Protocol of the Session on February 22, 2002

Zweitens. Nun bin ich nicht glücklich über diesen Zustand. Ich bin auch nicht glücklich über die Androhung der EU-Kommission. Aber ich bin froh darüber, dass dies öffentlich gemacht worden ist, dass dieses Thema nicht nur die Finanzminister der Länder und den Bundesfinanzminister beschäftigt, sondern dass wir vor diesem Hintergrund darüber reden können, wie dem Problem abzuhelfen ist.

Drittens. Glaubt man den Darstellungen der Presse über die Verschuldung der Bundesländer - ich habe von keinem Land ein Dementi vernommen -, zeichnet sich durchaus eine Steigerung der Defizite im Jahr 2001 gegenüber dem Jahr 2000 ab, und dies in fast allen Bundesländern. Ausnahmen bilden Sachsen-Anhalt, Sachsen und das Saarland.

Was tun wir, die wir für das Land Sachsen-Anhalt im Parlament sitzen? In den vorangegangenen Redebeiträgen haben wir viel gehört über Schuld an den Schulden, über Unfähigkeiten und über Kompetenzen.

Die SPD-Fraktion wird sich nicht an der Diskussion darüber beteiligen, warum in den einzelnen Bundesländern die Defizite so angewachsen sind. Die SPD-Fraktion

wird sich auch nicht an der Diskussion darüber beteiligen, was die Überlegungen der Bundesregierung hierzu und vor allem zu diesem Zeitpunkt betrifft. Dies werden wir erst dann tun, wenn konkrete Maßnahmen auf dem Tisch liegen. Dann werden wir uns einmischen, aber nicht jetzt, wo außer Mutmaßungen nichts Greifbares vorliegt.

Nicht erst die vielen Gespräche, die Diskussionen, die Artikel in der Presse und die Aussage von Hans Eichel haben uns ausführlich darüber nachdenken lassen, was in Sachsen-Anhalt geschieht. Schauen wir auf die Defizitentwicklung der Bundesländer in den vergangenen Haushaltsjahren, so stehen wir recht gut da.

(Herr Becker, CDU: Was?)

- Ja. - Nun wissen nicht nur die Finanzpolitiker unter uns, dass unserem Haushaltsvolumen von rund 10 Milliarden € ein Schuldenberg in Höhe von rund 14,5 Milliarden € gegenübersteht.

Erinnern wir uns an die Haushaltsdebatte im vorigen Jahr, bei der es um die Verabschiedung des Haushaltes für dieses Haushaltsjahr ging. Sie erinnern sich bestimmt. Das Ziel der Landesregierung, an dem Kurs festzuhalten, die Nettoneuverschuldung bis zum Jahr 2006 auf null zu senken, ist zum Teil auf Kritik gestoßen, weil es Einschnitte geben musste, die unpopulär sind, Einschnitte, mit denen man vor allem bei Bürgermeistern und Landräten keinen Blumentopf gewinnen konnte. Aber diese Einschnitte waren notwendig, vor allem vor dem Hintergrund der massiven Einnahmenverluste, die uns mit der Steuerschätzung Mitte November überrascht hatten.

Jeder von Ihnen, der eine weitere Verschuldung in Kauf genommen hätte, um doch noch etwas Luft zu bekommen, wird heute erkennen müssen, dass es zwar schmerzlich war. Ich weiß sehr wohl, dass einige Landkreise und Gemeinden schwer zu kämpfen haben und dennoch ihren Haushalt nicht ausgleichen können. Es war also schmerzlich. Aber, meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der anstehenden Prozesse, die aufgrund des Versprechens Hans Eichels hinsichtlich eines ausgeglichenen Gesamthaushalts notwendig werden, war diese Entscheidung am 13. Dezember 2001 in diesem Parlament aus unserer Sicht richtig.

Es kann keinen anderen Weg als den der Konsolidierung geben. Es kann keinen anderen Weg als den Schuldenabbau geben. Es kann keinen anderen Weg als die Reduzierung der Kosten in unseren Haushalten geben. Wir in Sachsen-Anhalt haben diese Notwendigkeiten schon lange vor der Androhung des blauen Briefes durch die EU erkannt.

Unser Weg, der Weg unserer Landesregierung ist genau der richtige, der heißt, Kostenreduzierung durch weniger Schulden und Zinsen, Kostenreduzierung durch Stellenabbau, Kostenreduzierung durch weniger Verwaltung, durch weniger Bürokratie. Das, meine Damen und Herren, versteht die SPD-Fraktion unter Haushaltskonsolidierung.

(Zustimmung bei der SPD und von Ministerpräsi- dent Herrn Dr. Höppner - Zuruf von Herrn Becker, CDU)

- Nachher, lieber Herr Becker, nachher. - In den vergangenen Monaten haben wir durch drei Vorschaltgesetze und einen Entschließungsantrag den Weg geebnet für die Gebiets- und Funktionalreform. Wir haben den Weg

geebnet für eine effizientere Verwaltung, für mehr Bürgernähe, für mehr Selbstverwaltung der Kommunen. Wir haben Aufgabenbereiche definiert, die künftig von der Landes- auf die kommunale Ebene verlagert werden sollen. Es wird keine Regierungspräsidien mehr geben.

Vor dem Hintergrund dieser Aktuellen Debatte müssen Sie eingestehen, dass genau durch all diese Entscheidungen mittel- und langfristig die Haushalte auf allen Ebenen entlastet werden können.

Ich möchte zum Ende meiner Ausführungen noch kurz auf die Einnahmesituation eingehen. Die Situation wird sich nicht grundsätzlich verbessern. Vom Bund und aus dem Länderfinanzausgleich werden wir in den kommenden Jahren kaum Erhöhungen der Mittel, wie sich viele vielleicht wünschen, erwarten können.

Was ist also zu tun? Wie können wir unsere eigenen Einnahmen steigern? Ich schaue als Autofahrerin in diesem Fall nicht zu unserem Innenminister, dem bestimmt noch vieles in Sachen Verkehrskontrollen, Geschwindigkeitskontrollen einfallen könnte. Aber selbst mein bescheidener Beitrag, verehrter Manfred Püchel, würde nicht zur Entlastung des Landeshaushalts beitragen.

(Minister Herr Dr. Püchel: Meine Frau hat auch schon gezahlt!)

- Das beruhigt mich. - Die Frage aber, ob das Land Sachsen-Anhalt selbst genug tut, um die Einnahmesituation zu verbessern, ist wohl erlaubt.

Mit der Bereitstellung der finanziellen Mittel für die Verbesserung der Infrastruktur, für Wirtschaftsförderung, für Bildung sowie für Forschung und Entwicklung bieten wir eine gute Grundlage zur Stärkung der einheimischen Unternehmen, zur Verbesserung der Möglichkeiten für die Gründung neuer Unternehmen und wir schaffen dadurch Voraussetzungen für die Ansiedlung ausländischer Investoren. Damit wird mittel- und langfristig auch die Steuerkraft in Sachsen-Anhalt steigen.

Aber genügt das? Diese Frage stelle ich hier auch einmal etwas provokativ an die Landkreise und Gemeinden: Schöpfen Sie in den Kommunen eigentlich alle Möglichkeiten von Wirtschaftsförderung aus? Schöpfen Sie die Möglichkeiten aus, die der Bund und die das Land Ihnen bereiten, um Gewerbe vor Ort anzusiedeln? Das Land hat den Rahmen für vieles geschaffen. Aber was tun die Verwaltungen und die Gemeindevertreter und Kreisräte vor Ort, um das Steueraufkommen ihrer Regionen zu erhöhen?

Es ist erfreulich, dass die meisten Gemeinden über einen sehr gut aufgemachten Internetauftritt verfügen. Aber lockt dieser auch ausländische Interessenten an? Ich will damit sagen, dass es in der heutigen Zeit notwendig ist, international für seinen Standort zu werben. Kein größerer Investor wird länger auf den Websites verweilen, wenn die Inhalte nur in deutscher Sprache dargestellt und erläutert werden. Heute wird die Erklärung selbstverständlich auch in englischer Sprache erwartet.

Ich weiß, dass die Kommunen große Anstrengungen unternehmen, um die Gewerbegebiete auszulasten oder zu beleben. Ich wollte mit meinen Gedanken einen Anstoß zum Nachschauen geben, ob nicht vielleicht hier und da vor lauter Groll auf „die da oben“ die eigenen Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft werden.

Am Schluss noch ein Blick in die nahe Zukunft: Mit Freude habe ich die Aussage unseres Finanzministers zur Kenntnis genommen, dass der Finanzplanungsrat, dem Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen angehören, auf der Sondersitzung über erste Vorschläge zu den Stabilitätsverpflichtungen des Bundesfinanzministers beraten wird. Dies lässt mich hoffen, dass es auch in Deutschland, wo so schnell gegenseitig Schuldzuweisungen für Versäumnisse und Defizite ausgesprochen werden, möglich sein wird, das große gemeinsame Problem Haushaltsdefizite und Verschuldung in Gemeinsamkeit schnell einer Lösung zuzuführen, vor allem auch da es dringend notwendig ist.

Lassen Sie uns auch hier in Sachsen-Anhalt weiterhin unseren Beitrag dazu leisten, dass Deutschland aus dem Defizitbereich des öffentlichen Gesamthaushaltes herausfindet und so die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts der EU-Mitgliedsländer erfüllt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Dr. Hein, PDS, von Frau Dr. Sitte, PDS, und von der Regierungsbank)

Danke sehr, Frau Abgeordnete. Frau Fischer, der Abgeordnete Professor Trepte hat eine Frage. Oder eine Intervention? Es geht sicherlich um eine Frage. Sind Sie bereit zu antworten?

Ja.

Frau Kollegin Fischer, Sie haben die Entwicklung des Defizitvolumens der Bundesländer erwähnt. Ich habe die genauen Zahlen aus der „Wirtschaftswoche“ von gestern: Das Defizitvolumen aller Bundesländer betrug im Jahr 2000 7,9 Milliarden € und im Jahr 2001 25,6 Milliarden €, also reichlich eine Verdreifachung.

Was halten Sie, abgesehen von den Ursachen konjunkturelle Entwicklung, Verminderung von Steuereinnahmen usw., für den Hauptgrund für diese Entwicklung? Ich will noch ergänzen, dass sich das Defizitvolumen des Bundes nur von 24,1 Milliarden € in 2000 auf 27,6 Milliarden € in 2001 entwickelt hat. Also, was sind nach Ihrer Meinung die Gründe für den starken Anstieg der Verschuldungsquote der Länder?

Nun sind die Gründe mit Sicherheit sehr vielfältig, und ich meine, dass ich nicht in den Haushalt eines jeden einzelnen Bundeslandes hineinschauen kann. Aber, Professor Trepte, mit Sicherheit sind es nicht nur die Aufgaben, die vom Bund durch neue Gesetzgebung auf die Länder und Kommunen verlagert bzw. geschoben wurden. Das ist sicherlich vielschichtig und müsste von jedem Bundesland genau überlegt und untersucht werden.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der PDS: Steuereinnahmen!)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Beschlüsse zur Sache werden gemäß unsere Geschäftsordnung nicht

gefasst. Damit ist das erste Thema unserer Aktuellen Debatte beraten.

Ich rufe nun das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Kriminalitätsstatistik 2001 des Landes Sachsen-Anhalt - Erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/5329

Es wird folgende Debattenreihenfolge vorgeschlagen: SPD, CDU, PDS, FDVP, DVU. Zunächst hat der Antragsteller das Wort. Ich bitte Herrn Rothe, seinen Vortrag zu halten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die polizeiliche Kriminalitätsstatistik, deren wichtigste Kennziffern für das Jahr 2001 der Herr Innenminister Ihnen gleich vortragen wird, verdient es, auch einmal im Rahmen einer Aktuellen Debatte in unsere parlamentarischen Beratungen aufgenommen zu werden.

(Herr Becker, CDU: Wenn man so wenig darzu- stellen hat, dann schon!)

Die Kriminalitätsstatistik ist eine Sammlung von Daten und Fakten. Das zählt. Natürlich ist auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen wichtig. Es hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Informationen über die objektive Sicherheitslage die Menschen auch erreichen. Unser Innenminister betreibt eine Öffentlichkeitsarbeit ohne Effekthascherei und hat eine ganze Menge mitzuteilen, Herr Becker.

(Beifall bei der SPD - Oh! und Lachen bei der CDU)

Hierzu gehört auch die Information über die Kriminalitätsentwicklung in unserem Lande. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich bitten, durch eine faire Weitergabe und Bewertung dieser Informationen an der gebotenen Objektivierung der Sicherheitslage mitzuwirken. Es geht darum, zwischen tatsächlich vorhandenen Gefahren und bloßen Ängsten zu unterscheiden.

Betrachtet man die Entwicklung dieses Zahlenmaterials über die vergangenen Jahre hinweg, so fällt auf, dass seit dem Amtsantritt von Herrn Dr. Püchel in ausnahmslos jedem Jahr die Aufklärungsquote bei den Straftaten gestiegen und ihre Häufigkeitszahl gesunken ist.

(Zuruf von Herrn Becker, CDU)

Eine derart kontinuierliche Verbesserung der Sicherheitslage ist mir aus keinem anderen Bundesland bekannt, nicht einmal aus Baden-Württemberg, Herr Becker.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich besteht kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. Ich will nicht verschweigen, dass das Land SachsenAnhalt trotz anhaltenden Rückgangs der Häufigkeitszahlen in einigen Bereichen der Kriminalitätsbelastung noch einen überdurchschnittlichen Platz einnimmt. Darüber tröstet auch der Umstand nicht hinweg, dass die Erfolge bei den wirklich schwerwiegenden Delikten statistisch durch die hohe Anzahl von Ladendiebstählen, insbesondere in den Oberzentren, überdeckt werden.

(Zustimmung von Herrn Preiß, DVU)

Meine Damen und Herren! Wie können wir die Kriminalitätsstatistik - damit meine ich natürlich nicht die Statistik als Selbstzweck, sondern die darin zum Ausdruck kommende Sicherheitslage - weiter verbessern? Mit populistischen Vorschlägen wartet die Partei Rechtsstaatliche Offensive auf. Das ist in Wahrheit eine Partei radikaler Opportunisten. Ihrem so genannten Spitzenkandidaten Herrn Marseille ist alles recht, was ihm Einfluss auf den jeweiligen Prozessgegner verschafft. Dem tatsächlichen Spitzenkandidaten, Herrn Professor Kausch, ist alles recht, was ihn in den Landtag bringt.