Derjenige, der in der Geschichte des Haushaltsrechts der alten Bundesrepublik Deutschland verfolgt, wie der Grundsatz „Man darf nicht mehr Schulden machen, als die selbstfinanzierten Investitionen umfassen“ ohnehin schon ausgehöhlt wurde in Bereichen, in denen für den Staat kein unmittelbarer Rückfluss gegeben ist - beispielsweise bei verlorenen Zuschüssen,
die auch als Investitionen gewertet werden; das ist inzwischen unstrittig -, der wird angesichts der Gesamtverschuldungslage der öffentlichen Hand in der Bundesrepublik Deutschland einer weiteren Aufweichung nicht unbedingt das Wort reden wollen. Aus diesem Grunde bin ich gern bereit, dafür zu streiten, die zukunftweisende Bedeutung von Bildungsinvestitionen bzw. bestimmter Sozialinvestitionen oder Sozialfinanzierungen zu sehen; darin sind wir mit Sicherheit nicht einer Meinung.
Aber einer Klassifizierung mit der erkennbaren Auswirkung, dass sich der Spielraum für die verfassungsrechtlich legitimierte Verschuldung noch mehr erweitert, kann ich vor dem Hintergrund des allgemeinen Schuldendruckes nicht das Wort reden.
Ich höre unwilliges Murren. - Herr Dr. Bergner, leider war Ihre Redezeit zu kurz, um auf die Höchstqualifiziertenquote einzugehen. Das wäre ein Punkt gewesen, über den es sich wirklich zu streiten lohnt.
Geben Sie mir in Bezug auf die von Ihnen angeführte Studie darin Recht, dass Pohl eigentlich zu dem Ergebnis kommt, dass wir im Vergleich der neuen Bundesländer besonders auf diesem Gebiet wirklich ein Problem haben? Alle anderen von Ihnen genannten Probleme - dazu könnte man Pohl zitieren; das kommt in der Studie deutlich zum Ausdruck; er liebt uns mit Sicherheit nicht - sind marginal. Die Aussage ist eindeutig: Zwischen den fünf neuen Bundesländern bestehen auf den von Ihnen vorher genannten Gebieten nur unwesentliche Unterschiede. Alle fünf neuen Bundesländer gemeinsam haben im Vergleich zu den alten Bundesländern das Problem. Deshalb finde ich Ihren Vergleich zu Baden-Württemberg nicht besonders hilfreich.
Abschließend will ich sagen: Wenn man sich das statistische Material ansieht, das Pohl für seine Studie benutzt hat, dann stellt man fest, dass einige Dinge - ich will nicht sagen, es sind Vorkriegswerte - sehr veraltet sind; bestimmte Dinge hat er nicht wahrgenommen. Daher warne ich vor einer Autoritätsgläubigkeit, die sich nur
Herr Kollege, ich wäre mit meinen Schlussfolgerungen vorsichtiger gewesen, wenn ich mich nur auf einen Autor berufen hätte. Sie haben die Dinge in Kenntnis der PohlStudie angesprochen. Das IWH ist hierbei nur einer der Beitragenden.
Lesen Sie einmal den Beitrag von Herrn Paqué. Der liebt Sie auch nicht, aber der Beitrag ist trotzdem wissenschaftlich begründet.
Was die Qualifikationsstruktur betrifft, will ich nur Folgendes sagen - ich bin in der Tat nicht mehr dazu gekommen, dies auszuführen -: Was mich im Ergebnis der Kommissionsarbeit beunruhigt hat, ist der Umstand, dass zwischen der Humankapitalausstattung und der empfindlichen Unternehmerlücke, die wir im Lande haben, ein Zusammenhang besteht. Dies heißt im Sinne zukunftsfähiger Konzepte, dass wir die Unternehmerlücke nicht allein mit plakatierten Aufforderungen „Macht euch selbständig!“ schließen können, sondern dass dies über entsprechende innovative Ansätze laufen muss. Herr Professor Pohl ist also nicht der einzige Autor, auf den ich mich hierbei bezogen habe.
Danke schön, Herr Dr. Bergner. - Bevor wir in der Rednerfolge fortfahren, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule „Am Salzigen See“ aus Röblingen. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Bericht der politischen Enquetekommission würden wir wie folgt qualifizieren: Außer Spesen nichts gewesen, jedenfalls nicht viel. Die Spesen hat Herr Oleikiewitz schon deutlich genannt: 95 000 DM hat uns der ganze Spaß gekostet, und das Ergebnis ist eher mager, auch wenn von Herrn Oleikiewitz und von den Kollegen der Fraktionen von SPD und PDS noch so viele Worte darum gemacht werden.
Aber woran liegt das? An den Menschen hier liegt es nicht; denn Sachsen-Anhalt hat hoch motivierte und gut ausgebildete Menschen, eine sehr gute geografische Lage - ich habe das schon mehrfach gesagt -, Traditionen in den wichtigsten Industriezweigen und müsste Spitzenreiter im Hinblick auf die Beschäftigungsquote sein. Leider ist es das aber nicht. Die wirtschaftliche Lage der neuen Bundesländer ist insgesamt nicht berauschend, aber in Sachsen-Anhalt ist sie katastrophal.
Die Ursache für die alle Rekorde sprengende Arbeitslosigkeit liegt nicht bei den Bürgern von Sachsen-Anhalt, sondern sie liegt, ganz einfach und deutlich gesagt, in dieser unfähigen Landesregierung. Wie verfahren die Situation im Lande bereits ist, wird durch die mangelhafte Zusammenarbeit Länder übergreifender Regionen bewiesen, mit denen Sachsen-Anhalt nicht einmal ernsthaft konkurrieren bzw. überhaupt kooperieren kann.
Wenn in Sachsen-Anhalt - das ist das Hauptbestreben bei politischen Entscheidungen derzeit nicht Investitionen und wirtschaftliches Wachstum Priorität besitzen, sondern altgehabte und abgewirtschaftete sozialpolitische Verteilungsregularien dominieren, dann, meine Damen und Herren, ist Ausweglosigkeit vorprogrammiert.
Da die Wirtschaft anerkanntermaßen größtenteils Psychologie ist, werden die Ablehnung und die Vorbehalte gegenüber dem Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt verheerende Langzeitwirkungen hervorrufen.
Der Zustand der Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt ist besonders kritisch. Sie kann sich ohne staatliche Fördermittel nicht bedarfsgerecht entwickeln, obwohl das Potenzial für die Entwicklung insgesamt vorhanden ist.
Im Vergleich mit den anderen neuen Bundesländern ist der Strukturwandel in Sachsen-Anhalt eher als negativ zu bezeichnen. Die Auswirkungen des anhaltenden ungewöhnlichen Abbaus von Arbeitsplätzen verursachen im Vergleich zu den anderen Bundesländern auch die höchste Arbeitslosigkeit.
Die große Arbeitslosigkeit ist auch Hauptursache für die überdurchschnittlich hohe Rate der Abwanderung der Bevölkerung aus dem Lande. Auch diesbezüglich ist gar nichts schönzureden. Herr Dr. Bergner hat das auch gesagt. Meine Redezeit ist etwas kürzer als seine. Zugleich ist die große Arbeitslosigkeit auch eine Ursache für den Wohnungsleerstand im Land Sachsen-Anhalt.
Die angespannte Arbeitsmarktlage im Land führt ferner zu einer großen sozialen Bedürftigkeit und sie fördert auch unmittelbar oder mittelbar eine verdeckte, aber auch eine offene Armut. Die soziale Schere klafft also weiter auseinander und Änderungen sind nicht in Sicht. Das hat auch der Bericht der Enquetekommission gezeigt.
Der Bericht „Zukunftsfähige Entwicklung des Sozialstaates und soziale Gerechtigkeit“ beschäftigt sich zwar umfassend mit der Nachhaltigkeit der Sozialpolitik des Landes Sachsen-Anhalt, allerdings unter Ausschluss der Familien und der Frauen. Auch bleibt der demografische Wandel insgesamt außer Betracht. Die vorgelegte so genannte Nachhaltigkeitsstrategie schreibt offenkundig die familienbehindernde Politik des Landes SachsenAnhalt weiter fort.
Für das Land Sachsen-Anhalt ist dies, bedingt durch Geburtenrückgang und Abwanderung, eine willkommene Gelegenheit, durch weitere Einsparungen zum Beispiel im Sozial- und im Bildungsbereich den Landeshaushalt auf Kosten von Ehe und Familie zu sanieren.
Bekanntlich werden die Aussagen zur Bildungspolitik insgesamt innerhalb und außerhalb des Landes widersprüchlich aufgenommen. Bildungspolitische parlamentarische Debatten erschöpfen sich in der Reichweite von tagespolitischen Entscheidungen und gleichen mehr einer Lobpreisung der jeweils herrschenden Parteienmehrheit oder sie verenden sozusagen in uferlosen Betrachtungen visionärer Zeiträume, die für ein durchschnittliches Menschenleben eigentlich unerreichbar bleiben.
Dietrich Schwanitz formulierte das zutreffend: „Die Schulen sind fast vollständig zur Beute politischer Parteien geworden.“
Meine Damen und Herren! Das ist das Dilemma von Bildung und Bildungspolitik: Die berufliche Ausbildung in Sachsen-Anhalt wird durch die allgemeine wirtschaft
liche Situation geprägt. Die Situation im Land wird sich durch Abwanderung und Geburtenrückgang noch weiter verschärfen, weil ein kontinuierlicher Wechsel der Generationen im Arbeitsleben nicht mehr möglich sein wird. Der Erfahrungsschatz der frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheidenden Menschen geht verloren, die Übergabe des beruflichen so genannten Staffelstabes findet unzureichend statt.
Der Bericht „Zukunftsfähige Entwicklung der Kultur“ analysiert insgesamt die vorhandenen Gegebenheiten, zeigt Schwachstellen auf und benennt zugleich Schwerpunkte und Maßnahmen für künftige Entwicklungen. Wegen der beschränkten materiellen Möglichkeiten des Landes, die man sich selber geschaffen hat, erscheint die Umsetzung der unterbreiteten Vorschläge jedoch sehr problematisch. Es gilt auch hier europäische Maßstäbe anzulegen und zugleich eine globale Betrachtung vorzunehmen.
Meine Damen und Herren! Finanzielle Zuführung ist vonnöten und darf ein bestimmtes Minimum nicht unterschreiten. Ansonsten bleibt Sachsen-Anhalt auch auf dem kulturpolitischen Gebiet Träger der roten Laterne.
Unsere FDVP-Fraktion, meine Damen und Herren, hat entgegen Ihren Aussagen, Herr Oleikiewitz, umfangreiche und ausgezeichnete Zuarbeiten geleistet, auch zu dem Bericht der Enquetekommission, die Sie aber vermutlich nicht einmal gelesen haben, geschweige denn dass sie Eingang in den Abschlussbericht gefunden hätten.
Stattdessen, meine Damen und Herren, versinkt unser Land dank der SPD im Spendensumpf und in Korruptionsskandalen. Ich kann nur noch einmal betonen: Das können wir nicht zulassen. Wir müssen dafür sorgen, dass solche Skandale in Zukunft nicht passieren. Das ist wichtig für die Zukunft dieses Landes, für die Zukunft Deutschlands und auch Sachsen-Anhalts. Dort muss man ansetzen und solche Skandale müssen bekämpft werden. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie die Pressemitteilungen und auch die bisherige Diskussion zeigen, sind eigentlich alle, die mit der Enquetekommission befasst waren, mit den Ergebnissen unzufrieden. Ich glaube, jeder sollte analysieren, welchen Anteil er daran hat, dass diese Unzufriedenheit bestehen muss.
Bereits bei der Einsetzungsdebatte hat die CDU-Fraktion Vorbehalte geäußert. Sie mündeten in eine kontraproduktive Haltung, die es unmöglich machte, sich tatsächlich vom kleinlichen Streit der Tagespolitik zu befreien.
Ganz im Gegenteil, ein Hauch von Wahlkampfatmosphäre durchwehte vom ersten Tage an die Sitzungen der Enquetekommission. Herr Bergner, Sie haben ge
Die PDS-Fraktion hat bei der Einsetzungsdebatte unmissverständlich deutlich gemacht, dass wir die Zukunftsfähigkeit nicht auf den Umweltbereich reduziert sehen. Von uns erging die Aufforderung an die anderen Fraktionen, neben den Umweltpolitikern und den Verkehrsexperten auch kompetente Bildungs-, Wirtschaftsund Sozialpolitiker in die neue Kommission zu entsenden.
Von uns - diesbezüglich ist uns die SPD-Fraktion entgegengekommen und hat gesagt, dass sie es genauso machen will - sind die umweltpolitischen Gesichtspunkte gegenüber den ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten ausdrücklich sehr, sehr weit zurückgestellt worden. Wirklich erst in der letzten Sitzung haben wir uns im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Ergebnisse der Enquetekommission der vergangenen Wahlperiode noch einmal den umweltpolitischen Themen gewidmet.
Der von Herrn Professor Spotka vor drei Jahren zitierte Ausspruch „Eine Kommission ist eine Sackgasse, in die gute Ideen hineingelockt und dann in Ruhe erdrosselt werden“,