Protocol of the Session on November 15, 2002

Ich will auch den zweiten schwierigen Bereich bei der Frage der Beurteilung der Salus gGmbH nicht unter den Tisch fallen lassen. Das ist die Frage der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz. Ein solches soziales Netzwerk hat natürlich beste Möglichkeiten für Synergieeffekte auch im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz: ein starkes Know-how.

Der Landesrechnungshof hat nach der Prüfung im Finanzausschuss zu Beginn des Jahres festgestellt - ich habe mir das Protokoll noch einmal genommen und darf daraus mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren -:

„Der Landesrechnungshof konnte bei seinen Prüfungen keine Feststellungen treffen,“

- das soll an dieser Stelle hervorgehoben werden -

„die die bisherige Tätigkeit der Salus gGmbH als unwirtschaftlich erscheinen lassen. Die Salus gGmbH konnte ihre Sach- und Personalkosten ohne Betriebskostenzuschüsse aus dem Landeshaushalt abdecken. Wenn dasselbe Ergebnis auch bei allen anderen Beteiligungsgesellschaften des Landes erzielt werden könnte, stünde der Landeshaushalt sehr viel besser da.“

Ich will einmal ganz vorsichtig formulieren: Das stellt die These „Der Staat wirtschaftet quasi a priori miserabler bzw. immer schlechter als andere“, zumindest auf wacklige Füße und man muss darüber diskutieren.

Natürlich hat die Aussage des Landesrechnungshofes damit noch nicht festgestellt, dass andere freie Träger nicht noch besser wirtschaften und wirtschaftlicher arbeiten könnten, keine Frage. Trotzdem stehen bei der Frage des Abwägungsprozesses die eingangs genannten sozialpolitischen Gesichtspunkte dagegen und, wenn ich Effizienz und Wirtschaftlichkeit nehme, die Wirkungen und Möglichkeiten von Synergieeffekten im betriebswirtschaftlichen Sinne. Auch die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen muss man sich dabei genauer ansehen.

Meine Damen und Herren! Ich kann das alles hier nicht ausargumentieren. Alles in allem: Die Salus war umstritten und die Salus bleibt umstritten. Ich denke, nicht nur in grundsätzlicher Weise, sondern auch hinsichtlich einer programmatischen Debatte ist sie für die Sozialpolitik ein interessantes Objekt der Begierde. Aber unser Topjob ist hier nun einmal die Tagespolitik. Deshalb der Antrag, die Landesregierung möge berichten.

Zum einen wird in der Öffentlichkeit diskutiert, dass es Bestrebungen seitens der Landesregierung gibt, die Salus gGmbH als Ganzes bzw. in Einzelteilen zu verkaufen. Das ist umstritten, diesbezüglich gibt es sich widersprechende Informationen. 50 Millionen € sollen dabei herausspringen. Ich denke, mit der Verabschiedung des Haushalts ist zumindest indirekt mit darüber zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, sollten wir dies mit Sachkunde und Problemkenntnis tun. Das ist der eine Grund.

Zum anderen möchte ich auch darauf hinweisen, dass gerade der Landesrechnungshof in seiner Berichterstattung zu Beginn des Jahres darauf hingewiesen hat, dass die Frage der Beurteilung der Salus gGmbH auch immer eine Frage der Beteiligung des Landesparlamentes ist. Dem sollten wir Rechnung tragen. - Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der PDS)

Besten Dank, Frau Bull. - Herr Minister Kley, mir wurde signalisiert, dass Sie unmittelbar nach Frau Bull reden möchten. Bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Salus, wie Sie bereits sagten, war schon immer ein Thema, das in diesem Parlament die Emotionen hochschlagen ließ. So kann man, glaube ich, schon zum heutigen Zeitpunkt relativ zufrieden sein, dass auch seitens der PDS das positive Konstrukt dieser GmbH anerkannt wird.

Dass die Landesregierung beabsichtigt, im Rahmen der Haushaltskonsolidierung auch darüber nachzudenken, verschiedenste Beteiligungen zu veräußern, ist ganz natürlich. Denn ich glaube, zu Zeiten der großen Not muss man darüber nachdenken, wie man Geld generieren kann an Stellen, die sozusagen keine negativen Auswirkungen im weiteren Sinne haben, die uns aber erlauben, bestimmte Vorhaben, die auch diese Regierung umzusetzen hat, finanziell zu unterfüttern.

In diesem Zusammenhang ist auch der Beschluss gefasst worden, die Salus gGmbH einer Veräußerung zu unterziehen. Das steht auch so im Haushaltsplanentwurf, der allen zugeleitet wurde. Dieses ist also kein Gerücht, sondern sozusagen eine Veröffentlichung.

Wichtig ist aber in dem Zusammenhang auch, dass man den gesamten Vorgang ernsthaft behandelt und betrachtet. Ich glaube, es wäre dann an der Zeit, darüber nachzudenken, welche Auswirkungen die Veräußerung der Salus im Ganzen oder in Teilen hat, wenn ein Konzept vorliegt, wenn darüber vorher mit den Betroffenen, den Unternehmen, gesprochen wurde, wenn mit denen gesprochen wurde, die Interesse am Erwerb haben.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es den Beschluss der Landesregierung, sozusagen über eine Veräußerung zu befinden. Aber wie das letztendlich aussieht, steht noch nicht endgültig fest. Dieses Konzept ist noch nicht vollständig erarbeitet, weil dabei, wie gesagt, verschiedenste Dinge zu beachten sind.

Die Wirtschaftspolitiker auch in Ihrer Fraktion, Frau Bull, wissen, dass man, wenn man ein Unternehmen veräußern möchte, die verschiedenen Schritte nicht öffentlich debattiert, weil ansonsten diejenigen, die Interesse daran haben, über mehr Informationen verfügen, als es manchmal für eine sinnvolle Veräußerung gut ist. Bestimmte Dinge müssen erst strukturiert werden, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen, um Erfolg versprechend handeln zu können.

Aus diesem Grund finde ich es betrüblich, dass hier gefordert wird, über jeden Schritt, über den jetzt nachgedacht wird - es ist noch nichts beschlossen worden -, im Parlament zu debattieren. Das ist nicht angemessen und für das weitere Vorgehen äußerst schwierig.

Herr Minister, möchten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Bull beantworten?

Ja.

Frau Bull, bitte.

Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass in dem Antrag nicht die Frage nach betriebswirtschaftlichen Binnendaten der Salus gGmbH aufgeworfen wird, sondern nach einem Konzept in sozial- und gesundheitspolitischer Hinsicht, und dass im Zusammenhang mit dem nunmehr bereits beschlossenen Verkauf auch dem Parlament eine Debatte zusteht?

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, an dieser Stelle kann ich Ihnen nicht zustimmen. Ein Konzept für den weiteren Bestand des Unternehmens beinhaltet auch betriebswirtschaftliche Leitlinien, die dem Ganzen unterliegen. Das mögen Sie vielleicht nicht so sehen, aber andere werden ebenfalls dieser Ansicht sein.

Die Frage ist doch aber, ob man in dem Gesamtzusammenhang der Veräußerung hier öffentlich anfängt, Panik zu machen und Mitarbeiter und Betroffene zu verunsichern.

Herr Minister, möchten Sie noch eine Frage des Abgeordneten Herrn Tögel beantworten?

Später.

Gut.

Ich habe im Moment das Gefühl, dass einige Kräfte daran sind. Wenn ich in der Zeitung lese, dass Ver.di Interesse daran hat, eine große Demonstration der SalusMitarbeiter in Magdeburg zu veranstalten, dann frage ich mich, was das soll. Es hat niemand gesagt, dass die Mitarbeiter in irgendeiner Art und Weise freigesetzt werden sollen. Es hat niemand gesagt, dass es ihnen schlechter gehen wird. Es gibt noch kein Konzept, über das diskutiert werden könnte. Trotzdem versucht man bereits, große Verunsicherung in das Unternehmen zu bringen. Das ist zu verurteilen.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Es kann nicht sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch irgendwelche Horrormeldungen demotiviert werden. Niemand hat vor, aus der Salus ein Kahlschlagunternehmen zu machen oder einen Betrieb, in dem Eiseskälte herrscht und in dem die Ziele nicht mehr weiter verfolgt werden können.

Diese Landesregierung erkennt sehr wohl ihre Verantwortung, aber auch die Chancen und Möglichkeiten, die sich in den verschiedensten Teilen der Salus ergeben, und wird diese auch weiterhin wahrnehmen. Wir werden natürlich nur mit dem Betriebsrat eine vernünftige Umsetzung zukünftiger Konzepte bewerkstelligen können; denn demotivierte Mitarbeiter sind auch in anderen Unternehmen nicht anzusiedeln.

Wenn man darüber nachdenkt, dass Georgii I und II zu früheren Zeiten dem DRK gehörten, dann weiß ich nicht, was schlimm daran sein sollte, wenn beide nach einer Veräußerung vielleicht wieder dem DRK gehören. Will man denn unterstellen, dass alle anderen Träger der freien Wohlfahrtspflege auf dem Markt Horrorunternehmen sind und den Mitarbeitern nur Nachteile bringen? - Diesbezüglich ist Ihre Argumentation nur schwer nachzuvollziehen.

Ich bitte Sie nachdrücklich darum, für Ruhe zu sorgen und nicht Aufruhr zu schüren, damit wir ein vernünftiges Konzept stricken können und damit wir in Übereinstimmung mit den beiden Notwendigkeiten, einerseits Geld für das Land zu erzielen und andererseits dieses soziale Netzwerk im Wesentlichen zu erhalten, wirken können. - Ich bitte das Parlament, den Antrag abzulehnen.

Herr Minister, Sie erklärten sich bereit, noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Tögel zu beantworten. - Bitte sehr, Herr Tögel.

Nur eine kurze Frage, Herr Minister. Sie haben eben gesagt, dass später über das Thema diskutiert werden könnte. Nun sind in den Haushaltsplanentwurf schon Einnahmen aus dem Privatisierungserlös eingestellt worden. Der Haushaltsplan soll Anfang Februar 2003 verabschiedet werden. Wie stellen Sie sich denn den Zeitplan vor, um das Parlament in angemessener Weise über die Verkaufsverhandlungen zu informieren, wenn Anfang Februar 2003 schon der Haushalt beschlossen werden soll und die Mitwirkungsmöglichkeit des Landtages dann letztlich nicht mehr gegeben ist?

Im Haushaltsplanentwurf steht, dass das Unternehmen verkauft werden soll, und der dafür prognostizierte Erlös. Es steht aber nicht darin, welche Teile wie veräußert werden sollen und wie das Geld in Zukunft generiert werden soll. Dafür ist das ganze Jahr 2003 und vielleicht sogar noch länger Zeit. Sowie mit allen Beteiligten ein Konzept abgesprochen wurde, werden wir selbstverständlich im Ausschuss darüber berichten.

Es gibt noch eine Frage von Frau Rogée.

(Minister Herr Kley: Nein!)

Der Minister ist nicht bereit, diese zu beantworten. - Ich bedanke mich beim Minister und beglückwünsche ihn sehr herzlich. Der Herr Minister ist gestern Vater geworden. Er hat einen Sohn bekommen.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Wir treten nun in die Debatte ein. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden. Als Erstem erteile ich für die FDP-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Rauls das Wort. Bitte sehr, Herr Rauls.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erwähnt worden: Das Parlament hat sich in den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten der Salus gGmbH direkt oder indirekt befasst. Nun liegt ein Antrag der PDS-Fraktion vor, der sich mit der Zukunft der Salus gGmbH beschäftigt. Dies eröffnet mir die Gelegenheit, die Position der FDP-Fraktion zu möglichen Veränderungen innerhalb der Salus darzulegen.

Mögliche Veränderungen resultieren aus der zwingenden Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung, sie stehen aber auch im Zusammenhang mit einer Verwaltungsreform und der damit verbundenen Neubestimmung der Landesaufgaben.

Erstens. Der Mehrzahl der im Landtag anwesenden Abgeordneten ist bekannt - Frau Bull hat es erwähnt -, dass die Salus im Jahr 1997 aufgrund eines Kabinettsbeschlusses gegründet wurde, also auf Verwaltungshandeln zurückzuführen ist und somit in die Organisationskompetenz der Landesregierung eingebunden ist, wo sie auch hingehört, da ihre Gründung rein exekutives Handeln darstellte. Das beschneidet natürlich nicht das Recht der Legislative auf Information und Meinungsäußerung. Eine Entscheidungsbefugnis über die Einzelheiten hat das Parlament aber nicht.

Dies war übrigens auch fraktionsübergreifend die Meinung in der Debatte im Oktober 1999, die sich mit einem Antrag der CDU-Fraktion zur Ablehnung der Privatisierung des Maßregelvollzugs in Sachsen-Anhalt beschäftigt hat.

Zweitens. Wir sind für eine Entflechtung der Salus gGmbH, vertreten aber auch die wissenschaftlich belegte Meinung, dass forensisch-psychiatrische Abteilungen in einen Verbund mit einer allgemein-psychiatrischen Klinik gehören. Das heißt, Maßregelvollzug und Fachkrankenhaus gehören zusammen.

Eine Privatisierung hingegen würde, abgesehen von den rechtlichen Bedenken bezüglich der Vollzugsaufgaben des Landes und der Verantwortung für psychisch Kranke, zu denen auch Straftäter im Maßregelvollzug gehören, wie das Beispiel Thüringen zeigt, mittelfristig eher zu Kostensteigerungen als zu Einsparungen führen. Eine einmalige Veräußerung ist meines Erachtens auch aus finanzpolitischer Sicht deshalb zu kurz gegriffen.

Aus den genannten Gründen sind wir gegen eine Privatisierung des Maßregelvollzugs. Unter dem Dach der Salus werden Fachkrankenhaus, Landeskrankenhaus, Heimbereich und forensische Psychiatrie Uchtspringe sowie Fachkrankenhaus, Landeskrankenhaus und forensische Psychiatrie Bernburg geführt. Dies soll auch so bleiben.

Drittens. Die Problematik des Kinder- und Jugendheimes „Adolf Reichwein“ Schloss Pretzsch ist sehr differenziert zu betrachten. Die dort betreuten Kinder und Jugendlichen bedürfen eines besonderen pädagogischen und therapeutischen Angebots. Inhaltlich müssen die Aufgaben weitergeführt werden. Allerdings scheint uns die Immobilie Schloss Pretzsch insbesondere in finanzieller Hinsicht dafür auf Dauer wenig geeignet. Dieses Thema

muss mit Augenmaß und Sensibilität behandelt werden und sollte nicht zerredet werden.