Ein kurzer Blick in die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass seit dem Jahr 1995 keines der wichtigen Ziele der mittelfristigen Finanzplanung erreicht worden ist. Es ist zwar ein Informationsmaterial der Landesregierung gewesen, aber es hatte immer ein sehr kurzes Verfallsdatum.
Nehmen wir die Entwicklung der Steuereinnahmen, aus denen sich die Steuerdeckungsquote berechnet; sie wurden jedes Jahr nach unten korrigiert. Wir liegen mit knapp 45 % bei einer der niedrigsten Steuerdeckungsquoten der Länder. Nehmen wir die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung: Auch hierzu gibt es nichts Positives. Die Einnahmen entwickelten sich nicht wie prognostiziert. Die Ausgabeneindämmung hingegen ist nicht so wie erhofft gelungen. Nehmen wir die Entwicklung der Zinslast, die große Schuldenlast, von der wir schon oft gesprochen haben, oder nehmen wir die Investitionsausgaben: Die mittelfristige Finanzplanung von Sachsen
Herr Finanzminister, diese bittere Analyse muss zum Ende dieser Legislaturperiode sauber aufgeschrieben werden, damit wir einen sauberen Schnitt zwischen dem, was bisher erreicht worden ist, und dem, was als neue Aufgabe ansteht, machen können.
Das Haushaltsdefizit des Jahres 2001 - der Bericht hierüber liegt nur einige Wochen zurück - betrug immerhin fast 390 Millionen DM. In Euro ausgedrückt sind das fast 200 Millionen €. Vielleicht mag es bei dem einen oder anderen so klingen, als ob es nicht ganz so schlimm war. Der Finanzminister kommentiert es mit Galgenhumor, indem er sagt, es hätte noch schlimmer kommen können. Es weiß bis jetzt noch niemand so recht, wie dieses Defizit in den vorgeschriebenen zwei Jahren ausgeglichen werden soll.
Das Defizit wäre wesentlich höher ausgefallen, wenn insbesondere die bestehenden Ausgabeermächtigungen bei den Investitionsausgaben höher in Anspruch genommen worden wären. So bestand bei den Investitionen eine wesentlich höhere Ausgabeermächtigung, die letztlich nicht finanziert wurde. Betrachtet man die Investitionen einschließlich der aus dem Vorjahr übertragenen Reste, so hätten Ausgaben in Höhe von 5,06 Milliarden DM geleistet werden können. Tatsächlich sind bis zum vorläufigen Abschluss 4,476 Milliarden DM Investitionsausgaben, also fast 600 Millionen DM weniger, geleistet worden.
Angesichts dieser Tatsache von einer Übererfüllung der Investitionsquote zu sprechen, ist nur numerisch, rein rechnerisch richtig. Volkswirtschaftlich gesehen muss man sagen: 600 Millionen DM an Investitionen konnten wir leider im letzten Jahr nicht unterbringen.
Der Jahresabschluss 2001 hat gravierende Auswirkungen auf die Folgejahre, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ergibt sich aus dem Defizit die Notwendigkeit der Veranschlagung der entsprechenden Defizitbeträge in den künftigen Haushaltsjahren. Damit wird die von allen gewollte Rückführung der Nettoneuverschuldung auf null bis zum Jahr 2006 noch viel schwieriger, wenn sie vielleicht nicht inzwischen sogar leider unrealistisch geworden ist. Das liegt daran, dass die Steuerzuwächse in künftigen Jahren nicht ausreichen werden, um den Defizitbetrag, die Rückführung der Neuverschuldung um immerhin jährlich 153 Millionen €, zu finanzieren.
Die Rechtsverpflichtungen steigen. Die Personalkosten konnten wir nicht schnell genug reduzieren. Bei den Zinsen zu sparen ist angesichts eines unkalkulierbaren Zinsniveaus nach meiner Auffassung geradezu abenteuerlich. Wir hatten Unterveranschlagungen in den Vorjahren. Ich erinnere daran, dass wir bei den Kinderbetreuungskosten als Rechtsverpflichtungen regelmäßig überplanmäßige Ausgaben genehmigen mussten. Das deutet darauf hin, dass wir nicht ehrlich veranschlagt haben.
Bei den Regionalisierungsmitteln werden wir wahrscheinlich 50 Millionen € Einnahmeausfälle hinnehmen müssen. Diese Mittel sind bisher in keinen Haushaltsplan eingestellt worden. Die globale Minderausgabe ist höher, als wir sie uns im Landtag als Selbstverpflichtung auferlegt haben. Sie wird wohl kaum mit normalen Mitteln zu erwirtschaften sein.
Wir sind deshalb der Auffassung, dass sich die aufgezählten Risiken in der Summe im Haushalt 2002 durchaus auf über eine halbe Milliarde Euro summieren können. Sie, Herr Finanzminister, haben im Finanzausschuss die Möglichkeit, wenn Sie unserem Berichtsbegehren Folge leisten, darzulegen, wie Sie diese von uns befürchteten Szenarien widerlegen wollen, wie Sie substanziell ein Szenario entwickeln wollen, das die Landesfinanzen einer gesunden Entwicklung entgegenführt.
Meine Damen und Herren! Es ist jetzt die Stunde der Wahrheit gekommen. Deshalb wollen wir jetzt die Abrechnung haben.
Deshalb wollen wir jetzt zu später Stunde des Landtages noch fordern, dass die Landesregierung eine saubere Abrechnung für diese Legislaturperiode vornimmt. Ich glaube, es wäre ein guter Beschluss dieses Landtages, den Finanzminister einmütig dazu aufzufordern. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Scharf. - Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart. Zunächst hat sich Herr Minister Gerhards für die Landesregierung zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich den Antrag lese, die Rede von Ihnen, Herr Scharf, höre und mich umschaue, wer noch im Saal ist, dann kann ich nur sagen: Es ist Wahlkampf und niemand hört hin!
- So ist es. Deshalb versuche ich es sehr knapp zu machen. Aber es ist nicht mein Antrag, sondern es ist Ihrer.
- Darauf komme ich gleich. - Alles, was Sie wissen wollen, wissen Sie. Ihre Rede hat gezeigt, dass die maßgeblichen Daten bei Ihnen vorliegen. Natürlich liegen Sie vor, denn wir berichten regelmäßig im Ausschuss. Wir berichten monatlich. Wir erstellen Jahresabrechnungen. Ich habe zuletzt am 6. Februar 2002 den Finanzausschuss anlässlich des Jahresabschlusses 2001 detailliert über alles unterrichtet. Das haben wir in den vergangenen Jahren genauso gemacht. Die Fragen der globalen Minderausgaben und die Deckung von Ausgaben sind wiederholt Gegenstand der Beratung im Finanzausschuss, nicht nur im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen, gewesen. Dass darüber berichtet wird, dafür sorgen Sie schon. Das ist auch Ihr legitimes Recht.
Ich kann wahrhaftig nicht erkennen, welches Informationsdefizit hinsichtlich der Finanzpolitik der Landesregierung noch besteht. Ihre Beiträge zeigen, dass Sie das doch alles wissen.
Zu der Frage eines Rechenschaftsberichtes am Ende einer Legislaturperiode: Für den Haushalt haben wir andere Abrechnungszeiträume. In diesem Zusammen
Ich will nicht verschweigen - das habe ich auch in der Vergangenheit nicht getan -, dass sich das Land in einer finanzpolitisch ernsten Lage befindet. Das ist gar keine Frage. Das haben wir gestern und heute ein paar Mal erörtert. Ich muss das nicht alles wiederholen. Wir werden uns deshalb noch zielgerichteter als bisher auf die Bereiche konzentrieren, die das Land in seiner Entwicklung voranbringen, wobei gleichzeitig die soziale Balance nicht verloren gehen darf.
Gerade deshalb darf man, glaube ich, nicht vergessen, dass die Landesregierung in den vergangenen Jahren auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung ein gutes Stück vorangekommen ist. Im Jahr 1998 lag die Nettokreditaufnahme noch bei 1,833 Milliarden DM. Das sind rund 965 Millionen €. Für den Haushalt 2002 sind nur noch Kredite in Höhe von 590 Millionen € vorgesehen. Das ist ein Rückgang um fast 40 %. Im gleichen Zeitraum haben allein die Steuerausfälle eine Höhe von 158 Millionen € erreicht.
Insgesamt ist es der Landesregierung gelungen, den Personalkostenanstieg trotz Tariferhöhung und voranschreitender Ost-West-Angleichung deutlich zu dämpfen. Stiegen die Personalausgaben in der ersten Legislaturperiode aufbaubedingt um 58 %, in der zweiten Legislaturperiode immerhin noch um 13,4 %, so ist es der Landesregierung in den vergangenen vier Jahren, also in der Zeit von 1998 bis 2002, unter Ausnutzung aller sozialverträglichen Mittel und des von Ihnen immer angezweifelten Instrumentenkastens gelungen, den Anstieg der Personalausgaben auf 2,1 % zu begrenzen.
Gleichzeitig zeigt der hohe Abfluss bei den Investitionsausgaben von über 100 % - dabei bleibe ich auch -, dass die Landesregierung auch in finanziell schwierigen Zeiten alles unternimmt, um den weiteren Aufbau des Landes voranzubringen. Ich kann Sie in diesem Zusammenhang verstehen, wenn Sie sagen, man muss die Ausgabenreste immer dazurechnen.
- Sehen Sie, ehrlich wäre es aber auch zu sagen, dass man weiß, dass Teile der Investitionen schon so etatisiert sind, dass sie nicht abfließen; wofür wir von vornherein die Instrumente der Übertragbarkeit nutzen. Deshalb haben wir auch das Instrument der Ausgabenreste. Wir wissen, dass ein Teil dessen, was im Jahr nicht verbraucht wird, immer erst im nächsten Jahr abgearbeitet wird.
Deshalb ist es legitim zu fragen, ob denn die Tranche in diesem Jahr - unter Einschluss von Ausgabenresten aus dem vergangenen Jahr, übertragen in das nächste Jahr - insgesamt abfließt. Dazu kann ich aber nur sagen: Das haben wir geschafft. Es sind über 100 %. Das ist nicht zu bezweifeln. Der Rest ist eine Frage der Bewertung und dessen, welchen Bezugsrahmen Sie wählen.
Meine Damen und Herren! Auch ich wünsche mir manchmal, dass wir in Sachen Haushaltskonsolidierung heute noch weiter wären und uns bereits die finanziellen Spielräume erobert hätten, die für die Gestaltung der Zukunft des Landes unabdingbar sind. Wir dürfen uns jedoch von den vor uns liegenden Aufgaben nicht entmutigen lassen, sondern müssen aus dem, was wir bereits geschafft haben, den Schluss ziehen: Den Rest schaffen wir auch noch. - Ich glaube, dass wir das hinbekommen.
Das Land leidet - damit komme ich zum Schluss - neben vielen Standortfaktoren, für die wir nichts gekonnt haben, nämlich dem Wegbrechen der Schwerindustrie und der ehemals massenhaft vorhandenen Arbeitsplätze was zu der massenhaften Arbeitslosigkeit geführt hat, aus Gründen, für die keine der Landesregierungen die Verantwortung trägt; das will ich ausdrücklich sagen -, allerdings auch unter selbst gemachten Fehlern. Auch wir haben in den letzten vier Jahren sicherlich einige Fehler gemacht. Aber die generellen Strukturentscheidungen, unter denen wir heute noch leiden - das muss ich nun leider sagen -, sind in den ersten vier Jahren getroffen worden, und zwar in zweierlei Hinsicht.
Zum einen haben wir in den ersten vier Jahren nicht in dem Umfang Personal abgebaut wie andere Länder. Dafür gibt es nachvollziehbare Gründe. Diese will ich gar nicht in toto verdammen. Damals hat das Konzept vorgeherrscht: Wenn schon alles wegbricht, müssen wir es wenigstens im öffentlichen Dienst nicht ganz so machen.
Wir leiden aber heute unter diesen Strukturentscheidungen, dass unser Personalbesatz sehr hoch ist. Ich will dazu sagen: Gucken Sie sich Ihr Musterland Sachsen an. Inzwischen sind wir bei den Personalquoten besser. Das war im Jahr 1994 noch anders.
Zum anderen leiden wir fast noch dramatischer nach wie vor unter den aktuellen Verwaltungsstrukturen, weil Sie in den ersten vier Jahren hierbei weniger gemacht haben als andere Länder. Das gilt für die Verwaltungsstruktur des Landes, das gilt vor allen Dingen aber auch für die halbherzige und im Kern gescheiterte erste Gebietsreform in der ersten Legislaturperiode.
- Natürlich ist das so! Deshalb sind wir heute dabei, vernünftige Strukturen zu schaffen. Wir sind auch in diesem Bereich viel schlechter als andere ostdeutsche Länder. Gucken Sie sich doch unsere Strukturen an, die wirken sich doch aus.
Wir sind kleinteiliger und ineffizienter, was die Gebietskörperschaften angeht, und das Gleiche gilt auch für unser öffentliches Bankensystem, das nämlich darauf beruht. Das heißt, wir haben uns Standortnachteile und Wettbewerbsnachteile selbst geschaffen. Das sind auch Ursachen, die in den ersten vier Jahren begründet sind.
Die jetzige Landesregierung - ich habe das bereits ausgeführt - ist auf diesem schwierigen Weg in den letzten vier Jahren ein deutliches Stück vorangekommen. Wir haben die feste Absicht, in den nächsten vier Jahren in diesem Land auch die zweite Hälfte der fälligen Haushaltssanierung und Verwaltungsmodernisierung erfolgreich durchzuführen.
Sie dürfen mir nicht übel nehmen, dass wir das auch noch weiter machen wollen. Dazu bedarf es aber keines Rechenschaftsberichtes, in dem noch einmal allgemein bekannte Informationen hin und her gewälzt werden, sondern eines positiven Wählervotums, das wohl auch Sie für sich anstreben, was ich natürlich akzeptiere. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Minister. - Für die PDS hat jetzt der Abgeordnete Herr Professor Dr. Trepte das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Scharf, Sie verfolgen die Entwicklung der Haushalte seit dem Jahr 1995 mit einer besonderen Akribie und Genauigkeit. Sie wissen, dass Defizite, Haushaltsreste und Haushaltsabschlüsse publiziert werden und dem Landtag bekannt sind. Uns sind sie auch bekannt; darin will ich dem Minister zustimmen. Es gibt keine Geheimnisse.
Ich habe aber den Eindruck, dass Sie sich hingesetzt und überlegt haben, wie könnten wir der Landesregierung zum Abschluss noch einmal richtig vor das Schienbein treten. Dann haben Sie den Antrag geschrieben. Sie wissen, dass ich eine Akribie in der Antragstellung mag, welche Ihnen aber nicht gelungen ist. Es macht mich gewissermaßen ratlos, und dann stellt man mehr Fragen, als man Antworten gibt.
Ich nehme zum Beispiel Ihren ersten Anstrich: die Darstellung der Ausgabenentwicklung im Vergleich zur Planung. In welcher strukturellen Tiefe soll die Ausgabenentwicklung dargestellt werden, nach Titeln, nach Einzeltiteln, nach Kapiteln, nach Einzelplänen, nach Hauptgruppen, nach Untergruppen, in welcher Struktur? Dazu gibt es keine Aussage. Das ist für eine ordentliche analytische Arbeit aber notwendig.
Ein weiteres Beispiel: Wie und wiederum in welcher Gliederungstiefe soll die Vergleichbarkeit mit den Haushaltsabschlüssen der anderen Bundesländer hergestellt werden? - Das sind Probleme für sich, das wissen Sie.