Protocol of the Session on November 15, 2002

(Zustimmung bei der CDU)

Damit ist die Debatte beendet. Eine Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt.

Somit stimmen wir über die beiden Anträge ab, zunächst über den Antrag in der Drs. 4/304. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei wenigen Stimmenthaltungen wurde dieser Antrag abgelehnt.

Dann stimmen wir über den Antrag in der Drs 4/310 neu ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei einigen Stimmenthaltungen wurde der An

trag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Wir beenden damit den Tagesordnungspunkt 20.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 21 aufrufe, hat der Abgeordnete Herr Tullner um die Möglichkeit zur Abgabe einer persönlichen Bemerkung gemäß § 67 der Geschäftsordnung gebeten. Dieser Paragraf besagt, dass der Abgeordnete, sofern er sich durch Debattenbeiträge angegriffen fühlt bzw. eigene Beiträge korrigieren will, die Möglichkeit hat, das Wort zu ergreifen. Er hat mir mitgeteilt, dass er sich durch die Aussagen der Abgeordneten Frau Dr. Hein hinsichtlich seiner Vergangenheit angegriffen gefühlt hat. - Herr Tullner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich würde von mir behaupten, dass ich ein uneitler Mensch bin, zumindest vermute ich das stark. Deshalb hätte ich mich von mir aus nicht zu Wort gemeldet. Aber da meine Kollegen meinten, dass hinsichtlich meiner Ausbildung Unklarheiten bestehen könnten, möchte ich zu Protokoll geben: Ich habe studiert; das ist richtig. Ich habe von 1990 bis 1996 Geschichte und Politikwissenschaften an der Martin-Luther-Universität in Halle studiert.

Alle anders lautenden, auch subtilen Andeutungen kann ich damit, so denke ich, entkräften. Ebenso wie ich niemandem vorwerfe, was er in seiner Vergangenheit gemacht hat,

(Frau Tiedge, PDS, und Frau Dr. Sitte, PDS: Doch, das haben Sie!)

möchte ich das bitte auch für mich in Anspruch nehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir treten nun ein in die Beratung des Tagesordnungspunktes 21:

Beratung

Begleitkonzept Stadtumbau Ost

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/305

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/333

Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/348

(Unruhe)

- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Schallpegel etwas zu senken.

Als Einbringer erteile ich Herrn Schröder von der CDUFraktion das Wort. Bitte sehr, Herr Schröder.

(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Wer ist Herr Schröder?)

- Er ist im Anmarsch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das geht von meiner Redezeit ab; ich räume es ein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um ein ernstes Thema. Marode Städte treffen jeden. Wohnungen stehen leer, verfallen und verschandeln das Stadtbild. Das Interesse, in diese Städte zu ziehen oder sie auch nur zu besuchen, lässt nach. Der Leerstand kostet Geld, viel Geld, die Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt derzeit mehr als 200 Millionen € allein für den Ausfall von Mieteinnahmen.

Der Hilferuf der Wohnungswirtschaft ist in den letzten Jahren deshalb zu Recht immer lauter geworden. Die Politik reagierte spät, sehr spät, auch auf der Landesebene. Ich kann der Vorgängerregierung den Vorwurf nicht ersparen, dass sie an dem verspäteten Reagieren eine Mitschuld trägt. Ein Bauminister, der kein Abrissminister sein wollte, verschärfte die Probleme, statt bei ihrer Lösung mitzuhelfen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Heyer, SPD: Das ist Quatsch!)

In Sachsen-Anhalt stehen jetzt nach Angaben der Wohnungswirtschaft ca. 240 000 Wohnungen leer. Die Leerstandsquote schwankt um rekordverdächtige 20 %. Fast 70 der 250 Wohnungsunternehmen im Land gelten nach den Vorgaben des Altschuldenhilfegesetzes des Bundes als in ihrer Existenz bedroht. Hinzu kommen die Probleme der privaten Hausbesitzer.

Die Bevölkerungsprognosen in Sachsen-Anhalt sagen eine weitere Verschärfung der Notlage voraus. Sollten wir es, wie geplant, tatsächlich schaffen, in den nächsten Jahren 100 000 Wohnungen abzureißen, hätten wir den jetzigen Stand nur gehalten, den strukturellen Leerstand jedoch nicht bekämpft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund steht vor der Bundes- und vor der Landespolitik eine gewaltige Herausforderung. Die Gestaltung und Attraktivierung schrumpfender Städte wird zur Hauptaufgabe der Wohnungspolitik im Land.

Das bestehende Stadtumbauprogramm Ost der Bundesregierung war der Versuch einer politischen Antwort auf die gewaltigen Probleme. Es zeigt sich jedoch sehr schnell, dass an einigen Stellen nachgebessert werden muss. Die landespolitische Einflussnahme im Hinblick auf ein höheres Tempo beim Stadtumbauprozess ist dringend nötig.

Meine Damen und Herren! Ich komme kurz zu unserem Antrag und möchte einige Ausführungen zu den einzelnen Punkten machen.

Ich komme zu Punkt 1. In Punkt 1 unseres Antrags machen wir deutlich, dass sich alle Ressourcen des Landes in der Wohnungsbaupolitik auf die Sanierung und den Abriss zu konzentrieren haben. Die dafür in den Landeshaushalt eingestellten Mittel für das kommende Jahr - der Planansatz beträgt jetzt 38,35 Millionen € - müssen vollständig kassenwirksam freigegeben werden. Andere Förderziele müssen sich dem unterordnen.

Punkt 2 ist ebenfalls eindeutig. Ohne eine wirksame Entlastung von den Altschulden kann der Stadtumbau nicht gelingen, ja droht den Unternehmen sogar die Insolvenz. Wir hatten kürzlich in der Arbeitsgruppe unserer Fraktion ein Treffen mit der Wohnungswirtschaft. Dort wurde uns mitgeteilt, dass von den 70 in ihrer Existenz bedrohten Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt nach neuestem Kenntnisstand lediglich 13 Antragsteller eine Bewilligung für die Altschuldenfreistellung nach § 6 a des Altschuldenhilfegesetzes erhalten.

Wenn dem so ist, dann frage ich Sie: Wie soll mit 13 Wohnungsunternehmen der Stadtumbauprozess in 43 Städten in Sachsen-Anhalt gelingen? Das ist zu wenig. Hier ist eine Aufstockung der Bundesmittel und mehr Kreativität bei der Verteilung der Mittel dringend geboten.

In Punkt 3 bitten wir die Landesregierung um die Prüfung von Möglichkeiten, privates Kapital stärker als bisher in die Finanzierung von Sanierung und Abriss einzubinden. Allein durch die Förderung durch die öffentliche Hand wird das gewünschte Tempo nicht zu erreichen sein. Die Kreditinstitute müssen begreifen, dass auch sie von Insolvenzen bei Wohnungsunternehmen negativ betroffen sein werden.

In Punkt 4 sehen wir die Chance, den Beirat der Landesregierung zum Thema Stadtumbau zur Konsensfindung bei strittigen Fragen zu nutzen. Ich bin der Überzeugung, dass letztlich ein forcierter Stadtumbau auch im Interesse der Mieter ist, die in lebenswerten Städten wohnen möchten.

Zu Punkt 5. Der Prozess der Gestaltung schrumpfender Städte wird uns noch viele Jahre beschäftigen. Jetzt muss es erst einmal losgehen. Das ist richtig. Langfristig müssen jedoch auch die Stadtentwicklungskonzepte weiterentwickelt werden. Dann bestünde auch die Chance, dass sich die Städte mit ihren Plänen stärker als bisher an dem orientieren, was an Fördermöglichkeiten tatsächlich vorhanden ist.

In Punkt 6 bitten wir die Landesregierung um eine Überprüfung des Wohneigentumsgesetzes. Immer wieder hörte man in den vergangenen Monaten von Erschwernissen für Privatisierungen, weil offenbar begriffliche Unklarheiten bestehen. Das betrifft - ich nenne nur ein Beispiel - die Rechtsprechung hinsichtlich der Nichtigkeit der so genannten Zitterbeschlüsse.

Punkt 7 - ich gebe es zu - greift ein heißes Eisen auf. Aber nach den Aussagen der Wohnungswirtschaft wird eingeschätzt, dass etwa zwei Drittel der Mietschuldner sich der Zahlung entziehen, obwohl ein pfändbares Vermögen oder Einkommen vorliegt. Auch hier liegen vermeidbare Ausfälle für die Wohnungswirtschaft, wo die Politik möglicherweise helfend eingreifen kann.

In Punkt 8 geht es um die IBA. Die Internationale Bauausstellung ist unserer Meinung nach die geeignete Plattform, um unsere Erfahrungen mit dem Stadtumbau Länder übergreifend auszutauschen. Vielleicht wird sogar das daraus, was sich die Landesregierung und viele Firmen erhoffen, nämlich eine Ideenschmiede SachsenAnhalt. Eine reale Chance gibt es jedenfalls dafür.

Meine Damen und Herren! In den letzten zehn Jahren flossen allein von den Wohnungsunternehmen des Landes mehr als 10 Milliarden € in den Wohnungsmarkt. Von diesen Investitionen stammten nach eigenen Angaben der Wohnungsunternehmen lediglich 800 Millionen € von der öffentlichen Hand. Die Wohnungswirtschaft und die privaten Vermieter sind Großinvestoren ersten Ranges. Sie haben ein Maß an sozialer Verantwortung wie kaum ein anderer Großinvestor, der sich in dieser Zeit bei uns betätigt hat.

Dieser Antrag wird, meine Damen und Herren, sicherlich nicht der letzte zu diesem Thema sein. Er erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich hatte zu Beginn meiner Rede gesagt: Marode Städte treffen jeden. Denken wir gemeinsam daran und überprüfen wir daraufhin

auch das Handeln des Bundes und der Landesregierung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir treten nun in die Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Als Erster hat für die Landesregierung Minister Herr Dr. Daehre um das Wort gebeten.

(Minister Herr Dr. Daehre: Am Ende!)

- Minister Herr Dr. Daehre wird am Ende der Debatte reden, wurde mir soeben mitgeteilt. - Dann rufe ich für die PDS-Fraktion den Abgeordneten Herrn Radschunat auf. Bitte sehr, Herr Radschunat, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen! Um es vorwegzunehmen: Das Thema Stadtumbau ist von so großer Bedeutung, dass es mich schon ein bisschen verwundert, dass Sie heute einen so schwammigen Antrag einbringen, der substanziell nicht untersetzt ist und der eigentlich von blankem Aktionismus gekennzeichnet ist.

(Zustimmung bei der PDS)

Ich möchte gleich zu Beginn meiner Ausführungen die Überweisung der vorliegenden Anträge in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr beantragen, um mit Ihnen gemeinsam im Ausschuss über die inhaltliche Untersetzung eines Begleitkonzeptes, das sicherlich notwendig ist, zu diskutieren.

Meine Damen und Herren! In der Kürze der Zeit und in der Hoffnung, auch im Ausschuss noch über das Thema reden zu können, möchte ich nur auf ein paar Punkte Ihres Antrages eingehen.