„Die Art, wie reagiert wird, entscheidet mit über den Erfolg. Arbeitslosigkeit fällt nicht vom Himmel. Sie ist Folge einer verfehlten Landespolitik.“
(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Büchner, DVU, und von Herrn Weich, FDVP - Frau Wernicke, CDU: Das ist wahr! - Herr Sachse, SPD: Ganz so platt geht es nicht! Wenn es so einfach wäre!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Gürth, es ist an der Zeit - das ist richtig -, wieder zu gestalten. Aber dies nicht erst seit Montag.
Am Ende dieses Jahrzehnts gehört Sachsen-Anhalt zu der Gruppe der aufstrebenden Regionen in Deutschland und in Europa. Das ist ebenfalls richtig. Wir haben vorhin ein Beispiel gehört, wie man das machen kann.
Dass das Land dies in einzelnen Branchen sein wird, das ist, glaube ich, soliden Investoren, der Arbeit von Unternehmerinnen und Unternehmern, von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch der kontinuierlich mitgestaltenden Landespolitik zu verdanken.
(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Bergner, CDU: Großer Gott! - Herr Dr. Daehre, CDU: Donner- wetter! - Lachen und Unruhe bei der CDU)
- Ihre! - Bevor Sie lachen, muss ich Ihnen sagen: Ich hoffe, Sie haben Ihre eigenen zwölf Thesen von Herrn Ludewig gelesen. Das sind nämlich alles Zitate von Herrn Ludewig. Also überlegen Sie sich vorher, wo Sie lachen und wo nicht.
Das Selbstmitleid und die Jammerei muss beendet werden. Niemand hilft gern demjenigen, der seine eigene Hilflosigkeit vor sich herträgt. - Genau!
Genau deshalb, meine Damen und Herren von der CDU, gehen wir auf die Stärken Sachsen-Anhalts ein, ohne das, was an Defiziten noch vorhanden ist, zu übersehen, und beteiligen uns nicht an einem kontinuierlichen Miesmachen.
Stellen Sie sich bitte vor, Sie wären ein Unternehmer oder eine Unternehmerin, wollten in Sachsen-Anhalt investieren und hätten vielleicht die Rede von Herrn Gürth gehört. Das würde dann auch heißen, ich brauchte die Zitate nicht mehr vorzutragen. Aber ich mache es trotzdem.
Die negative Abkoppelung Sachsen-Anhalts bei der Entwicklung der Wirtschaft setzt sich weiter fort. Sachsen-Anhalt hat mit Abstand den geringsten Aufbaufortschritt im Vergleich der neuen Länder.
Nirgendwo im Osten ist die Go-West-Stimmung so ausgeprägt wie in Sachsen-Anhalt. Auch bei der Standortqualität belegt das Land den letzten Platz unter allen Bundesländern. In keinem anderen neuen Bundesland ist die Neigung zur beruflichen Selbstständigkeit so gering ausgeprägt wie in Sachsen-Anhalt. Die Stimmung in den Unternehmen ist überwiegend bedrückt.
Würden Sie trotzdem noch herkommen? - Nein. Ich glaube, Sie würden ganz schnell die Koffer packen und würden so schnell wie möglich das Land verlassen, in dem diejenigen, die Politik machen wollen, einer solchen Auffassung über ihr eigenes Land sind.
(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS, von Ministerpräsident Herrn Dr. Höpp- ner und von Ministerin Frau Dr. Kuppe - Zurufe von Herrn Dr. Bergner, CDU, und von Herrn Gürth, CDU)
Ich glaube, dass das Sätze sind, die mit dazu führen, dass man Sachsen-Anhalt nicht so sieht, wie es ist, nämlich sehr differenziert, zwar noch mit vielen Problemzonen, aber auch mit vielem, bei dem es sich lohnt, hierher zu kommen und darauf aufzubauen.
(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)
Im Übrigen sind das Zitate von Ihnen, Herr Gürth, also von einer Partei, die Anfang dieser Woche über den früheren Kanzlerbeauftragten und Ex-Bahnchef Ludewig Neuaufbau und Aufschwung verkündet hat.
Herr Ludewig setzt noch einen drauf, wenn er in einem „Volksstimme“-Interview die durchaus richtige Feststellung trifft, Investoren würden dorthin gehen, wo Aufbruchstimmung herrsche. Eine Aufbruchstimmung erzeugt die Landes-CDU aber beileibe nicht, wenn sie weiter so über ihr eigenes Land redet.
Lassen Sie mich ein Bild vom Land Sachsen-Anhalt, von meinem Land - anders als bei Herrn Ludewig ist dies das Land, in dem ich aufgewachsen bin - zeichnen.
(Oh! bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Gucken Sie sich mal Ihre Ministerbank an! Das ist doch eine Unverschämtheit! Die sind alle schon zu Hause, die aus dem Westen! - Weitere Zurufe von der CDU)
(Herr Dr. Bergner, CDU: Eine sehr bemerkens- werte Unterscheidung! - Zuruf von Ministerin Frau Dr. Kuppe - Herr Dr. Daehre, CDU: Gucken Sie sich an, wo Ihre Westminister sind! - Anhaltende Unruhe)
Lassen Sie mich ein Bild davon zeichnen, wie ich den heutigen Entwicklungsstand in Sachsen-Anhalt sehe.
Im Übrigen ist Herr Ludewig jemand, der durchaus acht Jahre lang über die Bundespolitik hätte mitgestalten können und der auch mitgestaltet hat. Die Ergebnisse, die es im Land sichtbar gibt, sind ein Teil Landespolitik und ein Teil Bundespolitik und ein Teil Weltwirtschaft.
Das wissen Sie so gut wie ich. Aber ich will nicht in Ihren Chor einstimmen. Deswegen lassen Sie mich die restliche Redezeit, die ich habe, dafür nutzen, Ihnen eine Skizze von dem Land zu geben, wie ich es sehe.
Ich glaube, dass Sachsen-Anhalt inzwischen wieder ein neues wirtschaftlich strukturiertes Gesicht hat. Wenn man sich die Branchenstruktur anschaut, dann stellt man fest, dass sie von der Verteilung her auf einem ähnlichen Stand wie vor 1990 ist, zwar nicht auf dem gleichen Niveau, was die Anzahl der Betriebe und die Beschäftigung angeht, ohne Kombinate; aber es gibt wieder drei große tragende Säulen in Sachsen-Anhalt. Darauf sollten wir uns im Hinblick auf die Entwicklung des Landes konzentrieren.
Es gibt die Chemie. Über die haben wir ausführlich diskutiert. Es gibt, ohne ein Kanzlerwort, den Maschinenbau. Wenn es Ihnen hilft, meine Damen und Herren von der CDU, sage ich: Auch ich bin Herrn Kohl dafür dankbar, dass er ein Machtwort für die Chemie gesprochen hat, weil ohne dieses Machtwort die Entwicklung im Chemiedreieck in der Tat so nicht möglich gewesen wäre. Insofern kann ich das nur begrüßen, und ich bin froh, dass es dieses gegeben hat.
Ich wäre aber noch glücklicher gewesen, wenn es eine solche Entscheidung auch für andere strukturbestimmende Unternehmen oder Branchen gegeben hätte, wie zum Beispiel, wenn man sich Sachsen-Anhalt ansieht, für den Maschinenbau. Die gab es nicht.
(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von Frau Stange, CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Wer regiert denn eigentlich?)
Trotzdem - regen Sie sich doch nicht immer auf - ist es so, dass der Maschinenbau heute in Sachsen-Anhalt wieder eine der tragenden Säulen der Wirtschaft ist. Wir haben dort nicht die großen Betriebe wie in der Chemieindustrie, aber wir haben einen überaus leistungsfähigen industriellen Mittelstand im Bereich des Maschinenbaus und der Metallindustrie. Ich will nur das Stichwort Automobilzulieferer nennen, den Bereich, der sich in den letzen sechs, sieben Jahren entwickelt hat. Das ist so und das sollte man nicht kleinreden,
sondern darauf sollte man stolz sein und man sollte versuchen, darauf aufzubauen und diesen Bereich zu entwickeln.
Wir haben auch eine überaus erfolgreiche Ernährungswirtschaft, erfolgreicher als sie vor 1990 war, eben weil wir auch eine sehr effektive Landwirtschaft haben.
Ja, es gibt inzwischen einen größeren Anteil im Bereich der Verarbeitung in der Ernährungswirtschaft, und es ist gut so, glaube ich, dass diese eine der großen tragenden Säulen der Entwicklung in Sachsen-Anhalt ist.
Ich weiß nicht, ob Sie das negativ sehen, wenn man solche großen Marken, die inzwischen auch national und zum Teil auch europaweit - aber dort noch ziemlich wenig - bekannt sind, in Sachsen-Anhalt hat. Die sechstgrößte deutsche Kaffeemarke ist „Röstfein“ inzwischen wieder. Ich denke, das ist gut und das ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Das kommt aus SachsenAnhalt.