Protocol of the Session on June 28, 2001

Sie können sich denken, meine Damen und Herren, dass bei den Betriebsstrukturen, die in den neuen Bundesländern vorhanden sind, die neuen Bundesländer von einer solchen Modulation ganz besonders betroffen wären. Bei dem Modell mit einem relativ hohen Freibetrag und einer sechsprozentigen Kürzung entfielen im Endeffekt über 80 % der Kürzungen auf die neuen Bundesländer. Die alten Länder wären kaum betroffen.

Es gibt natürlich in den alten Bundesländern auch Vorstellungen, den Freibetrag auf 100 000 DM festzulegen. Das kommt von den Bayern. Die wären dann fein raus, weil keiner ihrer Betriebe betroffen wäre und 96 % der Kürzungen auf die neuen Bundesländer entfielen. Sie sehen, dass es sich auch um eine Verteilungsproblematik handelt.

Ich bin der Auffassung, dass man die Modulation mit Augenmaß und mit etwas Zeitverschiebung einführen sollte. Aber ich sehe auf der anderen Seite auch die Entwicklungen und die unterschiedlichen Interessen, die auf der bundespolitischen Ebene vorhanden sind. Und ich kann nicht voraussehen, ob die Länder bei dieser Thematik mit einer Zunge sprechen werden. Das ist angesichts der unterschiedlichen Interessenlagen, die bestehen, eher unwahrscheinlich.

Ich bin für den vorgelegten Antrag dankbar, weil dieser mich einerseits in der Absicht unterstützt, einen Neuanfang zu wagen und auch ein Zeichen für die Umsteuerung in der Agrarpolitik zu setzen, aber auf der anderen Seite mahnt, dieses Zeichen so zu wählen, dass wir uns nicht selbst Fallstricke legen und uns selbst eine

Situation schaffen, die dazu führen würde, dass die modulierten Gelder in Sachsen-Anhalt nicht verwendet werden könnten und in den Westen umgeschaufelt werden müssten. Davor warne ich entschieden.

Wir haben in den neuen Ländern in der Tat strukturschwache Räume. Das weiß jeder von uns. Die Landwirtschaft ist das Rückgrat der Räume. Dort wird wenigstens noch Geld umgesetzt. Dort ist noch eine gewisse Wirtschaftskraft vorhanden.

Wenn wir diese Räume schwächen und das Ganze in prosperierende ländliche Räume in Bayern oder BadenWürttemberg umleiten würden, in denen diese Gelder ausgegeben werden können, in denen die landwirtschaftlichen Unternehmen zwar klein sind und das Betriebseinkommen aus dem landwirtschaftlichen Bereich geringer ist, wo aber Nebenerwerbsmöglichkeiten bestehen, dann halte ich das für das falsche Signal.

Es darf keine Verschiebung der Mittel von Ost nach West geben. Hierbei müssen die neuen Bundesländer zusammenstehen. Wir müssen bei dieser Frage eine vernünftige Regelung erreichen, die einerseits den Neuanfang in der Agrarpolitik signalisiert, auf der anderen Seite aber keine Benachteiligung der neuen Bundesländer schafft.

Insofern wäre ich dankbar, wenn über diesen Antrag direkt abgestimmt werden könnte, damit ich morgen mit dem Beschluss im Rücken gestärkt in den Gesprächen mit Frau Künast auftreten kann.

Meine Damen und Herren! Der zweite Aspekt des Antrages betrifft die Frage der Ausgestaltung der Gemeinschaftsaufgabe. Hierbei ist ein Teilaspekt herausgegriffen worden, den ich auch für wichtig halte. Ich kann die Argumente, die Herr Krause im Plenum vorgetragen hat, voll unterstützen.

Es gibt weitere Teilaspekte, die uns auch betreffen. Beispielsweise wird überlegt, die Förderung des Wegebaues aus der Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe herauszunehmen. Auch das ist eine spezielle Problematik, die in den neuen Bundesländern eine Rolle spielt, weil wir in diesem Bereich ganz schlicht Nachholbedarf haben.

Ich gehe davon aus, dass in allen Dingen, bei denen wir besonders betroffen sind und bei denen eigentlich auch Konsens zwischen den Agrarpolitikern besteht, mir vom Plenum eine Handlungsvollmacht erteilt und somit der Rücken gestärkt wird, um entsprechend verhandeln zu können.

Ich wäre für eine direkte Abstimmung über den Antrag dankbar und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Wir kommen zur vereinbarten Debatte. Für die FDVPFraktion spricht der Abgeordnete Herr Mertens. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kürzungen von Förderungen in der Landwirtschaft sind immer massive und vor allem negative Eingriffe auf Kosten der Landwirte. In diesem Fall sind nicht nur die landwirtschaftlichen Betriebe Sachsen-Anhalts, sondern auch verstärkt der Verbraucherschutz und damit der durch MKS und BSE sensibilisierte Verbraucher betroffen.

Gleich bleibend hohe und dabei kontrollierte Qualität von Nahrungsmitteln muss in Zeiten von BSE und MKS eine Selbstverständlichkeit sein. Hierbei den Rotstift anzusetzen ist meiner Meinung nach der falsche Weg. SachsenAnhalt als eines der deutschen Bundesländer, die in erster Linie Milch produzieren, treffen die geplanten Kürzungen am meisten.

Meine Damen und Herren! Es muss an dieser Stelle wohl kaum erwähnt werden, dass die wirtschaftliche Situation der in Sachsen-Anhalt ansässigen Milch produzierenden Betriebe alles andere als gut ist. Jahrelangen Versäumnissen der verschiedenen Landesregierungen in der Landwirtschaftspolitik unseres Bundeslandes, vor allem aber unter der rot-roten Regierung des Ministerpräsidenten Höppner, ist dieser Umstand zu verdanken.

Hinzu kommen allerdings noch die nicht unerheblichen wirtschaftlichen Folgen von BSE, die auch in SachsenAnhalt erhebliche Spuren in den landwirtschaftlichen Betrieben und in unseren Rinderbeständen hinterlassen haben. Auch dabei bleiben die Landwirte mit ihren Problemen zum größten Teil allein - von einer erwähnenswerten Unterstützung durch die zuständige Landesregierung kaum eine Spur.

Sollen ab dem Jahr 2002 Kürzungen in der seit dem Jahr 1991 bestehenden Förderung, welche eine flächendeckende Milchleistungs- und vor allem Qualitätsprüfung absichert, durchgeführt werden, kann unter der eben erwähnten wirtschaftlichen Situation der landwirtschaftlichen Betriebe Sachsen-Anhalts nicht erwartet werden, dass diese die Zeche dafür zahlen. Dazu sind die Betriebe nicht mehr in der Lage.

Die Folgen sind allen sicherlich bekannt: Wegfall der Milchleistungs- und Qualitätsprüfung und somit ein nicht unerheblicher Einschnitt in den Verbraucherschutz. Das ist weder tolerierbar, noch kann sich Sachsen-Anhalt das leisten. Der Ruf unserer Landwirtschaft und das Vertrauen des Verbrauchers in einheimische Produkte stände bei nachlassender Kontrolle auf dem Spiel. Das hätte weitere Einbußen für die Landwirtschaft zur Folge. Eine Einbehaltung von Teilen der Direktzahlung ist abzulehnen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDVP)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Wernicke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Monaten wurde uns auf Bundesebene eine Agrarwende angekündigt. Wir erinnern uns alle noch an populistische Reden und an Begriffe wie „Agrarfabriken“. Der Verbraucher wurde verunsichert und die Bauern mit einer unkoordinierten Politik auf der Bundesebene vor den Kopf gestoßen.

Aber ich will gar nicht weiter auf diese so genannte neue Agrarpolitik eingehen, sondern mich auf die Problematik der Modulation beschränken. Nach Ankündigung der Verbraucherschutzministerin soll dem deutschen Landwirt bis zu 20 % seiner Prämie abgezogen werden. Dies bedeutet, dass den deutschen Landwirten 1,8 Milliarden DM an Prämienzahlungen entzogen werden.

Der vorliegende Antrag von PDS und SPD soll dem Minister - er hat das eben auch eingefordert - in den

anstehenden Verhandlungen des Planungsausschusses den Rücken stärken. Dem wollen wir uns nicht verweigern, obwohl wir einschätzen, dass der Antrag inhaltlich nicht zu Ende gedacht und auch nicht klar genug in seinen Formulierungen und Forderungen ist.

Nach Auffassung der CDU ist die Einführung einer Modulation weder notwendig noch weiterführend, bevor die Angleichung der eigenständigen Anstrengungen der Länder zur Nutzung der zweiten Säule der Agrarpolitik insbesondere durch eine entsprechende Mittelbereitstellung für Agrarumweltmaßnahmen nicht vollzogen ist, die Grundzüge der Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik unter Berücksichtigung der EU-Erweiterung und der WTO-Verhandlungen nicht feststehen und die einseitigen ökonomischen Belastungen der Landwirtschaft durch die Bundesregierung nicht zurückgenommen werden.

Sollte aber die Modulation in Deutschland eingeführt werden, müssen zwingend ein umsetzbares Modell zur Mittelverwendung einschließlich des Nachweises der Kofinanzierungsmittel, ein Modell zur Festlegung der Kürzungsmodalitäten sowie ein abgestimmter Zeitplan, der die Einhaltung aller Modalitäten gewährleistet, vorliegen.

Wir sind der Meinung, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und die Beschäftigung in den ländlichen Räumen nicht beeinträchtigt werden dürfen, dass von einer Modulation einige wenige Regionen - damit meine ich auch die neuen Bundesländer - nicht überproportional betroffen sein dürfen und dass die eingesparten Mittel in den Bundesländern verbleiben müssen, in denen sie ansonsten anfielen.

So weit zu einigen Grundzügen, über die sich die CDU bisher verständigt hat. Ich hatte schon festgestellt, dass wir uns dem Anliegen, dem Minister bei den künftigen Verhandlungen den Rücken zu stärken, nicht entziehen wollen. Aus den genannten Gründen werden wir uns aber der Stimme enthalten.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Meinecke. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wernicke, sicherlich kann man über bestimmte Formulierungen und über bestimmte Verbesserungen reden. Sie haben aber gesagt - das will ich positiv erwähnen -, dass Sie mit diesem Antrag - das ist schließlich auch unser Anliegen - die Position unseres Ministers stärken wollen.

Von Ihnen wurde schon gesagt, worum es geht. So sieht es die PDS, so sehen wir es und so sehen auch Sie es. Deshalb tut es mir sehr Leid, dass Sie sich der Stimme enthalten.

(Zuruf von Frau Wernicke, CDU)

Sie haben gesagt, Modulation, das ist nicht unser Thema. Aber was sagt eigentlich Modulation aus? Auch die berufsständischen Vertretungen sind von ihr nicht besonders begeistert, die Modulation trifft nicht auf besondere Gegenliebe. Das ist auch nicht verwunderlich, da einkommenswirksame Kürzungen von Beihilfen zunächst einmal ein Loch in das Portemonnaie des Landwirts reißen.

Frau Wernicke, Sie haben gesagt, es gehe um 1,8 Milliarden DM, die dem Landwirt nicht zugute kämen. Das kann ich nicht ganz so sehen. Es ist keineswegs so, dass die einbehaltenen Gelder verloren gehen. Es geht vielmehr darum, dass dann auf Bundes- und auf Landesebene über entsprechende Agrarumweltprogramme Mittel fließen können und auch müssen. Das ist der Sinn und Zweck der Angelegenheit. Das wissen Sie doch ganz genau. Insofern müssen wir doch nicht gegeneinander argumentieren. Das ist doch ganz klar.

Natürlich kommen diese Mittel auch dann wieder einkommenswirksam den Landwirten zugute. Die Voraussetzungen dafür sind bei uns im Land - das wissen Sie auch - nicht schlecht. Wir müssen dafür sorgen, dass es die durch den Bund im Rahmen eines Sonderprogramms angekündigte Kofinanzierung von 80 % in Ziel1-Gebieten ermöglicht - bei einer ohnehin geringeren nationalen Selbstbeteiligung -, die Mittel im Lande zu binden. Damit sind wir sicherlich einverstanden.

Nach meiner Auffassung bedeutet das für SachsenAnhalt, dass die Umwelt- und Agrarprogramme in Richtung einer flächendeckend wirkenden und ergebnisorientierten Grundförderung für umweltverträgliche Wirtschaftsweisen umgestrickt werden müssen. Ich will das nicht weiter ausführen. Das ist alles bereits gesagt worden.

Noch einige Gedanken zu der Kritik von einigen Vertretern berufsständischer Verbände:

Eine lineare Kürzung der Direktzahlung im Rahmen der Modulation wäre nicht konform mit der entsprechenden EU-Richtlinie. In Artikel 4 Abs. 1 dritter Anstrich der Verordnung 1259/99 steht, dass Kürzungen vorgenommen werden können, wenn die Gesamtbeträge der Zahlungen im Rahmen der Stützungsregelung für ein Kalenderjahr eine von den Mitgliedstaaten festzusetzende Grenze überschreiten.

Damit ist aber gemeint, dass auch Freibeträge eingerechnet werden können. Zu der Problematik des Freibetrages hat Minister Keller schon Stellung genommen. Wir möchten eigentlich unseren Minister mit der Annahme dieses Antrages diesbezüglich unterstützen.

Ich würde deshalb die CDU bitten, diesem Antrag zuzustimmen. - Danke sehr.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Die DVU-Fraktion hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Für die PDS-Fraktion hat Herr Krause noch einmal die Möglichkeit zu einer Stellungnahme. - Davon macht er keinen Gebrauch. Damit sind wir am Ende der Debatte und kommen zum Abstimmungsverfahren.

Eine Ausschussüberweisung ist nicht nur nicht beantragt worden, sondern wurde sogar ausdrücklich abgelehnt. Wir stimmen deshalb über den Antrag in der Drs. 3/4672 direkt ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist diesem Antrag bei einer großen Zahl von Enthaltungen und ohne Gegenstimmen mit eindeutiger Mehrheit zugestimmt worden und damit die Beratung zum Tagesordnungspunkt 32 abgeschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind am Ende des heutigen Sitzungstages angelangt. Der Präsident hat uns alle zum Sommerfest bzw. zum parlamentarischen Abend eingeladen. Da wir relativ gut in der Zeit liegen, darf ich Sie bitten, dass wir uns schon 19.45 Uhr im Hof treffen.

Ich berufe die 60. Landtagssitzung für morgen, 9 Uhr ein. Ich wünsche Ihnen allen und uns gemeinsam einen angenehmen Abend mit vielen unterhaltsamen Gesprächen und schließe die heutige 59. Landtagssitzung.

Schluss der Sitzung: 19.23 Uhr.