Protocol of the Session on May 18, 2001

Die Einbeziehung der Arbeitgeber und ihrer Verbände sowie die Beachtung der von ihnen gestellten Anforderungen an den Inhalt und die Vergabe von Bauaufträgen hat in der Endkonsequenz zu dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf geführt. Nicht zuletzt ist die Verständigung auf eine Positivliste der Unternehmen, die damit signalisieren, dass sie die Tarifbindung in ihrem Unternehmen akzeptieren und anwenden, ein gutes Signal der Akzeptanz. Damit zeigen sie ihre Seriosität als Vertragspartner sowohl gegenüber den Arbeitnehmern als auch gegenüber den Auftraggebern.

Dieses Gesetz, welches tarifgebundenen Firmen und Firmen, die soziale Standards anwenden, den Vorzug gibt, wird zu einer kalkulierbaren Größe im Wettbewerb der Bauunternehmer werden. Das Ziel ist es, dass hiesige Unternehmen, die über eine geringere Kapitaldecke verfügen, im Wettstreit mit Firmen, die unter die Einstandspreise gehen können, nicht mehr mithalten müssen. Es sollen gerade mit diesem Gesetz kalkulierbare und kostendeckende Preise für Aufträge erzielt werden.

Davon hat sich offensichtlich der Freistaat Bayern leiten lassen. Herr Weich, das ist keine rot-rote Koalition oder noch rötere, wie Sie das sehen. Bereits im Sommer 2000 ist dort das Vergabegesetz verabschiedet worden. Nach meiner Kenntnis war auch dort das Ziel, Aufträge vorwiegend an einheimische Firmen zu vergeben und die eigene Wirtschaft in Schwung zu bringen. Einschätzungen bestätigen, dass sie damit auch Erfolg haben.

Natürlich ist die bisherige Vergabepraxis zu überdenken, und künftig werden höhere Anforderungen an die vergebenden Stellen gestellt. Die Angebote sind bezüglich kostendeckender Preise und der Einhaltung von sozialen Standards zu prüfen. Dazu muss man natürlich auch die Tarifverträge lesen.

Die Diskussion darum in den letzten Wochen habe ich, meine Damen und Herren, nicht verstanden, denn eigentlich hätte das bisher schon erfolgen müssen, weil die Beachtung der Mindestlöhne auf dem Bau keine Ermessensfrage, sondern eine rechtlich fixierte Größe war. Deshalb wird nicht unbedingt der billigste Bieter den Zuschlag erhalten, sondern der wirtschaftlichste Bieter muss Berücksichtigung finden.

Die unter diesen Aspekten gefundenen Entscheidungen dürfen künftig nicht zur Bestrafung von Entscheidungs

trägern führen, wie wir das in der Vergangenheit zum Beispiel bei einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin in unserer Fraktion erlebt haben.

Die PDS-Fraktion sieht diesen Gesetzentwurf als Chance für einen fairen Wettbewerb der Bauunternehmen in Sachsen-Anhalt. Unser Ziel ist es, Ordnung auf dem Gebiet der Vermeidung von Dumpingpreisen, Dumpinglöhnen sowie der Vermeidung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung zu schaffen und wirtschaftspolitische Akzente zu setzen.

Wir wissen natürlich, dass die rückläufigen Gesamtinvestitionen zur weiteren Umstrukturierung der Firmen führen werden und die Beschäftigung am Bau weiter rückläufig ist. Gerade deshalb hat der öffentliche Auftraggeber eine besondere Verantwortung dafür, dass hiesige kleine und mittlere Unternehmer mit einer geringen Eigenkapitaldecke ihre Preiskalkulation machen können. Firmen mit gut qualifizierten Stammbelegschaften und einem streng organisierten Bauablauf werden eine Garantie für die Qualität ihrer Arbeit sein. Das wiederum wird zusätzliche Gewährleistungskosten vermeiden.

Das Vergabegesetz ist ein Schritt zur Wettbewerbsregulierung. Der unfair gewordene Wettbewerb im Baubereich geht zulasten der einheimischen Firmen, die sich an Gesetze und Tarifverträge halten. Er wird auf dem Rücken der Bauarbeitnehmer ausgetragen und kostet Arbeitsplätze. Dadurch werden nicht unwesentlich die Sozialkassen und die Steuereinnahmen belastet.

Unsere Fraktion wird dem heute vorliegenden Gesetzentwurf seine Zustimmung geben. Dem Entschließungsantrag werden wir ebenfalls zustimmen; denn die heftige Debatte um das Vergabegesetz hat gezeigt, dass es richtig ist, die Diskussion über die Umsetzung fortzusetzen und zu schauen, ob es Möglichkeiten gibt, andere Bereiche in die Vergabepraxis einzubeziehen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Danke sehr. - Frau Abgeordnete Rogée, sind Sie bereit Fragen zu beantworten?

Eigentlich nicht, das klären wir im Ausschuss.

Es war den Versuch wert. - Die Meinung der DVU-Fraktion trägt jetzt der Abgeordnete Herr Büchner vor. Bitte, Herr Büchner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion der SPD ist ein Schritt nach vorn; denn nun können sich funktionierende ortsansässige Bauunternehmen an den Ausschreibungen öffentlicher Bauaufträge im Land Sachsen-Anhalt selbstbewusst beteiligen.

Wenn Bauunternehmer ihre Beschäftigten nach landesüblichen Entgelttarifen entlohnen müssen und der öffentliche Auftraggeber Möglichkeiten hat, dieses auch zu kontrollieren, dann wird die Bauwirtschaft des Landes langsam gesunden. Dieses Gesetz wird unseren Arbeitnehmern aus der Bauindustrie endlich mehr finanzielle Gerechtigkeit sichern, weil der Gesetzgeber den Unter

nehmern die Kalkulation ihrer Angebote nur auf der Grundlage der zu zahlenden Tariflöhne gestattet.

Auch das Vorhaben, die Einflussnahme des Hauptauftragnehmers auf die tariflichen Zahlungen der Subunternehmer und der Nachunternehmer gesetzlich zu regeln, ist positiv zu bewerten. Dass der Auftraggeber nur berechtigt ist, Stichprobenkontrollen durchzuführen, ist uns fast zu wenig. Der Auftraggeber sollte verpflichtet werden, ständige Kontrollen durchzuführen, damit gewährleistet wird, dass alle ausgehandelten Vertragsbedingungen ständig erfüllt werden.

Diese Kontrollen werden das Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht trüben, denn korrekt arbeitende Unternehmen haben nichts zu befürchten. Die laut dem neuen Gesetz zu erwartenden Sanktionen, wie Vertragsstrafen oder die fristlose Kündigung der Verträge, wenn vertraglich fixierte Verpflichtungen verletzt werden, werden letztendlich eine positive Zusammenarbeit bewirken.

Weil das Bauwesen ein so sensibler wirtschaftspolitischer Bereich ist und weil der gnadenlose Konkurrenzkampf der letzten Jahre zu viele Bauunternehmen in den Ruin getrieben hat, sollten die Baukontrolleure der öffentlichen Hand aus verschiedenen staatlichen Einrichtungen kommen und ständig wechseln. Man verhindert damit die Möglichkeit der Korruption.

Der Fraktion der Deutschen Volksunion stimmt dem Gesetzentwurf der Sozialdemokratischen Partei zu. Nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes wird zu prüfen sein, inwieweit eine Ausweitung des Gesetzes auf weitere öffentliche Aufträge notwendig wird. Die Landesregierung sollte diesbezüglich tätig werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU)

Danke sehr. - Für die SPD spricht der Abgeordnete Herr Metke. Bitte, Herr Metke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Beschlussempfehlung für ein Vergabegesetz liegt nicht nur ein entscheidendes Instrument zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping vor; vielmehr haben das zu verabschiedende Gesetz selbst, aber auch die Diskussionen im Zuge der parlamentarischen Beratungen gezeigt, dass es hierbei um mehr geht als nur um die Regelung der Vergabe eines öffentlichen Auftrages. Gerade die intensive Diskussion, aber auch die zum Teil heftig geführten Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen und Monate haben bei vielen Beteiligten zu einem Meinungswandel geführt.

Besonders betonen will ich dabei, dass die Tarifverträge als Grundlage für die Wiederherstellung eines fairen Wettbewerbes in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt worden sind. Dies gilt in besonderer Weise für die Bauwirtschaft, aber auch für die baunahen Gewerke und Dienstleistungen, da im Zusammenhang mit der Anpassung von Überkapazitäten in diesem Bereich ein ruinöser Konkurrenzkampf um öffentliche Aufträge das Tagesgeschäft beherrscht, bei dem selbst vor der Anwendung von krimineller Energie nicht zurückgeschreckt wird.

Diese Situation kann die Politik nicht ignorieren. Genau deshalb haben wir als SPD-Fraktion den Gesetzentwurf

für ein Landesvergabegesetz als parlamentarische Initiative in den Landtag eingebracht.

Hierzu will ich noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass in den Zeiten der ideologisch geprägten Deregulierung sehr wohl Regulierungstatbestände notwendig sind. Dies gilt insbesondere für einen Bereich, in dem öffentliche Mittel, also Steuergelder eingesetzt werden. Es kann nicht sein, dass ausgerechnet diejenigen, die sich durch Lohndumping, die Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften oder durch illegale Beschäftigung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, dann auch noch mit öffentlichen Aufträgen belohnt werden, während seriöse Unternehmen gerade wegen der Einhaltung von sozialen Standards seit Jahren keinen öffentlichen Auftrag mehr erhalten haben.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Mit dem vorliegenden Gesetz werden in dieser Hinsicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Verhältnisse vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen. Zukünftig gilt uneingeschränkt, dass öffentliche Aufträge nur noch von Unternehmen und Betrieben in Anspruch genommen werden können, die ihre Tariftreue nicht nur erklären, sondern gegebenenfalls auch nachweisen müssen.

Das setzt voraus, dass die zu verabschiedenden gesetzlichen Regelungen auch durchgängig greifen. Hierzu ist in der parlamentarischen Beratung ein Gesamtpaket entwickelt worden, das im Wesentlichen aus drei Regelungsbereichen besteht.

Es ist erstens das Gesetz selbst, mit klaren Regelungen zum Anwendungsbereich, zu den Vergabegrundsätzen, den Nachweispflichten sowie den Kontrollen und Sanktionen. Auf einen Nenner gebracht, regelt das Gesetz im Wesentlichen die Bedingungen, die zu erfüllen sind, um einen öffentlichen Auftrag zu erhalten.

Darüber hinaus hat zweitens die Landesregierung einen Erlass vorbereitet, der die Bedingungen für die Aufträge vergebenden Stellen regelt. Danach werden die öffentlichen Auftraggeber ausdrücklich dazu verpflichtet, die VOB uneingeschränkt anzuwenden und den Zuschlag zugunsten des wirtschaftlichsten und nicht zugunsten des billigsten Angebots zu erteilen.

Des Weiteren ist entsprechend dem Runderlass vorgesehen, dass bei Abweichungen zum nächsthöheren Angebot in Höhe von 10 % und mehr die Kalkulation in Hinblick auf die Auskömmlichkeit zu überprüfen und auch offen zu legen ist.

Drittens. Es soll im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtungsvereinbarung bereits im Vorfeld der Auftragsvergabe deutlich gemacht werden, welche Betriebe und Unternehmen sich, bestätigt durch die Tarifvertragsparteien, tariftreu verhalten, um über diesen Weg - bildlich gesprochen - die Spreu vom Weizen zu trennen.

Meine Damen und Herren! Wenn ich zu Beginn meiner Ausführungen davon gesprochen habe, dass es bei vielen zu dem vorliegenden Vergabegesetz einen Meinungswandel gegeben hat, dann trifft dies leider nicht für alle Beteiligten zu. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass in den zurückliegenden Diskussionen einige Verbände und Institutionen den Blick über die Bauwirtschaft hinaus geöffnet haben.

Dazu gehört einerseits der Verband der IT-Berufe. Andererseits hat aber insbesondere der Handwerkstag nachdrücklich eine Öffnung der Vergabekriterien des Gesetzes auch über den Baubereich hinaus gefordert. Dies ist

im Übrigen auch der Grund für den Entschließungsantrag, den SPD-Fraktion und PDS-Fraktion gemeinsam für die heutige Beratung vorgelegt haben.

Der Grund ist nicht - wie Sie, Herr Gürth, es zu suggerieren versucht haben -, dass die SPD-Fraktion das Gesetz schon jetzt, kurz nach dem In-Kraft-Treten, wieder überprüfen will. Die SPD-Fraktion möchte eine Überprüfung des Gesetzes in Richtung einer Erweiterung. Ich denke, in dieser Hinsicht sind wir auch gut beraten.

(Zustimmung bei der SPD, von Frau Dr. Hein, PDS, und von Frau Stolfa, PDS)

In diesem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, die Wirkungsweise des Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge auszuwerten und zu prüfen, ob eine Ausweitung des Gesetzes auf weitere öffentliche Aufträge notwendig und geboten ist. Da mit diesem Antragsbegehren die Initiative des Handwerkstages parlamentarisch aufgegriffen wird, erwartet die SPD-Fraktion eine ernsthafte Prüfung durch die Landesregierung.

Deshalb bitte ich Sie abschließend nicht nur um Ihre Zustimmung zu der Beschlussempfehlung, sondern auch darum, den Entschließungsantrag anzunehmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der PDS und von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner)

Danke sehr. - Abgeordneter Herr Metke, sind Sie bereit, einige Fragen zu beantworten?

Es gibt drei Fragesteller. - Herr Scharf.

Herr Abgeordneter, Gesetze sollten ja klar formuliert werden. Mir ist bei den bisherigen Beratungsgängen eine Sache immer noch unklar geblieben. In § 3 des Gesetzentwurfes steht, dass die Anforderung gestellt wird, die Bezahlung nach den am Ort der Ausführung für Tarifvertragsparteien geltenden Entgeltsätzen zu regeln. Nun die klare Frage: Gehören Haustarife dazu oder gehören sie nicht dazu?

Ja. Sie gehören selbstverständlich dazu, weil es Tarifverträge sind, die im Rahmen des Tarifvertragsgesetzes mit den Spitzenverbänden abgeschlossen werden.

(Frau Wernicke, CDU: Nein, das stimmt nicht! - Herr Dr. Bergner, CDU: Das geht aber aus der Formulierung nicht hervor!)

Es ist überhaupt kein Problem, zwischen einem Einzelunternehmer und einer Gewerkschaft einen Tarifvertrag abzuschließen. Das wissen Sie als Vertreter der CDA auch sehr genau. Damit ist es geltendes Tarifrecht im Land. Daher sind Haustarifverträge, wie Herr Gürth gesagt hat, eben nicht ausgeschlossen. Vielmehr fallen sie eindeutig unter dieses Tarifrecht.