Danke schön, Herr Kühn. - Wir sind damit am Ende der Aussprache und kommen zum Abstimmungsverfahren. Es ist eine Überweisung in den Ausschuss beantragt worden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag auf Überweisung in den Ausschuss abgelehnt worden.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag selbst, wie vom Antragsteller beantragt. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen und zahlreichen Enthaltungen ist dem Antrag zugestimmt worden. Der Antrag ist damit beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 18 ist erledigt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erhalte sicherlich Ihre Zustimmung, wenn ich feststelle, dass der Klimaschutz eine der größten Herausforderungen der modernen Zivilisation ist. Aus der Sicht einer nachhaltigen Entwicklung ist es daher zu begrüßen, dass sich die internationale Staatengemeinschaft zur Klimarahmenkonvention in Marrakesch bekannt hat.
Die nationalen Ziele, die wir uns gestellt haben, sind anspruchsvoll. So will die Bundesrepublik den Ausstoß der sechs Treibhausgase in der Zeit von 2008 bis 2012 gegenüber dem Stand von 1990 um 21 % verringern. Der Kohlendioxidausstoß soll schon bis zum Jahr 2005 gegenüber dem Stand des Jahres 1990 um 25 % sinken. Das geht alles nur mit gezielt steuernden Instrumenten.
Die Bundesregierung hat deshalb ein Bündel von Maßnahmen beschlossen, die sich gegenseitig verstärken sollen. Erinnern möchte ich hierbei an die ökologische Steuerreform, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Markteinführungsprogramm, das 100 000-Dächer-Programm, das Investitionsprogramm für die Schiene und die weiterentwickelte Vereinbarung mit der deutschen Wirtschaft zur Klimavorsorge.
Weiterhin wurde am 25. Januar 2002 das neue Gesetz zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vom Bundestag verabschiedet. Die Energieeinsparverordnung ist vor wenigen Tagen, am 1. Februar, in Kraft getreten. Im Jahre 2003 wird die streckenabhängige Autobahngebühr
für schwere Lkws hinzukommen. Aus aktuellem Anlass möchte ich darauf hinweisen, dass mit der Energieeinsparverordnung zugleich auf Bundesebene rund 13 000 Arbeitsplätze je 500 Millionen € an Investitionen geschaffen werden.
Für die Klimabilanz wird aus dem KW-Programm und der Energieeinsparverordnung eine zusätzliche CO2-Reduzierung um mehr als 10 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2005 erwartet.
Meine Damen und Herren! Zur Umsetzung innerhalb der Europäischen Union hat die Kommission den Mitgliedsstaaten einen Vorschlag für eine Richtlinie zum Handel mit Treibhausgasen vorgelegt. Das zu schaffende Emissionshandelssystem wird - davon bin ich überzeugt - auf europäischer Ebene einen wesentlichen Beitrag zur Einhaltung der Reduktionsverpflichtung der Gemeinschaft im Rahmen des Protokolls von Kyoto leisten.
Inhaltlich ist es nach meiner Auffassung außerordentlich zu begrüßen, dass mit der Einführung des Emissionshandels den treibhausrelevanten Gasen ökonomisch gesehen ein Wert beigemessen wird. Damit wird das bisherige Problem des Gratisfaktors Umwelt zumindest in Teilen aufgelöst.
Wie bereits in der Begründung zu dem Antrag ersichtlich, ist vorgesehen, dass Betreiber von Kraftwerken und bestimmten Industrieanlagen kostenlos Emissionsrechte in Form von Zertifikaten erhalten sollen, die dann EUweit frei handelbar sind.
Nun liegt es auf der Hand, dass dort, wo viel Licht ist, auch Schatten ist. Ökonomisch betrachtet entsprechen die Emissionsrechte in etwa dem System der Milchquotenregelung. Es werden Eigentumswerte geschaffen, die vorhandene Strukturen schützen und den Marktzugang für neue Unternehmen durch zusätzliche Kosten für den Erwerb von Emissionsrechten erschweren.
Wir haben, um auf das System der Milchquoten zurückzukommen, mit der Einführung einer Landesreserve diese gab es bis 1999 - gute Erfahrungen gemacht.
Zur Vergabe der Emissionsrechte an vorhandene Kraftwerke und Industrieanlagen wäre anzumerken, dass sich diese weitestgehend am modernsten Stand der Technik orientieren sollen. Für Kraftwerke, die heute diesem Stand nicht entsprechen, sollte ein Teil des Emissionsrechtes nur zeitlich befristet verliehen werden. Es darf also nicht dazu kommen, dass Betreiber von Kraftwerken oder Industrieanlagen, die in den letzten Jahren keine Anstrengungen zur Verringerung treibhausrelevanter Gase unternommen haben, nun dafür durch entsprechend hohe Emissionsrechte belohnt werden.
In diesem Zusammenhang sollten wir bei der Ausgestaltung darauf achten, dass unsere in SachsenAnhalt ansässigen Unternehmen durch ihre Vorleistungen nicht benachteiligt werden und dass die Marktchancen für zukünftige Unternehmen gewahrt bleiben. Letzteres erscheint mir ebenfalls wichtig; denn diese Unternehmen haben in der Regel keine Lobby.
Ich halte es zumindest in der Anfangsphase für sinnvoll, durch eine regional unterteilte nationale Reserve analog der Landesreserve bei der Milchquote - zukünftigen Unternehmen den Marktzugang durch die Übertragung von Emissionsrechten zu erleichtern, zumindest dann, wenn sich diese durch besondere Innovationen in Richtung Nachhaltigkeit auszeichnen. Diese
Reserve könnte aus zeitlich befristet verliehenen Emissionsrechten gespeist werden. Eine solche Regelung würde nach meiner Auffassung dazu beitragen, die Akzeptanz der Einführung von Emissionsrechten zu erhöhen.
Meine Damen und Herren! Ich habe mit meinem Beitrag schon einige Hinweise darauf gegeben, welche Fragen in den Ausschüssen näher diskutiert werden können. Da der Antrag eine Berichterstattung fordert, beantrage ich eine Direktabstimmung und bitte um Ihre Zustimmung. Ich danke Ihnen.
Danke für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat wurde eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart, und zwar in der Reihenfolge PDS, CDU, FDVP, DVU und SPD. Als Erstem erteile ich jedoch für die Landesregierung Minister Herrn Keller das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat mit ihrem Antrag zum Emissionsrechtehandel ein wesentliches Zukunftsthema aufgegriffen. Herr Oleikiewitz hat es in der Einbringung ausgeführt: Die Klimaproblematik bestimmt gegenwärtig die weltweite umweltpolitische Diskussion.
Die Ergebnisse der Konferenzen von Bonn und Marrakesch, aufbauend auf dem Kyoto-Protokoll, zwingen die Industrienationen zum Handeln. Die Bundesregierung hat im Jahr 2001 ein Klimaschutzprogramm erarbeitet, das verschiedene Elemente enthält. Auch die Länder sind gefordert. Ich will aus den Aktivitäten des Landes beispielhaft die Luftreinhalteplanung, das Energiemanagement und die Energieeinsparung in öffentlichen Gebäuden, die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe und den Einsatz erneuerbarer Energien nennen.
Als ein wichtiges Instrument zur Reduzierung der Belastungen wird das ökonomische Instrument des Zertifikatehandels diskutiert. Die Europäische Kommission hat mit dem Vorschlag für eine EU-Richtlinie zum Handel mit Treibhausgasemissionen nunmehr die Diskussion auf einen neuen Stand gebracht. Wir werden gezwungen, uns mit diesem ökonomischen Instrument auseinander zu setzen; denn die Europäische Union ist aufgrund der von mir genannten internationalen Vereinbarungen verpflichtet, die Emissionen bis zum Jahr 2012 bezogen auf das Basisjahr 1990 um 8 % zu reduzieren. Für die Bundesrepublik beträgt aufgrund der Verteilung der Minderungsbeitrag 21 %, bezogen auf das Basisjahr 1990.
Es stellt sich jetzt aber die Frage, meine Damen und Herren, ob gerade der Emissionshandel ein geeignetes Instrument ist, um diese Ziele zu erreichen. Dieses Thema wird zurzeit äußerst kontrovers diskutiert. Sie wissen möglicherweise, dass sich gestern in der Presse eine Gruppe zu diesem Thema geäußert hat. Die Palette der Meinungen reicht von strikter Ablehnung bis hin zu begeisterter Zustimmung, jeweils mit ökonomischen und ökologischen Argumenten begründet. Wie diese Frage letztendlich zu beantworten ist, hängt ganz entscheidend
Herr Oleikiewitz hat vorhin einige Ideen eingebracht, die sicherlich alle bedenkenswert sind. Ich will aus meiner Sicht noch einmal die Fragen formulieren, die in der nächsten Zeit insgesamt zu beantworten sind.
Wichtige Fragen sind: Wie passt sich der Emissionshandel in die anderen Instrumente des Klimaschutzes, wie freiwillige Selbstverpflichtungen, Steuerlösungen oder Joint Implementation usw., ein? Wie wird das Minderungspotenzial quantifiziert? Welches ist das Basisjahr für die Bestimmung der Ausgangsmenge von Emissionsberechtigungen, was insbesondere für die neuen Bundesländer äußerst wichtig ist, da daran festgemacht werden kann, welche Handlungsspielräume sich für die verschiedenen Unternehmen ergeben?
Sind Teilnahmebeschränkungen für den Emissionshandel sinnvoll? Wo liegen die Grenzen für die verwaltungstechnische Beherrschbarkeit? Erfolgt die Marktteilnahme auf freiwilliger Basis oder ist sie obligatorisch? Nach welchen Maßstäben erfolgt die Startzuteilung von Emissionsberechtigungen? Wie werden erbrachte Vorleistungen berücksichtigt? Ist die Erstausgabe kostenfrei oder wird nur ein Teil kostenfrei vergeben und ein Rest über ein Versteigerungssystem - ich erinnere an UMTS zu erwerben sein?
Schließlich ein ganz wichtiges Problem für das deutsche Umweltrecht: Wie stellt sich das Verhältnis des Emissionshandels zum Immissionsschutz und zu anderen Rechtsgebieten dar und welche Anpassungen sind erforderlich? - Es besteht also ein großes Bündel von Fragen, die schlüssig beantwortet werden müssen, um eine entsprechende Lösung zu finden. Diese Fragen werden derzeit auf Bundes- und Landesebene sehr intensiv bearbeitet.
Wir sind bestrebt, ein landesspezifisches Einführungskonzept für den Emissionshandel zu entwerfen. Das Ziel ist es, mit den daraus resultierenden Erkenntnissen in die Richtliniendiskussion auf Bundesratsebene zu gehen und auf die Gestaltung der Abfassung der Richtlinie entsprechend Einfluss zu nehmen.
Dabei muss es insbesondere darum gehen, dass die weitreichenden Vorleistungen der ostdeutschen und damit auch der sachsen-anhaltischen Industrie beim Klimaschutz in den letzten Jahren angemessen berücksichtigt werden. Wir müssen darum kämpfen, dass aktiver Umweltschutz zum Standortfaktor wird. Bei der Vergabe der Emissionsberechtigungen müssen der höchste technologische Stand und die Reduktionsleistungen bei den CO2-Emissionen in den vergangenen Jahren honoriert werden.
Ich habe inzwischen im Land einen Diskussionsprozess in Gang gesetzt. Die Diskussion soll auf breiter Ebene unter Einbeziehung der potenziellen Betroffenen geführt werden. Die Umweltallianz des Landes ist ein geeigneter Rahmen dafür. Ich habe für Anfang April zu einer ersten Diskussion und Standortbestimmung eingeladen. Bei dieser Standortbestimmung wollen wir auch erörtern, ob derzeit im Land ein Modellprojekt durchgeführt werden kann, das uns wesentliche Erkenntnisse vermitteln würde, die wir dann in den weiteren Diskussionsprozess einbringen könnten.
Meine Damen und Herren! Sie werden zusammenfassend feststellen, dass sich die Landesregierung ihrer Verantwortung im Zusammenhang mit dem Emis
sionsrechtehandel bewusst ist. Die im Antrag der SPD geforderte Berichtspflicht sollte deshalb auch dazu genutzt werden, in den Ausschüssen aktuell über die weitere Entwicklung zu berichten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angesichts der für den 6. März 2002 anberaumten gemeinsamen energiepolitischen Debatte der Ausschüsse für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie für Raumordnung und Umwelt verstand ich den vorliegenden Antrag - bis zur Rede des Ministers - höchstens als ein Mittel, um die Thematik noch auf die Tagesordnung dieser gemeinsamen und zugleich letzten Ausschusssitzung in der laufenden Wahlperiode zu schieben. Das wäre aber meines Erachtens nicht notwendig gewesen, weil der zur Debatte stehende Entwurf eines Landesenergiekonzepts unter den energiepolitischen Handlungsschwerpunkten als einen Punkt den Klimaschutz enthält.
Nach der Darlegung des Ministers weiß ich, dass es noch einmal ein Podium geben sollte, um die Aktivitäten der Landesregierung aufzuzeigen. Dafür habe ich Verständnis. Ich halte das für selbstverständlich, vorausgesetzt, dass auf die Ergebnisse der 7. Vertragsstaatenkonferenz in Marrakesch und auf den seit Oktober vorliegenden Entwurf für eine Richtlinie über ein System handelbarer Treibhausemissionsberechtigungen eingegangen wird.
Die PDS wird deshalb dem Antrag zustimmen, beantragt aber, die Behandlung auf der genannten Sitzung am 6. März 2001 als eigenen Tagesordnungspunkt vorzunehmen.
Ich möchte vermeiden, diese wichtige Problematik in der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur oberflächlich anreißen zu können, eine Problematik, mit der sich die Experten weltweit über Jahre beschäftigt haben und die wohl nicht ganz zu Unrecht in dem Verdacht steht, auch in einen modernen Ablasshandel münden zu können.
Ich möchte der Liste von Fragen und Problemen, die Minister Keller genannt hat, noch einige hinzufügen. Für mich ist Folgendes wichtig: Der Kreis der Betroffenen scheint in Sachsen-Anhalt sehr begrenzt zu sein. Ist der bürokratische Aufwand für die Genehmigung EU-weit geführter elektronischer Verzeichnisse - die zudem noch vor dem Zugriff von Hackern geschützt sein müssen und für deren Überwachung letztendlich nicht doch unverhältnismäßig hoch? Welche Kosten entstehen für Sachsen-Anhalt? Profitieren von den als Anreiz winkenden Kostensenkungen nicht doch wiederum nur die großen Stromerzeuger und Energieverbraucher?
Lassen sich die in den USA mit dem Handel von Schwefelemissionen gesammelten positiven Erfahrungen so einfach auf CO2-Emissionen übertragen? Wann und wie werden die anderen klimaschädigenden Gase neben den CO2-Emissionen einbezogen?
Wie sollen die markig angedrohten Sanktionen und Geldstrafen angesichts der starken Lobby der potenziell Betroffenen vollzogen werden? Droht eine Aushebelung anderer marktwirtschaftlicher Steuerungsmechanismen wie zum Beispiel der Energiesteuer?