Protocol of the Session on May 18, 2001

Es ist überhaupt kein Problem, zwischen einem Einzelunternehmer und einer Gewerkschaft einen Tarifvertrag abzuschließen. Das wissen Sie als Vertreter der CDA auch sehr genau. Damit ist es geltendes Tarifrecht im Land. Daher sind Haustarifverträge, wie Herr Gürth gesagt hat, eben nicht ausgeschlossen. Vielmehr fallen sie eindeutig unter dieses Tarifrecht.

Daraus ergibt sich natürlich die Schwierigkeit, dass darin andere Entgeltsätze stehen können als in dem Flächentarifvertrag.

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: Ja!)

Das ist die eine theoretische Möglichkeit. Die andere, praktische Möglichkeit ist - das werden Sie auch wissen -, dass ein Verband oder eine Gewerkschaft in Teilbereichen vielleicht unterschiedliche Regelungen zum Flächentarifvertrag vereinbart. Das gibt es durchaus.

Im Hinblick auf das Tarifniveau selbst ist aber nicht davon auszugehen, dass das Flächentarifniveau unterschritten wird. Dann würde sich eine Gewerkschaft sozusagen selbst ad absurdum führen. Daher kann es durchaus sein, dass in Teilbereichen vielleicht unterschiedliche Regelungen bestehen. Aber in Bezug auf das Tarifniveau ist mir zumindest keine Regelung bekannt, die derart von einem Flächentarifvertrag abweichen würde. In dieser Hinsicht weiß ich schon sehr genau, wovon ich rede.

Das Stichwort „Philipp Holzmann“ kennt jeder.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Ja! Holzmann zum Bei- spiel!)

Wir wollen keine Detaildiskussion anfangen. - Abgeordneter Herr Metke, sind Sie bereit, weitere Fragen zu beantworten?

Es gibt vielleicht eine zeitweise Abweichung, das ist durchaus möglich. Das wird aber wieder in den regulären Tarifvertrag zurückgeführt.

Ich bitte darum, keine Diskussion nebenbei zu führen. Frau Wernicke, stellen Sie bitte Ihre Frage.

Das ist ein interessantes Thema. Darum diskutieren wir.

Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung. Ich bin als ehrenamtliche Bürgermeisterin auch ein verantwortungsbewusster öffentlicher Auftraggeber. Was ist denn mit kleinen Handwerksbetrieben, in denen zum Beispiel die Ehegatten mitarbeiten? Muss ein solcher Betrieb auch eine Tariftreueerklärung abgeben?

Die Tariftreue wird ja nicht auf jeden einzelnen Arbeitnehmer bezogen. Die Treueerklärung ist sozusagen eine privatrechtliche Regelung, die man dann vereinbaren muss. Bezogen auf den Tarifvertrag ist es natürlich nicht so, dass es Aufgabe der Vergabestellen ist, in dieser Hinsicht zu überprüfen, inwiefern das Tarifrecht einzelvertraglich und individualrechtlich exakt umgesetzt wird.

Es wird in der Diskussion auch immer wieder gesagt, dass man Eingruppierungen überprüfen müsse und Ähnliches. Das ist völliger Unsinn, das möchte ich noch einmal sehr deutlich sagen.

Es geht um die Frage, ob der Betrieb Tarifrecht einhält. Das ist die Voraussetzung, die dann von den Tarifvertragsparteien zu bestätigen ist.

Herr Gürth, stellen Sie Ihre Frage.

Herr Kollege Metke, ein Gesetz muss sich daran messen lassen, wie man es in der Praxis umsetzen kann. Bereits im Jahr 1996 gab es im Land Sachsen-Anhalt eine Regelung, mit der Ähnliches als Ziel angestrebt werden sollte, nämlich die tarifliche Entlohnung in den Firmen, die öffentliche Aufträge wollen.

In der Anhörung hat man im Ergebnis feststellen können, dass die kommunalen Spitzenverbände erklärten, dass man die im Jahr 2000 ausgelaufene Tariftreueerklärung nach der Richtlinie zwar in der Praxis anzuwenden versucht hat, indem man sie von den Firmen abforderte, aber in der Praxis gar nicht kontrolliert wurde, ob sie Tariflöhne zahlen.

Deswegen stelle ich die Fragen: Glauben Sie, dass das angestrebte Ziel nunmehr per Gesetz doch noch erreicht werden kann, nachdem eine entsprechende Vorschrift als Richtlinie in der Praxis bereits gescheitert ist? Wie beurteilen Sie - ich muss vorsichtig mit der Formulierung sein - das Vermögen und das Potenzial der Vergabestellen und der Kommunen, die Einhaltung der Tarifzahlung nach diesem Gesetz auf den Baustellen wirklich zu kontrollieren?

Ich komme zu der letzten Frage. Wie sieht es mit Schadensersatzansprüchen aus, wenn die Sanktionen nach den §§ 5 und 6 in Anspruch genommen werden? Wer haftet für die Schadensersatzansprüche, die sich aus Rechtsstreitigkeiten ergeben können?

Ich möchte erst einmal auf den ersten Teil eingehen. Genau das ist der qualitative Unterschied. Ich denke, wir haben das auch in den Ausschussberatungen sehr deutlich behandelt. Darum wundere ich mich jetzt über Ihre Frage.

Es gab vorher einen Erlass. Dieser Erlass hatte einen anderen Charakter als das jetzt zu beschließende Gesetz. Der Erlass war sozusagen eine Empfehlung an die Kommunen, das auch umzusetzen. Sie konnten aber nicht verbindlich darauf festgelegt werden. Das ist der eine Grund dafür, warum wir jetzt qualitativ eine andere Situation haben.

Der zweite Grund ist, dass wir im Gegensatz zu dem ursprünglichen Erlass jetzt tatsächlich auch Kontrollmöglichkeiten vorgesehen haben. Es besteht jetzt die Möglichkeit für die Vergabestelle, tatsächlich zu kontrollieren, bis hin zu der Möglichkeit, in die Abrechnungsunterlagen des Unternehmens Einblick zu nehmen. Sie wissen das. Das ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz.

(Zuruf von der SPD)

- Ja, selbstverständlich. Es müssen auch Listen vorgelegt werden, wenn dies notwendig ist. Allerdings soll

das als Stichprobenkontrolle und nicht, wie vielfach suggeriert wird, als ständige Aufgabe der Vergabestellen geschehen. Es soll auch erst dann geschehen, wenn man einen berechtigten Anlass hat zu kontrollieren. Für diesen Fall sollen die Vergabestellen in die Lage versetzt werden, tatsächlich wirksam kontrollieren zu können, inwieweit das Tarifrecht eingehalten wird.

Bei der Frage, ob die Vergabestellen dazu in der Lage sind zu kontrollieren, möchte ich Sie auf einen Widerspruch aufmerksam machen, den Sie in Ihrer eigenen Argumentation haben. Sie befürworten ja den Runderlass aus Niedersachsen, den wir auch hier im Lande anwenden wollen,

(Herr Dr. Bergner, CDU: Der ist aber sehr viel einfacher zu administrieren!)

im Übrigen schon längst auf Initiative der Landesregierung, noch bevor die CDU das überhaupt in die Diskussion eingebracht hat. Das muss man der historischen Wahrheit zuliebe auch noch einmal sagen, damit nicht schon vor der Verabschiedung des Gesetzes Geschichtsklitterung betrieben wird.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Widerspruch bei der CDU)

Da Sie aber diesen Erlass befürworten, mache ich Sie auf einen Widerspruch aufmerksam: Aufgrund dieses Erlasses muss in der Tat notfalls auch die Kalkulation geprüft werden. Wenn Sie auf der einen Seite sagen, die Vergabestellen seien dazu nicht in der Lage, und auf der anderen Seite dies verlangen, dann ist dies ein Widerspruch. Ich denke, auch nach den jetzigen VOB-Regelungen sind die Vergabestellen schon verpflichtet gewesen zu prüfen, was dort tatsächlich gemacht wird. Daher kann ich die Diskussion nicht verstehen, dass die Vergabestellen dafür angeblich nicht qualifiziert seien.

Sollte dies so sein, sollten Sie diesbezüglich Recht haben, hat die Bauwirtschaft angeboten, nochmals eine Qualifizierung der Vergabestellen vorzunehmen. Das kann man natürlich aufgreifen, um tatsächlich zu einer neuen Qualität in der Zusammenarbeit mit den Vergabestellen zu kommen. Aber ansonsten ist das, was Sie gesagt haben, durchaus widersprüchlich.

Es gibt noch eine Frage von Herrn Becker. Das artet langsam in eine Fragestunde aus.

Ich weiß auch nicht, warum wir Ausschussberatungen gemacht haben.

Haben Sie einmal überlegt, was diese Arbeit die Kommunen an zusätzlichem Personal kosten könnte? Das ist eine wichtige Frage für die Kommunen.

Also, Herr Becker, Sie sind ein Freund von deutlichen Worten. Daher möchte ich Ihnen deutlich sagen: Was Sie gerade machen, ist, dass Sie den Vergabestellen ein Armutszeugnis ausstellen.

(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Bergner, CDU: Ach! - Zuruf von Herrn Becker, CDU)

Sie bestätigen nämlich im Grunde genommen, dass in der Vergangenheit offensichtlich nicht einmal nach dem Erlass kontrolliert worden ist,

(Herr Becker, CDU: Ach was!)

dass offensichtlich überhaupt nicht nach der VOB verfahren wird.

(Zuruf von Herrn Becker, CDU)

Wenn ich Ihren Worten Glauben schenken darf, haben sich die Vergabestellen bisher um die von ihnen vergebenen Aufträge überhaupt nicht gekümmert.

(Unruhe bei der CDU - Herr Schulze, CDU, lacht)

Ich glaube das nicht, Herr Becker, damit das auch deutlich wird. Aber wenn ich Sie so reden höre, kann man diesen Eindruck gewinnen. Insofern sollten wir, denke ich, da auch vernünftig miteinander umgehen. Sie mussten es bisher, und ich gehe davon aus, dass sie es auch in der Zukunft nach dem Gesetz machen werden. Ich gehe auch davon aus, dass sie das können.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle hat die Landesregierung um das Wort gebeten. Ich erteile der Ministerin Frau Budde das Wort. Die Fraktionen haben anschließend noch einmal die Möglichkeit, sich zu äußern. Bitte, Frau Budde.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Gürth, Sie haben nachher noch genügend Gelegenheit zu sprechen. Daher ist es nicht ganz so schlimm, wenn vorhin möglicherweise eine Minute gefehlt hat.

Die „Volksstimme“ hat gestern getitelt: „Billig ist nicht günstig“. Sie hat danach ausgeführt, wenn Niedriglöhne ein Vorteil wären, dann müssten die Gewerbegebiete zwischen Salzwedel und Magdeburg und, wenn man den Einzugsbereich der „Mitteldeutschen Zeitung“ hinzunehmen würde, bis zum Süden hin randvoll sein.

Dass sie das aber nicht sind, hat auch seine Gründe. Das wissen wir. Die alten Länder haben eben andere Voraussetzungen. Sie haben eine hervorragende Infrastruktur, sie haben ein Geflecht aus Industrie, Mittelstand, Wissenschaft, Dienstleistungsunternehmen. Sie haben Innenstädte, die richtig pulsieren. Deshalb gibt es dort keine Niedriglohngebiete.

Aber die „Volksstimme“ zieht auch ein zweites Fazit: Erst dann, wenn wir ein solches Niveau erreicht haben, könnte vielleicht ein leichtes Lohngefälle zu einem zusätzlichen kleinen Vorteil führen.

„Billig ist nicht günstig“ ist ein Fazit, das ich so direkt unterschreiben würde.