Protocol of the Session on November 15, 2001

Frau Fischer, wenn Sie den angehörten Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes am Ende der Anhörung sagen, dass viele Gesichtspunkte zur Sprache gekommen seien und dass dies eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen bilden würde, dann war das ein netter, honigsüßer Satz für die Angehörten, aber wohl nicht ernst gemeint.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab. Aber ich würde, um das Verfahren wieder in Ordnung zu bringen, den

Landtag gern um Folgendes bitten: Rücküberweisung an die Ausschüsse, sodass der mitberatende Ausschuss für Inneres eine eigenständige Stellungnahme zu dem Vorschlag des Finanzausschusses abgeben kann. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Becker, CDU: Eine Frage!)

Herr Jeziorsky, Herr Becker hat eine Frage - aus der eigenen Fraktion. Das mag die Ausnahme sein. Es führt zu einer Verlängerung der Redezeit.

Herr Jeziorsky, ist Ihnen bewusst geworden, was eigentlich der Grund für diese Eile ist? Denn es ist doch ein etwas ungehöriges Verfahren, dass man einen Ausschuss, der von der Sache her nun gerade damit befasst werden müsste, einfach ausbremst.

Herr Kollege Becker, der Grund erschließt sich mir nicht. Wenn ich die Ausführungen des Herrn Finanzministers von eben reflektiere - Sie alle haben diese Ausführungen auch gehört -: Ein Grund, warum diese kleine Novelle vorgezogen, ganz schnell gemacht werden muss, obwohl jeder weiß, dass im nächsten Jahr eine große Novellierung des Sparkassenrechts ansteht, hat sich auch aus den Ausführungen des Herrn Finanzministers nicht ergeben.

(Herr Becker, CDU: Danke!)

Danke sehr. Im Übrigen lagen Sie noch in der Zeit, es war also keine zusätzliche Zeitgewinnung damit verbunden. - Es spricht jetzt für die FDVP-Fraktion der Abgeordnete Herr Wiechmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch eine zweite Beratung werden die Argumente gegen den Gesetzentwurf ganz sicher nicht anders. Unsere Fraktion hat bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfs am 28. Juni 2001 alle wesentlichen Argumente vorgetragen, die sich gegen den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt richten. Lassen Sie mich dennoch nochmals kurz auf den Gesetzentwurf der Landesregierung eingehen und gegebenenfalls auch Argumente wiederholen.

Ziel des Entwurfs soll unter anderem die Verbesserung der Gewinnausschüttung an die Gewährträger sein. Soweit Ausschüttungen erfolgen, sollen die Kommunen zusätzliche Mittel zur Finanzierung gemeinnütziger Aufgaben erhalten. Diese Neuerung, meine Damen und Herren, zielt doch vielmehr darauf ab, eine neue Finanzquelle für die Kommunen zu schaffen, um Kürzungen und Streichungen von Landesmitteln auszugleichen und auf Kosten der Sparkassenanleger als Zahlungsobjekte unmittelbar den verkommenen Staatshaushalt zu sanieren.

Die Neuerung ist also eine Plünderungserneuerung, nicht mehr, meine Damen und Herren, und nicht weniger.

Daneben sollen Musteranstellungsverträge für die Vorstandsmitglieder eingeführt werden, um zukünftig eine den Interessen der kommunalen Gewährträger entsprechende einheitliche leistungsbezogene und angemessene Vergütung der Vorstände zu erreichen. Wenn damit eine Absenkung der Bezüge angestrebt wird, könnten wir dahin gehend zustimmen, dass sich dann eine angemessene Anstellungsmöglichkeit für abgehalfterte Landesregierungen ergeben würde.

§ 26 Abs. 2 des Gesetzes betrifft die Neuregelung des Prüfungswesens. Bisher hat ausschließlich die Prüfungsstelle des OSGV die Prüfungsberichte der Sparkassen vorgelegt. Nunmehr sollen die vorgeschriebenen Prüfungen in Einzelfällen von einem freien Prüfer vorgenommen werden. Die Begründung für die Neuregelung ist kühn und mutig, aber nach meinem Dafürhalten unseriös.

Das alte Prüfungssystem hat sich in der Vergangenheit bewährt, sodass für die vorgesehene Nivellierung des Prüfungswesens keinerlei Anlass besteht. Darüber hinaus müssten externe Prüfer intensiv eingearbeitet werden, um eine zeitgerechte und qualifizierte Prüfung durchführen zu können. Es entstehen zusätzliche Kosten, die zulasten der jeweiligen Sparkasse gehen. Das Land bleibt aber natürlich außen vor. - Um einer unnützen Geldverschwendung vorzubeugen, muss die Prüfung der Sparkassen durch die Prüfungsstelle des OSGV beibehalten werden.

Meine Damen und Herren! Diese Gesetzesnovelle ist nicht mehr als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem Arbeitsförderungsgesetz; denn sie wird uns im nächsten Jahr - das führte Herr Jeziorsky aus - wieder beschäftigen, wenn wir an eine so genannte große Sparkassenreform herangehen wollen oder, besser gesagt, müssen.

Die Fraktion der FDVP lehnt diesen Gesetzentwurf ab. Danke.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Für die PDS-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Professor Trepte. Herr Professor, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zum Sparkassengesetz alles gesagt, aber nicht jeder hat alles gesagt.

(Heiterkeit bei der PDS - Herr Prof. Dr. Böhmer, CDU, lacht)

Ich will mich deshalb kurz fassen. Die PDS-Fraktion wird dem Gesetz zustimmen, auch wenn Anhörungen und Debatten um dieses Gesetz nicht konfliktlos verlaufen sind.

Meine Herren von der CDU-Fraktion, der erste Entwurf dieser Novelle lag im Sommer des vergangenen Jahres vor und er ist auch öffentlich gemacht worden. Wir hatten wirklich genug Zeit und Möglichkeiten, uns auszutauschen. Wenn der Innenausschuss sich nicht geäußert hat, dann muss man das zur Kenntnis nehmen. Wahrscheinlich hatte er keinen Grund.

Wenn hier geäußert wird - das ist ja direkt absurd -, dass Ausschüttungen der Sparkassen zur Sanierung der öf

fentlichen Haushalte verwendet würden, dann muss ich Ihnen sagen: Für die Ausschüttung der Sparkassen gibt es ganz strenge Vorschriften. Sie dienen nur gemeinnützigen Zwecken und sie dürfen nur diesen Zwecken dienen, und das ist gut so, es soll so bleiben und dafür soll auch mehr Geld verwendet werden.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Sorgen bereitet uns, meine Damen und Herren, der weitere Weg des Sparkassenwesens in unserem Lande nach der Entscheidung der EU-Wettbewerbskommission vom 17. Juli dieses Jahres zur Abschaffung der Gewährträgerhaftung - das wissen Sie alles - und zur Ersetzung der Anstaltslast durch marktwirtschaftliche Eigentümerbeziehungen. Die sparkassengesetzlichen Regelungen sind bis Ende 2002 dieser EU-Entscheidung anzugleichen und - ich unterstreiche es noch einmal, und zwar in Übereinstimmung mit dem Finanzminister und seinen Aussagen - nach Möglichkeit bundeseinheitlich und Länder übergreifend.

Mit unserem Antrag unter dem Titel „Sparkassen und Landesbanken - bald private Kreditinstitute?“ in Drs. 3/4878, der am 13. September 2001 im Plenum behandelt wurde, haben wir auf den Konflikt, der zu lösen ist, hingewiesen. Ich will denselben verkürzt wiederholen:

Der öffentliche Auftrag der Sparkassen soll erhalten bleiben. Er besteht in der Versorgung der Bürger und insbesondere des Mittelstandes mit hochwertigen Finanzdienstleistungen in den Regionen, also in der Fläche. Andererseits werden die Sparkassen infolge der EUEntscheidung dem Wettbewerbsdruck der privaten und auch der genossenschaftlichen Kreditinstitute weit stärker ausgesetzt sein. Das ist eine Tatsache. Betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte werden deutlich stärker in den Mittelpunkt der Unternehmensführung der Sparkassen treten, und darin liegt der Konflikt, den es zu lösen gilt. Der Verlust von Arbeitsplätzen und der Rückzug aus der Fläche werden mit Sicherheit zumindest in den Bemühungen um das Anliegen des Sparkassenwesens eine Rolle spielen.

Zugegeben, für die Landesregierung erscheint dieser Konflikt weniger problematisch zu sein als für die PDSFraktion. Das haben die zurückliegenden Debatten und auch die zurückliegenden Gespräche gezeigt. Er wird jedoch auf uns zukommen, meine Damen und Herren, und zwar auf die Kollegen in der vierten Legislaturperiode. Sie werden versuchen müssen, diesen Konflikt zu lösen. Ich werde interessiert zuschauen, wie das passiert. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Die Debatte wird durch den Beitrag des Abgeordneten Herrn Dr. Rehhahn beendet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der vorliegenden Novelle ist durch den Finanzminister, die Ausschussvorsitzende und die Sprecher der Fraktionen inhaltlich fast alles gesagt worden. Ich möchte deshalb etwas zum Verfahren und zum Ablauf der Beratung in den beteiligten Ausschüssen sagen. Für mich ist es eine Frage des politischen Umgangs miteinander und, Herr

Jeziorsky, eine Frage der Anerkennung von Mehrheiten in diesem Landtag. Bisher hat das immer geklappt.

(Herr Gürth, CDU: Eine Frage des Umgangs mit- einander, da haben Sie schon Recht! - Zuruf von Herrn Becker, CDU)

Scheinbar sollte es hierbei nicht mehr klappen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die Landesregierung Ende Juni dieses Jahres den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes in den Landtag eingebracht hat, deutete sich in der Debatte der Widerstand der CDU-Fraktion vorsichtig an. Im Verlauf der Beratungen im Finanzausschuss ist deutlich geworden: Die CDU will die Novellierung verhindern, wenn nicht mit Stimmenmehrheit, dann mit Verfahrenstaktik.

Dabei ist die Sache eindeutig. Die Landesregierung beabsichtigt mit ihrem Gesetzentwurf, die Sparkassen in die Lage zu versetzen, effizienter zu wirtschaften und Kosten zu sparen.

(Zuruf von Herrn Webel, CDU)

Kernpunkte dabei sind die Aufhebung des Prüfungsmonopols des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes sowie die verbindliche Neuregelung der Anstellungsverträge und der Gehälter der Vorstandsmitglieder. Das kann man wollen oder nicht. Die Mehrheit des Finanzausschusses hat es gewollt und den Gesetzentwurf in unveränderter Fassung als vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Innenausschuss überwiesen.

(Herr Gürth, CDU: Sehr intelligent!)

Auf die Einwände der CDU hin, die kommunalen Spitzenverbände und der OSGV seien nicht angehört worden, hat die SPD-Fraktion - aus dem Protokoll geht hervor, dass ich es in diesem Fall war - den Vorschlag gemacht, gemeinsam mit dem Innenausschuss eine Anhörung durchzuführen. Damit war die vorher abgestimmte Beschlussempfehlung an den Innenausschuss aber keinesfalls gegenstandslos geworden. Darauf ist im Finanzausschuss nachdrücklich hingewiesen worden. Die Ausschussvorsitzende hat dies in ihren Ausführungen auch erläutert.

Meine Damen und Herren! Die Anhörung hat am 26. September 2001 stattgefunden. Die Mehrheit der Mitglieder des Finanzausschusses hat im Ergebnis dieser Anhörung keinen Anlass gesehen, die am 5. September 2001 abgegebene Empfehlung zu ändern. Im Finanzausschuss sind während der Beratungen über dieses Gesetz von keiner Fraktion inhaltliche Änderungsanträge eingebracht worden. Das heißt, wir konnten auch nicht über andere Vorschläge debattieren oder darüber abstimmen.

Der Innenausschuss war also spätestens am 5. September 2001 bzw. nach dem Zugang der Beschlussempfehlung über das Votum des Finanzausschusses informiert und hätte seine Beratung aufnehmen können. - Bei der Anhörung waren alle Fraktionen zugegen. Auch Sie, Herr Jeziorsky, haben als Teilnehmer alles mitbekommen.

(Herr Gürth, CDU: Das ganze Elend!)

Bis Anfang November hat der Innenausschuss die Mitberatung augenscheinlich nicht durchgeführt; denn als der Finanzausschuss am 8. November 2001 ab

schließend über die Novelle beraten wollte, lag keine Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses vor. Der Innenausschuss hatte sich mit diesem Thema noch nicht beschäftigt.

Die CDU-Fraktion beantragte daraufhin im Finanzausschuss eine Vertagung. Die Vertagung wurde abgelehnt, und das aus gutem Grund. Es gab für die Beratung über diesen Gesetzentwurf einen strikten Zeitplan, der bereits bei der Einbringung in den Landtag erläutert worden war und der die Verabschiedung in der Novembersitzung des Landtages vorgesehen hatte. Dies haben die Vertreter des Innenausschusses und insbesondere der Vorsitzende gewusst.

Zwischen den Beratungen im Finanzausschuss standen dem Innenausschuss mehr als acht Wochen für die Beratung zur Verfügung. Welchen Grund gab es also, diesen Zeitplan zu unterlaufen? - Mir fällt nur ein Grund ein: die Verhinderung dieser Novellierung. Da das, was die CDU im Finanzausschuss versuchte - übrigens ohne sachliche Begründung -, nämlich die Novellierung mit einer notwendigen Anpassung an das EU-Recht zu verknüpfen, die zu einem späteren Zeitpunkt hinsichtlich der Gewährträgerhaftung oder der Anstaltslast notwendig wird, nicht funktionierte, hat sich der Innenausschuss eingemischt. Aber dieser Versuch ist gescheitert.

Ich weiß, dass es auch aufseiten der Innenpolitiker meiner Fraktion Diskussionen zu diesem Verfahren gegeben hat,