Protocol of the Session on January 18, 2002

(Frau Wiechmann, FDVP: Echt?)

hinsichtlich der Ergebnisse des Europäischen Rates von Laeken. Wir werden an der Umsetzung dieses, wie ich finde, produktiven Ansatzes zur Gestaltung der Europäischen Union aktiv mitwirken. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Dr. Sit- te, PDS, und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)

Danke sehr. - Den Standpunkt der CDU-Fraktion trägt jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Sobetzko vor. Bitte, Herr Dr. Sobetzko.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Frage- und Antwortkomplex zur künftigen Europäischen Entwicklung mit den vorliegenden Anfragen ist

von der Problematik her sehr wichtig und bedeutsam, da sich gegenwärtig entscheidende Entwicklungen in diesem europäischen Integrationsprozess vollziehen.

Der Ministerpräsident hat auf fünf Komplexe hingewiesen. Ich kann ihm nur zustimmen. Das sind ja die entscheidenden Komplexe. Allerdings habe ich mich etwas gewundert, dass er auf die Problematik des Punktes 7 vorgriff; denn das wäre eine Sache der Einbringer gewesen. Aber Sie werden damit schon klarkommen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte dann zu den Antworten kommen und in der Kürze der Zeit einige Anmerkungen machen. Die Zusammenfassung der Kooperationsleistungen, der Möglichkeiten zur wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung sowie zur bisherigen Einführung und Umsetzung der europäischen Programme erscheint mir sehr begrüßenswert. Ausreichend gemäß der Fragestellung erscheinen mir auch die Antworten zur sozialen Absicherung und zum Verbraucherschutz. Zu vielen Problemen ist nicht Stellung genommen worden, weil diese Probleme auch nicht als Fragestellung vorlagen.

Meine Damen und Herren! Aber bereits an dieser Stelle fällt mir zum Beispiel eine nebulöse bzw. unverbindliche Beantwortung auf. Das möchte ich einfach an ein oder zwei Beispielen darstellen.

Zum Beispiel die Frage 8.7: Was unternimmt die Landesregierung für die kleinen und mittleren Unternehmen? - Meine Damen und Herren! Daraufhin wurde ausgeführt: Die Landesregierung unternimmt vielfältige Anstrengungen, insbesondere durch folgende Maßnahmen: Bündelung der außenwirtschaftlichen Förderinstrumentarien, gezielte Einbeziehung von Unternehmen, Nutzung bereits bestehender Kontakte.

Oder es werden Statistiken aufgeführt, die keinen Vergleichsmaßstab haben und damit, meine ich, eigentlich wertlos sind.

Ich möchte aber nun auf einige Schwerpunkte eingehen. In Frage 12 wird zum Beispiel hinsichtlich der Bündelung der Europafragen in einem Ressort nachgefragt. Unter Hinweis auf die Aufteilung der Geschäftsbereiche auf die einzelnen Ministerien, was dem Artikel 68 Abs. 2 der Landesverfassung entspricht, wird in der Beantwortung eine stringente Bündelung abgelehnt.

Hierzu ist anzumerken, dass die meisten Bundesländer Herr Gärtner wies auch schon darauf hin -, so auch die neuen Bundesländer Sachsen, Thüringen und Brandenburg, ein Ministerium für Bundes- und Europafragen haben und auch parlamentarisch durch entsprechende Ausschüsse vertreten sind. Auch in diesem Bereich, meine Damen und Herren, dümpeln wir vor uns hin und setzen kein sichtbares Zeichen für eine gestaltbare Europapolitik in unserem Land.

Hinsichtlich der Erweiterung der Europäischen Union wird in den Fragen 7 und 40 der Beitrittszeitraum erfragt. Die Landesregierung schließt sich der Auffassung an, dass die ersten Mitglieder bereits Ende dieses Jahres aufgenommen werden und damit an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 teilnehmen können. Wir meinen, dass der Post-Nizza-Prozess mit der folgenden Regierungskonferenz dafür weitere Voraussetzungen schaffen muss. Es darf aber zu keinen Verzögerungen kommen. Da stimmen wir natürlich zu.

Zu Frage 1: Folgen der Erweiterung der Europäischen Union. Die Landesregierung verweist auf vorliegende

Studien im Hinblick auf gegebenenfalls zu erwartende Migrationsbewegungen durch Umstrukturierungsprozesse in bestimmten Wirtschaftssektoren der Beitrittsländer, die mit der Freisetzung eines großen Arbeitskräftepotenzials verbunden sind, sowie darauf, dass Wanderungsbewegungen auf ein erträgliches Maß eingeschränkt werden müssten.

In der Beantwortung der Frage 5 verneint die Landesregierung: Grundsätzlich können die Auswirkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit noch nicht beurteilt werden. Die Landesregierung setzt sich daher für siebenjährige Übergangsregelungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit und für sektorbezogene Regelungen hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit ein. - Das zur Antwort.

Die Beitrittsländer - das wissen wir; ich habe an derartigen Diskussionen teilgenommen - fassen dies natürlich sehr kritisch auf und empfinden das auch als eine Zumutung. Die Frage ist also: Welche Flexibilität können wir an dieser Stelle schaffen?

Damit muss man sich aber auseinander setzen und sich nicht nur irgendwelchen Vorstellungen, die es gibt, anschließen. Auch die CDU-Fraktion ist grundsätzlich für diese Übergangslösung, aber an dieser Stelle sollte eben die entsprechende politische Führungsqualität bewiesen werden.

Auch die grundsätzliche Aussage in der Antwort auf Frage 1 auf Seite 4, dass unter haushaltspolitischen Aspekten zu den Folgen der Erweiterung keine Aussage gemacht werden kann, spricht leider eine beredte Sprache. Lesen Sie in den Dokumenten aus Sachsen nach. Darin finden Sie ganz andere Aussagen.

Zu Frage 2, Bildungsangebot im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union. In der Beantwortung durch die Landesregierung wird auf viele Studiengänge und Fortbildungsprogramme bei den Universitäten und Hochschulen eingegangen, die aber zur Erweiterung keinen Bezug haben. Andererseits muss gerade an dieser Stelle auf Defizite hingewiesen werden, die bisher nur mühevoll und hoffentlich nicht nur vorübergehend behoben werden konnten. Das betrifft zum Beispiel die Sicherung der universitären Studienkollegarbeit und die Finanzierung zum Beispiel des europäischen Fernstudienzentrums. Auch das ist ein offenes Problem.

Meine Damen und Herren! Mit der Frage 27 wird die Bedeutung von Europol erfragt. Es kann nur verwundern, dass dem Fragesteller zur inneren Sicherheit nicht mehr einfällt. Aber auch die Landesregierung antwortet offenbar angepasst an dieses, ich sage einmal, von der Fragestellung her geringe Niveau - ich zitiere -: „Die bisherige Bedeutung von Europol für die Kriminalitätsbekämpfung in Sachsen-Anhalt wie auch in anderen Ländern wird zurückhaltend beurteilt.“

Meine Damen und Herren! Das könnte ich so fortsetzen.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich komme zum Schluss. Es fehlt in der Beantwortung zur Problemlage oft an Substanz und Aussageverbindlichkeit. Dies zeugt ohne Zweifel von einem Mangel an eindeutiger Zuständigkeit

oder an ausgewogener Bereitschaft zur Sache. Das ist in jedem Fall ein Vorwurf, ein Politikum ersten Ranges, meine Damen und Herren. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr. - Für die FDVP-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Helmecke das Wort. Bitte, Frau Helmecke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liest man die 51 Fragen in der Großen Anfrage der PDS-Fraktion und die Antwort der Landesregierung auf 47 Seiten, stellt sich mir die Frage: Ist der Einbringer zugleich der Beantworter? Oder waren die Antworten eher da als die Fragen?

Es klingt fast wie Fragen an das Politbüro vergangener Zeiten, nach der Devise: „Bewegung ist alles, das Ziel ist nichts“, um vom Wirtschaftschaos im Lande abzulenken.

In den Fragen wird ausschließlich die Landesregierung regelrecht interviewt, als wäre sie der eigentliche Mittelpunkt der EU und Sachsen-Anhalt der Motor der Entwicklung. Das Eigentliche, die Zukunft von Europa und damit von Deutschland, wird nicht einmal gestreift. Es wurde fleißig gearbeitet, aber leider das Thema verfehlt.

Die Osterweiterung wird zwangsläufig kommen. Ob sie aber ein voller Erfolg wird, steht nach wie vor in den Sternen. Die EU muss sich zuerst nach innen fit machen, um sich dann nach außen zu erweitern.

Meine Damen und Herren! Übertragen auf ein Unternehmen bedeutet das: Vor dem Expandieren müssen erst die inneren Strukturen und Ressourcen darauf eingestellt werden, sonst wird das Unternehmen in Konkurs gehen. Diese Unternehmensweisheiten gelten in vollem Umfang auch für die EU.

Meine Damen und Herren! Glauben Sie daran, dass die EU mit Strukturen, die für sechs Mitglieder gedacht waren, leicht modifiziert mit 15 Mitgliedern oder am Ende gar mit 27 Mitgliedern arbeiten kann? Wir haben doch Nizza noch in Erinnerung. Außer einer kleinen Stimmkorrektur ist nichts Bedeutsames passiert.

Im Konvent von Laeken sind nur Absichtserklärungen für Bürgernähe, Demokratie und Transparenz abgegeben worden. Die Lösungen der eigentlichen Probleme wurden auf den nächsten Konvent verschoben.

Der europäische Gedanke ist den Bürgern nicht mehr vermittelbar, da es sich hierbei eher um eine Wortschöpfung handelt ohne einen Bezug zur Basis. Eine planlose, ins Uferlose gehende Entwicklung von Kompetenzen und Verfahren der EU sowie die maßlose Brüsseler Bürokratie haben bei den Menschen in den Ländern der Gemeinschaft und der Beitrittskandidaten zu einem großen Vertrauensschwund geführt. Bei diversen Meinungsumfragen sehen erstmalig über 50 % der Menschen mehr Nachteile als Vorteile.

Von jährlichen Wachstumsraten von 3 % ist Deutschland weit entfernt. Knapp 0,6 % werden es in diesem Jahr sein. Deutschland ist von den vorderen Plätzen auf den letzten Platz in der EU abgerutscht.

In der gegenwärtigen Lage halten wir eine Osterweiterung der EU für überstürzt und warnen vor den negativen Auswirkungen auf Europa. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung von Frau Wiechmann, FDVP, und von Herrn Mertens, FDVP)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Tögel. Bitte, Herr Tögel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich froh darüber, dass die Antwort auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion nicht ganz so umfangreich gewesen ist wie die Antwort zum Thema Kulturpolitik. Ich habe somit die Hoffnung, dass wenigstens einige der Kollegen die Antwort gelesen haben. Wären es mehr als 200 Fragen gewesen mit den dazu gehörenden Antworten, hätte das vielleicht den einen oder anderen doch abgeschreckt, sich mit diesem leider oft unterschätzten Thema zu beschäftigen.

Trotzdem ist die Antwort der Landesregierung eine sehr gute Zusammenstellung der Aktivitäten, die es in den letzten Jahren in Sachsen-Anhalt und in Europa gegeben hat. Wir müssen uns allerdings als Landtag auch die Frage stellen, was wir dazu beigetragen haben und was wir zukünftig dazu beitragen können, verstärkt Schwerpunkte zu setzen und uns in diesen Diskussionsprozess einzubringen.

Der Wirtschaftsausschuss ist in der Vergangenheit bemüht gewesen, sich diesem Thema immer wieder zu widmen. Aber er hat natürlich auch andere Themen auf der Tagesordnung und er hat auch zu wenig Zeit, sich intensiv mit grundsätzlichen Fragen der Europapolitik auseinander zu setzen. Leider gibt es in den Fraktionen nur wenige Kollegen, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Andere Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben ihre Prioritäten anders gesetzt.

Wie es in der kommenden Legislaturperiode weitergeht, wird der neue Landtag in seiner Zusammensetzung entscheiden. Die Frage, ob wir einen eigenen Europaausschuss haben werden und wie die Arbeit dann gestaltet wird, werden die Kollegen - ob wir selbst oder andere, wissen wir heute noch nicht - nach den Wahlen entscheiden.

Ein Punkt ist mir wichtig. An den Diskussionen im Ausschuss haben sich die Fraktionen auf der rechten Seite des Hauses bisher in keiner Weise beteiligt. Wenn ihre Vertreter überhaupt anwesend waren, ist weder zu Wirtschaftsthemen noch zu europapolitischen Themen etwas gesagt worden.

Insofern ist es sicherlich angebracht, dass die DVUFraktion heute auf einen Redebeitrag verzichtet hat. Es ist fast schon Normalität, dass sich die FDVP-Fraktion zu Wort gemeldet hat, mit einem Beitrag, der inhaltsleer war. Er hatte mit der Arbeit, die dazu im Wirtschaftsausschuss geleistet wurde, nichts zu tun. Wir haben für die kommende Legislaturperiode die Aufgabe zu klären, wie wir dieses Thema im Land und darüber hinaus weiter begleiten und welche Schwerpunkte wir setzen.

Ich möchte nunmehr in Kürze zu einigen Punkten aus meiner Sicht Stellung nehmen. Wir haben in Punkt 3 die Bildungsangebote der Universitäten aufgezeigt. Ich möchte ergänzen, dass die Fachhochschule in Stendal

internationale Kontakte hat. Sie hat kosmopolitische Studiengänge, die zwangsläufig mit einem Auslandssemester verbunden sind.

Ich kann dem Kollegen Sobetzko nicht folgen in der Aussage, dass die Hochschulen keinen Bezug zur Osterweiterung haben. Zum einen kommen viele Kollegen aus Osteuropa an unsere Universitäten. Zum anderen gehen auch viele Studenten unserer Universitäten in osteuropäische Staaten, auch in Staaten, die zu den Beitrittskandidaten gehören.

(Zuruf von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

Insofern gibt es aus meiner Sicht sehr wohl einen Bezug zur Osterweiterung, und es ist korrekt, dass von der Landesregierung die Studiengänge in diesem Zusammenhang aufgezählt werden.