicht wissen, was damit gemeint ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Aus liberaler Sicht möchte ich noch Folgendes ergänzen - man könnte das so formulieren -: Privatisierung ist auch die Rückbesinnung des Staates auf seine Kernkompe

tenzen, oder anders gesagt: so viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Eine Privatisierung kann immer nur mit einer Aufgabenkritik einhergehen. Erst wenn festgestellt worden ist, dass eine Aufgabe wahrgenommen werden muss und damit nicht verzichtbar ist, kommt eine Privatisierung in Betracht. Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP finden sich an verschiedenen Stellen die oben genannten Prämissen wieder. So beispielsweise auch im Kapitel Wirtschaft - Seite 7, wer es nachlesen will. Hier wird festgestellt - ich zitiere -:

„Privatem Engagement soll gegenüber staatlichem Handeln Vorrang gegeben werden.“

Dies hat der Landtag im Bereich der Verwaltungsreform mit der Verabschiedung des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes konsequent aufgegriffen und Privatisierung und Aufgabenkritik als Grundsätze beschlossen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Privatisierung ist kein Selbstzweck und auch keine der FDP oftmals vorgeworfene Klientelpolitik. Privatisierung ist in der heutigen Situation ein mögliches Mittel auf allen staatlichen Ebenen, um diesen Ebenen wieder Freiräume zu geben.

Um eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich Sie bitten: Wenn nach Auswegen und Problemlösungen gesucht wird - Aufgabenkritik und Privatisierung sind nur einige Möglichkeiten dazu -, darf es keine ideologisch begründeten Denkverbote geben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Eben diese Denkverbote scheinen mir aber in den Oppositionsfraktionen zu dominieren.

(Herr Reck, SPD: Na, Sie junger Freund, Sie! - Heiterkeit bei der CDU, bei der SPD und bei der PDS)

Dabei geht es weder der Landesregierung noch den Koalitionsfraktionen um eine Privatisierung um jeden Preis und in allen Bereichen. Ohne das noch einmal im Detail auszuführen: Auch Beteiligungen sind denkbar. Neue Instrumente, wie etwa die gestern bereits diskutierte Public-Private-Partnership, müssen in den Denkprozess eingebunden werden.

Ich möchte aber auch für die FDP-Fraktion ergänzen: Es gibt Bereiche, in denen man nach dem Denken und nach dem Abwägen eine Privatisierung nicht in Betracht ziehen kann, beispielsweise beim Maßregelvollzug.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihre Aufregung durchaus verstehen und auch Ihr Drängen, allumfassende Informationen zu verschiedenen Privatisierungsvorhaben zu erhalten, und Sie versuchen das auch auf allen Ihnen zustehenden Wegen. So ist zum Beispiel auch die Kleine Anfrage des werten Kollegen Metke, der nicht da ist, zu verstehen, der in der Drs. 4/681 Fragen zur Privatisierung der Staatlichen Glasmanufaktur Harzkristall GmbH in Derenburg gestellt hat.

An dieser Kleinen Anfrage kann man aber das Spannungsverhältnis zwischen dem umfassenden Wissen aller auf der einen Seite und dem Privatisierungsvorhaben auf der anderen Seite erkennen. Im Wirtschaftsleben, wie es tagtäglich stattfindet, ist es eben nicht üblich, potenzielle Investoren zu nennen und die Höhe ihres Gebotes öffentlich zu diskutieren. Auch wenn es schwer für

Sie sein mag, dies nachzuvollziehen: Wenn man Instrumente der Wirtschaft nutzen will, muss man die hierbei zu verwendenden Regeln auch anerkennen.

Bezug nehmend auf meine eingangs erwähnte Definition von Privatisierung: „so viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich“,

(Frau Budde, SPD: Nicht wieder versprechen, Herr Kosmehl!)

sind bei der Privatisierung verschiedene Modelle möglich. Daher, Frau Dr. Paschke, kann es auch keine generelle Definition der Privatisierungsvorhaben der Landesregierung geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die FDP-Fraktion den Antrag der PDS ablehnt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kosmehl, möchten Sie eine Frage beantworten?