Protocol of the Session on February 7, 2003

Eine Berichterstattung vom Ausschuss zu gegebener Zeit versteht sich von selbst und kann dann im Rahmen der Selbstbefassung erfolgen. Über Gesetzesänderungen beschließt der Landtag dann, wenn diese anstehen, wenn wir wissen, wo wir tätig werden können.

Ich bitte Sie daher um Zustimmung für unseren Antrag.

Damit können wir die Debatte abschließen und in das Abstimmungsverfahren über die Drs. 4/501, 4/561 und 4/567 eintreten.

Einerseits wurde der Wunsch auf Ausschussüberweisung signalisiert, andererseits wurde deutlich, dass dies nicht akzeptiert wird. Es ist strittig. Wir stimmen darüber ab. Wer der Überweisung der drei Ducksachen in den Ausschuss zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen somit zu der Abstimmung über die Anträge. Ich teile die Auffassung des Abgeordneten Herrn Dr. Schrader, dass der Änderungsantrag der SPD-Fraktion inhaltlich weiter geht als der Antrag der PDS-Fraktion. Ich lasse deshalb zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion in der Drs. 4/567 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit den Stimmen von CDU-Fraktion und FDP-Fraktion sowie einiger Abgeordneter der PDS-Fraktion bei zahlreichen Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen zu dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion in der Drs. 4/561. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die PDS-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Bei einigen Enthaltungen der SPD ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir stimmen somit über den Antrag in der Drs. 4/501 ab. Es handelt sich um den Ursprungsantrag. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das

sind die Stimmen der PDS-Fraktion und einige der SPDFraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Bei mehreren Enthaltungen der SPD-Fraktion ist der Antrag in seiner ursprünglichen Fassung angenommen worden. Wir schließen damit den Tagesordnungspunkt 8 ab.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung

Gescheiterte Investition von VW und Siemens in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/514

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Budde. Frau Budde, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie gleichen sich doch die Ereignisse: Eine große Ansiedlung geht nach Sachsen, und siehe da, es gibt eine Diskussion, weshalb sie nicht in Sachsen-Anhalt stattfindet, in der Zeitung, in der Öffentlichkeit, im Landtag. - Über so etwas diskutiert man eigentlich nicht im Landtag, wird mit Sicherheit Herr Dr. Rehberger sagen. Hängen Sie es ein bisschen niedriger, dann kommen wir damit schon klar.

Ich frage mich allerdings, Herr Minister Rehberger und Herr Gürth, wie wären Sie wohl mit dem Ansinnen einer SPD-Landesregierung vor dem April letzten Jahres umgegangen, im Landtag und in der Öffentlichkeit zurückhaltend über eine nicht stattgefundene Ansiedlung zu diskutieren.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Die hätten draufgehauen!)

Schauen wir einmal, wie Sie im Jahr 2001 mit einem solchen Thema umgegangen sind. Ich habe eine Reihe von Zitaten herausgesucht: „Weltkonzerne treffen ihre Entscheidungen über einen neuen Standort auch nach den politischen Verhältnissen in einem Land.“ Das sagte Herr Stern, CDU-Stadtratsfraktionsvorsitzender.

(Zurufe von der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Es kommen noch bessere Zitate!)

- Gut, Sie können sagen, das sei keiner von Ihnen.

Grundsätzlich werde sich ein Investor bei zwei Standorten mit gleich guten Bedingungen für den mit einer wirtschaftsfreundlicheren Regierung aussprechen. - Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, in welchem Zusammenhang Herr Teltschik diese Äußerung machte. Nicht wahr, Herr Gürth, Sie haben ihm Recht gegeben.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Aha!)

„Die politischen Verhältnisse in einem Land sind immer wichtig für Standortentscheidungen großer Unternehmen.“ - Herr Paqué, erkennen Sie Ihre Äußerung? Das war 2001. Heute sind Sie Finanzminister. Schade auch!

(Herr Dr. Püchel, SPD: Herr Paqué!)

„Wenn ich als Investor mehrere Angebote habe, ist das politische Umfeld wichtig. Im Zweifel gehe ich dorthin, wo ich weiß, was mich erwartet. Wirtschaft ist zu 50 bis 60 % Psychologie. Wir werden nach einem Wahlsieg in die Speichen greifen.“ - Das sagten nicht Sie, Herr Dr. Rehberger, aber Herr Dr. Ludewig, der ehemalige

Wahlkampfberater der CDU in Sachsen-Anhalt, heute Vorsitzender des Wirtschaftsbeirates mit den großen Beziehungen zu den Weltkonzernen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Dabei hat er sich die Fin- ger abgeschlagen!)

Ihre Zitate spare ich mir, Herr Gürth; denn die waren sehr persönlich. Auf diese Ebene möchte ich eigentlich nicht gehen.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Aber im Kern sind Sie dann auch noch folgender Auffassung: „Es liegt daran, wie gut die Beziehungen einer Landesregierung, des Wirtschaftsministers und der Leute, mit denen man sich umgibt, sind zu den Größen der Wirtschaft, um eine Ansiedlung hierher zu bekommen oder sie zu verlieren.“

Sie werden sich entscheiden müssen: Stimmen diese Aussagen, stimmen diese Zitate oder stimmen sie nicht? Und Sie werden sich nur einmal entscheiden können.

Alle diese Aussagen stammen aus der Diskussion über die Ansiedlung von BMW in Leipzig. Ich hätte es Ihnen nicht sagen müssen, Sie hätten es gewusst.

Ich denke, es gibt nur eine Wahrheit. Überlegen Sie, ob Ihre damaligen Zitate stimmen. Dann nämlich, meine Damen und Herren, haben Sie in diesem Fall kläglich versagt.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Dann gilt dies für jede Ansiedlung, für zurückliegende, für gegenwärtige oder für noch kommende.

Ich glaube aber eher, die Entscheidung über Ansiedlungen und Erweiterungen von Unternehmen wird nach rein objektiven Kriterien getroffen. Für jede Entscheidung gibt es sachliche Gründe. Dies gilt für die BMW-Ansiedlung in Sachsen genauso wie für die Simens-VW-Ansiedlung in Sachsen.

Einen Unterschied, Herr Minister Rehberger, könnte ich mir in diesem konkreten Fall noch vorstellen. Da Ihre Herzdame - Sie erinnern sich, Wahlkampf 1998 - Frau Pieper ja nun nicht in Sachsen-Anhalt geblieben ist und im Bund ihr Stern zu sinken scheint und wir keinen Zweifel an Ihrem Wahlkampfslogan haben - Höppner geht, die Arbeit kommt -,

(Zuruf von der FDP: Die kommt schon noch!)

könnte es sein, dass Frau Pieper Spitzenkandidatin in Sachsen wird - dort stehen demnächst wieder Landtagswahlen an - und dass die Arbeit schon einmal vorab dorthin geht.

(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: So ist das nun mal! - Zuruf von der FDP: Sie schaf- fen auch keine Arbeit!)

Aber im Ernst, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, die Polemik hat sich nur auf die Aussage von Frau Pieper bezogen. Alles andere habe ich durchaus ernst gemeint. Das sollten Sie sich wirklich reiflich überlegen.

(Zurufe von Herrn Tullner, CDU, von Frau Weiß, CDU, und von Herrn Kosmehl, FDP)

- Ich habe aber nicht so dumme Sprüche gemacht.

Es geht nicht um Polemik. Das können Sie im Übrigen auch den Formulierungen im Antrag entnehmen, wenn Sie ihn richtig lesen. Wir haben, anders als Herr Gürth im Jahr 2001, von persönlichen Angriffen und Diffamierungen ganz bewusst Abstand genommen.

Wenn man die Hintergründe kennt, warum die eine oder andere Ansiedlung weggegangen ist, muss man auch darüber nachdenken, inwieweit persönliche Vorlieben eine Rolle spielten. Selbstverständlich, der eine Manager kommt von da, der andere von dort. Wir haben nicht ohne Grund in Ilsenburg Ansiedlungen der Automobilzulieferindustrie. Einer der Entscheidungsträger kommt aus Ilsenburg.

Schauen wir uns an, was bei Ansiedlungen hinsichtlich anderer Manager der Fall war. Selbstverständlich sind es auch persönliche Entscheidungen, aber regierungsunabhängige Entscheidungen. Manchmal haben sie vielleicht etwas mit der Herkunft derjenigen zu tun, die entscheiden. Ich möchte in diesem Fall zumindest nicht ganz davon Abstand nehmen.

Dass wir es nicht so meinen wie Sie im Jahr 2001, können Sie unserem Antrag durchaus entnehmen. Obwohl Sie der „MZ“ gegenüber ganz brav darauf hingewiesen haben, dass sich sogar der MP eingeschaltet habe, haben wir danach nicht gefragt. - Sie erinnern sich vielleicht daran. Sie können Ihre Anfrage auch noch aus dem Internet ziehen.

Aber die Frage muss schon erlaubt sein. Sie sind angetreten mit einem Wirtschaftsminister, mit einem hochrangigen Wirtschaftsbeirat, mit einem Vizewirtschaftsminister, dem Beauftragten für Investitionen. Sie haben den Ministerpräsidenten eingeschaltet. - Aus welchen Gründen ist die Ansiedlung nicht nach Sachsen-Anhalt, sondern in ein anderes Land gegangen?

(Herr Gürth, CDU: Das werden Sie gleich hören!)

Sie brauchen mir nichts von scheuen Rehen zu erzählen, Herr Minister. Ich kenne die Zitate noch aus den ersten vier Jahren.

(Herr Gürth, CDU: Die haben Sie doch auch ge- braucht!)

Ich weiß auch, dass öffentliche Diskussionen um Ansiedlungen einer Ansiedlung nicht unbedingt förderlich sind. Aber die Ansiedlung ist nun einmal weg.